Einleitung, Hintergrund

Die Behandlung des Trockenen Auges stellt immer noch eine Herausforderung für AugenärztInnen dar. Dieses komplexe Krankheitsbild mit subjektiven Beschwerden durch Veränderungen des Tränenfilms und der Augenoberfläche verursacht, wird durch entzündlich-immunologische, hormonelle und toxische Komponenten beeinflusst [1].

Zudem wird die Palette von Tränenersatzmitteln (TEM) und anderer Therapeutika für das Trockene Auge (TTA) zur Beeinflussung dieses Krankheitsbildes immer größer, aber auch unübersichtlicher.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Behandelbarkeit zu erleichtern, indem die Komponenten der Benetzungsstörung den therapeutischen Möglichkeiten – unter Berücksichtigung der diagnostischen Gegebenheiten- gegenübergestellt werden.

Abb. 1
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Verteilung der Häufigkeiten bezogen auf die Hauptwirkung und alle Zuordnungen von Tränenersatzmitteln, Pharmazeutika und Methoden entsprechend der Zuordnung zur Diagnostik (Siehe Abb. 3, Spalten 1 und 2)

Abb. 2
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TEM/TTA-Schweregradbezug: Häufigkeit der div TEM/TTA in Hinblick auf den jeweiligen Schweregrad (Gesamt: 149 TTA; Schweregrad 1: n = 117, Schweregrad 2: n = 106, Schweregrad 3: n = 94 Schweregrad 4: n = 92 TTA; Mehrfachangaben wie in Abb. 3, Spalte 3)

Methode

Diagnostische und therapeutische Vorgaben -entsprechend des Dry Eye Workshop 2007 [2], des Delphi Panels 2006 [3] und den Leitlinien für das Trockene Auge der ÖOG 2012 [4] werden zu einem Arbeitsprozess zusammengefasst.

Dabei werden den therapeutischen Möglichkeiten (Tab. 1) diagnostische Parameter zugeordnet und weitere Informationen zur Anwendbarkeit der Therapien beschrieben (Tab. 2, [5]).

Tab. 1 Therapiemöglichkeiten des Trockenen Auges. (Mod. nach DEWS 2007 [2])
Tab. 2 Diagnostik mit Zuordnung zu Therapiegruppen (Mod. nach DEWS 2007)

Die Einteilung in die Schweregrade des Trockenen Auges sind in der Tab. 3 dargestellt [3].

Tab. 3 Schweregrade des Trockenen Auges

Der Arbeitsablauf, welcher die Schritte von der Diagnose zur Therapie erleichtern soll, wird aufgrund von wissenschaftlichen, logistischen und empirischen Erkenntnissen erstellt.

In diesem Prozess werden die in Österreich erhältlichen TEM, mit ihren Eigenschaften sowie deren Zuordnung zu den Tränenfilm- und Augenoberflächenparametern inkludiert. Die Auswahl der TEM erfolgte, soweit Daten ausreichend vorhanden waren. Es werden aber auch Methoden und Geräte in die Therapieoptionen eingeschlossen.

Die Erstellung dieser Arbeitstabelle soll als Grundlage zur erleichterten Behandlung des Trockenen Auges dienen.

Resultate

Die Therapieoptionen modifiziert nach dem DEWS Report 2007 (Tab. 1; [2]) ergaben unterschiedliche Therapiekonzepte (A–I) (Tab. 1 und 2), welche in weitere Untergruppen eingeteilt werden konnten (Tab. 2).

Diese Therapiegruppen wurden den diagnostischen Methoden gegenübergestellt (Tab. 2).

Die Zuordnung der diagnostischen Parameter zu den Therapiegruppen erfolgte für:

  • Niedervisköse Mittel (Aw) zum wässrigen Phasendefizit.

  • Hochvisköse Mittel, Hyaluronsäurepräparate ab 0,19 %, abhängig vom Molekulargewicht, sowie Gele (Am) zum muzinösen Phasendefizit.

  • Lipidhältige Mittel (Al) zum Lipidphasendefizit.

  • Hypoosmolare Mittel zur Kompensation des hyperosmolaren Tränenfilms, Osmoprotektive Mittel (Ao) beinhalten kompatible Solute (Trehalose, Erythrol, Carnithin, Ectoin), welche die Zellen vor den Folgen des hyperosmolaren Tränenfilms schützen [6].

  • Epithelprotektion (Ae): Hyaluronsäurepräparate unkonserviert ab 0,15 %, Vitamin-A, Heparin [7, 8], Dexpanthenol [9, 10].

  • Tränenretention (B): Punctum Plugs [11].

  • Stimulantien (C): Mittel mit sekretionsfördernder Wirkung auf die Drüsenzellen [12].

  • Biologische TEM (D): körpereigene Substanzen (Serum, Plasma, Albumin) sowie Matrixtherapie bei Ulcera [13].

  • Mittel mit antiinflammatorischer Wirkung (E).

  • Omega-3-Fettsäuren (F).

  • Lidpflege, physikalische Therapie des Lidrandes (G).

  • Umweltfaktoren (H), Schutz vor Umwelteinflüssen, Schutzbrillen.

  • Verbandlinsen/Sklerallinsen.

  • Sonstige Therapeutika (I) durch operative Eingriffe im Zusammenhang mit der Tränenproduktion, systemische Therapien aber auch interdisziplinäre Zusammenarbeit bei systemischen Prozessen mit Einfluss auf die Tränenproduktion: neurologische, endokrinologische, dermatologische, psychologische Erkrankungen, ebenso komplementärmedizinische Methoden.

  • Konservierte Präparate sollten wegen ihrer toxischen Wirkung nur kurzfristig und in niedriger Tropffrequenz angewendet werden. Daher wurden diese dem Schweregrad 1 bis maximal 2 zugeordnet, Quartäre Ammoniumverbindungen (BAC, Cetrimid) wurden nur dem Schweregrad 1 zugeordnet [14].

  • Für den Schweregrad der Benetzungsstörung wurde die Tabelle aus dem Delphi Report herangezogen (Tab. 3).

In der eigentlichen Arbeitstabelle (Abb. 3) werden nun diese diagnostischen Zuordnungen zu Therapiegruppen den einzelnen Therapeutika zugewiesen, wobei zwischen einer primären Zuordnung und erweiterten Zuordnungen unterschieden wird.

Abb. 3
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Arbeitstabelle: Gegenüberstellung der in Österreich# erhältlichen Therapeutika zur Diagnostik des Trockenen Auges (Aktuell Oktober 2015)

Abb. 3
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Fortsetzung

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Fortsetzung

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Fortsetzung

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Fortsetzung

Abb. 3
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Fortsetzung

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Fortsetzung

Abb. 3
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Fortsetzung

Innerhalb der primären Zuordnung werden die Therapeutika alphabetisch aufgereiht. Zuerst scheint der Handelsname auf, dann die Inhaltsstoffe, die gleichwertig für die Behandlungsgruppe sind.

Für die optimale Therapie ergeben sich folgende Arbeitsschritte:

  • Untersuchung/Diagnose (Tab. 2),

  • Überlegung der Therapieoptionen (Tab. 12),

  • Zuordnung zu den Therapiegruppen (Tab. 2 – Spalte „Zuordnung“),

  • Zuordnung zum Schweregrad (Tab. 3),

  • Auswahl der Therapeutika (Abb. 3): „Zuordnung“ → „Name“.

Es werden 149 TEM/TTA in der Abb. 3 genannt. Die Verteilung der TEM ist in der Abb. 1 ersichtlich. In der Abb. 2 ist die Zuordnung der TEM/TTA zum Schweregrad der zu behandelnden Beschwerden dargestellt.

Die Verteilung von TEM und TTA bezogen auf die Hauptwirkung entsprechend der Zuordnung zur Diagnostik zeigt eine Gewichtung nieder- und hochvisköser Mittel, aber auch entzündungshemmender Mittel (Abb. 1).

Die Verteilung der TTA/TEM entsprechend der Zuordnungen zum Schweregrad zeigt eine Häufung für die milderen Formen des Trockenen Auges Grad 1 und 2, wohingegen die Anzahl der TTA/TEM für höhere Schweregrade geringer ist (Abb. 2).

Diskussion

Die ursprünglich rein empirische Behandlung des Trockenen Auges hat durch zahlreiche Arbeiten tiefer greifende Aspekte gewonnen [15, 16].

Es bleiben aber weiterhin zahlreiche Probleme bestehen, welche therapeutisch nicht ausreichend zu lösen sind. Dazu gehören die Diskrepanz von subjektiven und objektiven Symptomen beim Trockenen Auge [17], aber auch unterschiedliche Ansichten zur Ätiologie, Pathogenese und zur Therapie dieser Erkrankung sowie zur Bedeutung der verwendeten Substanzen [18].

Die einfachste Behandlung entspricht dem empirischen Ausprobieren von TEM. Dies führt aber zu sehr unklaren Effekten und bedarf daher weiterer Charakterisierungen.

Die Diagnostik der einzelnen Tränenfilm- und Augenoberflächenparameter ist deshalb von Bedeutung, da sie Details der Erkrankung besser erkennen lässt [5, 15]. Dadurch können die verschiedenen TEM nun aufgrund der Ähnlichkeiten der Inhaltsstoffe den Störungen adäquater zugeordnet werden.

In der Tab. 2 (Diagnostik) wird eine Liste von Zuordnungen getroffen, welche der Erkennung der einzelnen Tränenfilmphasen-Defizite dient. Diese finden sich auch in der Abb. 3 wieder, als Haupt-, und als Nebenzuordnung.

Die TEM wirken zumeist auf mehrere Ebenen, welche in der Abb. 3 in der 2. Spalte ersichtlich sind. Es entspricht aber einer praktischen Vereinfachung, jedem Mittel eine Hauptzuordnung zu geben (Abb. 3, Spalte 1), um entsprechend der Diagnose TEM und TTA zielführender auswählen zu können. Die Ähnlichkeit der Inhaltsstoffe (Abb. 3, Spalte 5) wird für einzelne TEM durch diverse Substanzen, wie Konservierungsmittel, Zusätze (Puffer, Elektrolyte, Emulgatoren etc.), physikalische und pflanzlichen Eigenschaften (Spalte 6–7) verringert.

Die Zuordnung zum Schweregrad (Tab. 3; [3, 19]) entsprechend älteren Versuchen, das Krankheitsbild zu vereinfachen, wird auch in der Arbeitstabelle berücksichtigt. Für den Schweregrad gelten subjektive Beschwerden und objektive Zeichen (Färbetests, Messparameter siehe Tab. 2 und Tab. 3). Der subjektive Schweregrad der Erkrankung hängt zusätzlich auch von zahlreichen negativen psychischen Einflüssen ab, wie der Lebensqualitätsminderung durch das Trockene Auge, Ängsten und Depressionen und ist damit nur bedingt einzelnen TEM/okulären Oberflächentherapien zuzuordnen [20, 21].

Die Zuordnungen der Therapeutika erfolgt nach Literaturangaben, Testberichten, Erfahrungsberichten, Berichten von KollegInnen, eigener Erfahrung und nach Vorgaben durch die Art der Inhaltstoffe. Die Anordnung der TEM/TTA erfolgt entsprechend der Gruppen (A–I), die Produktnamen sind alphabetisch aufgelistet. Die unterschiedlichen Ätiologien werden nicht gesondert dargestellt, da sie im DEWS-Report sowie in der „Triple Classification“ ausführlich beschrieben wurden [1, 18]. Sie werden aber in der Gruppe H wegen der Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit erwähnt.

Inhalt der bisherigen TEM-Listen waren verschiedene Substanzklassen, die aber keinen Bezug zur Diagnose des Trockenen Auges hergestellt haben oder den Vorgaben des DEWS 2007 Reports entsprachen [2, 22].

Eine bessere Wirksamkeit von gezielten Behandlungen im Vergleich zu zufälliger TEM Auswahl wurden beschrieben [23].

In dieser Aufstellung findet sich eine Darstellung der TEM (Polymer, Osmolarität, Konservierungsmittel) [24], der entzündungshemmenden oder immunmodulatorischen Substanzen [25, 26], der Osmoprotektion [2729], Hormone [30, 31], Punktum Plugs [32], Omega-3-Fettsäuren [33] und der autologen Serum-Augentropfen [34, 35]. Außerdem wurden alternative Methoden wie Akupunktur [36, 37], und Geräte einbezogen [38, 39], ebenso spezielle Trägersubstanzen[40] und Mittel zur zentralen Anregung der Drüsentätigkeit [41].

Probleme bei der Behandlung bereiten die Schwankungen der Symptome und die Veränderungen des Tränenfilms nach begonnener Behandlung (Rolando M, Vortrag Zürich 2014). Dies bedeutet, daß eine wiederholte Diagnostik mit Therapieanpassung erfolgen muß.

Diese Zusammenstellung wurde nach bestem Wissen durchgeführt, mit zur Zeit aktuellen erhältlichen TEM und Methoden, von welchen ausreichend Informationen vorhanden waren.

Nicht in Österreich erhältliche Präparate werden nur dann erwähnt, wenn sie von besonderer Bedeutung sind. Diese werden in der Arbeitstabelle (Abb. 3) in Spalte 7 mit Landesangabe gekennzeichnet.

Schlussfolgerung

Diese Arbeit enthält Tabellen, welche die Auswahl von Therapeutika für das Trockene Auge erleichtern soll. Der Arbeitsablauf zur Behandlung des Trockenen Auges zeigt die Schritte von der Symptomatik, Diagnostik und Einordnung der subjektiven und objektiven Parameter bis zur vorgeschlagenen optimierten Therapie.