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Überleben mit Brustkrebs
In Österreich beträgt die Inzidenz des Mammakarzinoms ca. 5500 Neuerkrankungen pro Jahr. Brustkrebs macht daher ca. 30 % aller Tumore bei der Frau aus und ist die häufigste maligne Erkrankung der Frau [1]. Durch moderne Therapieverfahren in den hoch spezialisierten Brustgesundheitszentren wird bei vielen Patientinnen mit Mammakarzinom ein Langzeitüberleben erreicht. Zum Beispiel beträgt bei Patientinnen mit lokalisiertem Tumorstadium die 5‑Jahresüberlebensrate derzeit 87 % [1]. Jedoch sind die Patientinnen trotz überstandener Krebserkrankung mit den Folgen einer gestörten Körperintegrität konfrontiert, speziell betreffend ihrer Weiblichkeit. Durch die hohe Lebenserwartung in Österreich für Frauen (84 Jahre 2019) tragen Patientinnen bei einem mittleren Erkrankungsalter von 64 Jahren die Stigmata der Krebserkrankung noch durchschnittlich 20 Jahre mit sich mit [1, 2]. Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass die konstante Erinnerung an eine schmerzhafte Lebensphase und die Veränderung des eigenen Körperbilds Auswirkungen auf die seelische Gesundheit der Patientinnen und dadurch hohe sozioökonomische Relevanz haben. Eine Vielzahl von Studien hat über die letzten Jahrzehnte gezeigt, dass Patientinnen nach Brustkrebstherapie (mit Mastektomie) eine höhere Rate an depressiven Erkrankungen aufweisen, vermehrt psychologische Therapien benötigen und signifikant öfter deswegen krank sind [3, 4].
In den rekonstruktiven Beratungsgesprächen mit diesen Patienten werden außerdem weitere Faktoren genannt, wie Scham, Unbehagen mit dem eigenen Körper, gestörte Beziehung zum Partner, negativer Einfluss auf das Sexualleben und Vermeiden den Körper in der Öffentlichkeit zu zeigen, z. B. beim Baden [5]. Daraus entsteht eine permanente Belastung der Patientin sowie reelle Folgekosten für Therapien und für das Gesundheitssystem. Als einfache Therapieform sind bereits seit langem externe Brustprothesen etabliert, welche von Patientinnen im BH verwendet werden, um die Brustform zu simulieren und eine einseitige Belastung des Schultergürtels zu vermeiden. Sie können somit unter der Kleidung die fehlende Brust kaschieren. Jedoch führen sie oft zu Ekzemen aufgrund der sich bildenden Feuchtigkeit. Außerdem sind sie in vielen der oben erwähnten Alltagssituationen nur bedingt einsetzbar und können nur schlecht bei Sport oder beim Schwimmen eingesetzt werden.
Die moderne rekonstruktive Chirurgie bietet daher Verfahren an, um die Brustform und die Körpersilhouette wiederherzustellen. Die Anzahl an Frauen, die eine Brustrekonstruktion nach Mastektomie anstreben, ist über die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen [6]. Außerdem wurde das Recht auf Brustrekonstruktion in vielen Ländern gesetzlich verankert, um Patientinnen Zugang zu ermöglichen und geeignete Strukturen zu schaffen [7, 8]. In manchen Ländern wird vom Gesetz her sogar explizit die Konsultation eines plastischen Chirurgen vor der Tumorentfernung gefordert, um die Möglichkeiten der Brustrekonstruktion vorab zu evaluieren. Weitere Gründe für die steigenden Zahlen an Brustrekonstruktion sind besserer Informationszugang, Selbsthilfegruppen und das Angebot in Brustgesundheitszentrum. Bisherige Studien haben gezeigt, dass Patientinnen eine Brustrekonstruktion anstreben um [9]:
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Keine externe Brustprothese zu benötigen
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Eine externe Brustprothese nicht kaschieren zu müssen und somit freie Wahl der Kleidungsstücke zu haben
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Um ihre Weiblichkeit und ihr Körperselbstbild wiederherzustellen
Auf der anderen Seite werden Brustrekonstruktionen aus folgenden Gründen abgelehnt:
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Angst vor Komplikationen
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Glaube zu alt zu sein
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Angst vor einem schlechteren Überleben oder Krebsnachsorge
Auf diese Bedenken sollte im Gespräch mit einem, in der Brustrekonstruktion vertrauten, Chirurgen eingegangen werden, um Patientinnen adäquat zu informieren. Die oben genannten Aspekte sind wissenschaftlich gut untersucht und zeigen den positiven Effekt der Brustrekonstruktion bis ins hohe Alter ohne Steigerung der Komplikationsraten, sowie in entsprechenden Brustgesundheitszentren generell niedrige Komplikationsraten und keine schlechteren Überlebensraten nach Brustrekonstruktion [10, 11, 12]. Mit diesen Informationen können betroffene Patientinnen im Gespräch mit plastischen-rekonstruktiven Chirurgen, die für sie beste Art der Rekonstruktion auswählen oder vollinformiert den Weg ohne Rekonstruktion gehen. Die rekonstruktive Brustchirurgie ist daher fester Bestandteil der Brustgesundheitszentren geworden.
Dieser Artikel beschreibt die Möglichkeiten moderner rekonstruktiver Therapie für Brustkrebspatientinnen und soll als Information dienen, um Kollegen eine initiale Beratung von Betroffenen und konsekutive Anbindung an Plastisch und Rekonstruktive Chirurgen zu ermöglichen. Hiermit sollen auf die oben genannten Wünsche und Ängste dieser Patientinnen bereits in der initialen Phase eingegangen werden, bis die Beratung im Zentrum erfolgen kann.
Therapie und Rekonstruktion im Brustgesundheitszentrum
Ziel zertifizierter Brustgesundheitszentren ist die standardisierte hochqualitative Therapie von Patientinnen mit Brustkrebs von der Diagnose über die Therapie bis zur Rekonstruktion und Rehabilitation. Hier sind Plastische Chirurgen in der Rekonstruktion nach teilweisen oder vollständigen Brustentfernungen tätig und werden zumeist bereits vor der Tumorentfernung involviert, um Patienten bestmöglich über die Rekonstruktionsmöglichkeiten zu informieren. Alle 39 zertifizierten Brustgesundheitszentren in Österreich verfügen daher über die Anbindung zu Plastischen Chirurgen, entweder als eigenständige Abteilung, Department oder konsiliarische Betreuung durch externe Abteilungen (siehe Abb. 1).
In der Regel erfolgt die Erstkonsultation von Brustpatientinnen bei entsprechendem Tumorverdacht im niedergelassenen Bereich mit anschließender Vorstellung in einem Brustgesundheitszentrum, in welchem die weitere Diagnostik und Therapie geplant werden. Basierend auf den Ergebnissen der Bildgebung und vor allem der Biopsie, welche Tumortyp und Differenzierung bestimmen, werden anhand der Lokalisation, Größenausdehnung und Tumorart, die Art der Tumorresektion bestimmt und welche Arten der Rekonstruktion möglich sind. Außerdem wird anhand von molekularpathologischen Analysen die Art der Chemotherapie festgelegt, sowie derer Behandlungszyklen, der Zeitpunkt der Behandlung (adjuvant oder neoadjuvant), und ob eine postoperative Bestrahlung der Brust notwendig ist (Abb. 2).
Brusterhaltende Therapie & Onkoplastische Rekonstruktion
Anhand der präoperativ gewonnenen Informationen erfolgt die Operationsplanung zur Resektion des Tumors. Generelles Ziel hierbei ist die onkologisch sichere Resektion und nach Möglichkeit der Erhalt der Brust. In ca. 70–80 % der Fälle kann heutzutage brusterhaltend operiert werden, welches auch als BET oder brusterhaltende Therapie bezeichnet wird und den Goldstandard in der onkologischen Brustchirurgie darstellt [3, 13]. Bisherige Studien konnten zeigen, dass bei der richtigen Indikation (Mamma-CA Stadium I und II) diese Therapie das gleiche Überleben bei besserer Ästhetik bietet wie die Entfernung der Brust (modifiziert radikale Mastektomie) [13, 14]. Hierbei können meist auch größere Tumore sicher entfernt und durch das Verschieben von ortsständigem Gewebe rekonstruiert werden. Kontraindikationen für die brusterhaltende Therapie sind inflammatorisches Mammakarzinom sowie ein schlechtes Größenverhältnis zwischen Tumor und Brust und multizentrische Karzinome. Bei der brusterhaltenden Therapie ist in allen Fällen eine postoperative Bestrahlung erforderlich, um allfällig vorhandene Tumorzellen zu zerstören und somit das Rezidivrisiko zu senken [15]. Wird diese von der Patientin abgelehnt, sollte keine brusterhaltende Therapie durchgeführt werden. Durch die postoperative Bestrahlung wird das ortsständige Gewebe der Brust langfristig geschädigt und es entstehen oftmals Folgen wie Verhärtungen, Brustverkleinerung, Wundheilungsstörungen oder schmerzhafte Einziehungen. Diese können weitere rekonstruktive Schritte zur Formwiederherstellung erforderlich machen.
Mastektomie
Sollte keine Indikation für die brusterhaltende Therapie bestehen, muss stattdessen in ca. 20–30 % der Fälle auf die Mastektomie zurückgegriffen werden. Dies beschreibt die komplette chirurgische Entfernung des Drüsengewebes, und somit den vollständigen Verlust der Brustform. Im Vergleich zu den radikalen Mastektomientechniken, welche im 19. Jahrhundert von Halsted propagiert wurden, sind moderne Verfahren bei gleicher onkologischer Sicherheit weniger invasiv und erlauben im Verlauf die Rekonstruktion der Brust. Generell wird die Mastektomie in zwei gängige Arten unterteilt.
Die hauterhaltende Mastektomie beschreibt die Entfernung des Drüsenkörpers mit Belassen des Hautmantels inklusive der Subkutis in suffizienter Dicke um die Durchblutungssituation nicht zu gefährden (Abb. 1d,f). Hierbei kann bei onkologischer Sicherheit in vielen Fällen auch die Mamille belassen werden und somit der komplette Hautweichteilmantel der Brust intakt bleiben (Mamillen-erhaltende Mastektomie), bei lediglich fehlender innerer Auskleidung (Abb. 1e). Bei richtiger Indikation sind Mastektomie-Verfahren mit Belassen von Haut, inkl. ggf. der Mamille, ebenso sicher wie die modifiziert radikale Mastektomie bei gleichzeitig verbesserten rekonstruktiven Möglichkeiten. Durch den erhaltenen Hautmantel muss hierbei lediglich die Füllung der Brust mit Implantaten oder Eigengewebe erfolgen, wobei das äußere Erscheinungsbild gleich bleibt. Diese Verfahren kommen auch bei prophylaktischen Mastektomien bei Patientinnen mit Genmutation (BRCA 1,2) zur Anwendung. Diese Patientinnen entscheiden sich zur prophylaktischen Entfernung der Brust, aufgrund des hohen Erkrankungsrisikos bei Genmutation. Durch die zum Operationszeitpunkt fehlende Tumorerkrankung bei meist jungem Alter ergibt sich jedoch ein hoher ästhetischer Anspruch, um diesen Schritt der Brustentfernung durchführen zu können. Bei der Resektion des Drüsengewebes kann aufgrund des fehlenden Tumors, der Hautmantel inkl. Mamille und Vorhof fast immer erhalten werden. Folglich ist zumeist eine optimale Rekonstruktion möglich, um den hohen ästhetischen Ansprüchen bei prophylaktischen Eingriffen gerecht zu werden.
Sollte eine hauterhaltende Mastektomie, aufgrund der Tumorerkrankungen, nicht möglich sein, so muss durch eine modifiziert radikale Mastektomie, eine komplette Entfernung der Brust erfolgen. Gründe hierfür können zum Beispiel die Infiltration der ortsständigen Haut oder sehr große Tumore sein. Im Gegensatz zur hauterhaltenden Mastektomie, wird hierbei der Drüsenkörper vollständig inkl. der ortsständigen Haut entfernt. Hierdurch gehen die Form und der Hautmantel der Brust inkl. Mamille vollständig verloren. Im Fall einer Rekonstruktion muss der Hautmantel hier zur Gänze ersetzt werden, was maßgebend für die Art der Rekonstruktion ist (siehe Abb. 1a–c). Es kann dadurch keine sofortige Rekonstruktion mit Implantaten erfolgen, da der nötige Hautweichteilmantel fehlt. Stattdessen muss die Haut durch ein temporäres Expander-Implantat über den Zeitraum von einigen Wochen bis Monaten gedehnt werden, um genügend Gewebe für ein Implantat zu schaffen. Hierzu wird nach der chirurgischen Implantation des Expanders ambulant alle ca. 3–4 Wochen steril Kochsalz über einen Port eingefüllt und der Hautweichteilmantel konsequent gedehnt. Alternativ kann die Brustrekonstruktion auch durch einen freien Gewebetransfer erfolgen, der den verlorenen Hautweichteilmantel durch neues Gewebe ersetzt.
Brustrekonstruktion
Bei Patientinnen die nicht brusterhaltenden operiert werden können, sollten im Rahmen der Mastektomie-Besprechung ebenfalls die Möglichkeiten einer Rekonstruktion sowie der bestmöglichen Rekonstruktionszeitpunkt besprochen werden. Abhängig von der onkologischen Sicherheit und ob eine Nachbestrahlung geplant ist, können entweder eine Sofort-Rekonstruktion, bei der im Anschluss an die Mastektomie die Brustform in derselben Operation rekonstruiert wird, oder eine Sekundärrekonstruktion, in einer weiteren Operation, erfolgen. Generell wird, sofern sicher und mit gutem Ergebnis, eine einzeitige Rekonstruktion im Rahmen der Tumoroperation angestrebt. In manchen Fällen muss jedoch vorerst ein Gewebeexpander implantiert werden, um den Hautweichteilmantel vorzubereiten, oder um Risiken einer Hautweichteilveränderung, nach einer Bestrahlung, vorzubeugen. Die Rekonstruktion der Brust erfolgt generell in drei Schritten, wobei dies nicht zwingend drei Operationen bedeutet. Dies ergibt sich aus der Anatomie (Brustwarze vorhanden?) und dem Patientenwunsch (Symmetrie störend, Brustwarzenrekonstruktion gewünscht).
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1.
Brustrekonstruktion: Wiederherstellung der Brustform durch Implantat oder Eigengewebe bei Bedarf mit Expandervorbereitung.
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2.
Angleichung der Symmetrie: Vor allem bei einseitigen Brustrekonstruktionen kann die Notwendigkeit zur Korrektur der kontralateralen Brust erforderlich sein. Außerdem können Formkorrekturen mittels Lipofilling (Fetttransfer) korrigiert werden.
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3.
Mamillen-Areolarekonstruktion mittels Operation oder Medical Tattoo: Erst wenn die Symmetrie und Brustform zufriedenstellend ist, wird die Brustwarze chirurgisch wiederhergestellt oder durch Medical Tattooing abgebildet als abschließender Schritt der Rekonstruktion (Abb. 3c).
Die Evaluation und Planung zur Brustrekonstruktion sollte prinzipiell so früh wie möglich erfolgen, um Patientinnen die verschiedenen Möglichkeiten zu erläutern. Eine Rekonstruktion kann jedoch auch nach Jahren erfolgen. Eine Konsultation ist bei entsprechendem Wunsch daher immer sinnvoll. Die Rate an Rezidiven wird durch die Brustrekonstruktion mit Implantaten oder Eigengewebe nicht erhöht und gilt als sicher [12].
Arten der Brustrekonstruktion
Generell wird in der Brustrekonstruktion zwischen der Implantat-basierten Rekonstruktion und der Rekonstruktion mit Eigengewebe unterschieden. Beide Verfahren sind bei entsprechendem Hautweichteilmantel möglich, bieten jedoch unterschiedliche Vor- und Nachteile (Tab. 1). Entscheidend für die richtige Therapiewahl sind neben der Präferenz der Patientin, onkologische Sicherheit, anatomische Gegebenheiten und chirurgische Möglichkeiten. Gerade die Notwendigkeit einer postoperativen Bestrahlung kann, aufgrund höherer Komplikationsraten wie Implantatverlust, Kapselfibrose oder Wundheilungsstörungen, gegen die Rekonstruktion mit Implantaten sprechen. Im Gegensatz hierzu, hat sich die Rekonstruktion mit Eigengewebe, mit initial höherem Investment aufgrund längerer Operation und Krankenhausaufenthalt, als langfristig komplikationsarme Rekonstruktion etabliert.
Implantatrekonstruktion
Die Brustrekonstruktion mit Implantaten ist seit vielen Jahrzehnten etabliert und stellt das häufigste Verfahren zur Brustrekonstruktion mit ca. 80 % dar. Hierbei werden bei intaktem Hautmantel, Implantate in einer ca. 1–2 stündigen Operation eingebracht, um die Brustform wiederherzustellen. Durch die Wahl der Implantatform (rund oder anatomisch) und des Implantatvolumens, kann hiermit eine für die Patientin passende Brustform wiederhergestellt werden. Ausschlaggebend für die Größe der rekonstruierten Brust ist einerseits der Wunsch der Patientin und andererseits die lokalen anatomischen Gegebenheiten des Hautweichteilmantels. Sollte dieser insuffizient für einen Implantataufbau sein, so kann dieser über einen Gewebeexpander primär gedehnt werden, bevor das definitive Implantat eingebracht wird. Vorteile der Implantatrekonstruktion gegenüber anderen Verfahren sind oft gut vorhersehbare Ergebnisse, bei kurzer Operations- und Spitalsaufenthaltsdauer. Die Nachbehandlung der Patientin beinhaltet die regelmäßige postoperative Kontrolle und das Tragen von bügellosen BHs für ca. 6 Wochen. Für diese Zeit gilt eine Sportkarenz und schweres Heben sollte vermieden werden. Als wesentlicher Nachteil ist bei Implantaten jedoch hervorzuheben, dass diese aufgrund der körpereigenen Fremdkörperreaktion in ca. 10 % der Fälle zur Kapselfibrose führen können. Diese Zahl ist bei Patientinnen mit postoperativer Bestrahlung auf bis zu 50 % erhöht. Diese schmerzhafte Kontraktur der Implantatkapsel ist unter anderem verantwortlich, dass ca. 70 % der Patientinnen innerhalb von 10 Jahren eine operative Korrektur und 35 % einen Implantatwechsel benötigen [13]. Außerdem gibt es aktuell zunehmend Hinweise, dass bestimmte Implantattypen in sehr seltenen Fällen zur Bildung eines Breast-implant associated anaplastic large cell lymphoma (BIA-ALCL) führen können. Dieser Lymphomtyp wurde erst vor wenigen Jahren mit Implantaten in Verbindung gebracht und ist aktuell Gegenstand weltweiter Untersuchungen. Die Inzidenz wird derzeit noch sehr gering angenommen bei weltweit 700 bekannten Fällen, wovon 2 auf Österreich entfallen [16, 17].
Eigengewebsrekonstruktion
In der Brustrekonstruktion mit Eigengewebe wird ein Gewebeblock aus Haut und Subcutis vom Bauch oder dem Oberschenkel (ev. inkl. Muskel) an einem Gefäßstiel, von der Patientin entnommen und mittels mikrochirurgischer Technik an die Brust transferiert. Hierbei wird die Lappenplastik an der Brust an ein arterielles und venöses Gefäß angeschlossen, um eine Durchblutung für das neue Brustgewebe zu ermöglichen. In diesen mehrstündigen Eingriffen wird das Brustvolumen mit Eigengewebe wiedergestellt, das von Textur, Form und Haptik am meisten der eigentlichen Brust ähnelt. Durch die alleinige Versorgung der Lappenplastik durch die neu angeschlossenen Gefäße, muss die Lappenplastik in den ersten 5–7 Tagen penibel kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie suffizient durchblutet ist. Im Falle eines Gefäßverschlusses würde es sonst zur Nekrose des Gewebes kommen. Diese Komplikation tritt in ca. 2–4 % der Fälle auf und kann in vielen Fällen, sofern früh erkannt, chirurgisch saniert werden.
Im Gegensatz zur Implantatrekonstruktion wird kein körperfremdes Material verwendet, sondern vitales Gewebe, das im Verlauf auch Sensibilität wiedererlangt. Die Hebung des Gewebes führt oftmals auch zur Verbesserung der Körperform an der Hebestelle, indem zum Verschluss entweder eine Bauchdecken- oder Oberschenkelstraffung durchgeführt wird. Die Narben der Hebestelle können durch die Unterwäsche gut versteckt werden und sind hierdurch selten störend für die Patientinnen. Durch die Rekonstruktion mit Eigengewebe erhalten die Patientinnen eine eigene Brust ohne Fremdmaterial, die in ihrer Konfiguration am meisten der amputierten Brust ähnelt [18]. Bei Patientinnen mit intaktem Hautmantel kann das Eigengewebe komplett als inneres „Implantat“ versenkt werden, wodurch von außen eine intakte Brust mit minimaler Narbenbildung imponiert. Des Weiteren toleriert das körpereigene Gewebe eine mitunter notwendige postoperative Bestrahlung besser (Abb. 4).
Aufgrund des höheren technischen Aufwands und der notwendigen mikrochirurgischen Expertise, sind Eigengewebsrekonstruktionen mit mehrstündiger Operationsdauer und längeren Spitalsaufenthalten verbunden. Auch muss die Patientin genau auf vorhandene Vorerkrankungen untersucht werden, wie zum Beispiel Nikotinabusus, Gerinnungsstörungen und andere Faktoren, die gegen eine längere Anästhesie sprechen, oder eine Kontraindikation für die Brustrekonstruktion mit Eigengewebe darstellen. Trotz dieses initial höheren Aufwands konnten mehrere Studien die längere Zufriedenheit der Patientinnen, geringere Langzeitkomplikationen und geringere Reoperationsraten zeigen [13]. Die initiale Komplikationsrate wird gleich wie bei den Implantatrekonstruktionen mit ca. 2–4 % angegeben, jedoch werden langfristig die Komplikationsmöglichkeiten der Implantate vorgebeugt. Ebenso kann im Rahmen der Brustrekonstruktion in einem weiteren Schritt die kontralaterale Brust angepasst werden, um ein symmetrisches Ergebnis zu erlangen (Abb. 3c und 5).
Sekundäre Korrekturen
Nach der initialen Rekonstruktion der Brust können für die Patientin noch störende Aspekte verbleiben, wie zum Beispiel das Fehlen der Brustwarzen, Brustasymmetrie oder Unregelmäßigkeiten in der Kontur. Im Rahmen der postoperativen Begleitung werden nach sicherer Abheilung der Brustrekonstruktion weitere Maßnahmen besprochen und für die Patientin ein individuelles Konzept ausgearbeitet, wie die oben genannten Faktoren adressiert werden können.
Für die Optimierung der Brustform kann nach sicherer R0 Resektion und abgeschlossener onkologischer Therapie, der Transfer von Eigenfett mittels Lipofilling erfolgen. Hierbei werden der Patientin an Körperpartien mit suffizientem Eigenfettanteil, kleinere Volumina mittels minimal sichtbaren Schnitten entnommen. Im Anschluss wird das Fett im Operationssaal direkt aufbereitet und genützt, um die Form zu optimieren oder auch das Brustvolumen zu erhöhen. Nach den anfänglichen Befürchtungen, dass der Transfer von Lipozyten inklusive enthaltener Stammzellen onkologisch unsicher sein könnte, haben rezente Analysen gezeigt, dass diese Therapieform sicher ist und wird daher auch von den großen Fachgesellschaften in dieser Indikation empfohlen [19].
Bei einseitiger Rekonstruktion besteht die Möglichkeit, Asymmetrien durch die Formkorrektur der nicht betroffenen Brust zu korrigieren. Hierdurch können einerseits die Form beider Brüste angepasst und gleichzeitig die nichtbetroffene Brust in ihrem Aussehen bei Bedarf verbessert werden. Hierzu werden gängige Methoden der Brustreduktion und Straffung verwendet, die sich über Jahrzehnte als sicher und mit gut vorhersehbarem Outcome bewährt haben.
Therapie von Begleiterkrankungen
Lymphödem
Bei Patientinnen, die im Rahmen der Tumorresektion positive Lymphknoten aufweisen, wird nach geltender Leitlinie eine Axillendissektion empfohlen, um das Überleben zu verbessern [3]. Obwohl die Radikalität der Lymphknotenentfernung in der Axilla bei gleicher onkologischer Sicherheit reduziert werden konnte, stellen Folgen des gestörten Lymphabflusses bei einem signifikanten Anteil der Patientinnen ein Problem dar. Durch den reduzierten Abfluss kommt es zu schmerzhaften, optisch störenden und oft psychologisch belastenden Lymphödemen des betroffenen Arms. Die konservative Therapie mittels Kompression und Lymphtherapie stellt hierbei die primäre Therapie dar und kann in vielen Fällen langfristig gute Ergebnisse erzielen. Leider weist jedoch ein signifikanter Anteil an Patientinnen trotz dieser Behandlung ein therapieresistentes Lymphödem auf. Über die Jahre kann durch die permanente Stauung der Extremität die Belastung der Patientinnen zunehmen, da es zu Reizzuständen, Infektionen, Einschränkungen der Mobilität und meist progressiver Verschlechterung kommt.
Durch die Weiterentwicklung der Mikrochirurgie zur Supermikrochirurgie können mit neuen Mikroskopen auch Gefäße bis zu 0,3 mm genäht werden. Dies ermöglicht seit einigen Jahren neue Therapiestrategien zur Behandlung des sekundären Lymphödems. Es kann der Lymphabfluss hierdurch verbessert werden, indem Lymphknotenpakete, ähnlich dem freien Gewebetransfer an der Brust, an die betroffene Extremität transferiert werden. Diese kleinen meist von außen nicht sichtbaren Gewebeblöcke führen zur Neubildung von Lymphabflussbahnen und dadurch zu Verbesserung des Lymphödems. Alternativ können auch Verbindungen durch sogenannte lymphovenöse Anastomosen zwischen kleinsten Venen und Lymphgefäßen geschaffen werden. Mit beiden Operationsverfahren wurden die Therapiemöglichkeiten des sekundären Lymphödems revolutioniert und somit kann Patientinnen eine Behandlung dieser oftmals stark beeinträchtigenden Krankheitsfolge angeboten werden. Eine frühzeitige Vorstellung der Patientinnen an einer darauf spezialisierten plastisch-chirurgischen Abteilung sollte erfolgen, um die konservativen (Optimierung der Kompressionstherapie) und rekonstruktiven Therapiemöglichkeiten schon am Beginn der Krankheit zu evaluieren und optimieren.
Conclusio
Brustkrebs ist dank moderner Therapieverfahren zu einer Tumorerkrankung mit hohem Langzeitüberleben geworden. Dadurch werden die Langzeitfolgen der überlebten Tumorerkrankung bei vielen Patientinnen zu einer permanenten Belastung. Die moderne plastische und rekonstruktive Chirurgie kann die Brustform wiederherstellen und damit einen Teil zur Reintegration in den Lebensalltag bieten. Moderne Brustgesundheitszentren bieten daher in ihrem Portfolio sämtliche Möglichkeiten der Brustrekonstruktion an, um Patientinnen die Reintegration in den Alltag zu ermöglichen. Gemeinsam mit der Patientin und den behandelnden Disziplinen kann hiermit eine onkologisch sichere Tumortherapie mit anschließender Rekonstruktion sichergestellt werden. Eine Brustrekonstruktion ist zu jedem Zeitpunkt möglich und kann auch Jahre später erfolgen. Beide Verfahren, Implantate und Eigengewebe, gelten als sicher und führen nicht zu erhöhten Tumorrezidivraten. Außerdem können Folgeprobleme wie das sekundäre Lymphödem durch moderne Mikrochirurgie therapiert werden.
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Förderung
Für die Publikationskosten wurde eine Förderung durch den Open Access Publishing Fund der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Krems, Österreich erhalten.
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Interessenkonflikt
K.D. Bergmeister, A. Rohrbacher, T. Flores, M. Bachner, P. Götzinger und K.F. Schrögendorfer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Additional information
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
DFP-Fragen
DFP-Fragen
Welche Begleiterkrankung tritt bei Patientinnen mit Brustamputation vermehrt auf?
Gewichtsverlust
Zwangsstörungen
Essstörungen
Depression
Kopfschmerzen
Welche Aussage über Brustgesundheitszentren ist richtig?
Brustgesundheitszentren gibt es nicht in jedem Bundesland in Österreich
Brustgesundheitszentren fokussieren sich auf die chirurgische Resektion von Brusttumoren
Brustgesundheitszentren sind nur für schwere Brusttumorerkrankungen zuständig
Brustgesundheitszentren bieten nur selten die Möglichkeiten der Brustrekonstruktionen an
Das Angebot von Brustgesundheitszentren inkludiert die Diagnostik, die Therapie bis zur Rekonstruktion und Rehabilitation. Teil dessen sind die Plastische Chirurgen
Was ist nach einer brusterhaltenden Therapie unbedingt erforderlich?
Postoperative Strahlentherapie
Eine spezielle Diät
Bestimmung des Tumormarkers PSA im Blut
Lebenslange Immunsuppression
Physiotherapie und Atemtherapie
Was stellt eine Kontraindikation für eine brusterhaltende Therapie dar?
Benigne Tumore
Brustasymmetrie
Inflammatorische Karzinome
Übergewicht
Patientin ist jünger als 30 Jahre
Welche Genmutation birgt ein erhöhtes Risiko im Laufe des Lebens an Brustkrebs zu erkranken?
Philadelphia Chromosom
BRCA 1/2
Faktor V Leiden
HLA-B27
CYP3A4
Was stimmt hinsichtlich Brustrekonstruktion mittels Eigengewebe?
Natürlicheres Ergebnis
Fremdkörpergefühl
kurze Operationsdauer
Toleriert Bestrahlung nicht
Kurzer Krankenhausaufenthalt
Welche Nachteile haben externe Brustprothesen?
Hohes Eigengewicht
Schlechte Brustform
Muss durch Kleidung kaschiert werden
Keine
Muss von der Patientin selber bezahlt werden
Was ist ein wesentlicher Nachteil der Brustrekonstruktion mit Implantaten?
Nicht für schlanke Frauen geeignet
Sportausübung nie wieder möglich
Gefahr der Kapselfibrose und Notwendigkeit des Implantwechsels
Langer Krankenhausaufenthalt
Hohes Eigengewicht
Was ist in den ersten Tagen nach einer Eigengewebsrekonstruktion besonders wichtig?
Patientin darf keine Milchprodukte essen
Engmaschige Überprüfung der Durchblutung der Lappenplastik
β‑hCG Spiegel im Blut bestimmen
Vollständige Nahtentfernung
Medical Tattooing zur Brustwarzen-Rekonstruktion durchführen
Eine Lymphknotenentfernung in der Axilla kann welches teilweise dauerhafte Problem verursachen?
Lymphödem des Arms
Übermäßige inguinale Schweißabsonderung
Verlust der Weiblichkeit
Karpaltunnelsyndrom
Impingement Syndrom
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Bergmeister, K.D., Rohrbacher, A., Flores, T. et al. Brustrekonstruktion nach Mammakarzinom. Wien Klin Wochenschr 132, 475–489 (2020). https://doi.org/10.1007/s00508-020-01658-1
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