Zusammenfassung
Gesundheitskompetenz spielt eine entscheidende Rolle für pädiatrische Patient:innen und bedeutet, Gesundheit bzw. Krankheit zu verstehen, zu erhalten und zu verbessern. Sie ist assoziiert mit effektivem Coping und Lebensqualität. Eine adaptierte Version der Gesundheitskompetenzskala wurde genutzt, um Gesundheitsüberzeugungen und Copingstrategien von 197 hochgesunden Kindern und Jugendlichen und deren Eltern zu erfassen. Die Ergebnisse zeigen hohe Einschätzungen seitens der Eltern und soziale Einschränkungen (90,1 %) im Fall einer eigenen Krankheit bei den meisten Kindern. Anhand des biopsychosozialen Modells wurden verschiedene Dimensionen (aus 283 genannten Assoziationen wurden 61,5 % der biologischen, 16,6 % der psychologischen und 21,9 % der sozialen Dimension zugeordnet) der Gesundheitskompetenz identifiziert, was wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung gezielter psychosozialer Interventionen liefert.
Abstract
Health literacy plays a crucial role for pediatric patients and means understanding, maintaining and improving health or illness. An adapted version of the health literacy scale was used to assess health beliefs and coping strategies of 197 highly healthy children and adolescents and their parents. The results show high assessments on the part of the parents and social restrictions (90.1 %) in the event of illness in most children. Using the biopsychosocial model, various dimensions of health literacy were identified (out of 283 associations mentioned, 61.5 % were assigned to the biological dimension, 16.6 % to the psychological dimension and 21.9 % to the social dimension), providing important insights for the development of targeted psychosocial interventions.
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Die subjektive Position am Gesundheit-Krankheits-Kontinuum wird von medizinischen, psychischen und sozialen Faktoren beeinflusst [1]. Kinder und Jugendliche, die sich als krank definieren, erleben eine Ausnahmesituation mit Unkontrollierbarkeit, Unsicherheit und Einschränkungen im Lebensstil [2,3,4,5]. Die Anpassungsfähigkeit junger Menschen an solche Situationen hängt von ihrer Gesundheitskompetenz (GK, „health literacy“) ab. Diese ist definiert als die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu erhalten, zu verstehen, zu bewerten und zu kommunizieren [6]. GK ist individuell und dynamisch, abhängig von Entwicklungsstand, Krankheitserfahrungen, soziodemografischem Status, Bildung, sozialer Unterstützung, Kommunikation und Persönlichkeit [7,8,9].
Bisherige Forschung zur GK konzentriert sich vorwiegend auf gesundheitsbezogene Lebensqualität („health-related quality of life“, HRQOL) und Bewältigungsstrategien. Die HRQOL ist die Wahrnehmung des eigenen Lebens, im Kontext der Kultur und Werte [10, 11]. Bewältigungsstrategien sind Handlungen, Verhaltensweisen und Gedanken zur Bewältigung von Stress, differenziert in problemorientierte und emotionsorientierte Ansätze sowie Kontrollüberzeugungen [3]. Die bevorzugte Bewältigungsart variiert nach Alter, Geschlecht, Krankheitserfahrung und Schweregrad [4, 9].
Höhere GK ist mit besserer Gesundheit, niedrigerer Mortalität, weniger Krankenhausaufenthalten, höherer Screening- und Impfprävalenz, effektiverer Kommunikation und höherer HRQOL verbunden [7, 12, 13]. Auf Basis der WHO-Europa-Initiative, strebt Österreich die Verbesserung der GK als Gesundheitsziel zur Steigerung von Selbstbestimmung, Autonomie, wahrgenommener Kontrolle und Compliance an [14,15,16,17]. In der Kinder- und Jugendgesundheitsversorgung besteht Bedarf an GK-Förderung, besonders durch Bildungseinrichtungen, die eine Schlüsselrolle als Informationsquelle für Kinder und Jugendliche spielen [18]. Die Gesundheitskompetenz spielt eine entscheidende Rolle für pädiatrische Patient:innen. Es bedeutet Gesundheit bzw. Krankheit zu verstehen, zu erhalten und zu verbessern und ist assoziiert mit effektivem Coping und Lebensqualität. Gesundheitskompetenz umfasst dabei mehrere Komponenten: „Finden“, „Verstehen“, „Beurteilen“ und „Umsetzen“, welche wiederum durch „Wissen“, „Motivation“ und „Kompetenz“ beeinflusst werden [19].
Obwohl bereits Fragebögen zur GK von Kindern und Jugendlichen existieren die genau diese Komponenten erfassen, handelt es sich meist um Proxy-Ratings und Screenings im Rahmen der Gesundheitsförderung bzw. Primären Prävention, während vertiefende Untersuchungen von kognitiven Konzepten (z. B. subjekte Krankheitsüberzeugungen oder Kontrollstrategien als beeinflussende Faktoren der Komponenten der Gesundheitskompetenz) junger Menschen fehlen [20, 21]. Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, eine Gesundheitskompetenz-Skala zu entwickeln, welche sowohl bestehende Fragebögen von Grootenhuis und Last („Kognitive Kontrollstrategie-Skala für kranke Kinder (KKSS-k)“ und „Auf Kurs-Skala zur Erfassung von Krankheitsverarbeitungsstrategien“) [22,23,24] im Rahmen einer Übersetzung und Adaptierung integrieren sollte und insbesondere eine Möglichkeit geben sollte explorativ, aber in einer standardisierten Form Konzepte von Gesundheit und Krankheit bei schulpflichtigen hochgesunden Kindern und Jugendlichen zu erfassen. So sollen Einblicke in die Gesundheitsüberzeugungen und Bewältigungsstrategien in der Normpopulation gewonnen werden und praktische Maßnahmen abgeleitet werden. In diesem Artikel wird daher auf einen Ausschnitt der Skala eingegangen. Mögliche Einflussfaktoren werden untersucht, damit eine Basis ermittelt werden kann um Empfehlungen für Programme und Fortbildungen zur GK-Förderung bei Kindern und Jugendlichen in Bezug auf den Umgang mit Gesundheit und Krankheit auf der psychoszialen und körperlichen Ebene zu entwickeln.
Methode
Materialien
Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ) – Fragebogen zu Stärken und Schwächen
Der SDQ [25] ist ein kurzer Screening-Fragebogen zum Verhalten von Kindern und Jugendlichen. In dieser Studie wurde die deutsche Version verwendet, um emotionale Symptome, Verhaltensprobleme, Hyperaktivität/Unaufmerksamkeit, Probleme in der Beziehung zu Gleichaltrigen und prosoziales Verhalten aller teilnehmenden Kinder und Jugendlichen durch Selbst- und Fremdeinschätzungen zu bewerten.
Gesundheitskompetenzskala
Der erste Teil der Skala besteht aus einem anamnestischen Fragebogen für Kinder, Jugendliche und Eltern und erhebt demografische Daten (Alter des Kindes, Geschlecht), Bildung (Schulstufe, Schultyp, besondere Bildungsbedürfnisse, Anzahl der Klassenwiederholungen) und medizinische Informationen (Sehvermögen, Hörvermögen, Kinderkrankheiten; Kontaktstelle bei Gesundheitsfragen). Anschließend wird der Gesundheitszustand des Kindes von Kindern, Jugendlichen und Eltern anhand mehrerer Punkte auf einer kontinuierlichen Skala („gar nicht“; „sehr“/„immer“) bewertet (Abb. 1).
Der zweite Teil erfasst qualitative Informationen über die Erfahrungen, das Wissen und die Strategien der Kinder und Jugendlichen im Zusammenhang mit Krankheit und Gesundheit sowie die Perspektive der Eltern. Die Kinder- und Jugendversion erhebt erst, ob die Kinder und Jugendlichen schon einmal krank waren, und erfragt 3 Dinge, die mit Krankheit in Verbindung gebracht werden (als Referenz). Auf einer Körpersilhouette wird eingezeichnet, wie viel Raum die Krankheit im Leben einnimmt, und auf einer Skala von 1 bis 10 wird angeben, wie stark die Krankheit ihr Leben beeinflusst. Darüber hinaus wird erfragt, was an Krankheit störend ist (z. B. nicht Fußball spielen oder zur Schule gehen können) und welche Strategien genutzt werden, um sich besser zu fühlen. Schließlich sollten aus einer validierten Liste von 18 symbolhaften Darstellungen von Emotionen, diejenigen positiven (stolz, zufrieden, glücklich, erleichtert, neugierig, fröhlich), negativen (verwirrt, verletzt, schuldig, traurig, genervt, angeekelt, wütend, ängstlich, verunsichert, aufgeregt) und neutralen (neutral, überrascht) Emotionen ausgewählt werden, welche die Person mit Krankheit in Verbindung bringt [26]. Im Elternfragebogen bewerteten die Eltern die GK ihres Kindes und dessen Fähigkeiten im Umgang mit Krankheit sowie die wahrgenommene Auswirkung von Krankheit auf den Alltag auf einer kontinuierlichen Skala [10]. Darüber hinaus werden aktuelle Gesundheitsbeeinträchtigungen und die verwendeten Bewältigungsstrategien erhoben (Abb. 2).
Um Kontrollüberzeugungen und -strategien zu messen, wurden 2 Skalen von Grootenhuis und Last („Kognitive Kontrollstrategie-Skala für kranke Kinder, KKSS‑k“ und „Auf Kurs-Skala zur Erfassung von Krankheitsverarbeitungsstrategien“) übersetzt und für die Verwendung vor einer neuroonkologischen Behandlung adaptiert [3, 24]. Diese werden in dieser Arbeit nicht weiter beschrieben.
Die Kinder- und Elternversion der verwendeten Skala können bei der Autorin angefragt werden.
Teilnehmer:innen
Die Studie untersuchte Kinder und Jugendliche (6–16 Jahre) sowie Eltern in 6 Schulen (3 Grundschulen, 1 Mittelschule, 2 Gymnasien) in Niederösterreich von April bis Juni 2018. Von den 300 verteilten Fragebögen stimmten 197 Teilnehmende zu. Anonymität wurde durch Umschläge und Codes sichergestellt. Nur „hochgesunde“ Teilnehmende mit durchschnittlichen SDQ-Werten [25] wurden in die Studie eingeschlossen. Die Anzahl eingeschlossener Kinder und Jugendlicher in die Stichprobe ergab schließlich in N = 152 (weiblich: 53,3 %, Durchschnittsalter: 9,41 Jahre), nachdem N = 34 Kinder und Jugendliche aufgrund von Krankheitsanzeichen und N = 11 aufgrund fehlender Daten ausgeschlossen wurden. Davon besuchten 107 (70,4 %) die Grundschule und N = 42 (27,6 %) die Sekundarschule.
Datenanalyse
Die deskriptiven Analysen erfolgten mit IBM SPSS Statistics (Version 22; IBM Corp. 2013). In der qualitativen Datenanalyse wurden induktive und deduktive Kategorisierungsmethoden kombiniert, basierend auf der Methode von Mayring und Gahleitner [27]. Antworten auf offene Fragen wurden zunächst gesammelt, bevor sie in gemeinsame Themen („Kategorien“) gruppiert wurden.
Ergebnisse
Medizinische Informationen
Acht (5,2 %) Kinder und Jugendliche hatten Sehprobleme, ein Kind Hörprobleme. Sehhilfen trugen 19 (12,5 %). Eltern gaben bei 125 (82,2 %) Kindern und Jugendlichen an, dass sie bereits einmal krank waren (Tab. 1). 22 (14,5 %) Kinder und Jugendliche wurden als noch nie krank beschrieben. Im Kinderfragebogen gaben 148 (97,4 %) an, mindestens einmal krank gewesen zu sein; nur je ein Kind gab an, nie krank gewesen zu sein, bzw. konnte keine Angabe machen.
In Bezug auf die Gesundheitskonsultation für ihre Kinder nannten 95 (62,5 %) Eltern ihren Hausarzt/Familienarzt als primären Ansprechpartner, 105 (69,1 %) ihren Kinderarzt und 39 (25,7 %) das Krankenhaus. Alternative medizinische Ansätze zogen 33 (21,7 %) Eltern in Betracht. 19 (12,5 %) konsultierten andere Quellen, wie Spezialisten oder Personen im Freundes‑/Familienumfeld im Gesundheitswesen.
Gesundheitszustand, Gesundheitskompetenzbewertungen und von den Eltern berichtete Auswirkungen auf den Alltag
Eltern und Kinder gaben an, dass ihr Kind gesund und fit sei („gesund“: M = 8,54, SD = 1,8, MIN = 0, Max = 10; „fit“: M = 9,4, SD = 0,85, Min = 4,9, Max = 10). Die von Eltern berichtete GK ihres Kindes war hoch, Durchschnitt 8,5 (SD = 1,8, Min = 1,9, Max = 10). Eltern sahen wenig Einfluss von Krankheit auf das tägliche Leben ihres Kindes (M = 2,0, SD = 2,7, Min = 0, Max = 10) und ihren eigenen Alltag (M = 1,98, SD = 2,8, Min = 0, Max = 10). Das derzeitige Ausmaß der Auswirkung von Krankheit auf das tägliche Leben schätzten Eltern als gering ein (M = 3,1, SD = 3,3, Min = 0, Max = 9,7). Kinder und Jugendliche empfanden es als mäßig schlecht/unangenehm, krank zu sein (M = 2,9; SD = 1,9; Min = 0, Max = 10).
Bereiche des täglichen Lebens, die von der Krankheit betroffen sind
Insgesamt 80 Eltern (52,6 %) gaben an, dass mindestens ein Lebensbereich von Krankheit betroffen sei. Die qualitative Analyse zeigte, dass 80,7 % Arbeit, Kinderbetreuung, Schule oder Freizeit beeinträchtigte. Nur 8,6 % meldeten Auswirkungen auf Wohlbefinden. Kinder und Jugendliche (n = 46; 31,3 %) nannten hauptsächlich Infektionen (n = 28; 18,4 %), Verletzungen (n = 9; 5,9 %), Schmerzen (n = 7; 4,6 %) und andere Situationen (n = 8; 5,3 %) als Krankheitsassoziationsquellen. 90,1 % der Kinder und Jugendliche erlebten Beeinträchtigungen im Alltag, z. B. Schulbesuch, soziale Aktivitäten, oder Sport, während nur 7,2 % körperliche Symptome wie Müdigkeit oder Schmerzen angaben.
Kommunikationsstrategien von Eltern über Krankheit und Gesundheit
Insgesamt berichteten 97 Eltern (63,8 %) über die Kommunikationsweisen in Bezug auf Krankheit mit ihrem Kind. Die qualitative Analyse der Daten ergab 7 Hauptkategorien der Kommunikationsformen (Tab. 2). Sechs Eltern (3,9 %) gaben an, dass es aufgrund des Fehlens von Krankheit in der Familie noch nicht notwendig war, das Thema zu besprechen.
Getroffene Kompensationsmaßnahmen
Die meisten Kinder und Jugendlichen (82,2 %) konnten Maßnahmen zur Verbesserung ihres Wohlbefindens bei Krankheit benennen. Die qualitative Analyse ergab drei verschiedene Bewältigungsstrategien: Entspannung (n = 75; 49,3 %), körperliche Aktivität (n = 58; 38,2 %), Ablenkung (n = 32; 21,1 %) und andere (n = 5; 3,3 %). Keines der Kinder und Jugendlichen gab an, maladaptive Strategien zu verwenden.
Assoziationen mit Krankheit
Assoziationen mit Krankheit durch Kinder und Jugendliche selbst lassen sich in 19 Unterkategorien unterteilen, die den biopsychosozialen Dimensionen des Gesundheits- und Krankheitsmodells entsprechen. Die biologische Dimension, mit 174 Assoziationen, umfasst physische Symptome, medizinische Zustände und Behandlungen wie „Fieber“, „Übelkeit“, „Schmerz“, „Unwohlsein“, „Erkältung“, „Krebs“, „gebrochenes Bein“ und „Fieberthermometer“. In der psychologischen Dimension (n = 47) wurden emotionale Attribute und 5 Bewältigungsstrategien identifiziert. Häufig genannt wurden der Glaube an Umkehrbarkeit und die Hoffnung auf Gesundheit („Ich hoffe, bald wieder gesund zu sein“, „Es kann besser werden“). Ablenkungen (z. B. „Fernsehen“) waren ebenso präsent wie maladaptive Strategien („Ich hasse es, krank zu sein“, „Warum ich?“). Vier Teilnehmende berichteten von sozialer Unterstützung („Trost“, „Jemand kümmert sich um mich“). Die 62 sozialen Assoziationen wurden in Unterstützungssysteme, allgemeine soziale Teilhabe, Schule und Freunde unterteilt, z. B. „zu Hause bleiben“, „nicht zur Schule gehen können“, „Freunde vermissen“ und „Krankenhaus“.
Mit Krankheit verbundene Emotionen
Die drei am häufigsten genannten Emotionen waren genervt (n = 91; 59,9 %), traurig (n = 83; 54,6 %) und unruhig/unsicher (n = 46; 30,3 %), gefolgt von neutral (n = 41; 27,0 %), wütend (n = 33; 21,7 %) und ängstlich (n = 33; 21,7 %). Weniger Kinder und Jugendliche erwähnten Ekel (n = 25; 16,4 %), Verwirrung (n = 21; 13,8 %), Schmerz (n = 19; 12,5 %), Überraschung (n = 15; 9,9 %) und Aufregung (n = 14; 9,2 %).
Emotionen, die seltener genannt wurden, waren Erleichterung (n = 10; 6,6 %), Zufriedenheit (n = 5; 3,3 %), Stolz (n = 4; 2,6 %), Schuld (n = 4; 2,6 %), Glück (n = 4; 2,6 %), Neugier (n = 3; 2,0 %) und Glück (n = 3; 2,0 %).
Diskussion
Die Studie liefert normative Daten zur GK von Kindern und Jugendlichen, als wesentliche Grundlage für die Entwicklung der GK-Skala und Verstehen von altersentsprechender Gesundheitskompetenz in Bezug auf das Wissen und den Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Die qualitative Analyse „hochgesunder“ Kinder und Jugendlicher ermöglicht wichtige Einblicke für die Ableitung von erwartbarer GK bei Neudiagnosen. Daten dienen auch dem Vergleich von Gesundheitseinschätzungen und Wissen zwischen chronisch kranken und gesunden Kindern und Jugendlichen. Die Verwendung einer breiten Definition von Gesundheit und der Fokus auf den subjektiven Gesundheitszustand sind wichtig, vor allem im Kontext chronischer Erkrankungen. Der Fokus auf subjektive Gesundheitsauffassungen erleichtert die Entwicklung ressourcenorientierter Interventionen [1, 28]. Die Ergebnisse basieren auf Eltern- und Kinderperspektiven mit klaren Unterschieden, insbesondere bei der allgemeinen Gesundheitseinschätzung. Selbstberichte von Kindern und Jugendlichen liefern wertvolle Einblicke, die für die Planung medizinischer und psychosozialer Interventionen essenziell sind [21].
Kinder und Jugendliche bewerten ihre allgemeine Gesundheit im Vergleich zu Eltern höher. Zudem berichten mehr Kinder als Eltern über bereits erlittene Krankheiten. Die Kontroverse bezüglich der Gültigkeit von Selbstberichten bei jungen Kindern wird durch diese Perspektivenunterschiede hervorgehoben. Diese Differenzen unterstreichen die Bedeutung von Kinder-Selbstberichten als wertvolle Informationsquelle für das Verständnis von Gesundheit und Krankheitsbewältigung. Dies ist entscheidend für die Planung und Anpassung medizinischer sowie psychosozialer Interventionen [21]. Eine verstärkte Gesundheitserziehung für Kinder und Eltern ist entscheidend. Sie fördert gemeinsames Wissen sowie übereinstimmende Definitionen von Gesundheit und Krankheit. Dies ermöglicht effektive Kommunikation zwischen Patient:innen und Fachkräften und verbessert die Anpassung von Behandlungen an den subjektiven Gesundheitszustand [8].
Die Analyse der Assoziationen von Kindern und Jugendlichen mit Krankheit entlang des biopsychosozialen Modells zeigte, dass über 60 % der Konnotationen der biologischen Kategorie zugeordnet werden konnten, mit mehr als doppelt so vielen biologischen als psychosozialen Assoziationen. Kinder und Eltern nannten vor allem soziale Auswirkungen der Krankheit auf das tägliche Leben als störend, wie die Unfähigkeit, zur Schule/Arbeit zu gehen, Freunde zu treffen oder Sport zu treiben. Die vorwiegend biologischen Assoziationen mit Krankheit lassen vermuten, dass trotz der Zunahme an Wissen über psychosoziale Gesundheit ein medizinisches/physisches Konzept von Krankheit überwiegt. Die betonten sozialen und kognitiven Auswirkungen zeigen jedoch, dass ein Wechsel von rein medizinischen Behandlungen zu umfassenderen Interventionen notwendig ist, die auch Psychoedukation zu kognitiven sowie sozialen Bewältigungsstrategien beinhalten.
Um bekannte Bewältigungsstrategien zu identifizieren, kategorisierten wir Assoziationen junger Teilnehmender ins biopsychosoziale Modell. In der psychologischen Dimension nannten sie am häufigsten Strategien wie „Glaube an die Umkehrbarkeit“, „Hoffnung“ und „Ablenkung“. Junge Menschen scheinen generell eher passive Bewältigungsstrategien zu nutzen, da nur wenige aktiv nach Unterstützung suchen. Obwohl sie Krankheit als mäßig belastend empfinden, nannten sie häufiger negative als positive oder neutrale Emotionen, darunter genervt, traurig und unsicher. Psychosoziale Programme fokussieren oft auf Angst, obwohl diese nicht so dominant ist wie erwartet. Präventivmaßnahmen sollten die Strategien junger Menschen zur aktiven Unterstützungsförderung verbessern, verfügbare Hilfsangebote aufklären und den Zugang erleichtern. Zudem sollte die Schulung optimistischer Emotionen sowie die Stärkung des Selbstwertgefühls und eines positiven Selbstbilds betont werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Krankheitsbewältigung ist die effektive Kommunikation über Gesundheit und Krankheit, da sie unabdinglich ist für die Fähigkeit, Unterstützung zu suchen und krankheitsbezogene Erfahrungen und Gefühle mit dem sozialen Umfeld zu teilen. In der vorliegenden Studie wurde unter Eltern allgemein eine hohe Bereitschaft zur Kommunikation über Krankheit gefunden, während fehlende Kommunikation damit rechtgefertigt wurde, dass Familien bisher nicht mit schwerer Krankheit konfrontiert waren. Im Gegensatz zu dem untersuchten gesunden Umfeld fanden Sisk und Kolleg:innen [29], dass Krankheiten in klinischen Umgebungen oft als Tabuthema empfunden werden und effektive Kommunikation dadurch gehemmt ist. Diese Diskrepanz könnte bestehen, weil es leichter ist, subjektive Bereitschaft zur Kommunikation über hypothetische Krankheit zu erklären, als über eine emotional herausfordernde Realität zu sprechen. In klinischen Umgebungen wurde jedoch ein Zusammenhang zwischen qualitativ hochwertiger Kommunikation und höherem Wohlbefinden von Eltern, stärkerem Vertrauen in Gesundheitspersonal und -interventionen sowie einer besseren subjektiven Vorbereitung auf Entscheidungsfindung und Selbstmanagement gefunden [29]. Da Bildung und Vorbereitung dazu beitragen können, erfolgreich mit einer Diagnose umzugehen, könnte die Aufklärung von gesunden jungen Menschen und ihren Eltern über Bewältigungsstrategien und Unterstützungsmöglichkeiten ein wertvoller Schritt der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen sein. Die hohe Bereitschaft der meisten Eltern in unserer Stichprobe, über Krankheit zu kommunizieren, kann dabei als wertvolle Grundlage für effektive Unterstützung dienen.
Fazit
Gesundheitskompetenz ist entscheidend für Wohlbefinden, Krankheitsbewältigung und Gesundheitskommunikation. Unsere Studie zu normativen Gesundheitskompetenzdaten bei Kindern und Jugendlichen ermöglicht Einblicke und ist mögliche Grundlage für diagnostische Einschätzung und Ableitung von Fördermaßnahmen. Divergenzen in Gesundheitskonzepten zeigen den Bedarf an verbessertem Verständnis und Kommunikation. Ergebnisse betonen die Notwendigkeit, psychosoziale Aspekte in Gesundheitsinterventionen zu integrieren und Gesundheitskommunikation zu fördern. Weitere Forschung zur GK-Förderung und v. a. mögliche Veränderungen von Konzepten rund um Gesundheit und Krankheit mit der Pandemie sind wünschenswert. Trotz 2018 erhobener Daten bleiben die Ergebnisse aktuell, besonders aufgrund der steigenden Belastungen durch Pandemien und andere Krisen, in denen GK, insbesondere psychosoziale GK, zu fördern sind. Es ist wichtig, die psychosoziale Gesundheit junger Menschen zu fokussieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.
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Danksagung
Wir bedanken uns bei allen Schulen, für die Kooperation in dieser Studie, sowie bei allen Kindern, Jugendlichen und Eltern, die daran teilgenommen haben.
Funding
Open access funding provided by Medical University of Vienna.
Author information
Authors and Affiliations
Contributions
Konzeptualisierung: Liesa J. Weiler-Wichtl, Alina Kollmann, Verena Fohn-Erhold, Agathe Schwarzinger, Ulrike Leiss; Datenaufbereitung: Liesa J. Weiler-Wichtl und Carina Schneider; Formale Analyse: Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider; Förderansuchen: Liesa J. Weiler-Wichtl; Durchführung: Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider, Alina Kollmann, Verena Fohn-Erhold, Agathe Schwarzinger, Rita Hansl, Ulrike Leiss; Methodologie, Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider, Alina Kollmann, Verena Fohn-Erhold, Agathe Schwarzinger, Ulrike Leiss; Projektadministration: Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider, Alina Kollmann; Resources, Liesa J. Weiler-Wichtl, Ulrike Leiss; Supervision: Liesa J. Weiler-Wichtl, Thomas Pletschko, Ulrike Leiss; Validierung: Liesa J. Weiler-Wichtl, Thomas Pletschko; Visualisierung, Liesa J. Weiler-Wichtl; Text – Erstfassung: Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider, Rita Hansl; Text – Überarbeitung: Liesa J. Weiler-Wichtl, Carina Schneider, Alina Kollmann, Verena Fohn-Erhold, Agathe Schwarzinger, Thomas Pletschko, Rita Hansl, Kristina Herzog, Ulrike Leiss.
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
L.J. Weiler-Wichtl, A. Kollmann, V. Fohn-Erhold, A. Schwarzinger, T. Pletschko, R. Hansl, K. Herzog, U. Leiss und C. Schneider geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Der örtliche Landesschulrat genehmigte das Projekt und die Verteilung der Fragebögen (Genehmigungsnummer: Präs.-420/2257-2017). Alle Projektmitglieder unterlagen den Bestimmungen des österreichischen Datenschutzgesetzes und es wurde eine schriftliche informierte Einwilligung von allen teilnehmenden Eltern oder den rechtlichen Vertretern eingeholt.
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Weiler-Wichtl, L.J., Kollmann, A., Fohn-Erhold, V. et al. Typische Gesundheitsüberzeugungen, Copingstrategien und Gesundheitskompetenz in hochgesunden Kindern und Jugendlichen. Paediatr. Paedolog. (2024). https://doi.org/10.1007/s00608-024-01192-7
Accepted:
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00608-024-01192-7
Schlüsselwörter
- Bewältigungsstrategien
- Lebensqualität
- Biopsychosoziales Modell
- Gesundheitsüberzeugungen
- Soziale Einschränkungen
- Psychosoziale Interventionen