1 Einleitung

Der Sommer 2022 hat deutlich gezeigt, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch in Österreich bereits spürbar sind. In Zukunft muss mit einem weiteren Anstieg von Extremwetterereignissen wie Trockenperioden und Starkregen gerechnet werden. Diese steigenden Temperaturen wirken sich negativ auf die menschliche Gesundheit aus (APCC 2018; Marktl et al. 2010), weshalb Anpassungsmaßnahmen vor allem in Ballungsräumen einen hohen Stellenwert haben. Als naturbasierte Lösung wird hier städtische Begrünung aktuell viel diskutiert und umgesetzt. Mit Beschattung und Verdunstung kann Begrünung (je nach Ausführung) einen wichtigen Beitrag für das urbane Mikroklima schaffen (Gunawardena et al. 2017).

Ein essenzieller Bestandteil einer gesunden – und damit mikroklimatisch wirksamen – Begrünung wird allerdings häufig vergessen: ohne blau kein grün. Damit Pflanzen ihr volle Kühlleistung erbringen können, brauchen sie eine ausreichende und regelmäßige Bewässerung (Gräf et al. 2021; Pearlmutter et al. 2021). Durch den Klimawandel wird diesbezüglich in Zukunft mit geringeren Niederschlagsmengen und höherem Wasserbedarf in der Vegetationsperiode gerechnet. Dadurch werden, vor allem im Osten Österreichs, vermehrt Trockenperioden erwartet (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus 2021). Für die Deckung des Wasserbedarfs der verschiedenen Nutzungen im urbanen Raum gibt es mehrere Wasserressourcen von unterschiedlicher Qualität: (1) Trinkwasser mit höchster Wasserqualität, welches für den menschlichen Gebrauch und sehr häufig auch für alle anderen städtischen Nutzungen (Bewässerung, Straßenreinigung, WC-Spülung, etc.) herangezogen wird, (2) Regenwasser von niedrigerer Qualität, das teilweise für die Bewässerung verwendet wird, allerdings jahreszeitlichen und regionalen Schwankungen unterliegt (Prenner et al. 2021a), (3) aufbereitetes Schmutzwasser, beispielsweise in Form von Grauwasser (ebenfalls mit minderer Qualität), welches bis dato in Österreich nur selten genutzt und aktuell nicht verstärkt forciert wird (Kaufmann 2021) und (4) sonstige Wasserquellen, wie kanalisierte Bäche oder Drainagewässer, die heute häufig in der Kanalisation geführt werden und nicht für eine Nutzung zur Verfügung stehen (Prenner et al. 2021a; Wild et al. 2011). Aktuell wird für die Bewässerung von Begrünung in den meisten Fällen wertvolles Trinkwasser verwendet, wodurch der Einsatz von Begrünung nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann. Allerdings kann dieser Wasserbedarf durchaus mit Brauchwasser gedeckt werden (Pucher et al. 2022a). Brauchwasser (auch Nutzwasser, Betriebswasser oder Nicht-Trinkwasser genannt) hat keine Trinkwasserqualität, kann jedoch nach Aufbereitung für Bewässerung, als Spülwasser für Toiletten, Kühlwasser oder für Reinigungszwecke verwendet werden (ÖNORM EN 16941‑2 2022; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2007). Daher liegt der Fokus in diesem Artikel auf der kreislauforientierten Wiedernutzung von Regen- und gereinigtem Grauwasser als Brauchwasser im urbanen Raum.

Als Grauwasser wird leicht verschmutztes und fäkalienfreies Abwasser aus Duschen, Handwaschbecken, Waschmaschinen, Küchenspülen und Geschirrspülern bezeichnet. Eine Stoffstromtrennung mittels einer doppelten Leitungsführung ist notwendig, um Grau- von Schwarzwasser und Brauch- von Trinkwasser getrennt zu führen. Aufgrund dieser baulichen Voraussetzungen ist die Nutzung von Grauwasser vor allem im Neubau oder im Zuge von umfassenden Sanierungsarbeiten sinnvoll. Grauwasser hat ein großes Potenzial für eine Wiedernutzung, da es konstant anfällt und damit gut plan- und dimensionierbar ist (ÖNORM EN 16941‑2 2022).

Die Notwendigkeit der Anpassung an den Klimawandel wird in Österreich bereits in nationalen Anpassungsstrategien durch Handlungsempfehlungen für verschiedene Aktivitätsfelder anerkannt (Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie 2021; Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus 2017), sowie in Strategien auf Landesebene in allen neun Bundesländern festgehalten (Umweltbundesamt GmbH 2021). Es stellt sich die Frage, inwiefern eine Wasserwiedernutzung darin als Beitrag zur Klimawandelanpassung gesehen wird und die Voraussetzungen (wie beispielsweise die Stoffstromtrennung in Gebäuden) dafür forciert werden. Der Blick in die Praxis zeigt, dass es in Österreich bereits vereinzelte Umsetzungsbeispiele von Wasserwiedernutzung gibt. Gerade Regenwasser wird mehrfach für Bewässerung, WC-Spülung oder Reinigungszwecke genutzt (Bullermann und Sperfeld 2004; Deubner Lopez ZT OG o.J.; Stadt Wien 2010). Deutlich weniger Beispiele gibt es für die Nutzung von gereinigtem Grauwasser in Österreich (Müllegger et al. 2009; Sonnenplateau Camping Gerhardhof GmbH o.J.) Die Anzahl der Umsetzungsbeispiele suggeriert, dass das Potenzial einer Wasserwiedernutzung in der Praxis noch nicht erkannt wird und/oder große Herausforderungen bei der Umsetzung gesehen werden. Vor diesem Hintergrund werden daher in diesem Artikel folgende Fragen erörtert: (i) Inwiefern wird eine kreislauforientierte Wasserwiedernutzung in der „Österreichischen Strategie zur Klimawandelanpassung“ (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus 2017) und den entsprechenden Strategiepapieren der Bundesländer berücksichtigt? (ii) Welches qualitative und quantitative Potenzial haben urbane Wasserressourcen für eine Wiedernutzung als Brauchwasser? Und (iii) Welche Herausforderungen gibt es bei der praktischen Umsetzung einer Wasserwiedernutzung im Wohnbau?

2 Strategien zur Klimawandelanpassung

Um zu erörtern, inwiefern eine kreislauforientierte Wasserwiedernutzung in den Strategiepapieren zur Klimawandelanpassung auf Bundes- und Landesebene in Österreich Berücksichtigung findet (Forschungsfrage 1), wurden diese Strategien mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2015) analysiert. Im ersten Schritt wurde die Strategie auf Bundesebene untersucht, um daraus Kategorien abzuleiten. Dazu wurde die „Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus 2017) und der zugehörige Fortschrittsbericht (Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität Innovation und Technologie 2021) untersucht. Die Kategorien wurden ausgehend von relevanten Aussagen aus der österreichischen Strategie zum Thema Wasserwiedernutzung gebildet. Als relevant wurden Aussagen klassifiziert, sobald ein Bezug zur Wiedernutzung von Wasserressourcen, dessen Notwendigkeit für die zukünftige Brauchwasserversorgung oder zu Klimawandelanpassungsmaßnahmen mit Wasserbedarf (wie grüne und blaue Infrastruktur) hergestellt wurde. In einem zweiten Schritt wurden die jeweiligen Landesstrategien (inkl. Fortschrittsberichten) analysiert und relevante Aussagen den bereits identifizierten Kategorien zugeordnet. Dadurch soll abgeglichen werden, inwiefern die empfohlenen Maßnahmen auf Bundesebene auch auf Landesebene Einzug in die Strategien finden. Folgende Dokumente wurden basierend auf der Zusammenstellung des Umweltbundesamt GmbH (2021) zur Analyse ausgewählt: Burgenland (Amt der Burgenländischen Landesregierung 2020), Kärnten (Amt der Kärntner Landesregierung 2018), Niederösterreich (Amt der NÖ Landesregierung 2019, 2022), Oberösterreich (Amt der Oö. Landesregierung 2013, 2021), Salzburg (Land Salzburg 2017, 2022), Steiermark (Amt der Steiermärkischen Landesregierung 2017, 2019), Tirol (Amt der Tiroler Landesregierung 2021, 2022), Vorarlberg (Amt der Vorarlberger Landesregierung 2021, 2015) und Wien (Magistrat der Stadt Wien 2015, 2022).

Als Ergebnisse der Inhaltsanalyse der österreichischen Strategie wurden 10 thematische Kategorien identifiziert (Tab. 1). Es zeigt sich, dass Wasserwiedernutzung und Brauchwasserversorgung in der österreichischen Klimawandelanpassungsstrategie durchaus thematisiert werden und das Potenzial urbaner Wasserressourcen erschlossen werden soll (K3). In weiterer Folge wird auch das Sicherstellen der Bewässerung für die grüne Infrastruktur explizit genannt (K7). In der Bundesstrategie wird außerdem die Wasserversorgungssicherheit inklusive potenzieller Nutzungskonflikte bei steigender Trockenheit in Teilen Österreichs thematisiert (K1). Um Trinkwasserressourcen zu schonen, werden neben einer Brauchwasserversorgung auch Wassereinsparungen unter anderem bei der Bewässerung als Maßnahmen gesetzt (K2). Gerade um einen Kühleffekt zu erzielen, ist allerdings eine Bewässerung der urbanen Begrünung essenziell (Gräf et al. 2021; Pearlmutter et al. 2021).

Tab. 1 Thematische Kategorien relevant für die Wiedernutzung urbaner Wasserressourcen mit Auswahl beinhalteter Themen und Einordnung der Inhalte aus den Bundesländerstrategien

Betrachtet man die Strategien auf Länderebene wird deutlich, dass alle Bundesländer das Potenzial von Begrünung für einen mikroklimatischen Kühleffekt (K5) bzw. generell eines höheren Grünanteils (K4) und ein Großteil der Bundesländer dessen Potenzial für Regenwassermanagement (K6) erkennen und diesbezüglich Maßnahmen setzen wollen. Allerdings ist nur in zwei Strategien die Deckung des Wasserbedarfs der Begrünung (K7) und in insgesamt vier Bundesländern eine Brauchwasserversorgung (K3) (hauptsächlich mit Regenwasser) Thema. Die Wiedernutzung von Abwasser wird nur in der Bundesstrategie als Teil des Maßnahmenpakets gesehen.

Durch diese Analyse zeigt sich, dass eine Wasserwiedernutzung aus Sicht der Bundesstrategie forciert werden sollte und neben Begrünungsmaßnahmen auch Wasserflächen (grüne und blaue Infrastruktur) als Beitrag zur Klimawandelanpassung in Österreich gesehen werden. Allerdings wird deutlich, dass die Wichtigkeit der Bewässerung für einen Kühleffekt durch Begrünung und das Potenzial urbaner Wasserressourcen dafür von den Bundesländern noch nicht vollständig erkannt wird. Durch eine Wiedernutzung von urbanen Wasserressourcen kann gleichzeitig die Ressource Trinkwasser geschont und ein relevanter Kühleffekt durch Begrünung erzielt werden. Dadurch kann die Diskrepanz zwischen Wasserverfügbarkeit und -bedarf für Bewässerung von grüner Infrastruktur, in der Literatur von Ludwig et al. (2021) als „doppelte Wasserlücke“ und von Pearlmutter et al. (2021) als „wicked problem of water“ bezeichnet, reduziert werden.

3 Potenziale urbaner Wasserressourcen

Um das Potenzial urbaner Wasserressourcen für eine Wiedernutzung voll auszuschöpfen, müssen qualitative sowie quantitative Aspekte beachtet werden (Forschungsfrage 2).

Die qualitativen Anforderungen an die Wiedernutzung urbaner Wasserressourcen sind durch verschiedene Normen abgedeckt. Für den österreichischen Kontext gibt die ÖNORM EN 16941‑2 (2022) mikrobiologische, chemische und physikalische Parameter für die Wiedernutzung von gereinigtem Grauwasser für Bewässerung, WC-Spülung und Reinigungszwecke vor. Weiters haben Gräf et al. (2022) die österreichischen Anforderungen an Bewässerungswasser jenen auf EU-Ebene (Verordnung 2020/741/EU) und aus anderen europäischen Ländern gegenübergestellt. Die Wahl der Aufbereitung von urbanen Wasserressourcen muss je nach Herkunft angepasst werden (Ludwig et al. 2021). Die Behandlung von Regenwasser hängt von der potenziellen Verschmutzung der Auffangflächen ab und muss basierend auf den lokal zu erwarteten Verschmutzungen gewählt werden (ÖNORM EN 16941‑1 2018; Prenner et al. 2021b; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2007). Auch die Reinigung von Grauwasser muss an die Herkunft angepasst werden (stärker verschmutztes Grauwasser aus der Küche gegenüber schwächer verschmutztes Grauwasser aus dem Bad). Für die Aufbereitung können sowohl technische als auch naturbasierte Lösung verwendet werden (Boano et al. 2020; Oteng-Peprah et al. 2018; Pucher et al. 2022b; Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2007). Für eine sichere Wiedernutzung von Regen- und Grauwasser werden in den österreichischen Normen Planung, Bemessung, Kennzeichnung und Inbetriebnahme sowie Monitoring der Wasserqualität und Wartung der Anlagen berücksichtigt (ÖNORM EN 16941‑1 2018; ÖNORM EN 16941‑2 2022).

Die quantitative Betrachtung urbaner Wasserressourcen erfolgt anhand einer Fallstudie und der Gegenüberstellung des Brauchwasserbedarfs mit den verfügbaren Brauchwasserressourcen, um dadurch das Potenzial urbaner Wasserressourcen aufzuzeigen. Für die Fallstudie wird das Quartier „Am Kempelenpark“ mit einer Gesamtfläche von 4,5 ha und einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 3000 Personen herangezogen. Das Quartier besteht aus acht Bauplätzen: zwei Bauplätze mit reiner gewerblicher Nutzung, ein Bauplatz mit reiner Wohnnutzung, vier Bauplätze mit gemischter Nutzung (Gewerbe und Wohnen) und ein Bauplatz mit Schule. Der Freiraum des Quartiers (bis auf den Schulgarten) wird als öffentlicher Park gestaltet. Zusätzlich werden die gesamten Dachflächen extensiv oder intensiv begrünt (Jung 2022).

Als Brauchwasserbedarf wird der Wasserbedarf der Begrünung und der WC-Spülung angenommen. Für die Bewässerung des Grünraums am Quartier wird die intensive Dachbegrünung (1000 m2), Fassadenbegrünung (680 m2) sowie Grünflächen (Rasen) (18.500 m2) und Bäume (166 Stück) berücksichtigt. Der jährliche Verlauf des Wasserbedarfs der Begrünung wird anhand der ÖNORM L 1112 (2010) berechnet. Da die ÖNORM kein Berechnungsverfahren für den Wasserbedarf von bodengebundenen Fassadenbegrünungen vorgibt, wurden folgende Annahmen basierend auf Erfahrungswerten aus der Praxis getroffen: Pro Jahr wird ein Bewässerungsbedarf von 0,3 m3 · m−2 begrünter Fassade angenommen. Die monatliche Verteilung dieses Jahresbedarfs folgt der Verteilung der Bewässerungsdurchgänge einer Rasenfläche. Damit ergibt sich eine Bewässerungsmenge pro Bewässerungsdurchgang von etwa 10 l · m−2, wobei der natürliche Niederschlag für die Fassadenbegrünung nicht berücksichtigt wurde. Für den Wasserbedarf der WC-Spülung wurde ein Bedarf von 35 l · Person−1 · Tag−1 angenommen (ÖNORM EN 16941‑2 2022). Basierend auf der Anzahl der Bewohner kann damit der monatliche Wasserbedarf (l · Monat−1) für die WC-Spülung berechnet werden.

Als verfügbare Brauchwasserressourcen werden in diesem Fallbeispiel Regen- und gereinigtes Grauwasser betrachtet und die jeweils verfügbaren Mengen monatlich berechnet, um die saisonalen Unterschiede sichtbar zu machen. Die Menge des verfügbaren Regenwassers erfolgt anhand der Berechnung des Abflusses nach ÖNORM EN 16941‑1 (2018). Dafür wird in dieser Fallstudie der Abfluss der Dachflächen berücksichtigt; Verkehrsflächen, Wegenetz und Fassadenwasser wurden nicht berücksichtigt. Der monatliche Niederschlag wurde aus dem Klimamittel der Station Wien Unterlaa (1981–2010) ausgelesen (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 2012) und als Abflussbeiwerte wurden 0,3 für intensive Dachbegrünung und 0,5 für extensive Dachbegrünung herangezogen (ÖNORM EN 16941‑1 2018). Die Ressource gereinigtes Grauwasser wird als weitere Brauchwasserquelle betrachtet. Das verfügbare Grauwasser wird laut ÖNORM EN 16941‑2 (2022) mit 60 l · t−1 · P−1 angenommen. Mit der Anzahl der Bewohner:innen kann damit die monatliche Grauwassermenge berechnet werden. Für die Abschätzung der Bewohner:innenzahl werden pro 75 m2 Wohnfläche im Schnitt zwei Personen angenommen.

Basierend auf dieser Berechnung zeigt der Bewässerungsbedarf der Begrünung einen deutlichen jahreszeitlichen Verlauf mit Höchstwerten im Sommer (Abb. 1). Den höchsten Bewässerungsbedarf am Quartier haben mit Abstand (aufgrund der großen Fläche) die Grünflächen, gefolgt von den intensiven Gründächern und der Fassadenbegrünung. Nach der Berechnung laut ÖNORM L 1112 (2010) haben die Bäume nur in vier Monaten (April, Juli, August, September) einen Bewässerungsbedarf zusätzlich zum natürlichen Niederschlag. Der Wasserbedarf für die WC-Spülung unterliegt keinen saisonalen Schwankungen und ist mit etwa 3200 m3 · Monat−1 deutlich höher als die Summe des Bewässerungsbedarfs am Quartier (vgl. Größenordnung in Abb. 2).

Abb. 1
figure 1

Monatliche Verteilung Brauchwasserbedarf der Begrünung in m3 · Monat−1 (unter Berücksichtigung natürlicher Niederschlag und Zuschlagsfaktoren laut ÖNORM L 1112 (2010))

Abb. 2
figure 2

Gegenüberstellung Ertrag (Dachabfluss und gereinigtes Grauwasser) und Wasserbedarf (Begrünung und WC-Spülung)

Die Gegenüberstellung der Verfügbarkeit von gereinigtem Grau- und Regenwasser mit dem Brauchwasserbedarf zeigt auf den ersten Blick eine deutlich höhere Verfügbarkeit von Grauwasser im Gegensatz zu Regenwasser (Abb. 2). Der Abfluss der Dachflächen am Quartier variiert je nach Jahreszeit und dem verfügbaren Niederschlag. Die niedrigsten Werte werden in den Monaten Oktober bis April erreicht, während in den Sommermonaten (Mai bis September) deutlich mehr Dachabfluss zur Verfügung steht. Für den angenommenen Niederschlag kann pro Jahr in Summe 4233 m3 von den Dächern gesammelt werden. Wird der monatliche Dachabfluss dem monatlichen Brauchwasserbedarf gegenübergestellt zeigt sich, dass mit dem gesammelten Regenwasser 69 % des Bewässerungsbedarfs und lediglich 10 % des Gesamtbrauchwasserbedarfs (Bewässerung und WC-Spülung) gedeckt werden können. Allerdings hängt dieser Deckungsgrad stark vom jährlichen Niederschlag ab und kann damit starken Schwankungen unterliegen. Diese jahreszeitlichen und regionalen Schwankungen machen daher eine Nutzung von Regenwasser mit Ziel der Deckung des Brauchwasserbedarfs schwer und große Speichervolumina werden notwendig, um Trockenperioden zu überbrücken (Ludwig et al. 2021; Prenner et al. 2021a). Mit Ausblick auf eine Zunahme extremer Trockenperioden und Starkregenereignisse scheint sich die Planbarkeit dieser Ressource in Zukunft weiter zu verringern.

Im Gegensatz dazu zeigt die Ressource Grauwasser das gesamte Jahr über einen sehr konstanten Ertrag. In Summe werden im Quartier des Fallbeispiels monatlich etwa 5400 m3 Grauwasser produziert, das entspricht 65.700 m3 pro Jahr. Diese Summe reicht aus, um nicht nur den Bewässerungsbedarf der Begrünung, sondern auch den Bedarf für die WC-Spülung zu 100 % zu decken und zusätzlich weiteres Brauchwasser für andere Anwendungen zur Verfügung zu stellen (Abb. 2). Durch den hohen Grauwasserertrag können sich weitere Nutzungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe des Quartiers eröffnen (beispielsweise Bewässerung weiterer Straßenbäume oder Reinigung der Straßen). Gerade für den Wasserbedarf von Begrünung als Klimawandelanpassungsmaßnahme hat diese konstante Wasserressource eine wichtige Bedeutung, um einen relevanten Kühleffekt zu erzielen (Gräf et al. 2021).

Um das Einsparungspotenzial durch die Wasserwiedernutzung abzuschätzen, wird der Brauchwasserbedarf herangezogen. Die Einsparungen durch eine Wiedernutzung des Regen- und gereinigten Grauwassers wird schlagend, sobald Trinkwasser durch Brauchwasser ersetzt wird und damit Trink- und Abwassergebühren eingespart werden. Die Trink- und Abwassergebühren betragen in Wien zurzeit 1,93 € · m−3 und 2,16 € · m−3 ohne Mehrwertsteuer (Magistrat der Stadt Wien MA 13 o.J.a., o.J.b).

Die Abschätzungen zeigen, dass bei der Wiedernutzung von Grauwasser jährlich etwa 174.000 € (basierend auf dem gesamten Brauchwasserbedarf für Bewässerung und WC-Spülung mit etwa 42500 m3, da Deckungsgrad 100 %) deutlich mehr eingespart werden kann als bei der Wiedernutzung von Regenwasser mit einer Summe von etwa 17.400 € (basierend auf 10 % der gesamten Brauchwassermenge).

Wichtig bei der Betrachtung des Einsparungspotentials ist die Nutzung von Synergien zwischen Systemen. Ein Beispiel dafür ist die Umsetzung einer Grauwassernutzung in Kombination mit einem Gründach. Für die Nutzung von Grauwasser ist ein getrenntes Leitungsnetz notwendig, welches Mehrkosten im Bau verursachen kann. Allerdings kann durch den erhöhten Regenwasserrückhalt im Gründach die Anzahl der Fallleitungen reduziert werden. Dieser gewonnene Platz kann bei dieser Synergie mit den Leitungen zur Stoffstromtrennung ersetzt werden, wodurch es zu keinem Verlust von Wohnfläche durch zusätzlichen Platzbedarf einer getrennten Abwassersammlung kommt (Sellinger 2022). Weiters kann aus dem getrennt gesammelten Grauwasser die enthaltene Wärme rückgewonnen und für die Vorerwärmung des Warmwassers verwendet werden, um dadurch den Energiebedarf für die Warmwasseraufbereitung zu verringern (Mazhar et al. 2018).

In diesem Kapitel wurde das Potenzial einer nutzungsorientierten Verwendung der Ressourcen Regen- und gereinigtes Grauwasser als Brauchwasser und damit die Substitution von hochwertigem Trinkwasser mit Brauchwasser für Wasserbedarf mit geringen Wasserqualitätsanforderungen aufgezeigt. Das qualitative Potenzial der Ressourcen kann durch geeignete Aufbereitungsmaßnahmen nach den vorhandenen Normen und Standards erreicht werden. Zahlreiche Hersteller bieten bereits Technologien an, um die Anforderungen an die Wasserqualität zu erreichen und damit hygienisch sichere Anlagen zu betreiben. Das quantitative Potenzial hängt von der genutzten Wasserressource ab. Während mit gereinigtem Grauwasser der Brauchwasserbedarf des Fallbeispiels gesichert werden kann, kann mit gesammeltem Regenwasser aufgrund der Schwankungen nur ein Bruchteil des Bedarfs gedeckt werden. Die Abschätzung der finanziellen Einsparungen hat gezeigt, dass eine nutzungsorientierte Verwendung urbaner Wasserressourcen auch wirtschaftlich interessant sein kann.

4 Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung

Wie im vorigen Kapitel aufgezeigt, haben urbane Wasserressourcen großes qualitatives und quantitatives Potenzial für eine Wiedernutzung. Trotzdem gibt es in der Praxis noch einige Herausforderungen, die eine flächendeckende Umsetzung verlangsamen und erschweren (Forschungsfrage 3).

Um diese Herausforderungen zu identifizieren, wurden im Zuge des Forschungsprojekts lieBeKlima (FFG 2022) Workshops abgehalten, in denen mit relevanten Akteur:innen (Bauträgern, Magistraten, Architektur, Fachplanung und Betrieb) unter anderem die Wasserwiedernutzung (mit Fokus Grau- und Regenwasser) im Wohnbau diskutiert wurde. Für jeden Workshop wurde ein schriftliches Protokoll angefertigt und ausgewertet (Mayring 2015). Relevante Aussagen wurden zu thematischen Unterkategorien zusammengefasst, welche anschließend Überkategorien zugeordnet wurden. Die Systematik der Überkategorien ergab sich durch das Forschungsdesign von lieBeKlima und den durchgeführten Workshops, wo technische, organisatorische, soziale, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte von integralen Systemen zwischen Begrünung, Wasser- und Energiemanagement bearbeitet wurden. Als relevant wurden Aussagen klassifiziert, sobald sie inhaltlich zu einem der folgenden Themen passen: Regen- und Grauwassernutzung, identifizierte Herausforderungen in Planung, Bau oder Betrieb oder Erfahrungswerte von Umsetzungsbeispielen mit Abwasserwiedernutzung.

Durch die Auswertung der Workshop-Protokolle wurden insgesamt 14 verschiedene Kategorien von Herausforderungen identifiziert (Tab. 2). Bei den technischen Aspekten zeigte sich zu Beginn, dass Unklarheit über die Relevanz von Trinkwassereinsparungen (T3) herrscht und damit die Notwendigkeit einer Wiedernutzung von Abwasser infrage gestellt wird. Gerade vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus der Studie „Wasserschatz Österreichs“ (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus 2021) wird allerdings deutlich, dass Einsparung von und Nutzungskonflikte um Trinkwasser in Zukunft durchaus relevant werden können. Des Weiteren gibt es grundlegende Unklarheiten über die Funktionsweise der Wiedernutzung von Regen- und gereinigtem Grauwasser, wobei sich diese vor allem betreffend der Wiedernutzung von Grauwasser gezeigt haben (T1, T2). Ein großer Aspekt hierbei ist die Sicherstellung der Wasserqualität, dies vor allem bei der Nutzung auf öffentlichem Grund (wie zum Beispiel die Versickerung von Dachabwässern oder gereinigtem Grauwasser in Straßenbäumen). Diese Qualitätsbedenken haben sich auch bei der Integration von Wasserelementen zur Klimawandelanpassung im Freiraum gezeigt (T4). Generell wurde durch die Workshops deutlich, dass es Informationsbedarf bezüglich der Wasserwiedernutzung im Wohnbau und den damit verbundenen Potenzialen aber auch neuen Rahmenbedingungen gibt. Dieses fehlende Know-how wurde auch von Germann und Regelsberger (2021) als Barriere zur Transformation des aktuellen Abwassersystems in Richtung einer ressourcenorientierten Sanitärversorgung identifiziert. Betreffend der hygienischen Bedenken hat allerdings eine Studie von Poortvliet et al. (2018) gezeigt, dass die breite Öffentlichkeit gegenüber neuartigen Sanitärsystemen und der mit Wasserwiedernutzung erzielten Wasserqualität weniger skeptisch ist als häufig von Entscheidungsträger:innen erwartet.

Tab. 2 Identifizierte Herausforderung bei der Umsetzung von Abwasserwiedernutzung als Ergebnis der Workshops, inklusive beispielhafte Aussagen

Im Zuge der Workshops hat sich allerdings das Verhalten der Bewohner:innen doch als soziale Herausforderung herauskristallisiert (S1), da deren Verhalten und auch Akzeptanz häufig nicht den Erwartungen entsprechen. Dies betrifft vor allem neue Lösungen und damit verbundene Verhaltensregeln – wobei hier bedacht werden muss, dass die Workshop-Teilnehmer:innen deutlich mehr Erfahrungen mit Regenwasser als mit gereinigtem Grauwasser haben. Diese Herausforderung der notwendigen Verhaltensänderung wurde in der Literatur als potenzielles Hemmnis für die Akzeptanz von neuartigen Sanitärsystemen identifiziert (Poortvliet et al. 2018). Demnach sollte in der Planung unbedingt berücksichtigt werden, einerseits die Verhaltensänderungen so gering wie möglich zu halten und andererseits die Nutzer:innen in der Kommunikationsstrategie bewusst einzubinden.

Bei den organisatorischen Aspekten hat sich gezeigt, dass die Organisation vor allem durch die Beteiligung mehrerer Akteur:innen erschwert wird. Einerseits ist die Verteilung der liegenschaftsübergreifenden Infrastruktur (beispielsweise die Grauwasseranlage oder die Lage der Maßnahmen zum Regenwassermanagement) bei einem baufeldübergreifenden Projekt herausfordernder (O1). Andererseits wird die Zusammenarbeit und Kommunikation bei mehreren Akteur:innen komplexer, vor allem wenn externe Akteur:innen (zum Beispiel Stadtverwaltungsorgane oder Besitzer:innen benachbarter Grundstücke) eingebunden sind (O2). Die Qualitätssicherung der geplanten Wiedernutzung über die verschiedenen Projektphasen (Planung, Bau, Betrieb) wird ebenfalls als Herausforderung gesehen (O3). Hier wurden vor allem der Betrieb und mögliche Betreibermodelle angesprochen. Diese erhöhte Komplexität und die notwendige Zusammenarbeit verschiedener Fachplaner:innen wurde auch in der Literatur als potenzielle Barriere identifiziert (Germann und Regelsberger 2021).

Rechtliche Herausforderungen umfassen die Wiedernutzung von Regen- und gereinigtem Grauwasser und dessen Versickerung im Grünraum oder Speicherung in offenen Wasserflächen (R1, R2). Hier wurde vor allem die rechtliche Situation bezüglich einer Verschneidung von privatem und öffentlichem Raum diskutiert (Abwässer aus privaten Flächen werden auf öffentlichem Grund entwässert). Die Workshop-Teilnehmenden sehen weiters den rechtlichen Aspekt von liegenschaftsübergreifender Infrastruktur (gemeinsame Nutzung von Versickerungsflächen oder einer zentralen Grauwasserreinigungsanlage, Haftungsfragen etc.) als Herausforderung (R3).

Als wirtschaftliche Herausforderung wurde zunächst die Kostendeckelung im geförderten Wohnbau identifiziert (W1). Die finanziellen Möglichkeiten für Investitionen in innovative Lösungen sind hier stark eingeschränkt, da die Miete an die Investitionskosten geknüpft ist und es eine Deckelung der Miete im geförderten Wohnbau gibt (Stadt Wien o.J.). Weiters wurde die Wirtschaftlichkeit einer Grauwassernutzung stark in Frage gestellt (W2). Allerdings wurden auch Lösungen zum Regenwassermanagement als Herausforderung gesehen, beispielsweise in Hinblick auf potenziell teure Lösungen für salzhaltige Straßenabwässer und große Zisternen, um Niederschlagsschwankungen abzupuffern (W3). Auch Germann und Regelsberger (2021) haben diese ökonomische Barriere identifiziert und sehen zukünftig bei einer zusätzlichen Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien durchaus das Potenzial, dass diese Systeme konkurrenzfähig werden.

5 Neue Perspektiven

Urbane Wasserressourcen haben ein großes Potenzial, um durch eine Wiedernutzung zur Klimawandelanpassung und Schonung der Ressource Trinkwasser im urbanen Raum beizutragen. Basis dafür ist die Neuausrichtung des urbanen Wassermanagements hin zu einer nutzungsorientierten Verwendung der verfügbaren Wasserressourcen und damit der Deckung des Wasserbedarfs mit adäquater Wasserqualität. Unter der Prämisse einer nutzungsorientierten Verwendung wird daher für Wasserbedarf ohne Trinkwasseranforderungen, wie beispielsweise für Bewässerung oder WC-Spülung, Brauchwasser verwendet. Bereits heute werden Nutzungskonflikte im deutschsprachigen Raum beobachtet, wo es um die Frage geht, welcher Wasserbedarf mit Trinkwasser gedeckt wird (DPA/Welt 2019; Ludwig et al. 2021). Diesen potenziellen Nutzungskonflikten sollte bereits jetzt vorausgegriffen werden – vor allem in Ballungsräumen, deren Wasserbedarf teilweise bis größtenteils nicht mit Trinkwasserreserven aus Quellen auf dem eigenen Verwaltungsgebiet bezogen werden kann und der Transport über Wasserleitungen durch benachbarte Verwaltungsgebiete erfolgen muss.

5.1 Zwischen Vision und Wirklichkeit

Die Auswertung der Klimawandelanpassungsstrategien in Österreich verdeutlicht, dass ein Bewusstsein für das Potenzial einer kreislauforientierte Wassernutzung vorhanden ist – wenn auch stärker auf Bundes- als auf Landesebene (siehe Kap. 2). Obwohl es wichtig und hilfreich ist, dass eine Wasserwiedernutzung in den Strategien genannt wird, handelt es sich bei den Maßnahmen in den Strategien lediglich um Empfehlungen und keine verbindlichen Vorschriften (Lexer et al. 2020). Die Rückmeldungen aus der Praxis (siehe Kap. 4) spiegeln diese Unverbindlichkeit insofern wider, als dass immer noch große Herausforderungen bei der Umsetzung einer Wasserwiedernutzung im Wohnbau gesehen werden. Auch wenn mit den Zielen einer Wasserwiedernutzung und einem höheren Begrünungsanteil am Quartier im Großen und Ganzen übereingestimmt wird, wurden in den Workshops die Notwendigkeit und das Potenzial solcher Lösungen immer wieder hinterfragt. Vor allem der finanzielle Aspekt und die Finanzierung von Systemen zur Wasserwiedernutzung waren wiederholt Thema. Allerdings wurden die Betriebskosten für Trinkwasser von zentralen Versorgungsleitungen (business-as-usual-Szenario) in diesen Diskussionen nicht thematisiert. Zwischen der Vision in den Strategien zur Klimawandelanpassung und der praktischen Umsetzung steht das Potenzial von urbanen Wasserressourcen (Abb. 3). Die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Potenzialabschätzung aus Kap. 3 verdeutlichen, dass eine Wasserwiedernutzung einerseits für Brauchwasser gut geeignet ist und andererseits finanziell interessante Einsparungen erzielen kann.

Abb. 3
figure 3

Grafische Darstellung der Ergebnisse – Diskrepanz zwischen Vision (Rahmenbedingungen) und Wirklichkeit (Praxis)

5.2 Empfohlene Schritte

Um die Lücke zwischen der Vision in den Strategien zur Klimawandelanpassung und der praktischen Umsetzung zu schließen und den Weg hin zu einer nutzungsorientierten Verwendung urbaner Wasserressourcen zu ebnen, braucht es geeignete Werkzeuge und eine Anpassung der Rahmenbedingungen für zukünftige Umsetzungen. Folgende Schritte haben sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit herauskristallisiert und können zu einer Zielerreichung beitragen:

  • Technische Aspekte: mittels Qualitätssicherung von Planung, Bau bis Betrieb durch die Definition von Qualitätskriterien (und Kennzahlen), die während Planung, Bau und Betrieb überprüfbar sind. Beteiligte Akteure sollten frühzeitig eingebunden und der Betrieb vorausschauend betrachtet werden. Ein Betreiber für alle Gewerke (beispielsweise Begrünung und Wasser) erleichtert zudem einen sicheren und effizienten Betrieb. Weiters tragen Datenmanagement und ein gezielter Aufbau von Datenbanken (beispielsweise unter Verwendung der Building-Information-Modelling-Methode, kurz BIM) für die Berechnung von Kennzahlen dazu bei, Betrieb, Wartung und Instandhaltung der Anlagen zur Wasserwiedernutzung zu erleichtern und deren Funktionen langfristig sicherstellen. Dazu müssen bereits in der Planungsphase die notwendigen Daten für bestimmte Kennzahlen identifiziert und geeignete Messstellen vorgesehen werden. Weiters erleichtern Datenbanken in Zukunft die Berichtslegung von relevanten Kennzahlen nach der EU-Taxonomie-Verordnung 2020/852 (2020) (Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie o.J.; Lengauer 2022).

  • Soziale Aspekte: Durch einen gezielten Wissensaufbau und frühzeitige Kommunikation an und mit Entscheidungsträger:innen und involvierten Akteur:innen (Planer:innen, Betreiber:innen, Bevölkerung etc.) kann die Wissensbasis zu Systemen der Wasserwiedernutzung und deren Potenzialen vergrößert werden (Lexer et al. 2020; Prutsch et al. 2010). Hier ist vor allem wichtig zu kommunizieren, dass Klimawandelanpassung durch Begrünungsmaßnahmen nicht getrennt von einer kreislauforientierten Wasserversorgung betrachtet werden kann, um ausreichend Bewässerungswasser bereitzustellen.

  • Organisatorische Aspekte: Durch Kollaboration und Governance kann die Zusammenarbeit und Kommunikation von beteiligten Akteur:innen verbessert, die Transparenz bei Entscheidungsfindung erhöht und kooperative Lösungen zwischen privatem und öffentlichem Raum gefunden werden. Dadurch kann der Transformationsprozess hin zu einer nutzungsorientierten Verwendung urbaner Wasserressourcen beschleunigt werden.

  • Rechtliche Aspekte: Eine Anpassung aktueller Rechtsrahmen kann die Umsetzung von nachhaltigen Maßnahmen zur Klimawandelanpassung deutlich beschleunigen. Hier ist vor allem die Änderung der „Österreichischen Strategie zur Klimawandelanpassung“ von Handlungsempfehlungen hin zu einer verbindlichen Strategie zu nennen.

  • Wirtschaftliche Aspekte: Durch eine Quantifizierung und Lebenszykluskostenanalyse können verfügbare Brauchwassermengen aus urbanen Wasserressourcen abgeschätzt werden und als Basis für die Berechnung der Kosten und Nutzen der Anlagen herangezogen werden sowie der komparative Kostenvorteil im Vergleich zu business-as-usual-Szenarien berechnet werden (Lexer et al. 2020; Prutsch et al. 2010; sowie Kap. 3). Weiters sollten niedrige Betriebskosten als Zielwert für den Wohnungsbau etabliert werden. Das Einsparungspotenzial der Wasserwiedernutzung kann dazu beitragen, die Betriebskosten für die Mieter oder Eigentümer zu senken. Allerdings werden aktuell bei Bauprojekten vorrangig niedrige Investitionskosten als Zielwert betrachtet. Im geförderten Wohnbau ist dies weiters durch die an Investitionskosten gebundene Deckelung der Mietbeträge erschwert (Stadt Wien o.J.). Durch eine Anpassung der Rahmenbedingungen für den geförderten Wohnbau kann der Fokus hin zu mieterfreundlichen und günstigen Betriebskosten gelenkt werden. Weiters können Betreibermodelle für die Infrastruktur der Wasserwiedernutzung als Teil der Lösung angedacht werden, um langfristig niedrige Betriebskosten zu erzielen und die Lebenszykluskosten zu senken (Lay 2003).

6 Schlussfolgerung

Der Klimawandel stellt urbane Räume vor neue Herausforderungen: Hitzeperioden und Trockenheit werden in Zukunft vermehrt auftreten. Die nutzungsorientierte Verwendung von urbanen Wasserressourcen als Brauchwasser kann einen wertvollen Beitrag zur Klimawandelanpassung leisten bei gleichzeitiger Schonung von Trinkwasserressourcen, beispielsweise durch die Nutzung als Bewässerungswasser für grüne Infrastruktur.

Das große quantitative und qualitative Potenzial urbaner Wasserressourcen erlaubt die Anwendung als Brauchwasser und ermöglicht das Einsparen von wertvollem Trinkwasser beispielsweise bei der Bewässerung oder der WC-Spülung. Durch eine Wiedernutzung lassen sich Trink- und Abwassergebühren einsparen, wodurch eine Wiedernutzung über den Lebenszyklus der Anlage finanzielle Vorteile bieten kann. Gerade im urbanen Raum kann eine nutzungsorientierte Verwendung nicht nur auf Quartiersebene, sondern auch auf Stadtebene im Sinne eines Ressourceninventars gedacht werden (Baganz et al. 2020). Neben Wasserressourcen, die in oder an Gebäuden und Straßen anfallen (Regen- und Grauwasser), können (falls verfügbar) auch Bachwasser oder Drainagewasser als Brauchwasser verwendet werden (Ludwig et al. 2021). Am Beispiel von Wien können die Wienerwaldbäche genannt werden, welche aktuell in die Mischwasserkanalisation eingeleitet werden, wodurch jährlich etwa 4,7 Mio. m3 sauberes Bachwasser in der Kläranlage „gereinigt“ werden (MA 22 2003).

Die Wasserwiedernutzung wird in den österreichischen Strategien zur Klimawandelanpassung – und damit der Vision hin zu einem zukunftsfitten Österreich – durchaus anerkannt. Gerade in der Bundesstrategie wird auch eine Brauchwasserversorgung thematisiert und in die Maßnahmenliste aufgenommen. Allerdings hat sich gezeigt, dass eine Wasserwiedernutzung in den Strategien der Bundesländer nur geringfügig Berücksichtigung findet. Die rechtliche Unverbindlichkeit der Strategien stellt dabei eine Herausforderung für eine zielgerichtete Umsetzung dar.

In der Praxis werden allerdings noch einige Herausforderungen gesehen, die eine nutzungsorientierte Verwendung urbaner Wasserressourcen erschweren. Technische, soziale, organisatorische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte, wie beispielsweise fehlendes Fachwissen über die Systeme, hohe Investitionskosten oder eine hohe Komplexität der Systeme, wurden als Barrieren identifiziert.

Um diese Lücke zwischen der Vision in den Klimawandelanpassungsstrategien und den Herausforderungen in der Praxis zu schließen, kann man sich gezielt einiger bereits bestehender Werkzeuge (siehe Abschn. 5.2) vermehrt bedienen. Weiters trägt eine Anpassung der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen dazu bei, die Wasserwiedernutzung für Brauchwasserzwecke in Österreich voranzutreiben. Dadurch wird bereits heute potenziellen Nutzungskonflikten um die Ressource Trinkwasser vorausgegriffen und der Grundstein für eine vorausschauende Klimawandelanpassung unter Berücksichtigung einer nutzungsorientierten Verwendung urbaner Wasserressourcen gelegt.