1 Einleitung

Kunststoffe und Kunststoffabfälle und die damit verbundenen Umweltprobleme (z. B. Marine littering) sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Basierend darauf lässt sich auch erklären, warum die Europäische Kommission versucht, die Kreislaufwirtschaft im Allgemeinen und eine verantwortungsvolle Benützung und ordnungsgemäße Abfallwirtschaft von Kunststoffen im Speziellen als wesentliche Bestandteile einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Wirtschaft zu verankern (EC 2018, 2015). Konkret wurden dazu neue Recyclingziele für die Verpackungsabfälle insgesamt sowie für die verschiedenen Verpackungsmaterialien verabschiedet. Im Vergleich zu den Zielvorgaben der anderen Materialien, fällt die Steigerung bei den Kunststoffverpackungen hoch aus. So steigt die geforderte Recyclingquote von derzeit 22,5 % auf 50 % bis 2025 und 55 % bis 2030 (EPC 2018). Für drei Verpackungsmaterialien (Eisenmetalle, Glas und Papier) sowie für Verpackungsabfälle allgemein wird das Ziel für 2025 in Österreich bereits jetzt erreicht (Eurostat 2019). Für Kunststoffverpackungen allerdings wird in den nächsten Jahren eine ambitionierte Steigerung der Recyclingquote um 16 Prozentpunkte von 34 % in 2016 (nach bisheriger Messmethode; Eurostat 2019; Van Eygen et al. 2018a) zu den erforderlichen 50 % bis 2025 notwendig sein, was die österreichische Abfallwirtschaft vor große Herausforderungen stellen wird, auch in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen in den letzten 15 Jahren kaum verändert hat (Eurostat 2019).

Um die geforderte Steigerung der Recyclingquote zu erreichen, ist jedenfalls ein Mix aus vielen verschiedenen Maßnahmen innerhalb der gesamten Abfallwirtschaft erforderlich. Da die Europäische Kommission aufgrund einer nachhaltigeren Bewirtschaftung von Kunststoffabfällen eine Senkung der Treibhausgasemissionen und Verringerung der Abhängigkeit von importierten fossilen Rohstoffen erwartet (EC 2018), ist es allerdings auch wichtig zu beurteilen, was die gesamtabfallwirtschaftlichen ökologischen Auswirkungen dieser Maßnahmen sind, aber auch, was die ökonomischen Effekte sind.

Das Ziel der gegenständlichen Studie ist es, Maßnahmen zur Erreichung der Recyclingziele für Kunststoffverpackungsabfällen zu entwickeln, deren Einfluss auf die erreichte Recyclingquote abzuschätzen sowie die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen zu untersuchen. Als Berechnungspunkt für die Zielerreichung wird das Jahr 2025 gewählt, in dem eine Recyclingquote von 50 % gefordert wird.

2 Material und Methoden

2.1 Kosten-Nutzen-Analyse

Um die Nutzen einer Erhöhung der Recyclingquote für Kunststoffverpackungsabfälle zu beschreiben, wurden drei Indikatoren gewählt. Erstens wurde die Gesamtmenge an Rezyklaten, die aus Kunststoffverpackungen produziert werden, herangezogen. Diese Menge kann in Relation gesetzt werden zum Konsum von Kunststoffverpackungen bzw. von Kunststoffen allgemein, um den Beitrag zur Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen zu quantifizieren. Zweitens wurden die Treibhausgasemissionen bzw. -gutschriften, die in der gesamten Abfallwirtschaft aufgrund der Behandlung von Kunststoffverpackungsabfällen produziert werden, ökobilanziell berechnet. Drittens wurden die Ergebnisse der Ökobilanz verwendet, um die Menge an fossilen Ressourcen, die verwendet bzw. eingespart werden, zu quantifizieren.

Diesen Nutzen (mehr Rezyklat, geringere Treibhausgasemissionen und geringerer Verbrauch an fossilen Ressourcen) wurden die Mehrkosten gegenübergestellt, die aufgrund der höheren Recyclingquote und der dazu notwendigen Maßnahmen verursacht werden. In dieser Analyse wurde der Fokus auf die Veränderungen in der Kostenstruktur des Abfallwirtschaftssystems aufgrund der ermittelten Maßnahmen gelegt, d. h. die Prozesse, die nicht von den Veränderungen beeinflusst werden, wurden in den Berechnungen nicht inkludiert, ebenso wie Kosten für Nebenaktivitäten wie beispielsweise Kommunikation, Abfallvermeidung und Prävention von Littering. Die Prozesse, die berücksichtigt wurden, sind getrennte Sammlung, Sortierung, Restmüllsortierung und Müllverbrennung. Die Kosten für die stoffliche Verwertung sowie die thermische Verwertung in der Zementindustrie wurden über Erlöse und Kosten der Sortierung bzw. der Sortieroutputs berücksichtigt.

2.2 Kunststoffverpackungsabfälle in Österreich

Die Datengrundlage für die durchgeführten Kosten-Nutzen-Betrachtungen eines verstärkten Kunststoffverpackungsrecyclings bildet eine von Van Eygen et al. (2018a) durchgeführte Studie zu den Stoffströmen von Kunststoffverpackungen in der österreichischen Abfallwirtschaft, die für das Jahr 2013 gemacht wurde. Im Rahmen dieser Arbeit wurden sämtliche Kunststoffverpackungsflüsse erfasst, wobei – was die Abfallzusammensetzung betrifft – nach sieben Produktgruppen (PET-Flaschen, kleine sowie große Hohlkörper, kleine sowie große Folien, EPS groß und sonstige) und nach acht Polymeren (LDPE, LLDPE, HDPE, PP, PS, EPS, PET und PVC) unterschieden wurde. Daraus ging hervor, dass in Österreich jährlich rund 300.000 t an Kunststoffverpackungen konsumiert und folglich zu Abfall werden. Diese Abfälle bestehen ungefähr zur Hälfte aus großen und kleinen Folien, während PET-Flaschen rund 15 %, sonstige kleine Hohlkörper rund 17 % sowie große Hohlkörper rund 6 % der Gesamtmenge ausmachen (Van Eygen et al. 2018a). Im Rahmen dieser Studie wurde ebenfalls erhoben, welche Mengen an den unterschiedlichen Kunststoffverpackungen getrennt gesammelt bzw. über den Restmüll, Gewerbemüll und Sperrmüll erfasst werden. Zusätzlich wurde analysiert, welche Kunststoffmenge nach einer Sortierung einem stofflichen Recycling zugeführt wird, welche Menge als Ersatzbrennstoff in die Zementindustrie gelangt und welche Menge in Müllverbrennungsanlagen thermisch verwertet wird (siehe Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Kunststoffverpackungsabfälle in der österreichischen Abfallwirtschaft. (Adaptiert aus Van Eygen et al. 2018a)

Weitere Analysen zeigen, dass in den letzten beiden Jahrzehnten das Abfallaufkommen an Kunststoffverpackungen stetig gewachsen ist, wie in Abb. 2 ersichtlich wird. Diese Grafik zeigt eine lineare Steigerung der Abfallmengen in den letzten 20 Jahren, von rund 180.000 t im Jahr 1997, mit einer jährlichen Steigerungsrate von rund 2 %. Wenn dieser Trend weitergeführt wird, ist bis 2025 ein Aufkommen an Kunststoffverpackungsabfällen von rund 360.000 t pro Jahr zu erwarten, was einer Steigerung von rund 20 % im Vergleich mit 2016 entspricht. Obwohl Ziele und Maßnahmen formuliert wurden um dieses Aufkommen in den nächsten Jahren zu senken, sind diese noch nicht konkret ausformuliert, was das Ausmaß und den Erfolg dieses Ziels derzeit noch relativ unsicher macht. Dementsprechend wurde in der nachfolgenden Modellierung von einer Weiterführung des Trends und einer Abfallmenge von 360.000 t pro Jahr ausgegangen. Auch was die Zusammensetzung betrifft, wurde davon ausgegangen, dass sich diese im Vergleich zur derzeitigen Situation nicht wesentlich verändern wird.

Abb. 2
figure 2

Entwicklung der Kunststoffverpackungsabfallmengen 1997 bis 2016 (Daten aus Eurostat 2019) und Trend bis 2025

In Abb. 3 werden die aktuellen Quoten für getrennte Sammlung und Recycling dargestellt, unterteilt nach Produktgruppe. Die Recyclingquote, gemessen am Input der Recyclinganlage, liegt derzeit bei rund 34 %, während die getrennte Sammelquote bei 58 % liegt. Vor allem für EPS groß (77 %), kleine und große Folien (75 % bzw. 64 %) und PET-Flaschen (Getränke und Nichtgetränke; 65 %) sind die getrennte Sammlungsquoten bereits jetzt relativ hoch, während die getrennte Sammlung von kleinen und großen Hohlkörpern (45 % bzw. 43 %) noch ein großes Verbesserungspotenzial aufweist. Die Effizienz in der Sortierung ist vor allem hoch für PET-Flaschen, große Hohlkörper, große Folien und EPS groß. Die Kombination aus getrennten Sammelquoten und hohen Sortiertiefen sorgt dafür, dass derzeit vor allem für PET-Flaschen (54 %), große Folien (55 %), sowie EPS groß (68 %) eine hohe Recyclingquote erreicht wird. Für diese Kunststoffverpackungen wird bereits aktuell das Recyclingziel von 2025 erfüllt, während für die anderen Produkten große Steigerungen notwendig sind (Van Eygen et al. 2018a).

Abb. 3
figure 3

Quoten für die getrennte Sammlung und das Recycling, aufgeteilt nach Produktgruppe (Daten aus Van Eygen et al. 2018a). Die x‑Achse zeigt die Menge der Abfälle für jede der Produktgruppen für das Jahr 2025. Die hell- und dunkelblauen Flächen in Summe stellen für jede Produktgruppe die Menge dar, die getrennt gesammelt wird, während die dunkelblauen Flächen die Menge zeigen, die recycelt wird. Die schwarze horizontale Linie gibt die Recyclingquote für die gesamte Abfallmenge wieder

Für die Erhöhung der Recyclingquote gibt es dementsprechend Verbesserungspotenzial in zwei Bereichen. Erstens ist die getrennte Sammlung von Hohlkörpern sowie sonstigen Kunststoffverpackungen derzeit unterdurchschnittlich, während zweitens die niedrigere Sortiertiefe für kleine und auch sonstige Produkte für große Verluste sorgt.

3 Ergebnisse

3.1 Maßnahmen für die Zielerreichung

Um das Recycling von Kunststoffverpackungsabfällen voranzutreiben und die Recyclingquote in Richtung der geforderten 50 % zu steigern, wurden im Konkreten vier Maßnahmen festgelegt. Die Effizienzen der unterschiedlichen Prozessschritte, die geändert wurden, um die Maßnahmen zu bilden, werden in Tab. 1 dargestellt. Diese wurden, in Absprache mit ExpertInnen, ambitioniert aber nichtsdestotrotz realistisch angesetzt. Die Effekte, die die Maßnahmen auf die erreichte Recyclingquote haben, werden in Abb. 4 gezeigt. Die im Folgenden im Detail beschriebenen Maßnahmen wurden aufeinander aufbauend betrachtet, d. h., Maßnahme 2 setzt die Implementierung von Maßnahme 1 voraus, während Maßnahme 3 auf der Umsetzung der Maßnahmen 1 und 2 aufbaut usw.

Tab. 1 Effizienzen für die getrennte Sammlung, Sortierung und Restmüllsortierung der vier vorgeschlagenen Maßnahmen
Abb. 4
figure 4

Kumulierte Effekte der Implementierung der vier Maßnahmen auf die Recyclingquoten: Maßnahme 1: rot; Maßnahme 2: gelb; Maßnahme 3: grün; Maßnahme 4: braun

Maßnahme 1 (M1) befasst sich mit der Verbesserung der Sortiertiefe, indem alle Kunststoffsortieranlagen in Österreich auf den Stand der Technik gebracht werden. Das hat zur Folge, dass die mittlere Sortiertiefe von 58 auf 65 % steigt, vor allem mit großen Fortschritten für kleine Hohlkörper, neben kleineren Steigerungen für PET-Flaschen, große Hohlkörper und kleine Folien. Diese Zunahme von 7 Prozentpunkten bei der Sortiertiefe sorgt dafür, dass rund 13.000 t Kunststoffabfälle zusätzlich ins Recycling gehen, was eine Steigerung der Recyclingquote von 4 Prozentpunkten auf 38 % bedeutet.

In Maßnahme 2 (M2) wird die getrennte Sammlung aus Haushalten verbessert. Vor allem bei den Hohlkörpern besteht hier erhebliches Verbesserungspotenzial, während auch für die getrennte Sammlung von PET-Flaschen eine Steigerung zu erwarten ist, unter anderem aufgrund der Vorgaben aus der „single-use plastics“-Richtlinie (EPC 2019). Im Schnitt steigert sich durch M2 die getrennte Sammelquote von 58 auf 65 %, was eine zusätzlich gesammelte Menge an Kunststoffverpackungsabfälle von rund 26.000 t zur Folge hat. Gemeinsam mit den Sortiertiefen aus Maßnahme 1 bedeutet das eine Steigerung der recycelten Mengen von rund 20.000 t, oder eine Erhöhung der Recyclingquote um weitere 6 Prozentpunkte auf 43 %.

Die getrennte Sammlung von Gewerbeabfällen wird in Maßnahme 3 (M3) gesteigert, konkret vor allem bei den großen Hohlkörpern und großen Folien. Die getrennte Sammelquote (insgesamt) steigert sich dementsprechend weiter bis 69 %, was dazu führt, dass 13.000 t Kunststoffverpackungsabfälle zusätzlich getrennt gesammelt und in Folge 10.000 t zusätzlich recycelt werden. Diese Maßnahme steigert die Recyclingquote um weitere 3 Prozentpunkte auf 46 %.

Bei Maßnahme 4 (M4) schließlich wird für die Erfassung der Kunststoffverpackungsabfälle, die sich weiterhin im Restmüll befinden, in den Städten mit über 100.000 Einwohnern (Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt) eine automatisierte Restmüllsortierung eingeführt. Nach der Implementierung der Maßnahmen 1 bis 3 befinden sich noch geschätzte 36.000 t Kunststoffverpackungen im Restmüll dieser Städte, die mit der in Tab. 1 angeführten Effizienz aussortiert werden können. In einem nachfolgenden Schritt werden diese Abfälle noch nachsortiert, wobei hier die Sortiertiefe höher ist als nach der getrennten Sammlung, und mit 90 % angesetzt wurde. Diese Maßnahme erhöht die Menge, die ins Recycling geht, um weitere 13.000 t jährlich, was die Recyclingquote schlussendlich auf die geforderten 50 % bringt.

Die durchgeführte Analyse zeigt, dass es bei der derzeitigen Zusammensetzung der Kunststoffverpackungsabfälle und mit weiteren Effizienzsteigerungen innerhalb des derzeitigen Abfallwirtschaftssystems realistisch ist, dass das Recyclingziel von 2025 erreicht wird. Aus Abb. 4 ist klar, dass für zwei Produktgruppen, die bereits jetzt das Recyclingziel schaffen (PET-Flaschen und große Folien), noch weitere Steigerungen der Recyclingquote notwendig sein werden, um die niedrigeren Quoten für Produktgruppen wie kleine Folien und sonstige Kunststoffverpackungen zu kompensieren, die aufgrund ihrer Form und Vielfalt schwieriger getrennt zu erfassen und sortieren sind. Außerdem wird für Hohlkörper eine Recyclingquote erreicht, die in etwa jener für PET-Flaschen (derzeit) entspricht.

3.2 Bezugspunkt für die Berechnung der Recyclingquote

Die oben beschriebene Analyse wurde unter der Annahme gemacht, dass der Bezugspunkt für die Berechnung der Recyclingquote beim Input der Recyclinganlage liegt, d. h. die Menge, die nach der Sortierung ins Recycling gebracht wird. Dieser Berechnungspunkt wurde bis jetzt in Österreich für die Meldung der Recyclingquoten verwendet, was einer im internationalen Vergleich konservativen Auslegung entspricht. Vor der letzten Novellierung der Verpackungsrichtlinie (EPC 2018) wurde die Implementierung von den Recyclingvorgaben in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten nicht harmonisiert durchgeführt, was zu unterschiedlichen Berechnungspunkten geführt hat (Tsiarta et al. 2015). Um die Vergleichbarkeit der Angaben von den verschiedenen Ländern zu gewährleisten, wurde in der letzten Novellierung eine genaue, verschärfte Definition für den Berechnungspunkt festgelegt: „Nach Polymeren getrennte Kunststoffe, die vor dem Einbringen in einen Pelletier‑, Extrusions- oder Formvorgang keiner weiteren Verarbeitung unterzogen werden; Kunststoffflakes, die vor ihrer Verwendung in einem Enderzeugnis keiner weiteren Verarbeitung unterzogen werden.“ (EC 2019). Im Wesentlichen bedeutet das, dass der Berechnungspunkt jetzt bzw. zukünftig zum Output der Recyclinganlage verlegt wurde, d. h. die Menge an Rezyklaten, die produziert wird. Die Verluste innerhalb der Recyclinganlage müssen dementsprechend mitberücksichtigt werden, was zu einer deutlichen Zielverschärfung führt.

Wird dieser neue Berechnungspunkt in der Analyse der Zielerreichung berücksichtig, so sinkt die erreichte Recyclingquote nach Implementierung der vier Maßnahmen von 50 % auf lediglich 39 %, siehe Abb. 5. Weitergehende Maßnahmen, auch außerhalb der Abfallwirtschaft, sind dementsprechend zwingend erforderlich um das „neue“ Recyclingziel zu erreichen. Dazu zählen Ökodesign, beispielsweise das Limitieren der Komplexität von Verpackungen, oder der Einsatz von chemischen Markern, die die Sortierung erleichtern könnten. Andererseits könnten auch neue Recyclingtechnologien wie chemisches Recycling untersucht bzw. herangezogen werden, um Abfallmengen die derzeit schwierig mit den herkömmlichen mechanischen Recyclingverfahren verwertet werden können, doch einer stofflichen Verwertung zuführen zu können.

Abb. 5
figure 5

Unterschiede in der Recyclingquote aufgrund verschiedener Berechnungspunkte

Da diese weiteren Maßnahmen noch relativ unsicher sind, was die genaue Gestaltung und Umsetzung im großen Maßstab betrifft, wurden für die weitere Analyse der ökologischen und ökonomischen Effekte die vier Maßnahmen, wie oben definiert, verwendet, wissentlich, dass damit das geforderte Recyclingziel von 50 % (bezogen auf den Output der Recyclinganlage) nicht erreichbar ist.

3.3 Ökologische Nutzen

3.3.1 Rezyklatproduktion

2013 wurden in Österreich rund 78.000 t Rezyklate aus Kunststoffverpackungsabfällen hergestellt, was im Vergleich zum Gesamtkonsum von Kunststoffen von rund 1,3 Mio. t pro Jahr (Van Eygen et al. 2017), einem theoretischen Rezyklatanteil aus Verpackungen von rund 6 % entspricht. Auch ohne Maßnahmen würde diese Menge, wenn man von den steigenden Abfallmengen aus Abb. 2 und gleichbleibender Effizienz in der getrennten Sammlung und Sortierung ausgeht, bis 2025 auf rund 94.000 t steigen. Durch die Einführung der vier Maßnahmen könnte die Rezyklatproduktion auf 139.000 t gesteigert werden, was einer Erhöhung um 46.000 t (+49 %) entspricht. Unter der Annahme, dass sich der Gesamtkonsum von Kunststoffen ähnlich entwickelt wie der von Kunststoffverpackungen, würden die Maßnahmen den Rezyklatanteil von 6 auf 9 % heben können. Um eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu erreichen, muss dementsprechend, neben dem derzeitigen starken Fokus auf Verpackungen, auch in anderen Sektoren das Recycling forciert werden, um entsprechende Rezyklatmengen zur Verfügung stellen zu können.

3.3.2 Emissionen und Einsparungen von Treibhausgasen

Als Basis für die ökologische Bewertung wurde eine Vorgängerstudie verwendet, in der ein umfassendes Ökobilanz-Modell für das Abfallwirtschaftssystem von Kunststoffverpackungen in Österreich aufgebaut wurde (Van Eygen et al. 2018b). In diesem Modell wurden einerseits für alle Prozesse in der Abfallwirtschaft die Emissionen von Treibhausgasen quantifiziert. Andererseits wurden auch die Einsparungen von Primärkunststoffen und Energie, die aufgrund der stofflichen bzw. thermischen Verwertung entstehen, bestimmt, was zu einer Senkung der Netto-Emissionen führt. Um die steigenden Aufwendungen für Energie und Hilfsstoffen bei steigender getrennter Sammlung und Sortiertiefe aufgrund der Maßnahmen darzustellen, wurden diese Daten in Bezug zum Output gesetzt, d. h. beispielsweise, je höher die Sortiertiefe wird, desto höher wird der Stromverbrauch pro Tonne Abfallinput.

Die normalisierten Ergebnisse dazu werden in Abb. 6 dargestellt. Balken in die positive Richtung bedeuten hier zusätzliche Treibhausgasemissionen, während Balken in die negative Richtung Gutschriften bzw. Einsparungen darstellen. In der Situation ohne Maßnahmen werden die Gutschriften vor allem von der stofflichen Verwertung erreicht, während auch die thermische Verwertung in der Zementindustrie einen Beitrag dazu liefert (primär aufgrund der Tatsache, dass in der Zementindustrie durch den Einsatz von Kunststoffen Kohle substituiert wird, welche höhere spezifische CO2-Emissionen aufweist). Die thermische Verwertung in der Müllverbrennung andererseits sorgt netto für zusätzliche Emissionen, die ähnlich groß sind wie die Emissionen verursacht durch Transport und mechanische Aufbereitung. Netto werden unter der Annahme der aktuellen Bewirtschaftung mehr Emissionen eingespart als zusätzlich ausgestoßen werden, mit einem Netto-Ergebnis von −220.000 t CO2-eq, wenn die Mengen für 2025 behandelt werden, was den positiven Beitrag der österreichischen Abfallwirtschaft zu den gesamtgesellschaftlichen Emissionen belegt.

Abb. 6
figure 6

Relative Entwicklung der Ergebnisse für die Treibhausgasemissionen (t CO2-eq) sowie den Verbrauch von fossilen Ressourcen (t Öl-eq). Normalisiert: „Ohne Maßnahmen“ (Fortschreitung des Status quo) = −1

Der Effekt von Maßnahme 1, in der die Sortierung verbessert wird, auf die Treibhausgasemissionen ist relativ gering, mit lediglich 9000 t CO2-eq zusätzlichen Emissionseinsparungen. Einerseits wird die Menge, die in die stoffliche Verwertung geht, erhöht, was die Gutschriften aus diesem Prozess auch steigert. Andererseits sinkt dadurch auch die entsprechende Menge, die thermisch verwertet wird, was die Gutschriften in der Zementindustrie wiederum senkt.

Maßnahmen 2 und 3 sorgen dafür, dass weniger Kunststoffverpackungsabfälle im Restmüll landen, der in Müllverbrennungsanlagen thermisch verwertet wird. Daher steigen nach Implementierung der Maßnahmen 2 und 3 die Gutschriften sowohl in der stofflichen Verwertung als auch in der Zementindustrie (mehr getrennte Sammlung führt zu höherem Input in Sortieranlagen und damit zwangsläufig auch zu höherem Sortierrest, der üblicherweise in der Zementindustrie verwertet wird), während die Emissionen aus der Müllverbrennung sinken. Das Netto-Ergebnis verbessert sich daher um weitere 37.000 t CO2-eq (M2) bzw. 11.000 t CO2-eq (M3) auf −280.000 t CO2-eq. Auch Maßnahme 4 hat einen ähnlichen Effekt, was das Netto-Ergebnis nach Implementierung aller Maßnahmen auf −300.000 t CO2-eq erhöht.

Die Implementierung der vier Maßnahmen führt dementsprechend zu 80.000 t CO2-eq an zusätzlichen Emissionseinsparungen (+36 % gegenüber einer Fortschreibung des Status quo), was rund 0,1 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Österreich (80.000.000 t CO2-eq in 2016) entspricht (Anderl et al. 2018).

3.3.3 Verbrauch und Einsparungen von fossilen Ressourcen

Das derzeitige Abfallwirtschaftssystem für Kunststoffverpackungsabfälle sorgt für Einsparungen von fossilen Ressourcen, rund 450.000 t Öl-eq, wenn die für 2025 prognostizierten Mengen behandelt werden. Das wird neben der stofflichen Verwertung, hauptsächlich aufgrund der thermischen Verwertung in der Müllverbrennung und Zementindustrie geschafft (siehe Abb. 6). Eine Umlenkung von Kunststoffen weg von der thermischen Verwertung hin zur stofflichen Verwertung führt demzufolge zwar zu weiteren Einsparungen von fossilen Ressourcen durch die stoffliche Verwertung, gleichzeitig sinken dadurch allerdings auch die bisher erzielten Einsparungen aus der thermischen Verwertung. Insgesamt führt die Implementierung der vier Maßnahmen dementsprechend zu keinen großen Einsparungssteigerungen. In Summe beträgt das Netto-Ergebnis für die vier Maßnahmen 460.000 t Öl-eq, die eingespart werden, was lediglich 11.000 t Öl-eq (+2 %) über dem Netto-Ergebnis ohne die vier Maßnahmen liegt. Diese zusätzlichen Einsparungen sind außerdem insignifikant (<0,5 ‰) im Vergleich zum jährlichen Konsum von fossilen Ressourcen in Österreich von 23.000.000 t Öl-eq (2017, BMNT 2018).

3.4 Kostenentwicklungen

Für die Analyse der Entwicklung der Kosten bei der Implementierung der vier Maßnahmen wurden die Prozesskosten für die getrennte Sammlung, Sortierung, Restmüllsortierung und Müllverbrennung berücksichtigt, während die Zementindustrie und die stoffliche Verwertung in den Kosten und Erlöse der Sortierung inkludiert wurden. Die aktuellen spezifischen Kosten und Erlöse für die Behandlung von den Abfällen in den einzelnen Prozessen waren verfügbar und für die Entwicklung dieser Kosten und Erlöse bei steigenden Abfallmengen in der getrennten Sammlung und Sortierung konnte auf ExpertInneneinschätzungen zurückgegriffen werden (Allesch et al. 2015)Footnote 1.

Die Ergebnisse dieser Kostenentwicklung sind in Abb. 7 dargestellt. Da die Analyse den Fokus auf die Veränderung der Kosten legte und nicht auf die absoluten Kosten an sich, werden diese Ergebnisse auch nur relativ im Vergleich zur Situation ohne Maßnahmen gezeigt. Die Maßnahmen 2 und 3 sorgen für steigende spezifischen Kosten (pro gesammelter Tonne) in der getrennten Sammlung, was durch die steigenden Mengen, die erfasst und transportiert werden müssen, noch verstärkt wird. Insgesamt steigen die Kosten für die getrennte Sammlung um 36 %. Die Kosten in der Sortierung steigen aufgrund aller Maßnahmen, aus zwei unterschiedlichen Gründen. Erstens sorgt Maßnahme 1 für höhere Sortiertiefen bei gleichbleibendem Input, und dementsprechend für höhere spezifische Kosten. Die Maßnahmen 2 bis 4 sorgen zweitens für höhere Inputmengen, was zu einer weiteren Kostensteigerung führt. Insgesamt werden die Sortierkosten nach Implementierung der vier Maßnahmen mehr als verdoppelt. Die Kosten der Restmüllsortierung werden erst durch Maßnahme 4 relevant, wobei diese relativ gering sind im Vergleich zu den anderen Prozessen aufgrund der relativ geringen Abfallmengen, die in diesem Prozess behandelt werden. Aufgrund der sinkenden Mengen an Kunststoffabfällen im Restmüll sinken schlussendlich auch die Kosten für die Abfallbehandlung in diesem Prozess, um rund 36 %.

Abb. 7
figure 7

Relative Entwicklung der Prozesskosten aufgrund der Implementierung der vier Maßnahmen

Insgesamt steigen die Gesamtkosten in der Abfallwirtschaft für die Behandlung von Kunststoffverpackungsabfällen um rund € 60 Mio., ohne Berücksichtigung von Nebenaktivitäten wie beispielsweise Kommunikation, Abfallvermeidung und Prävention von Littering.

3.5 Kosten-Nutzen-Analyse

Nach der Quantifizierung der Nutzen sowie der Abschätzung der zusätzlichen Kosten können diese beiden Aspekte in einer Kosten-Nutzen-Analyse mit einander verglichen werden. Den zusätzlichen Kosten von € 60 Mio. stehen ein zusätzlicher Output von 46.000 Tonnen Rezyklat und Einsparungen von 80.000 t CO2-eq sowie 11.000 t Öl-eq gegenüber. Die zusätzliche Rezyklatproduktion bedeutet eine Steigerung des Rezyklatangebots um knapp 50 %, was einen starken Preisverfall zur Folge haben könnte. Allerdings ist es auch zu erwarten, dass es beispielsweise aufgrund von Vorgaben über einen Mindestanteil an Rezyklat in bestimmten Produkten zu einer höheren Nachfrage kommen kann. Der Einfluss der vorgeschlagenen Maßnahmen auf den Rezyklatpreis ist dementsprechend schwierig einzuschätzen. Was Treibhausgasemissionen betrifft, kommt es zu spezifischen Vermeidungskosten von rund 770 € pro Tonne CO2-eq, was um Faktor 20 bis 50 über anderen Vermeidungsmaßnahmen (siehe z. B. Schwarz et al. 2013; Wächter 2013) und dem aktuellen CO2-Zertifikatspreis von rund € 25 pro Tonne CO2-eq (EEX 2019) liegt. Auch was die absolut eingesparten Emissionen betrifft, bedeuten die Maßnahmen mit 0,1 % der gesamtösterreichischen Treibhausgasemissionen keine signifikante Emissionsreduktion. Ähnlich ist es bei den fossilen Ressourcen, bei denen die zusätzlichen Einsparungen im Vergleich zum Gesamtverbrauch noch geringer sind, was die zusätzlichen Abfallwirtschaftskosten dementsprechend nicht rechtfertigen kann.

4 Schlussfolgerungen

Wenn sich der Trend der letzten beiden Jahrzehnte fortsetzt, ist bis 2025 ein Aufkommen an Kunststoffverpackungsabfällen von rund 360.000 t zu erwarten, was einer Steigerung von 20 % im Vergleich zu 2016 entspricht. Das EU-weite Recyclingziel fordert, dass bis 2025 50 %, d. h. 180.000 t, stofflich verwertet werden. Bei der bestehenden inputbezogenen Berechnung scheint es realistisch zu sein, dieses Ziel mittels weitere Effizienzsteigerungen innerhalb der Abfallwirtschaft erreichen zu können. Bei der neuen outputbezogenen Berechnung ist allerdings zu erwarten, dass neue Recyclingtechnologien und weitere Maßnahmen außerhalb der Abfallwirtschaft, wie beispielsweise ein verstärktes Ökodesign, notwendig sein werden.

Um das Recyclingziel (bei inputbezogener Berechnung) zu erreichen, wurden vier Maßnahmen vorgeschlagen, die die getrennte Sammlung und Sortierung verbessern sowie Restmüllsortierung (in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern) einführen. Obwohl diese Maßnahmen gegenüber einer Fortschreibung des Status quo um 36 % mehr Treibhausgasemissionen einsparen, sind diese, in Anbetracht der hohen Kosten, mit 0,1 % relativ bescheiden, gemessen an den gesamtgesellschaftlichen Treibhausgasemissionen in Österreich. Diese Tatsache gilt umso mehr für die Einsparungen von fossilen Ressourcen, für die im Vergleich zu den heutigen Bedingungen kaum wesentliche Reduktionen des Verbrauchs geschafft werden können. Das Potenzial, über eine Erhöhung der Recyclingquote von Kunststoffverpackungen wesentliche Reduktionen an Treibhausgasemissionen und fossilem Ressourcenverbrauch zu schaffen, scheint sehr begrenzt. Die positiven Effekte eines erhöhten Recyclings liegen dementsprechend hauptsächlich bei der gesteigerten Verfügbarkeit von Sekundärkunststoffen und einer möglichen Reduktion des zukünftigen Kunststoffkonsums aufgrund der höheren Kosten für die Abfallbehandlung von Kunststoffverpackungen.