Der kongenitale Klumpfuß ist die häufigste angeborene Deformität der unteren Extremitäten. Seine Inzidenz liegt in Mitteleuropa bei 1–2/1000. In etwa 40–50 % der Fälle tritt er bilateral auf, Buben sind etwas häufiger betroffen als Mädchen. Litt ein Elternteil bereits an einem Klumpfuß, besteht eine 3‑ bis 4 %ige Wahrscheinlichkeit für die Kinder, ebenfalls eine Klumpfußdeformität aufzuweisen. Sind beide Eltern betroffen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für die nächste Generation auf 30 % [1]. Die genaue Ursache des idiopathischen Klumpfußes ist bis heute unklar. Im pränatalen Ultraschall kann ein Klumpfuß bereits um die 21. Schwangerschaftswoche diagnostiziert werden [2].

Beim kongenitalen Klumpfuß handelt es sich um eine komplexe knöcherne Fußdeformität. Pathoanatomisch steht der subtalare Rotationsfehler im Mittelpunkt. Früher galt der angeborene Klumpfuß als eine Art orthopädischer Notfall – das Neugeborene wurde bereits einige Stunden nach der Geburt einer Etappengipsbehandlung zugeführt und im Alter von etwa sechs Monaten komplex operiert.

Ponseti-Therapie

Heutzutage ist die Ponseti-Therapie, die in den ersten Wochen nach der Geburt starten soll, der weltweite Goldstandard und hat sämtliche operative Vorgehensweisen zurückgedrängt [3]. Die überwiegend konservative Ponseti-Therapie ist einfach in der Durchführung und kostengünstig – bei der Durchführung ist jedoch große Präzision gefordert. Mit der Ponseti-Behandlung können 90 % aller Klumpfüße erfolgreich behandelt werden. Ziel ist ein gut beweglicher, schmerzfreier Fuß, der auch das Tragen von Konfektionsschuhen erlaubt.

Über den Ponseti-Griff wird die knöcherne Fehlstellung korrigiert. Ein anschließender Oberschenkelredressionsgips hält das Korrekturergebnis, bis in der Folgewoche eine weitere Korrektur des Fußes erfolgen kann. Bis zur kompletten Korrektur in der Transversalebene sind in der Regel etwa sechs Etappengipse notwendig.

Auch wenn es sich um eine „Fußkorrektur“ handelt, sind im Säuglingsalter Oberschenkelredressionsgipse erforderlich, um die empfindliche Haut vor einem Rutschen der Gipse zu schützen. Die physiologisch bestehende Kniegelenksflexion wird hierbei genutzt. Es sollte ausschließlich Weißgips verwendet werden, da dieser besser anmodelliert werden kann.

Ist der Fuß in der Transversalebene korrigiert, verbleibt in der Regel ein Restspitzfuß. Der verbleibende Restspitzfuß kommt im Wesentlichen durch die verkürzte Achillessehne zustande. Diese muss durchtrennt werden, um dem Fuß seine endgültige plantigrade Position zu ermöglichen (Abb. 3a). Nach der perkutanen Achillessehnendurchtrennung (pAST) ist eine erneute Redressionsgipsbehandlung für drei weitere Wochen erforderlich: der Fuß steht jetzt plantigrad und die Achillessehne kann in dieser Position (verlängert) wieder zusammenheilen. Wenn auch bei den meisten, so besteht nicht bei allen Klumpfüßen die Notwendigkeit einer pAST.

Dennis-Brown-Schiene

Im Anschluss an die Gipsbehandlung ist eine jahrelange Behandlung mit einer Dennis-Brown-Schiene (Abduktionsschiene) erforderlich. Diese wird in den ersten drei Monaten Tag und Nacht getragen, danach bis zum 4. Lebensjahr als Nachtlagerungsschiene. Sie dient als Retentionsschiene, um die subtalare Entfaltung zu halten. Physiotherapie hat im Ponseti-Regime primär keinen Stellenwert. Wir nutzen die Physiotherapie allerdings bei schlecht beweglichen Füßen oder nach Rezidiven.

Das Nichttragen der Abduktionsschiene geht mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher [4]. Eine kompetente kontinuierliche, jahrelange Betreuung des Kindes und die Compliance der Eltern sind für einen guten Therapieerfolg unabdingbare Voraussetzung. Der Klumpfuß neigt zu Rezidiven, daher sind regelmäßige Kontrollen der „Klumpfußkinder“ in der Wachstumsphase erforderlich.

Auch Muskel und Bindegewebe sind betroffen

Der Klumpfuß ist keine ausschließliche knöcherne Fußdeformität. Auch Muskulatur und Bindegewebe zeigen Veränderungen: Bei einseitigem Klumpfuß ist der Fuß häufig etwas kürzer und schmaler und der Wadenumfang verschmächtigt. Auch kommen anlagebedingte muskuläre Imbalancen vor, die sich – meist im Vorschulalter – als Schwungphasenvarus bemerkbar machen können. Hierbei handelt es sich um ein Überwiegen der Aktivität des M. tibialis anterior, das zu einer Fußaußenrandbelastung führt und den Fuß erneut in die Klumpfußstellung bringen kann. Die Therapie besteht dann in einer operativen Versetzung des Sehnenansatzes des M. tibialis anterior vom medialen Fußrand auf den zentralen Fußrücken. Eine solche Sehnenversetzung betrifft etwa ein Fünftel aller Kinder [3].

Patientenfall

K. J. wurde uns zehn Tage nach ihrer Geburt wegen kongenitaler Klumpfüße beidseits vorgestellt (Abb. 1). Der Rückfuß zeigte sich supiniert (varische Ferse), der Vorfuß war proniert (tiefer stehender erster Strahl) und adduziert (Abb. 2) und die Achillessehne verkürzt (weichteilige Ferse, Spitzfuß). Es zeigten sich die typischen Klumpfußmerkmale an beiden Füßen. Die Familienanamnese hinsichtlich Fußdeformitäten war bei K. J. leer, ein pränatales Organscreening fand nicht statt.

Abb. 1
figure 1

Typischer Aspekt eines beidseitigen, kongenitalen Klumpfußes: a Ansicht von dorsal; b Ansicht von ventral. (© MedUniGraz)

Abb. 2
figure 2

Der kongenitale Klumpfuß ist eine knöcherne Deformität mit multiplen Fehlstellungskomponenten: Der Rückfuß ist varisch (a) und zeigt einen Spitzfuß, der Vorfuß ist adduziert (b) und proniert. Der erste Strahl steht tiefer als die übrigen (c). (© MedUniGraz)

Nach Information und Beratung der Eltern über den gesamten Therapieverlauf, die Möglichkeit eines Rezidivs und der Kontrollnotwendigkeit beider Füße bis zum Abschluss des Wachstums wurde der erste Oberschenkelredressionsgips angelegt (Abb. 3). Nach sechs Etappengipsen waren beide Füße in der Transversalebene auskorrigiert, zeigten jedoch noch einen deutlichen Spitzfuß beidseits bei weichteiliger Ferse (Abb. 4a). Die perkutane Achillotomie führte zu plantigraden Füßen (Abb. 4b) – ein weiterer Oberschenkelredressionsgips für drei Wochen wurde angelegt, damit die Achillessehne (verlängert) wieder zusammenheilen konnte. Danach wurde eine Abduktionsschiene angepasst (Abb. 5). Diese wurde für drei Monate Tag und Nacht konsequent getragen und wurde danach als Nachtlagerungsschiene bis zum vierten Lebensjahr weiterverwendet. Regelmäßige Kontrollen im 3‑ bis 4‑Monats-Abstand folgten, um einerseits die Fußstellung zu kontrollieren und andererseits die Behelfe dem Wachstum anzupassen. Der kindliche Fuß wächst in den ersten vier Lebensjahren am schnellsten – in dieser Zeit müssen Schuhe und Abduktionsschiene oft gewechselt werden – auch ist in dieser Zeit die Rezidivfreudigkeit des kongenitalen Klumpfußes am häufigsten.

Abb. 3
figure 3

Nach Manipulation mit dem „Ponseti-Griff“ wird ein Oberschenkelgips zur Retention angelegt. Gipswechsel erfolgen wöchentlich. Der Fuß wird so allmählich korrigiert. (© MedUniGraz)

Abb. 4
figure 4

Nahezu alle Fehlstellungskomponenten können konservativ und gleichzeitig therapiert werden. Ausnahme ist die Spitzfußdeformität (a). Ihr wird mit einer vollständigen perkutanen Achillotomie begegnet. Der Fuß ist danach plantarisiert (b). (© MedUniGraz)

Abb. 5
figure 5

Nach der Gipsbehandlung und pAST (perkutane Achillessehnendurchtrennung) wird zur Retention eine Abduktionsschiene verwendet. Die Compliance mit ihr ist sehr wichtig, da ein Nichttragen der Schiene mit einer erhöhten Rezidivwahrscheinlichkeit einhergeht. Als Nachtlagerungsschiene ist sie bis zum 4. Lebensjahr zu tragen. (© MedUniGraz)

K. J. präsentierte sich im vierten Lebensjahr mit plantigraden, schmerzfreien, gut beweglichen Füßen (Abb. 6). Die Waden zeigten sich in Relation etwas schlanker im Umfang. Da jedoch beidseitige Klumpfüße vorlagen, bestand eine gewisse Symmetrie. Ab dem vierten Lebensjahr wurden die Jahreskontrollen bei unproblematischem Verlauf auf zweimal jährlich reduziert. Im Alter von 12 Jahren bestand weiterhin eine gute Fußform mit ausgezeichneter Beweglichkeit (Abb. 7). Beide Füße zeigten annähernd gleiche Größe bei symmetrischer Beinlänge. Zu einem Rezidiv kam es nicht, die Füße waren muskulär gut balanciert. Der Fuß ist derjenige Körperteil, der als Erstes zu wachsen aufhört (bei Mädchen mit etwa 12 Jahren, bei Buben mit etwa 14 Jahren). K. J. kann daher alsbald bei gutem Ergebnis aus der Therapie entlassen werden.

Abb. 6
figure 6

4‑jährige Patientin nach Ponseti-Therapie bei kongenitalem Klumpfuß bds. aus verschiedenen Aspekten. Die Füße sind plantarisiert (a,c), gut beweglich und schmerzfrei. Spezielle Schuhe müssen nicht getragen werden. Die Wade ist beidseits verschmächtigt (b). (© MedUniGraz)

Abb. 7
figure 7

Die inzwischen 11-jährige Patientin zeigt weiterhin schmerzfreie, gut bewegliche Füße (a,b), jedoch mit einem geringen Größenunterschied (c). (© MedUniGraz)

Zusammenfassung

Der angeborene Klumpfuß ist eine komplexe Fußdeformität. Goldstandard in der Therapie ist heutzutage die Ponseti-Methode mit einem überwiegend konservativen Behandlungsalgorithmus. Therapiestart sollte etwa 14 Tage nach Geburt sein. Der Fuß ist nach 10–12 Wochen komplett auskorrigiert. Zur Retention ist eine Abduktionsschiene unbedingt erforderlich. Diese wird als Nachtlagerungsschiene bis zum 4. Lebensjahr getragen. Ein Nichttragen der Abduktionsschiene ist mit einer erhöhten Rezidivrate assoziiert. Der Klumpfuß ist generell sehr rezidivfreudig, daher sind vor allem in der schnellen Wachstumsphase des Fußes bis zum 4. Lebensjahr 3‑ bis 4‑mal pro Jahr Kontrollen erforderlich. Physiotherapie gehört nicht zum primären Therapiekonzept nach Ponseti. Im Langzeitverlauf wird mit der Ponseti-Therapie bei exakter Manipulation und korrektem Einhalten des Therapieregimes in vielen Fällen ein hervorragendes Therapieergebnis erzielt [5, 6].

Die Beratung zur Behandlung – auch schon während der Schwangerschaft – und die Behandlung von kongenitalen Klumpfüßen wird in der Fußambulanz der Kinderorthopädie Graz angeboten.