Die optische Kohärenztomographie (OCT) stellt die wahrscheinlich größte technische Innovation in der ophthalmologischen Praxis der letzten Jahrzehnte dar und ist im modernen klinischen Alltag für die Diagnostik und die Verlaufsbeurteilung verschiedenster Erkrankungen kaum mehr wegzudenken. Das Funktionsprinzip der OCT wurde erstmals im Jahr 1991 von Huang et al. anhand von In-vitro-OCT-Scans in der Fachzeitschrift Science beschrieben [1]. Die Autoren wiesen bereits damals auf die hohe klinische Relevanz des neu entwickelten Systems für die Diagnostik von verschiedenen Augenerkrankungen, wie beispielsweise Glaukom, altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) oder Makulaödem, hin.

Nach stetiger Verbesserung sowohl der Aufnahmegeschwindigkeit als auch der Auflösung der Geräte findet die OCT in der modernen Medizin ein breites Anwendungsgebiet, welches sich nicht nur auf die Augenheilkunde beschränkt. Jedoch hat sich im Laufe der Zeit auch die Anzahl der ophthalmologischen Anwendungsbereiche deutlich erweitert. Im Jahr 1994 publizierten Izatt et al. das erste System zur Darstellung des Vorderabschnittes, mit welchem die Hornhaut, die Vorderkammer und die Linse dargestellt werden konnten [2].

Die so ermöglichte Schnittbilddarstellung des vorderen Augenabschnittes bietet große Vorteile beispielsweise in der nichtinvasiven Beurteilung kornealer Strukturen [3], des Kammerwinkels [4] oder auch in der Biometrie im Rahmen von Kataraktoperationen [5]. Mit der immer höher werdenden axialen Auflösung ist es in den letzten Jahren gelungen, auch Strukturen des Vorderabschnittes im Bereich von wenigen Mikrometern, wie beispielsweise den Tränenfilm, darzustellen [3, 6,7,8].

Bisher etablierte Untersuchungsmethoden in der Routinediagnostik von Augenoberflächenerkrankungen, zu welchen unter anderem das Syndrom des trockenen Auges (= Keratoconjunctivitis sicca [KCS]), die Meibom-Drüsen-Dysfunktion, Blepharitis und allergische Konjunktivitis zählen [9], sind sehr häufig abhängig von der Beurteilung durch den Untersucher und damit nicht vollständig objektivierbar. Zudem mangelt es den konventionellen Untersuchungsmethoden oft an zufriedenstellender Reproduzierbarkeit [10]. Die oftmals große Diskrepanz zwischen dem klinisch beschriebenen Schweregrad der Erkrankung und den subjektiven Patientenbeschwerden sowie Invasivität der Untersuchungsmethoden selbst spielen zudem eine limitierende Rolle [11].

Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung im beruflichen und privaten Alltag und der damit verbundenen vermehrten Bildschirmarbeit hat die Inzidenz von Oberflächenerkrankungen des Auges, v. a. der KCS, stetig zugenommen [12, 13]. Die OCT hat aufgrund der Objektivität und der guten Reproduzierbarkeit das Potenzial, in der Diagnostik und Verlaufsbeurteilung in Zukunft eine wichtige Rolle einzunehmen.

Technische Aspekte der OCT-Untersuchung der Augenoberfläche

Grundsätzlich wird bei der OCT ein Lichtstrahl mit niedriger Kohärenzlänge in einem interferometrischen Aufbau auf einen Strahlteiler gerichtet. Von dort aus wird er in 2 verschiedene Arme aufgeteilt, einen Referenzarm und einen Probenarm. Im Referenzarm wird der Lichtstrahl von einem Spiegel, im Probenarm von den untersuchten Gewebeschichten gestreut und reflektiert. Das in beiden Armen reflektierte Licht trifft sich wieder im mittigen Strahlteiler und wird von dort aus auf einen Detektor gerichtet. Anhand der dort detektierten Interferenzmuster lässt sich ein A‑Scan, vergleichbar mit jenem der Sonographie, errechnen, welcher durch die optischen Eigenschaften und unterschiedlichen Brechungsindizes des untersuchten Gewebes charakterisiert wird [3]. Aus der Zusammensetzung vieler durch laterales Verschieben des Messstrahls über das Gewebe gewonnener benachbarter A‑Scans lässt sich wiederum ein sog. B‑Scan, welcher einem Querschnitt durch das Gewebe entspricht, erstellen. Im vorderen Augenabschnitt kommen hauptsächlich Fourier-domain(FD)-Systeme zum Einsatz.

Rein technisch betrachtet, unterscheidet man in der OCT die axiale und die transversale Auflösung. Die axiale Auflösung ist primär abhängig von der Kohärenzlänge der verwendeten Lichtquelle. Diese Kohärenzlänge ist wiederum direkt abhängig von der Bandbreite und der zentralen Wellenlänge dieser. Damit nimmt die Charakteristik der verwendeten Lichtquelle, meist ein Breitbandlaser oder eine Superlumineszenzdiode, eine zentrale Rolle für die Bildgebungseigenschaften von OCT-Systemen zur Betrachtung von Augenoberflächenerkrankungen ein [14]. Die transversale Auflösung ist im Gegensatz zur Mikroskopie entkoppelt von der axialen Auflösung und hauptsächlich abhängig von der Strahlgeometrie und der Brennweite der verwendeten Linsen zur Fokussierung des Messstrahls [3, 15].

Für die Bildgebung des vorderen Augenabschnittes und der darstellbaren morphologischen Details nimmt die axiale Auflösung der Systeme eine zentrale Rolle ein, da die zu untersuchenden Gewebeschichten – insbesondere die Hornhaut und die Linse – im rechten Winkel zur Scanebene angeordnet sind und für die verschiedenen Untersuchungen v. a. die Vermessung der Strukturen in axialer Ebene wichtig sind.

Kommerzielle Vorderabschnitts-OCT-Systeme erreichen eine axiale Auflösung von ca. 5–15 µm. Diese Auflösung ist zu gering, um den ca. 3–5 µm dicken Tränenfilm darzustellen. Um den Tränenfilm bildlich aufzulösen und klinisch signifikante Änderungen der Tränenfilmdicke zu detektieren, sind axiale Auflösungen von ca. 1 µm oder weniger notwendig [16]. Inzwischen wurden jedoch Prototypen ultrahochauflösender OCT-Systeme vorgestellt, welche eine entsprechende Auflösung erreichen und damit den Tränenfilm visualisieren und vermessen können [17, 18].

Gerade die stetige Verbesserung der verwendeten Lichtquellen, der Scan-Geschwindigkeiten sowie der Analysemethoden haben in den letzten Jahren zu erheblichen Fortschritten in der Qualität der OCT-Bilddaten und damit zu erweiterten diagnostischen Möglichkeiten im vorderen Augensegment und der Augenoberfläche geführt.

Anwendungen der OCT in der Diagnostik von Augenoberflächenerkrankungen

Tränenfilm

Der präkorneale Tränenfilm spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der KCS, wie auch in der Definition der Erkrankung im Dry Eye Workshop 2017 hervorgehoben wird [19].

Bisher basierte die Beurteilung des Tränenfilms hauptsächlich in der Überprüfung der Stabilität (via Messung der Tränenfilmaufreißzeit) oder der Produktion (via Schirmer-Test) [20]. Der Tränenfilm setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen und dient der Ernährung und dem Schutz der Hornhaut. Darüber hinaus besitzt er als Grenzfläche zwischen Luft und Auge aufgrund der unterschiedlichen Brechungsindizes wichtige refraktive Eigenschaften [21, 22].

Die äußere Lipidschicht wird von den sich in den Augenlidern befindlichen Meibom-Drüsen produziert und in den Tränenfilm sezerniert. Sie dient als hydrophobe Barriere und wirkt damit dem Verdunsten der wässrigen Phase, welche den größten Anteil des Tränenfilms ausmacht, entgegen. Eine Verringerung des lipidhaltigen Anteils des Tränenfilms resultiert in einer verringerten Stabilität der wässrigen Phase auf der Augenoberfläche und erhöht damit das Risiko, eine evaporative Form der KCS zu entwickeln. Diese Form der KCS wird häufig durch eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion verursacht [23].

Die wässrige Phase wird von den Tränendrüsen sowie den akzessorischen Krause- und Wolfring-Drüsen produziert. Eine Unterfunktion dieser verursacht die hypovolämische Form der KCS (= ADDE – „aqueous deficiency dry eye“), bei welcher durch pathologische Veränderungen der Tränendrüse, wie beispielsweise beim sog. Sjögren-Syndrom [24] vorkommend, die Produktion der wässrigen Tränenbestandteile vermindert ist.

Die innere Muzinschicht wird vorwiegend von den in der Bindehaut vorkommenden Becherzellen produziert. Sie wird als raue Grenzschicht zwischen Hornhautepithel und wässriger Phase beschrieben [25]. Ein Verlust dieser Becherzellen gilt als charakteristisch für viele Augenoberflächenerkrankungen und ist beispielsweise mittels Impressionszytologie nachweisbar [26].

Durch die stetige Verbesserung der axialen Auflösung von OCT-Prototypen ist es nun möglich, den Tränenfilm visuell darzustellen und quantitativ zu vermessen (Abb. 1; [3, 17, 25, 27]). Bei Gesunden wurde eine Tränenfilmdicke („tear film thickness“ [TFT]) von ungefähr 3–5 µm mittels OCT gemessen, während sie bei PatientInnen mit KCS reduziert zu sein scheint [18, 28,29,30,31,32].

Abb. 1
figure 1

Horizontaler, zentraler ultrahochauflösender (engl. „ultra-high resolution“ [UHR]) OCT-Scan der Hornhaut. Der dem Hornhautepithel aufliegende Tränenfilm ist ungefähr 3–5 µm dick und ist durch hyperdense Reflektivität gekennzeichnet (zentral markiert durch ein weißes Rechteck)

Auch zeigt die Methode der Messung der TFT mittels OCT eine sehr hohe Reproduzierbarkeit und Wiederholbarkeit [18]. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die TFT negativ mit dem Ocular Surface Disease Index (OSDI), einem Symptomfragebogen, korreliert und es auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen TFT und Schirmer-Test bzw. Tränenfilmaufreißzeit gibt [6, 33].

Dies deutet darauf hin, dass sich die TFT als zukünftiger Biomarker für die Diagnose und Verlaufsbeobachtung der KCS eignet. Dies zeigt sich auch darin, dass eine verminderte TFT durch Therapie erhöht werden kann. So konnte im Rahmen zahlreicher Studien gezeigt werden, dass Eintropfen von verschiedenen Lubrikanzien zu einer signifikanten Zunahme der TFT führt [28,29,30, 32, 34, 35]. Des Weiteren kann diese Technik auch dazu verwendet werden, die Verweilzeit von Lubrikanzien auf der Hornhautoberfläche zu bestimmen. Diese bewegt sich je nach chemischer Zusammensetzung und Viskosität der verwendeten Substanzen zwischen einigen Minuten und mehreren Stunden [31].

Neben der Verweilzeit auf der Augenoberfläche nach einmaliger Applikation besteht natürlich auch erhebliches Interesse daran, Informationen über den Effekt einer kontinuierlichen Therapie auf die TFT zu erhalten. So konnte gezeigt werden, dass eine 4‑wöchige Therapie mit Perfluorohexyloctane-Augentropfen im Laufe der Behandlung zu einer kontinuierlichen Zunahme der TFT führt [36]. Auch unter Therapie mit Hydrocortison-Augentropfen und sogar über die Therapiedauer verbesserte sich die TFT über die Zeit [37]. Diese Daten zeigen, dass die Vermessung des Tränenfilms mittels OCT eine zukünftige Methode darstellen könnte, den klinischen Verlauf in PatientInnen mit trockenem Auge zu verfolgen.

Während die oben genannte quantitative Vermessung der TFT nur Aussagen zur Gesamtdicke liefert, befinden sich derzeit auch Verfahren zur Vermessung einzelner Schichten in Entwicklung. So gibt es schon Erfolg versprechende Ansätze zur Untersuchung der Lipidschichtdicke und der wässrigen Phase mittels OCT [25, 38, 39].

Neben der quantitativen Vermessung des Tränenfilms zu einem bestimmten Zeitpunkt wurden auch Ansätze entwickelt, um Aussagen über das dynamische Verhalten des Tränenfilms treffen zu können, indem in kurzen Intervallen Volumina vermessen werden [27, 40]. Durch volumetrische Scans der Augenoberfläche und En-face-Projektionen der Daten ist es möglich, äquivalent zur Tränenfilmaufreißzeit (TFBUT) das Aufreißverhalten des Tränenfilms zu beurteilen, jedoch ist dies zur Zeit aufgrund der Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Augenoberfläche gescannt werden kann, nur eingeschränkt möglich [3, 18].

Tränenfilmmeniskus

Der Großteil der sich auf der Augenoberfläche befindlichen Tränenflüssigkeit (ca. 75–90 %) sammelt sich in den Tränenfilmmenisken, welche sich am Übergang von oberen bzw. unteren Augenlidern und Augenoberfläche befinden, an [41,42,43,44]. Obwohl eine Beurteilung des Tränenmeniskus auch an der Spaltlampe möglich ist, bietet die Untersuchung mittels OCT zahlreiche Vorteile, da es hierbei zu keinem Reflextränenfluss aufgrund der hellen Beleuchtung kommt und die Vermessung mit hoher Reproduzierbarkeit erfolgen kann (Abb. 2; [45, 46]).

Abb. 2
figure 2

Vertikaler, zentraler UHR-OCT-Scan am Übergang zwischen Hornhaut (links) und Lidkante (rechts). Der Tränenfilmmeniskus befindet sich in der Mitte des Scans (weiß eingekreist) genau am Übergang von Hornhaut und Lidkante und ermöglicht eine Schätzung der vorhandenen Tränenflüssigkeit

Da die Messung des Tränenfilmmeniskus eine weniger hohe axiale Auflösung (ca. 10 µm) als die Messung der TFT erfordert und damit mit kommerziellen OCT-Systemen möglich ist [3], wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl an klinischen Studien zum Tränenfilmmeniskus durchgeführt. Es konnte, ähnlich wie für die TFT, gezeigt werden, dass Tränenmeniskusparameter wie Höhe, Fläche, Volumen, Tiefe und Radius sehr gut mit „klassischen“ Untersuchungen, z. B. OSDI, Fluoreszeinfärbung der Hornhaut oder Schirmer Test korrelieren [39, 47,48,49,50]. Auch kann mithilfe der verschiedenen genannten Parameter zwischen verschiedenen Formen der KCS unterschieden werden, was in Zukunft hilfreich bei der Differenzialdiagnose sein könnte [51].

Analog zur TFT kommt es auch zu einem Anstieg der Tränenmeniskusparameter nach 1‑maliger Verabreichung von topischen Lubrikanzien [52,53,54]. Auch scheint sich die Methode gut zur Therapieevaluierung über einen längeren Zeitraum zu eignen, z. B. konnte gezeigt werden, dass topische Therapie mit Cyclosporin über 2 Monate zu einem Anstieg der Höhe und des Volumens des Tränenmeniskus führt [44].

Meibom-Drüsen

Da durch die OCT auch die Darstellung intransparenter Medien möglich ist, lassen sich bei entsprechender Eindringtiefe auch die im Ober- bzw. Unterlid befindlichen Meibom-Drüsen visualisieren und pathologische Veränderungen detektieren [55,56,57,58,59]. Dies ermöglicht im Gegensatz zur häufig verwendeten Infrarotmeibographie eine 3‑dimensionale Darstellung der Drüsen, bietet jedoch einen kleineren gescannten Bereich, welcher je nach OCT-System einen Bereich von wenigen Quadratmillimetern abdeckt. Die Infrarotmeibographie erlaubt zwar die Begutachtung ausgefallener Drüsen als Ganzes, jedoch ist keine detaillierte Bewertung der Morphologie der Azini und der Ausführungsgänge möglich. Dies wiederum ermöglichen verschiedene vorgestellte OCT-Systeme. So konnte beispielsweise die morphologische Veränderung der Azini der Meibom-Drüsen bei PatientInnen mit Syndrom des trockenen Auges nachgewiesen werden [55]. Da die Azini die sekretorische Komponente der Meibom-Drüsen bilden, könnte die OCT in Zukunft eine wichtige Rolle in der Diagnostik und Therapieentscheidung bei PatientInnen mit Meibom-Drüsen-Dysfunktion spielen und damit eine wichtige Ergänzung zur Infrarotmeibographie darstellen. Auch die Auswirkungen einer durchgeführten Lidrandmassage auf die Drüsenöffnungen am Lidrand konnten beispielsweise mittels OCT gezeigt werden [57].

LIPCOF

Die sog. Lid-parallelen konjunktivalen Falten (engl. „lid-parallel conjunctival folds“ [LIPCOF]) finden sich v. a. bei PatientInnen mit Syndrom des trockenen Auges am unteren temporalen Lidwinkel und entstehen wahrscheinlich durch erhöhte Friktion zwischen der palpebralen und der bulbären Konjunktiva bei mangelnder Benetzung der Augenoberfläche. Sie werden in der Regel im Rahmen der klinischen Untersuchung am Spaltlampenmikroskop beobachtet. Im Gegensatz dazu bietet die OCT jedoch den Vorteil, eine objektivere und genauere Aussage über Größe und Anzahl der LIPCOF zu treffen [60]. Vor allem bei Kontaktlinsenträgern lassen sich die LIPCOF durch die OCT äußerst präzise bewerten [61]. Die LIPCOF können jedoch auch die Vermessung des Tränenfilmmeniskus beeinflussen, da sie diesen durch ihre Lage verdrängen können [62, 63]. Die Untersuchung von LIPCOFs mit OCT spielt bislang im Vergleich zu anderen Methoden jedoch eine untergeordnete Rolle.

Tränendrüse und Punctum lacrimale

Bisher gibt es kaum Daten über die Anwendung der OCT, um in vivo die Morphologie der Tränendrüsen genauer zu analysieren. Doh et al. stellten im Jahr 2015 in einem Report dieses Einsatzgebiet der OCT vor [64]. Für eine Darstellung der Tränendrüse muss das Oberlid sehr stark hinaufgezogen werden, damit diese frei sichtbar ist. Es lassen sich dadurch die Strukturen der Glandula lacrimalis in Schnittbilddarstellung betrachten. Die Autoren des Reports konnten auf den OCT-Scans Parenchym, Azini, interlobuläre Gänge, intralobuläre Gänge und größere Ausführungsgänge beobachten. Bisher gibt es jedoch keine weiterführenden Studien zur OCT-Analyse der Tränendrüse.

Auch die Öffnungen der Punctum lacrimalia lassen sich mittels Vorderabschnitts-OCT hervorragend darstellen. Diese Technik ist bisher jedoch ebenfalls wenig etabliert und lässt aufgrund der geringen Eindringtiefe der OCT nur Aussagen über die Öffnung zu, nicht jedoch über die Durchgängigkeit des kompletten Ductus nasolacrimalis [65,66,67,68,69].

OCT-Angiographie des vorderen Augenabschnitts

Vor allem in der Beurteilung von retinalen Erkrankungen gewann die funktionelle Erweiterung der OCT, die OCT-Angiographie (OCT-A), in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung [70]. Diese Technik erlaubt eine nichtinvasive funktionelle Darstellung des Gefäßsystems der obersten Schichten des untersuchten Gewebes. Die Technik basiert auf der zeitlichen Änderung des OCT-Signals an einer bestimmten Stelle, hervorgerufen durch die Bewegung des Blutes, insbesondere der Erythrozyten, in den Gefäßen. Somit kann stationäres Gewebe (keine zeitliche Änderung) von Blutfluss (zeitliche Änderung) unterschieden werden [71]. Diese Technik kann auch in den Gewebeschichten des vorderen Augenabschnittes angewandt werden. In den letzten Jahren wurden vereinzelt Studien zur OCT-A-Anwendung im vorderen Augensegment durchgeführt, z. B. bei GlaukompatientInnen oder PatientInnen mit entzündlichen Erkrankungen [72, 73]. Des Weiteren konnten die Vorteile der Anwendung von OCT‑A in der Beurteilung der limbalen Gefäße gegenüber der klinischen Untersuchung nach Unfällen mit chemischen Substanzen demonstriert werden [74]. Möglicherweise kann diese Technologie auch in der Zukunft bei PatientInnen mit KCS zur Anwendung kommen, ein mögliches Einsatzgebiet wäre beispielsweise die objektive Beurteilung von Bindehauthyperämien, welche derzeit nur mittels Vergleich mit standardisierten Fotografien durchgeführt wird [75].

Diskussion

Sowohl die OCT als auch die OCT‑A nehmen eine immer größer werdende Rolle in der Beurteilung des vorderen Augenabschnittes ein. In den letzten Jahren wurden in zahlreichen klinischen Studien neue Anwendungsbereiche bei Augenoberflächenerkrankungen vorgestellt. Diese Anwendungen beschränken sich bisweilen größtenteils auf wissenschaftliche Forschungsprojekte mit experimentellen OCT-Systemen [17, 18]. Es ist jedoch anzunehmen, dass sowohl die OCT als auch die OCT‑A bei Augenoberflächenerkrankungen in den kommenden Jahren auch in der klinischen Praxis breitere Anwendung finden werden. Mit den immer besser werdenden Bildparametern könnte die OCT zu anderen Verfahren, wie beispielsweise die Darstellung kornealer Nerven mittels Konfokalmikroskopie oder die Darstellung von Meibom-Drüsen mittels Infrarotmeibographie, eine wertvolle Alternative darstellen [43].

Vor allem in der Diagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapieentscheidung des Syndroms des trockenen Auges könnte die ultrahochauflösende OCT mit objektiven Messparametern wie Tränenfilmdicke, Tränenfilmmeniskus und En-face-Tränenfilmaufreißzeit eine hilfreiche Erweiterung zu den bisher etablierten und oftmalig vom Untersucher abhängigen Untersuchungsmethoden darstellen. Neben den vielversprechenden Anwendungen im Bereich der Vermessung des Tränenfilms könnte die ultrahochauflösende OCT auch bei anderen Augenoberflächenerkrankungen weitere diagnostische Möglichkeiten eröffnen. So stellen beispielweise die hochauflösende Darstellung der Meibom-Drüsen bzw. des Lidrandes interessante Ansätze für deren Beurteilung dar [55,56,57,58,59, 65,66,67,68,69].

Die OCT bietet in der Beurteilung des vorderen Augenabschnittes einige Vorteile: Vor allem die kurze Dauer der Messungen von wenigen Sekunden und die Nichtinvasivität erweisen sich im Vergleich mit anderen Untersuchungsmethoden, wie beispielweise dem 5‑minütigen invasiven Schirmer-Test, als vergleichsweise angenehm für die PatientInnen. Zudem ermöglicht die OCT dem Untersucher die Beurteilung der Morphologie verschiedener Gewebestrukturen in vivo und in Echtzeit.

Nachteile der OCT sind die noch derzeit hohen Kosten, welche zu einem Großteil auf die aufwendigen Lichtquellen zurückfallen, die geringe Eindringtiefe in das Gewebe und die erforderliche Mitarbeit der PatientInnen. Gerade bei der Vermessung des Tränenfilms, welche in der Regel einige Sekunden dauert, können vorzeitiges oder verstärktes Blinzeln, unzureichende Fixation, aber auch kleinste unwillkürliche Augenbewegungen wie beispielsweise Sakkaden die Messung erschweren. Deshalb ist eine adäquate Instruktion der PatientInnen unverzichtbar für den Erfolg der Messung.

Der Aspekt der geringen Eindringtiefe ist im vorderen Augenabschnitt vernachlässigbar, da Strukturen wie beispielsweise die Hornhaut und der Tränenfilm transparent sind. Auch der künftige Einsatz der OCT‑A im vorderen Augensegment bietet vielversprechende Ansätze, sollte jedoch durch weitere klinische Studien noch weiter evaluiert werden [72, 73, 76].

Alles in allem gibt es neben den bereits etablierten Anwendungsgebieten der OCT im hinteren Augenabschnitt einige vielversprechende Ansätze in der Diagnostik von Augenoberflächenerkrankungen durch spezielle OCT-Systeme zur Darstellung des vorderen Augenabschnitts mit seinen speziellen Anforderungen an das Messsystem. Gerade der Einsatz der ultrahochauflösenden OCT in der Tränenfilmdiagnostik hat sich in einigen klinischen Studien als valide und klinisch relevant erwiesen und könnte in Zukunft auch in der klinischen Routine eine wertvolle Ergänzung in der Beurteilung von Augenoberflächenerkrankungen darstellen.