1 Das Problem

Kürzlich wurde ich mit einem Zauberkunststück des deutschen Zauberers Horst Pfaffen bekannt, dessen Pointe auf der folgenden Tatsache beruht: Es gibt einen Kartenstapel mit 33 Karten; der wird auf den Tisch zu zwei neuen Stapeln aufgeblättert, immer links, rechts, links, rechts, …; der linke Teilstapel kommt weg, mit dem rechten wird das gleiche Verfahren noch einmal angewendet, also links, rechts usw, linker Teilstapel weg; und das so oft, bis nur noch eine Karte übrig bleibt. Es ist diejenige, die im Originalstapel an der 22-ten Stelle von oben lag. Der Zauberer hatte vorher geschickt eine bestimmte Karte – die ein Zuschauer heimlich frei gewählt hatte – an die 22-te Stelle gebracht. Das Feinheiten des Drumherum, um am Ende ein überraschendes Zauberkunststück zu produzieren, überspringe ich hier.

Hier geht es nur um die Frage: Warum war es ausgerechnet die 22-te Karte? Das Problem wird ein bisschen allgemeiner gefasst, dann im nächsten Abschnitt analysiert, und danach gibt es noch Anregungen für Zauberkunststücke. Die verwendeten Methoden sind elementar, ein allgemeiner mathematischer Hintergrund reicht zum Verständnis aus.

Es bietet sich an, das Problem als Spezialfall der folgenden Situation aufzufassen: Gegeben sind naürliche Zahlen \(r,s\) mit \(2\leq r\) und \(s\in\{1,2,\ldots,r\}\). Es liegen \(n\) Karten vor, die von oben nach unten mit \(1,\ldots,n\) durchnummeriert sind. Sie werden wie folgt ausgegeben: Immer wieder \(r\) Karten einzeln von links nach rechts auf den Tisch, bis alle Karten verteilt sind. Der Stapel mit der Nummer \(s\) wird aufgehoben, mit dem wird weitergemacht (die anderen Stapel kommen zur Seite). Das Verfahren – wir werden es das s‑aus-r-Verfahren nennen – wird mit diesem Stapel fortgesetzt.

Wenn man das immer wieder macht, sind zwei Fälle möglich:

Fall 1: Irgendwann liegt auf dem Stapel \(s\) noch genau eine Karte. Die darauf stehende Kartennummer soll mit \(U_{s,r}(n)\) bezeichnet werden: Diese Karte hat das Verfahren „überlebt“.

Fall 2: Irgendwann liegen auf dem Stapel \(s\) mehr als eine und weniger als \(s\) Karten. Dann ist nicht klar, welche man als die „überlebende“ bezeichnen sollte: Jetzt sind es zu viele, und nach dem nächsten Ausgeben ist gar keine mehr da. In diesem Fall setzten wir \(U_{s,r}(n):=0\).

Offensichtlich kann Fall 2 nur für \(s> 2\) eintreten. Abgesehen von der Ausnahme \(U_{2,2}(1)=0\), denn allgemein ist \(U_{s,r}(n)=0\) für \(n<s\).

Für spätere Anwendungen in der Zauberei ist der Fall \(r=2\) besonders interessant: Immer wieder links-rechts ausgeben und dann Stapel 1 (bzw. Stapel 2) behalten und den anderen aussortieren. Aus offensichtlichen Gründen bezeichnen wir das 1‑aus-2-Verfahren als das links-überlebt-Verfahren und das 2‑aus-2-Verfahren als das rechts-überlebt-Verfahren und wählen die speziellen Bezeichnungen \(L(n):=U_{1,2}(n)\) und \(R(n):=U_{2,2}(n)\).

Es folgen einige Tabellen (Tab. 15) für die ersten 100 Werte einiger \(U_{s,r}(n)\). In jeder Zeile sind 20 der \(U_{s,r}(n)\) abgebildet, und zwar in Zeile \(i\) die Werte für \(n=(i{-}1)20+1\) bis \(n=(i{-}1)20+20\).

Tab. 1 Die \(U_{1,2}(n)(=L(n))\)
Tab. 2 Die \(U_{2,2}(n)(=R(n))\)
Tab. 3 Die \(U_{1,3}(n)\)
Tab. 4 Die \(U_{2,3}(n)\)
Tab. 5 Die \(U_{3,3}(n)\)

2 Die Analyse

Und wie kann man die \(U_{s,r}(n)\) bestimmen? Man könnte das natürlich leicht durch einen Computer für jedes interessierende \(n\) ausrechnen lassen. Hier wollen wir zwei Ansätze präsentieren, mit denen das etwas eleganter geht.

Zunächst fassen wir einige leicht einzusehende Fakten, die durch die Tabellen auch illustriert werden, im folgenden Lemma zusammen:

Lemma 1

  1. (i)

    Es ist \(U_{s,r}(kr+s)=U_{s,r}(kr+s+1)=\cdots=U_{s,r}(kr+s+r-1)\) für \(k\geq 0\) ; je \(r\) aufeinanderfolgende Werte stimmen also überein.

  2. (ii)

    Es gilt \(U_{s,r}(n)=0\) für \(n<s\) , und \(U_{s,r}(s)=s\) .

  3. (iii)

    Stets ist \(U_{s,r}(n)\bmod r=s\bmod r\) für \(n\geq s\) .

  4. (iv)

    Für jedes \(k\) mit \(U_{s,r}(k+1)\neq 0\) ist \(U_{s,r}(s+kr)=s+(k+1-U_{s,r}(k+1))\cdot r\)

  5. (v)

    Insbesondere heißt das: \(L(1+2k)=1+(k+1-L(k+1))2=3+2k-2L(k+1)\) und, für \(k\geq 2\) , \(R(2+2k)=2+(k+1-R(k+1))2=2(k+2-R(k+1))\) d.h, nach Übergang \(k+1\mapsto k\) , \(R(2k)=2(k+1-R(k))\) .

Beweis

(i), (ii) und (iii) sind leicht einzusehen, und (iv) beweist man wie folgt. Wenn \(s+kr\) Karten ausgegeben werden, liegen auf Stapel \(s\) von oben nach unten die Karten \(s+kr,s+(k-1)r,\ldots,s+r,s\). Das sind \(k+1\) Karten, beim weiteren Ausgeben und Aussortieren wird also diejenige Karte übrig bleiben, die im jetzt aktuellen Stapel an der Position \(U_{s,r}(k+1)\) liegt, falls diese Zahl ungleich Null ist. Und die hat die Nummer \(s+(k+1-U_{s,r}(k+1))r\). \(\square\)

Nun untersuchen wir, was passiert, wenn das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren nach 1, 2, 3, … Schritten abbricht. Wir verwenden dabei die folgende Schreibweise: Wir sprechen von einem \((a*b)\)-Stapel, wenn \(a\) bzw. \(b\) Karten über bzw. unter einer speziellen Karte „*“ liegen; das sind Stapel mit \(a+b+1\) Karten. Die Karte an Position \(a+1\) heißt die Zielkarte, wir verfolgen, ob sie am Ende übrig bleibt. Wir bemerken, dass nach einem Durchgang des Verfahrens genau dann ein \((a*b)\)-Stapel vorliegt, wenn mit einem \((rb+s-1*ra+\alpha)\)-Stapel gestartet wurde, wo \(\alpha\in\{0,\ldots,r-1\}\).

In unserer Argumentation müssen wir die Fälle \(s=1\) und \(s> 1\) unterscheiden. Sei zunächst \(s=1\).

Ein Durchgang: Wann überlebt die Zielkarte den ersten Durchgang, mit dem das Verfahren dann auch schon zu Ende ist? Sicher genau dann, wenn es sich um einen \((0*\alpha_{0})\)-Stapel handelt, wobei \(\alpha_{0}\in\{0,1,\ldots,r-1\}\). Um Trivialitäten zu vermeiden, schließen wir den \((0*0)\)-Stapel aus, denn da hätte man gar nicht mit dem Ausgeben angefangen. Es soll also \(\alpha_{0}> 0\) sein, man startete also mit einer Kartenanzahl \(n\) in \(I_{1,r}^{1}:=\{2,\ldots,r\}\).

Zwei Durchgänge: Da genau die \((r\cdot b*r\cdot a+\alpha)\)-Stapel nach einem Ausgeben zu \((a*b)\)-Stapeln werden, ist es nach genau zwei Durchgängen genau dann zu Ende, wenn es ein \((\alpha_{0}r*\alpha_{1})\)-Stapel war, wo \(\alpha_{0},\alpha_{1}\in\{0,\ldots,r-1\}\) und \(\alpha_{0}> 0\). Die Kartenanzahl lag dann in \(I_{1,r}^{2}:=\{r+1,\ldots,r^{2}\}\).

Drei Durchgänge: Genau für \((r\alpha_{1}*r^{2}\alpha_{0}+\alpha_{2})\)-Stapel ist das Verfahren nach drei Durchgängen zu Ende; dabei sind \(\alpha_{0},\alpha_{1},\alpha_{2}\in\{0,\ldots,r-1\}\), und \(\alpha_{0}> 0\). Die Kartenanzahlen liegen in \(I_{1,r}^{3}:=\{r^{2}+1,\ldots,r^{3}\}\). (Beachte: Die Kartenanzahl ist maximal, wenn alle \(\alpha\) gleich \(r-1\) sind. Dann ist sie \(r(r-1)+1+(r-1)(1+r^{2})=1+(r-1)(r^{3}-1)/(r-1)=r^{3}\).)

Das führt zum

Satz 1

Es werde das 1‑aus-\(r\)-Verfahren angewendet.

  1. (i)

    Das Verfahren ist genau dann nach \(k=2l+1\) Durchgängen mit der übrigbleibenden Zielkarte entschieden, wenn ein \((a*b)\) -Stapel vorliegt, wobei

    \(a:=r^{2l-1}\alpha_{1}+r^{2l-3}\alpha_{3}+\cdots+r^{1}\alpha_{2l-1}\) ,

    \(b:=r^{2l}\alpha_{0}+r^{2l-2}\alpha_{2}+\cdots+r^{0}\alpha_{2l}\) , also

    \(a:=r^{k-2}\alpha_{1}+r^{k-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{1}\alpha_{k-2}\) ,

    \(b:=r^{k-1}\alpha_{0}+r^{k-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{0}\alpha_{k-1}\) ;

    dabei liegen die \(\alpha_{i}\) in \(\{0,\ldots,r-1\}\) , und \(\alpha_{0}> 0\) . (Im Fall \(l=0\) ist \(a:=0\) zus setzen.)

  2. (ii)

    Und die Entscheidung fällt genau dann nach \(k=2l\) Durchgängen mit der Zielkarte als Ergebnis, wenn mit einem \((a*b)\) -Stapel angefangen wurde; dabei ist

    \(a:=r^{2l-1}\alpha_{0}+r^{2l-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{1}\alpha_{2l-2}\) ,

    \(b:=r^{2l-2}\alpha_{1}+r^{2l-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{0}\alpha_{2l-1}\) , also

    \(a:=r^{k-1}\alpha_{0}+r^{k-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{1}\alpha_{k-2}\) ,

    \(b:=r^{k-2}\alpha_{1}+r^{k-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{0}\alpha_{k-1}\) ;

    die \(\alpha_{i}\) liegen in \(\{0,\ldots,r-1\}\) , und \(\alpha_{0}> 0\) .

  3. (iii)

    Für eine Zahl \(n\in{\mathbb{N}}\) endet das Verfahren genau dann nach \(k\) Schritten mit der Zielkarte als verbleibender Karte, wenn \(n\) in \(I_{1,r}^{k}:=\{r^{k-1}+1,\ldots,r^{k}\}\) liegt. Die \(I_{1,r}^{k},k=1,2,\ldots\) sind disjunkt, und ihre Vereinigung ist \({\mathbb{N}}\setminus\{1\}\) . (So dass noch einmal folgt, dass alle \(U_{1,r}(n)\) positiv sind.)

Beweis

Dass die Stapel die angegebene Form haben, sollte klar sein. Sicher entsteht auch das kleinste Element von \(I_{1,r}\) für den Fall \(\alpha_{0}=1,\alpha_{2}=\cdots=\alpha_{k-1}=0\), die Anzahl ist also \(1+r^{k-1}\). Und für das größte werden alle \(\alpha_{i}\) gleich \(r-1\) sein. Das führt zur Summe

$$1+(r-1)\left(1+r+\cdots+r^{k-1}\right)=1+(r-1)\left(r^{k}-1\right)/(r-1)=r^{k}{.}$$

Damit ist \({\mathbb{N}}\setminus\{1\}\) die disjunkte Vereinigung der \(I_{1,r}^{k}\). \(\square\)

Und nun anaysieren wir auf ähnliche Weise den Fall \(s> 1\).

Ein Durchgang: Das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren ist offensichtlich genau dann nach genau einem Durchgang mit der übrig bleibenden Zielkarte zu Ende, wenn es sich um einen \((s-1*\alpha_{0})\)-Stapel handelt, wobei \(\alpha_{0}\in\{0,1,\ldots,r-1\}\). Man startete also mit einer Kartenanzahl \(n\) in \(I_{s,r}^{1}:=\{s,\ldots,s+r-1\}\).

Zwei Durchgänge: Da genau die \(((s-1)+r\cdot b*r\cdot a+\alpha)\)-Stapel nach einmaligem Ausgeben zu \((a*b)\)-Stapeln werden, ist es nach genau zwei Durchgängen genau dann mit der Zielkarte als Endergebnis zu Ende, wenn es ein \(((s-1)+\alpha_{0}r*(s-1)r+\alpha_{1})\)-Stapel war, wo \(\alpha_{0},\alpha_{1}\in\{0,\ldots,r-1\}\). Die Kartenanzahl lag dann in \(I_{s,r}^{2}:=\{s+r\cdot(s-1),\ldots,s+r\cdot(s-1)+(r-1)(1+r)\}\).

Drei Durchgänge: Genau für \(((s-1)+(s-1)r^{2}+r\alpha_{1}*(s-1)r+\alpha_{0}r^{2}+\alpha_{2})\)-Stapel ist das Verfahren nach drei Durchgängen mit der Zielkarte als Endergebnis zu Ende; dabei sind \(\alpha_{0},\alpha_{1},\alpha_{2}\in\{0,\ldots,r-1\}\). Die Kartenanzahlen liegen in \(I_{s,r}^{3}:=\{1+(s-1)(1+r+r^{2}),\ldots,1+(s-1)(1+r+r^{2})+(r-1)(1+r+r^{2})\}\).

Das Bildungsgesetz sollte nun klar sein. Wir zeigen damit

Satz 2

Es werde das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren angewendet, wobei \(s> 1\). Dann gilt für \(l\geq 1\):

  1. (i)

    Das Verfahren ist genau dann nach \(k=2l+1\) Durchgängen mit der übrigbleibenden Zielkarte entschieden, wenn ein \((a*b)\) -Stapel vorliegt, wobei

    \(a:=(s-1)(1+r^{2}+\cdots+r^{2l})+r^{2l-1}\alpha_{1}+r^{2l-3}\alpha_{3}+\cdots+r^{1}\alpha_{2l-1}=\)

    \((s-1)(1+r^{2}+\cdots+r^{k-1})+r^{k-2}\alpha_{1}+r^{k-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{1}\alpha_{k-2}\) ,

    \(b:=(s-1)(r+r^{3}+\cdots+r^{2l-1})+r^{2l}\alpha_{0}+r^{2l-2}\alpha_{2}+\cdots+r^{0}\alpha_{2l}=\)

    \((s-1)(r+r^{3}+\cdots+r^{k-2})+r^{k-1}\alpha_{0}+r^{k-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{0}\alpha_{k-1}\) ;

    dabei liegen die \(\alpha_{i}\) in \(\{0,\ldots,r-1\}\) .

  2. (ii)

    Das Verfahren ist genau dann nach \(k=2l\) Durchgängen mit der übrigbleibenden Zielkarte entschieden, wenn ein \((a*b)\) -Stapel vorliegt, wobei

    \(a:=(s-1)(1+r^{2}+\cdots+r^{2l-2})+r^{2l-1}\alpha_{0}+r^{2l-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{1}\alpha_{2l-2}=\)

    \((s-1)(1+r^{2}+\cdots+r^{k-2})+r^{k-1}\alpha_{0}+r^{k-3}\alpha_{2}+\cdots+r^{1}\alpha_{k-2}\) ;

    \(b:=(s-1)(r+r^{3}+\cdots+r^{2l-1})+r^{2l-2}\alpha_{1}+r^{2l-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{0}\alpha_{2l-1}=\)

    \((s-1)(r+r^{3}+\cdots+r^{k-1})+r^{k-2}\alpha_{1}+r^{k-4}\alpha_{3}+\cdots+r^{0}\alpha_{k-1}\) ;

    dabei liegen die \(\alpha_{i}\) in \(\{0,\ldots,r-1\}\) .

  3. (iii)

    Das passiert genau dann, wenn die Kartenanzahl in \(I_{s,r}^{k}:=\{1+(s-1)(r^{k}-1)/(r-1),\ldots,(s-1)(r^{k}-1)/(r-1)+r^{k}\}\) liegt.

  4. (iv)

    Es ist jeweils \(\max I_{s,r}^{k}<\min I_{s,r}^{k+1}\) , die \(I_{r,s}^{k}\) sind also disjunkt.

  5. (v)

    Zwischen \(I_{s,r}^{k}\) und \(I_{s,r}^{k+1}\) liegen \((s-2)r^{k}\) Karten. Dieser Wert ist folglich Null für \(s=2\) (d. h., alle \(U_{2,r}(n)\) sind positiv für \(n> 2\) ), und die Anzahl der Elemente in den Lücken (für die ist \(U_{s,r}(n)=0\) ) geht exponentiell mit \(k\) gegen unendlich für \(s> 2\) .

Beweis

(i) und (ii) ergeben sich leicht, wenn man die vorstehend diskutierten Fälle \(k=1,2,3\) weiter verfolgt.

(iii) Der kleinste Wert für die Kartenanzahl entsteht in (i) und (ii) dann, wenn alle \(\alpha_{i}\) gleich Null sind. Er ist dann \(1+(s-1)(1+r+\cdots+r^{k-1})=1+(s-1)(r^{k}-1)/(r-1)\). Und der größte ist zu erwarten, wenn alle \(\alpha_{i}\) gleich \(r-1\) sind, also bei \(1+(s-1)(r^{k}-1)/(r-1)+(r-1)(1+r+\cdots+r^{k-1})=(s-1)(r^{k}-1)/(r-1)+r^{k}\).

(iv),(v). Es ist

$$\begin{aligned}\displaystyle\min I_{s,r}^{k+1}-\max I_{s,r}^{k}=1+\frac{(s-1)\left(r^{k+1}-1\right)}{r-1}-\frac{(s-1)\left(r^{k}-1\right)}{r-1}-r^{k}=1+(s-2)r^{k}.\end{aligned}$$

Im Fall \(s=2\) liegt also \(I_{s,r}^{k+1}\) direkt neben \(I_{s,r}^{k}\), und im Fall \(s> 2\) gibt es dazwischen Zahlen, und zwar \((s-2)r^{k}\) viele. \(\square\)

Anmerkung 1

  1. 1.

    Die Struktur von Satz 3 kann man sich so merken:

    • Ist \(k\) ungerade, so gilt: Über der Zielkarte braucht man das \((s-1)\)-fache der geraden \(r\)-Potenzen bis \(k-1\) sowie die \(r^{i}\alpha_{j}\), wobei \(i\) ungerade und kleiner gleich \(k-2\) ist, und es gilt \(i+j=k-1\). Unter der Zielkarte braucht man das \((s-1)\)-fache der ungeraden \(r\)-Potenzen bis \(k-2\) sowie die \(r^{i}\alpha_{j}\), wobei \(i\) gerade und kleiner gleich \(k-1\) ist, und es gilt \(i+j=k-1\).

    • Ist \(k\) gerade, so gilt: Über der Zielkarte braucht man das \((s-1)\)-fache der geraden \(r\)-Potenzen bis \(k-2\) sowie die \(r^{i}\alpha_{j}\), wobei \(i\) ungerade und kleiner gleich \(k-1\) ist, und es gilt \(i+j=k-1\). Unter der Zielkarte braucht man das \((s-1)\)-fache der ungeraden \(r\)-Potenzen bis \(k-1\) sowie die \(r^{i}\alpha_{j}\), wobei \(i\) gerade und kleiner gleich \(k-2\) ist, und es gilt \(i+j=k-1\).

  2. 2.

    Als Illustration von Aussage (v) betrachte man die obige fünfte Tabelle, da gibt es Lücken der Länge \(3,9,27,\ldots\).

  3. 3.

    Mit Hilfe des Satzes kann man Antworten auf einige mit den \(U_{s,r}(n)\) zusammenhängen Fragen geben:

    1. 3a:

       Wenn das 4‑aus-5-Verfahren nach drei Schritten mit einem positiven Ergebnis beendet werden soll, wie muss man dann die Kartenanzahl wählen?

      Nach drei Schritten gibt es ein positives Endergebnis für die \(n\in I_{4,5}^{3}\), also für \(1+3(5^{3}-1)/(5-1)=94\leq n\leq 94+5^{3}-1=218\).

    2. 3b:

       Angenommen, man wählt einen Stapel aus 150 Karten. Die wievielte Karte bleibt dann beim 4‑aus-5-Verfahren übrig?

      Mit noch unbekannten \(\alpha\) soll

      $$\begin{aligned}\displaystyle 150=3+3\cdot 25+5\alpha_{1}+1+3\cdot 5+25\alpha_{0}+\alpha_{2}=94+25\alpha_{0}+5\alpha_{1}+\alpha_{2}\end{aligned}$$

      gelten, also \(56=25\alpha_{0}+5\alpha_{1}+\alpha_{2}\). Man muss also die 5‑adische Entwicklung von 56 finden: \(56=2\cdot 25+1\cdot 5+1\cdot 1\) (kurz \(56=211_{5}\)), und damit ist \(\alpha_{1}=\alpha_{2}=1\) und \(\alpha_{0}=2\) zu setzen. Es muss also ein \((3+3\cdot 25+5\cdot 1*3\cdot 5+25\cdot 2+1)\)-, also ein \((83*66)\)-Stapel vorliegen. Er enthält wirklich 150 Karten, und die Karte an Position 84 bleibt übrig. Das heißt gerade \(U_{4,5}(150)=84\).

    3. 3c:

       Angenommen, man möchte \(U_{s,r}(n)\) ausrechnen, dabei konzentrieren wir uns auf den Fall \(n\geq 2\). Dann verfährt man so:

      Teste zunächst, ob \(n\) in einem Intervall \(I_{s,r}^{k}\) liegt. Falls nein, ist \(U_{s,r}(n)=0\).

      Nimm nun an, dass \(n\in I_{s,r}^{k}\).

      Fall 1: \(k\) ist gerade. Dann bestimme von \(m:=n-1-(s-1)(1+r+\cdots+r^{k-1})=n-1-(s-1)(r^{k}-1)/(r-1)\) die \(r\)-adische Darstellung: \(m=\beta_{0}+\beta_{1}r+\cdots+\beta_{k-1}r^{k-1}\). Dann ist

      $$U_{s,r}(n)=1+(s-1)\left(1+r^{2}+\cdots+r^{k-2}\right)+r^{k-1}\beta_{k-1}+r^{k-3}\beta_{k-3}+\cdots+\beta_{1}r{.}$$

      Fall 2: \(k\) ist ungerade. Bestimme zuächst von

      $$m:=n-1-(s-1)\left(1+r+\cdots+r^{k-1}\right)=n-1-(s-1)\left(r^{k}-1\right)/(r-1)$$

      die \(r\)-adische Darstellung: \(m=\beta_{0}+\beta^{1}r+\cdots+\beta_{k-1}r^{k-1}\). Diesmal ist

      $$U_{s,r}(n)=1+(s-1)\left(1+r^{2}+\cdots+r^{k-1}\right)+\beta_{k-2}r^{k-2}+\cdots+\beta_{3}r^{3}+\beta_{1}r{.}$$
  4. 4.

    Die Fälle \(s=1\) und \(s> 1\) wurden übrigens deswegen gesondert behandelt, weil es für \(s=1\) eine Besonderheit gibt: Lässt man alle \(\alpha_{i}\in\{0,\ldots,r-1\}\) zu, so werden die \(I_{s,r}^{k}\) nicht mehr für verschiedene \(k\) disjunkt sein. Deswegen hatten wir immer \(\alpha_{0}> 0\) vorausgesetzt.

  5. 5.

    Wer das übersichtlicher findet, kann natürlich die Summe \((1+r^{2}+\cdots+r^{2l})\) durch \((r^{2l+2}-1)/(r^{2}-1)\) und \((r+r^{3}+\cdots+r^{2l+1})\) durch \(r(r^{2l+2}-1)/(r^{2}-1)\) ersetzen.

3 Anregungen für Zauberkunststücke

Zunächst einige allgemeine Bemerkungen. Im Prinzip ist es möglich, die Kenntnis irgendeines \(U_{s,r}(n)\) für ein Zauberkunststück auszunutzen. Es sind aber zwei Dinge zu bedenken. Erstens will das Publikum ja unterhalten werden. Es sollte also nicht zu schnell vorbei sein und auch nicht zu lange dauern. Das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren für \(n\) Karten ist ja nach \(k\) Schritten zu Ende, wobei das \(k\) von der Größenordnung \(\log_{r}n\) ist. Je größer das \(r\) ist, umso größer kann also auch das \(n\) gewählt werden. Und zweitens ist ja der Stapel irgendwie vorzubereiten. Eine Zuschauerin sucht sich heimlich eine Karte aus, und die ist unauffällig so im Stapel zu platzieren, das \(U_{s,r}(n)-1\) Karten über dieser Zielkarte liegen. Dazu gibt es nachstehend einige Vorschläge.

Dann ist es natürlich erforderlich, das Ganze attraktiv zu verpacken. Zum Beispiel hat der Zauberer die Zielkarte „verhext“, die sich weigert, gegen alle Wahrscheinlichkeit beim Austeilen zu jemandem anders zu wandern (wenn der Zauberer immer den Stapel mit der Nummer \(s\) bekommt). Oder am Ende bei der Zuschauerin als einzige übrig ist: Sie wollte zu ihr! (Da bekommt sie immer den Stapel Nummer \(s\).) Schließlich kann man auch noch wetten lassen: Wo ist denn nun die Zielkarte nach dem ersten, dem zweiten usw. Ausgeben. Nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit sollte sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit in einem der \(r\) Stapel zu finden sein. Das ist sie aber keineswegs!

3.1 Einige Begriffe aus der Welt der Magie

Wenn man mit Karten Zauberkunststücke vorführt, sind einige grundlegende Mischtechniken wichtig. Stets geht es darum, scheinbar ein chaotisches Kartendurcheinander anzurichten, dabei aber die Kontrolle über die für das Kunststück wesentlichen Aspekte zu behalten. Ich werde hier nur so viel beschreiben, wie es für den aktuellen Anlass erforderlich ist.

Zunächst erläutere ich die Mischmethode 1. Da kommt der Kartenstapel in die linke Hand wie in Abb. 1a, die rechte Hand nähert sich, wobei die Handinnenseite dem Zauberer zugewandt ist. Der rechte Daumen zieht einige Karten von oben ab, und das immer wieder (die später abgezogenen kommen nach oben), bis alle Karten in der rechten Hand sind (Abb. 1b und c).

Abb. 1
figure 1

a Bild 1, b Bild 2, c Bild 3

Für uns sind drei spezielle Varianten wichtig. Erstens kann man erreichen, dass die unterste Karte unten bleibt: Man muss nur im ersten Schritt die unteren Finger der rechten Hand etwas fester andrücken und die unterste Karte (oder ein paar mehr) mitnehmen. Es wandern also gleichzeitig einige Karten von oben und einige von unten nach rechts. Achtung, das darf wirklich nur im ersten Schritt passieren.

Zweitens kann man die unterste Karte nach oben bringen. Da muss man es nur so einrichten, dass beim vorletzten Abziehen noch genau eine Karte übrig bleibt. Und drittens schließlich kann man die oberste Karte nach unten befördern: Da muss man nur beim ersten Abziehen eine einzige Karte von links nach rechts wandern lassen.

Wir brauchen auch noch die Mischmethode 2. Da ist die Handhaltung so wie in Abb. 2a, und der rechte Daumen schiebt immer wieder einige Karten von links nach rechts: zunächst einige in die rechte Hand, und bei den nächsten Malen abwechselnd über oder unter die schon rechts angekommenen (Abb. 2b und c). Wenn man dann heimlich mitzählt, wie viele Karten man nach oben bzw. unten platziert hat, weiß man, an der wievielten Stelle von oben bzw. von unten sich die ehemals oberste Karte befindet. Es reicht natürlich, einen dieser Werte \(m\) zu kennen, denn der andere ist \(n-m-1\), und es empfiehlt sich dafür zu sorgen, dass der kleinere von beiden so wie erforderlich ist.

Abb. 2
figure 2

a Bild 4, b Bild 5, c Bild 6

Man könnte auch noch auf das falsche Abheben hinweisen: Ein zufällig aussehendes Verfahren, bei dem der Stapel in der ursprünglichen Reihenfolge bleibt. Einzelheiten findet man im Internet.

3.2 Zauberkunststücke

Wir wollen unsere theoretischen Ergebnisse nun für Zauberkunststücke nutzen. Ich werde mich auf die wesentlichen Punkte des Ablaufs beschränken, Präsentation und Ausschmückungen überlasse ich der Phantasie des/der Vorführenden.

Zwei Dinge noch. Erstens ist es unter Zauberinnen und Zauberern verpönt, den Clou der vorgeführten Kunststücke zu verraten. Und zweitens ist es dringend zu empfehlen, den Ablauf vor einer Präsentation intensiv zu üben.

3.2.1 Variante 1

Zunächst beschreiben wir ein Kunststück, bei dem nur die vorstehend beschriebene Mischmethode 1 zum Einsatz kommt. Dazu sucht man sich aus den Tabellen ein passendes \(n\) (nicht zu groß und nicht zu klein), für das \(U_{s,r}(n)=1\) oder \(U_{s,r}(n)=n\) ist. Zum Beispiel gilt \(U_{1,2}(21)=L(21)=1\), \(U_{1,3}(21)=1\) oder \(U_{1,2}(33)=L(33)=33\), \(U_{1,3}(31)=31\).

Es ist also ein Stapel aus \(n\) Karten bereitzuhalten; man weiß dann, dass beim links-überlebt-Verfahren bzw. beim 1‑aus-3-Verfahren die erste oder die letzte Karte als letzte übrig bleibt. Man gibt diese \(n\) Karten einer Zuschauerin: Sie soll sich heimlich eine aussuchen und sich merken, verdeckt auf den Tisch legen und die restlichen \(n-1\) Karten bildunten oben drüber. Die Zielkarte liegt also unten. Nun folgt einige Male kreativ die Mischmethode 1 (evtl. ergänzt durch falsches Abheben), man richtet es so ein, dass die Zielkarte am Ende oben liegt (falls \(L(n)=1\) oder \(U_{1,3}(n)=1\) war) oder unten (im Fall \(L(n)=n\) oder \(U_{1,3}(n)=n\)). Das links-überlebt-Verfahren bzw. das 1‑aus-3-Verfahren wird garantiert als letzte Karte die Zielkarte haben.

3.2.2 Variante 2, etwas aufwändiger

Diesmal kann man sich irgendwelche \(s,r,n\) aussuchen, \(n\) Karten vorbereiten und \(U_{s,r}(n)\) aus den Tabellen ablesen. Mal angenommen, es soll ausgenutzt werden, dass \(U_{2,2}(16)=R(16)=6\). Es müssen also 5 Karten über der Zielkarte liegen. Dazu geht man zunächst so vor wie in der eben beschriebenen Variante: Die Zielkarte liegt ganz unten. Dann folgt einige Male Mischmethode 1, am Ende soll die Zielkarte oben liegen. Und den Abschluss bildet Mischmethode 2, durch die man erreichen kann, dass genau 5 Karten über der Zielkarte liegen. Das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren wird zum gewünschten Ergebnis führen.

3.2.3 Variante 3

Wie bei den vorstehend beschriebenen Kunststücken wird es auch jetzt sinnvoll sein, dass die \(U_{s,r}(n)\) nicht zu groß sind. Ich erläutere die Methode an einem Beispiel.

Die Zauberin wählt als erstes ihren Lieblingszauberspruch. Einzige Bedingung: Die Anzahl der Buchstaben muss unter den ihr bekannten \(U_{s,r}(n)\) vorkommen. Sie schwört auf „ABRAKADABRA“, ein Wort mit 11 Buchstaben. Durch Tabelle 2 weiß sie, dass – unter anderem – für \(n\in\{15,16,31,32,\}\) die Gleichung \(U_{1,2}(n)=L(n)=11\) gilt; es ist aber auch \(U_{2,3}(32)=11\). Sie entscheidet sich für \(n=32\), die Kartenanzahl in einem Skatspiel.

Bei der Vorführung darf ein Zuschauer die Karten mischen, dann werden bedeutungsschwer bei Ansage der einzelnen Buchstaben von „ABRAKADABRA“ 11 Karten bildunten heruntergezählt. Der Reststapel soll Stapel 1 heißen, er wird daneben gelegt. Der Zuschauer nimmt etwa die Hälfte dieser 11 Karten (das wird Stapel 2, die restlichen der 11 Karten bilden Stapel 3), mischt noch einmal nach Belieben und schaut sich dann heimlich die unterste Karte an, die er allen außer der Zauberin zeigt. Jetzt kommt Stapel 2 auf Stapel 1, und ganz oben wird Stapel 3 gelegt: Das muss zügig, aber nicht hastig passieren; alle sollen glauben, dass durch die Zuschaueraktionen die Zielkarte ganz zufällig im Stapel liegt. Sie liegt aber an Position 11.

Es folgt ein verkleidetes links-überlebt-Verfahren, falls die Zauberin \(L(32)=11\) ausnutzen möchte. Der Zuschauer gibt die Karten aus: eine für sich, eine für die Zauberin, und so weiter. Es wäre ja nun mit Wahrscheinlichkeit 50 Prozent zu erwarten, dass die Zauberin Z hat. Sie deckt ihre Karten auf, Z ist nicht dabei. Nun das Ganze noch einmal mit den 16 beim Zuschauer verbliebenen Karten. Und wieder hat die Zauberin Z nicht! Das geht so weiter, bis der Zuschauer nur noch eine Karte hat: Es ist die von ihm gewählte. Z wollte einfach nicht zur Zauberin …

Ganz allgemein: Wenn das \(s\)-aus-\(r\)-Verfahren angewendet werden soll, sind \(r\) Zuschauer einzubeziehen, und derjenige, der die Karte ausgesucht hat, muss beim Austeilen an der Position \(s\) sitzen. Das kann man beliebig kreativ ausbauen: Wirksamkeit von Zaubersprüchen, Wahrscheinlichkeiten, Erdenken von geeigneten Zaubersprüchen mit geeigneter Buchstabenanzahl usw.Footnote 1

Viel Spaß beim Vorführen!