Als ich das Päckchen von der Post abholte, war ich zunächst etwas irritiert. Dieses dünne Päckchen sollte das Buch enthalten, um dessen Rezension ich gebeten worden war? Tatsächlich hat das Büchlein im DIN-A5-Format nur 170 Seiten (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

In Anspielung auf den Titel zeigt das Cover landwirtschaftliche Felder (Quelle: https://bookstore.ams.org/stml-99)

Das Vorwort des Autors, eines renommierten Zahlentheoretikers an der Universität Stanford, klärt auf: Es handelt sich nicht um ein typisches Lehrwerk über endliche Körper oder ein Nachschlagewerk, sondern um die Ausarbeitung einer Vorlesung, die so – sicher weitgehend ungekürzt – in Stanford für Bachelor-Studierende angeboten wird. Und bei der vertieften Lektüre stellte ich fest, dass ich eine solch gut strukturierte und motivierende Vorlesung sicherlich gerne gehört hätte.

Aber zunächst einmal zur Zielgruppe: Der Autor schreibt im Vorwort, dass es die Vorlesung seit 2016 gibt, als man beschloss dem Standard-Curriculum im ersten (!) Studienjahr bestehend aus einem dreiteiligen Zyklus mit Lineare Algebra, Analysis mehrerer Veränderlicher, Differentialformen und gewöhnlichen Differentialgleichungen ein alternatives Konzept entgegenzustellen, dass insbesondere die eher algebraisch interessierten, Informatik-affinen Studierenden bedient. Nach dem ersten Teil (Lineare Algebra) folgen nun zunächst die Vorlesung, der sich das Buch widmet, und im dritten Teil stochastische Prozesse. Das ist ein interessantes, aber auch anspruchsvolles Konzept.

Viele Begriffe wie z. B. der einer Gruppe, eines Rings und eines Körpers werden in „Finite Fields, with Applications to Combinatorics“ erst eingeführt. Voraussetzung sind jedoch solide Kenntnisse einer Vorlesung in Analysis einer Veränderlichen (sichere Kenntnisse der Differential- und Integralrechnung, Folgen und Reihen, Summenformel für die geometrische Reihe, Binomischer Lehrsatz) und Vektorräume aus der Linearen Algebra.

Die Stärke des Buches wird vor allem deutlich, wenn man es von vorne bis hinten durchliest. Dann zeigt sich, dass es einen klar erkennbaren roten Faden gibt, dass alle Themen gut motiviert sind und warum für manche Definitionen Hintergründe erörtert und Bereiche gestreift werden, die man bei einem Buch über endliche Körper nicht unbedingt erwarten würde.

So werden neben den üblichen Themen wie Konstruktion und Klassifikation endlicher Körper, Polynomringe über endlichen Körpern und irreduzible Polynome zum Beispiel auch behandelt:

  • Klassifikation von Integritätsringen (euklidische Ringe, Hauptidealringe, faktorielle Ringe, nicht-faktorielle Ringe),

  • Beweis des Bertrandschen Postulats, dass zwischen \(n\) und \(2n\) immer eine Primzahl liegt,

  • Struktur der multiplikativen Gruppe von \(\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}\),

  • Sidon-Mengen, endliche projektive Ebenen und De-Bruijn-Sequenzen.

Diese thematische Vielfalt erhöht die Attraktivität der Vorlesung und zeigt den Studierenden, wie viele Berührungspunkte es zu verwandten mathematischen Themenbereichen gibt. Immer wieder gibt es Verweise auf aktuelle Forschungsthemen, deren Fragestellungen (im Gegensatz zur Lösung) sich in der Zahlentheorie ja häufig noch elementar formulieren lassen.

Wer die Vorlesung nicht \(1:1\) so halten möchten und keine Vorlesung „Elementare Zahlentheorie“ oder „Endliche Körper“ im Studienangebot hat, kann sich trotzdem für andere Lehrveranstaltungen in Teilen aus dem Buch bedienen, beispielsweise für

  • eine Algebra-Vorlesung (z. B. Gruppentheorie-Teil, Satz von Lagrange)

  • Einführung in die Analytische Zahlentheorie (verschiedene Beweise für die Endlichkeit der Primzahlen, Bertrandsches Postulat)

  • mathematische Kryptographie (viele Themen, wie Struktur endlicher Körper, Struktur der multiplikativen Gruppe von \(\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}\), ein ganzes Kapitel über den AKS-Primzahltest)

  • Algorithmische Zahlentheorie.

Auch bei den Übungsaufgaben wird man hier sicher fündig. Diese kommen ohne Lösungen, was das Selbststudium erschweren mag. Auf der anderen Seite ist nachvollziehbar, dass der Dozent nicht die Lösungen zu Aufgaben einer Lehrveranstaltung, die er aktuell noch anbietet, veröffentlichen möchte.

Ein Malus ist der stolze Preis von knapp 64 Euro, der auf Studierende sicher abschreckend wirkt. Wen dies nicht abschreckt und wer gerne eine gut strukturierte Einführung in Algebra und Zahlentheorie mit vielen Anregungen lesen möchte, dem sei das Buch unbedingt empfohlen.