1 Hintergrund

1.1 Co-Fermentation

Zur Steigerung der Energieeffizienz werden in Abwasserreinigungsanlagen (ARA) auf der einen Seite verschiedenste Maßnahmen zur Senkung des Eigenverbrauchs (z. B. Austausch veralteter Aggregate, Implementierung von Prozessleitsystemen) umgesetzt, andererseits wird auch die Energieproduktion optimiert. Hierzu hat sich in den vergangenen Jahren die Co-Vergärung von organischen Reststoffen als wesentlicher Faktor für die Verbesserung der Energieausbeute etabliert. Nowak und Ebner (2016) geben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die folgenden typischen Co-Substrate an:

  • Küchenabfälle und Speisereste aus der Gastronomie,

  • überlagerte Lebensmittel,

  • Inhalte von Fettabscheidern,

  • Reststoffe von Schlachtbetrieben, aus der Milchverarbeitung oder der Lebensmittelindustrie,

  • getrennt gesammelte Bioabfälle aus Haushalten (z. B. „Biotonne“),

  • Glycerin aus der Biodieselproduktion.

Der größte Vorteil der Co-Vergärung liegt darin, dass diese durch wenig zusätzlichen Aufwand in bestehenden Faultürmen implementiert werden kann, wodurch freie Faulraumkapazitäten genutzt werden (Bolzonella et al. 2006; Borowski 2015; Cavinato et al. 2013; Edelmann et al. 2000; Nowak und Ebner 2016). Dabei wird die Biogasgewinnung durch die Zugabe von Co-Substrat gesteigert, wobei die gewonnene Energie zur Deckung des Eigenbedarfs sowie zur Einspeisung ins Netz verwendet wird (Bischofsberger et al. 2005).

1.2 Störstoffe

Je nach Herkunft des Co-Substrates enthält dieses neben den gewollten organischen Anteilen auch Störstoffe. Diese bestehen, insbesondere bei den getrennt gesammelten Bioabfällen und Speiseresten, aus Knochen, Kernen, Glas, Metall oder Sand. Die Ursache ist zumeist in Fehlwürfen zu finden (Kranert et al. 2002; Kübler et al. 2004; Jank et al. 2016). Durch die Störstoffe entstehen Ablagerungen im Faulturm und erhöhter Verschleiß in Rohrleitungen bzw. Anlagenteilen. Dies wirkt sich negativ auf die Betriebskosten der ARA aus und erfordert eine Abtrennung der Störstoffe, bevor diese in den Faulturm gelangen (Mata-Alvarez et al. 2014; Jank et al. 2015; Rosenwinkel et al. 2015). Auf die Störstoffeigenschaften wirken sich neben der Art der Reststoffe hauptsächlich die vorgeschalteten Aufbereitungsschritte wie beispielsweise Hammermühlen oder Pressen aus (Hansen et al. 2007; Bernstad et al. 2013). Eine systematische Charakterisierung der Störstoffe wird dadurch erschwert, dass die jeweiligen Stoffströme tageszeitlichen und saisonalen Schwankungen unterliegen (Jank et al. 2016).

1.3 Störstoffabtrennung mittels Hydrozyklon

Für die Entfernung der Störstoffe im großtechnischen Maßstab sind die gängigsten Apparate der mechanischen Fest-Flüssig-Trennung, wie beispielsweise Filter oder Zentrifugen, wenig geeignet. Eine vielversprechende Lösung hierfür ist der Einsatz eines Hydrozyklons. Der Vorteil dieses Apparates liegt primär in der einfachen Bauweise, wodurch große Robustheit und lange Standzeiten gegeben sind (Luckert 2004). Wissenschaftliche Untersuchungen zum Abscheideverhalten in Hydrozyklonen reichen zurück bis ca. Mitte des vorigen Jahrhunderts. Einige prägende Personen in diesem Bereich sind Kelsall (1952), Trawinski (1958), Bradley und Pulling (1959), Rietema (1961) oder Svarovsky und Thew (1992). Für die Vorhersage der Trennleistung von Hydrozyklonen wurden verschiedene Modelle und empirisch ermittelte Gleichungen entwickelt. Werden die anhand dieser Gleichungen berechneten Werte mit jenen aus Experimenten verglichen, so kann zusammenfassend festgehalten werden, dass jedes der Näherungsmodelle nur für einen ganz bestimmten Einsatzbereich Gültigkeit aufweist. Folglich sind empirische Versuche begleitend zur theoretischen Auslegung von Hydrozyklonen zu empfehlen (Chen et al. 2000; Kraipech et al. 2006). Für den gegebenen Anwendungsfall im Bereich Co-Vergärung ist dies umso mehr gültig, da das rheologische Verhalten der Fermentationsschlämme sowie der organischen Reststoffe deutliche Unterschiede gegenüber den im Hydrozyklon-Bereich primär untersuchten Wasser-Sand-Systemen aufweist (Baudez et al. 2011).

2 Zielsetzung und Methodik

Im vorliegenden Beitrag werden die einzelnen Schritte zur Ermittlung der Einflussgrößen für die Auslegung eines Trennapparates für einen ausgewählten Modellfall beschrieben.

2.1 Anlagenkonzept und Modellfall

Zur Auslegung eines geeigneten Trennapparates (in diesem Fall eines Hydrozyklons) sind zuerst die vorliegenden Stoffströme zu erfassen und die zugeführte Suspension zu beschreiben, bevor mit der eigentlichen Auslegung begonnen werden kann. Folgende Faktoren erschweren eine systematische Herangehensweise an die Fragestellung:

  • Es liegen nur eingeschränkte Informationen hinsichtlich der Störstoffeigenschaften vor.

  • Die Stoffströme in der ARA sowie jener des Co-Substrates unterliegen tageszeitlichen und saisonalen Schwankungen.

Die ARA Zirl (Abwasserverband Zirl und Umgebung), welche für eine Kapazität von 61.500 Einwohnergleichwerten ausgelegt ist, wird als Modellfall ausgewählt. Im Jahr 2013 wurde an der ARA Zirl ein Hydrozyklon in die Umwälzleitung des Faulturms installiert, welcher Störstoffe aus einer Mischung von Faulschlamm und getrennt gesammelten häuslichen und gewerblichen Bioabfällen abtrennt (Eisendle et al. 2014). Eine direkte Abtrennung der Störstoffe aus dem Co-Substrat wäre aufgrund der großen Viskosität nicht möglich. Aus diesem Grund erfolgt vor dem Hydrozyklon die Verdünnung mittels Faulschlamm aus der Umwälzleitung, siehe Abb. 1. Mit diesem Anlagenkonzept und der gewählten Zyklongeometrie können 70–80 % aller Störstoffpartikel größer als 2 mm abgeschieden werden (Jank et al. 2017).

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung des Anlagenkonzeptes in der ARA Zirl

Angesichts der üblichen Trennleistung von Hydrozyklonen bis in Trennkorngrößenbereiche von wenigen Mikrometern (Schubert 2002) liegt der Schluss nahe, dass das Optimum des eingesetzten Hydrozyklons hinsichtlich Geometrie und Betriebsweise noch nicht erreicht ist. Seitens der Anlagenbetreiber wird als Erfahrungswert angenommen, dass in den Perioden der Zugabe von Co-Substrat ein Mischungsverhältnis von 10 % Co-Substrat mit 90 % Faulschlamm in der Umwälzleitung vorliegt. Für diese Mischung liegt die Viskosität in einem Wertebereich, in welchem eine Partikelabscheidung im Hydrozyklon möglich erscheint.

Bezüglich des Durchflusses im Hydrozyklon wirkt sich die installierte Umwälzpumpe limitierend aus, welche bei der nachträglichen Installation des Hydrozyklons nicht durch eine stärkere Pumpe ersetzt und eigentlich für den Betrieb ohne den Hydrozyklon ausgelegt wurde (Eisendle et al. 2014). Abb. 2 zeigt ein vereinfachtes Fließbild mit jenen Informationen (Korngrößenverteilungen, Konzentrationen), welche zur zielführenden Auslegung eines Abscheiders über die jeweiligen Stoffströme vorliegen sollten.

Abb. 2
figure 2

Vereinfachtes Übersichtsbild mit den vorliegenden Stoffströmen

Der Volumenstrom des Faulschlammes wird mittels eines magnetisch-induktiven Durchflusssensors ermittelt, ebenso der Volumenstrom des Co-Substrats. Zu den Korngrößenverteilungen und Konzentrationen der Störstoffe liegen einige wenige Werte vor, welche gemäß Jank et al. (2016) ermittelt wurden, siehe Tab. 1.

Tab. 1 Richtwerte Störstoffeigenschaften ARA Zirl

Ebenso liegen seitens der Anlagenbetreiber Richtwerte für die Gesamtkorngrößenverteilung der Störstoffe im Faulschlamm sowie im Co-Substrat vor, jedoch ohne Zuordnung zu den jeweiligen Materialien Glas/Sand bzw. Metall (siehe Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Richtwerte Korngrößenverteilung der Störstoffe in Faulschlamm und Co-Substrat

Der Vergleich von Tab. 1 und Abb. 3 mit Abb. 2 zeigt, dass nur ein Bruchteil der für die umfassende Beschreibung des vorliegenden Systems notwendigen Informationen vorhanden ist. Die daraus folgenden Annahmen und Vereinfachungen werden in den Abschn. 2.2 und 2.3 erläutert.

2.2 Störstoffe

Die Bilanzierung von Gewichtskraft, Widerstandskraft und Auftriebskraft in einem stationären Sedimentationsprozess von Partikeln im Schwerefeld ist in Gl. (1) gezeigt:

$$\mathit{F}_{\mathit{G}}=\mathit{F}_{\mathit{W}}+\mathit{F}_{\mathit{A}}\left (\text{in }\mathrm{N}\right )$$
(1)

Daraus abgeleitet ergibt sich nach Gl. (2) die allgemeine Sedimentationsgeschwindigkeit (Stieß 2008):

$$v=\sqrt{\frac{4}{3}\cdot \frac{\mathit{d}_{\mathit{p}}\cdot z}{\mathit{c}_{\mathit{W}}\left (Re\right )}\cdot \left (\frac{\mathit{\rho }_{\mathit{p}}}{\mathit{\rho }_{\mathit{f}}}-1\right )}\left (\text{in }\, \frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}}\right )$$
(2)

Die Störstofffraktionen Glas und Sand werden zu einem gemeinsamen Material Glas/Sand (GS) zusammengefasst. Diese Vereinfachung wird damit gerechtfertigt, dass die wichtigsten Parameter zur Bestimmung der Sedimentationsgeschwindigkeit im Zentrifugalfeld gemäß Gl. (2) der Partikeldurchmesser sowie die Dichtedifferenz zwischen Partikel und Fluid sind. Der Aufbereitungsprozess für das Co-Substrat umfasst u. a. eine Zerkleinerung mittels einer Hammermühle. Ob es sich beim zu zerkleinernden Gut um Glas oder Stein handelt, wirkt sich hinsichtlich des Zerkleinerungsergebnisses kaum aus (Gil und Arauzo 2014).

Als weitere Vereinfachung wird angenommen, dass es sich beim Material der Störstoffe um Aluminium handelt. Die Dichte von Aluminium beträgt 2710 kg/m3, während jene von Stahl im Bereich von 7700 kg/m3 liegt. Somit ist ein Störstoffpartikel aus Aluminium für die Auslegung des Trennapparates der ungünstigere Fall gegenüber eines Stahlpartikels, welches gemäß Gl. (2) leichter abgeschieden wird. Zur Berücksichtigung des für den Abscheideprozess „ungünstigen“ Falles wird die Partikelgröße aus Abb. 3 mit dem Faktor 0,75 skaliert.

Existieren von einer Schüttung keine Informationen für die gesamte Korngrößenverteilung, so können mittels Standardverteilungen aus den (wenigen) bekannten Informationen Verteilungssummen genähert werden (Stieß 2008). Die gängigsten Standardverteilungen sind:

  • Potenzverteilung (nach Gates, Gaudin und Schuhmann; DIN 66143)

  • Logarithmische Normalverteilung (DIN 66144)

  • RRSB-Verteilung (nach Rosin, Rammler, Sperling und Bennet; DIN 66145)

Für alle drei Verteilungsfunktionen wird eine Eignungsanalyse durchgeführt.

2.3 Viskosität

Für die Auslegung des Partikelabscheiders ist die Viskosität des Mediums eine wesentliche Einflussgröße, vgl. Gl. (2). Je größer die Viskosität ist, desto geringer ist die radiale Sedimentationsgeschwindigkeit der Partikel im Abscheideraum und umso schlechter ist somit auch der Abscheidegrad (Kawatra et al. 1996). Da Faulschlämme kein Newtonsches Fließverhalten aufweisen, kann auch kein Zahlenwert für die Viskosität angegeben werden (Slatter 1997, Seyssiecq et al. 2003). Ebenso ist die Reproduzierbarkeit von rheologischen Untersuchungen oftmals wenig zufriedenstellend. Moshage (2004) berichtet beispielsweise von Abweichungen um den Faktor 28 bei Schlämmen mit gleichem Feststoffgehalt. Darüber hinaus ist sich die Literatur hinsichtlich des zu verwendenden Messsystems uneinig. Moshage (2004) empfiehlt z. B. ein konzentrisches Zylindermesssystem zur Analyse der Viskosität. Dies bedingt jedoch eine Siebung des Schlammes vor Beginn der Messung, wodurch eine Veränderung der Zusammensetzung und folglich der Viskosität gegeben ist. Insgesamt sind rheologische Daten für Faulschlämme aus der Literatur nur schwer vergleichbar, da kein standardisiertes Messprotokoll und keine einheitliche Handhabung der Proben vorgegeben ist (Eshtiaghi et al. 2013). Eine Alternative zum Zylindermesssystem, bei welchem keine Vorbehandlung der Probe notwendig ist, stellt ein Rührer-Viskosimeter dar (Reviol 2010). Wie in Abb. 4 ersichtlich, sind Feststoffpartikel bis zu einer bestimmten Größe aufgrund des Spaltes zwischen Probenbehälter und Rührer keine Ursache für mechanische Beschädigungen des Messsystems. Da jedoch bei diesem Messsystem die Scherrate nicht aus den Geometrieparametern berechnet werden kann, ist eine Angabe der Viskosität in mPas nicht möglich. Aus diesem Grund wird beim Rührer-Messsystem üblicherweise das eingetragene Moment bestimmt und je nach Anwendungsfall mit Referenzmessungen verglichen (Mezger 2010).

Abb. 4
figure 4

Rührer-Messsystem für den Vergleich des rheologischen Verhaltens von Schlämmen

Die Probennahme und Probenteilung stellt neben der Wahl eines geeigneten Messsystems eine weitere Herausforderung bei den rheologischen Untersuchungen dar. Insbesondere die tageszeitlichen und saisonalen Schwankungen in den Stoffströmen an den Abwasserreinigungsanlagen bedingen eine angepasste Anzahl an Wiederholungen für die Messungen. Für die Untersuchung des Modellfalls ARA Zirl werden über einen Zeitraum von 2 Monaten 10 Proben des Faulschlammes und des Co-Substrates genommen. Untersucht wird jeweils eine Mischung aus 10 % Co-Substrat und 90 % Faulschlamm. Um Einflüsse aufgrund der Probenteilung zu vermeiden, wird jede dieser Proben wiederum 10 Mal vermessen. Schließlich liegt eine Referenzprobe vor, welche mittels des Verlaufes des eingebrachten Drehmoments beschrieben werden kann. Zur Herstellung einer Modellsubstanz mit ähnlichem rheologischen Verhalten werden verschiedene Rheologieadditive hinsichtlich ihrer Eignung untersucht.

2.4 Versuchsanlage

Die selektive Abscheidung der Störstoffe erfordert eine maßgeschneiderte Auslegung des Trennapparates. Hierfür sind zusätzlich zu den theoretischen Überlegungen empirische Trennversuche notwendig. Die Durchführung dieser Versuche direkt an der ARA ist schwierig, da die Zugänglichkeit zu den Stoffströmen mitunter eingeschränkt ist und eine große Ausfallsicherheit im ARA-Betrieb gefordert ist. Aus diesem Grund wird eine Versuchsanlage zur reproduzierbaren Durchführung von Experimenten entwickelt. Eine wesentliche Anforderung an die Versuchsanlage ist, dass alle Betriebsparameter definiert und überwacht werden können. Zur Bilanzierung des Hydrozyklons müssen die Partikelmassen im Zulauf sowie jene im Unterlauf (abgetrennt) und Oberlauf (nicht abgetrennt) bekannt sein. In der Literatur üblicherweise eingesetzte Versuchsanlagenkonzepte (Braun 1989; Neesse et al. 2015) beruhen auf der Bestimmung der Konzentration im Ober- und Unterlauf anhand von Online-Dichtemessungen oder Teilprobennahmen. Beide Varianten weisen Einschränkungen hinsichtlich der Flexibilität (Kalibrierung) oder der Reproduzierbarkeit (Messbereich, Empfindlichkeit gegenüber Feststoffpulsation) auf. Die im vorliegenden Beitrag gezeigte gravimetrische Bestimmung des Abscheidegrads mittels Oberlauf- und Unterlauffilter führt zu Ergebnissen mit geringer Schwankungsbreite.

3 Ergebnisse

3.1 Störstoffe

Für die Eignungsanalyse bezüglich der Standardverteilungen werden die bekannten Korngrößen aus Abb. 3 in jedes Netz der in Abschn. 2.2 angeführten Verteilungsfunktionen eingetragen. Jene Standardverteilung wird als geeignet für die Beschreibung der Korngrößenverteilung angesehen, bei welcher die eingetragenen Punkte bestmöglich auf einer Geraden liegen. Für den Modellfall ARA Zirl erweist sich die RRSB-Verteilung als geeignet. Mittels der Funktion gemäß Gl. (3) kann somit die Korngrößenverteilung bestimmt werden (Stieß 2008):

$$Q\left (\mathit{d}_{\mathit{p}}\right )=1-\mathit{e}^{-\left (\frac{\mathit{d}_{\mathit{p}}}{\mathit{d}'}\right )^{\mathit{n}}}$$
(3)

Abb. 5 zeigt die mit dem Faktor 0,75 skalierten Korngrößen aus Abb. 3 im Vergleich mit den Verteilungsfunktionen. Für die RRSB-Verteilung der Störstoffe im Co-Substrat gelten folgende Parameter:

  • \(\mathit{d}'=1,8\, \text{mm}\)

  • \(n=0,82\)

Abb. 5
figure 5

RRSB-Verteilung für die skalierten Gesamt-Störstoffe im Co-Substrat (links) und im Faulschlamm (rechts)

Die Störstoffe im Faulschlamm können gemäß Gl. (3) und folgenden Parametern beschrieben werden:

  • \(\mathit{d}'=0,9\, \text{mm}\)

  • \(n=1,07\)

Die Störstoffkonzentrationen in Abhängigkeit von den jeweiligen Materialien sind in Tab. 1 angegeben. Zusätzlich erfolgt eine Zuordnung zu den Stoffströmen Co-Substrat und Faulschlamm. Unter der Annahme, dass die Verteilungsbreite innerhalb eines Stoffstromes sowohl für Glas/Sand als auch Metall gleich ist, kann bei bekanntem \(\mathit{d}_{50}\) aus Tab. 1 für jede Störstofffraktion und jeden Stoffstrom eine entsprechende Korngrößenverteilung angegeben werden. Das Ergebnis ist in Abb. 6 dargestellt.

Abb. 6
figure 6

Korngrößenverteilungen mit Zuordnung zu Material und Stoffstrom

Ist es möglich, einen funktionierenden Zentrifugalabscheider für die Störstoffe Glas/Sand im Faulschlamm zu entwickeln, so wird dieser auch die größeren Partikel aus den anderen Materialien bzw. Stoffströmen abscheiden. Für Laborversuche zur Optimierung des Partikelabscheiders müssen folglich Labor-Störstoffe ausgewählt werden, welche die Eigenschaften der Fraktion Glas/Sand im Faulschlamm aufweisen. Sind neben der Partikelgröße noch Faktoren wie Verschleißminimierung und minimales Aufquellen des Materials zu berücksichtigen, so eignen sich Marmorpartikel besonders zur Abbildung der Störstoffe im Labor. Diese sind in den Partikelgrößenbereichen gemäß Tab. 2 erhältlich.

Tab. 2 Partikelgrößenbereiche und Artikelbezeichnungen für die Versuchspartikel

Durch Mischung der Partikel im entsprechenden Massenverhältnis kann die Korngrößenverteilung aus Abb. 6 reproduzierbar für Laborversuche hergestellt werden.

3.2 Viskosität

Das Ergebnis der Eignungsanalyse für die Rheologieadditive ist in Tab. 3 ersichtlich.

Tab. 3 Eignungsanalyse Rheologieadditive

Für alle angeführten Rheologieadditive wurden Messungen in verschiedenen Mischungsverhältnissen mit Wasser durchgeführt. Abb. 7 zeigt den Verlauf des Drehmoments der Referenzprobe sowie jenes der Modellflüssigkeit Wasser/Glycerin im Massenverhältnis von 1:1. Die Messung erfolgte mittels des Rotationsviskosimeters RheolabQC der Firma Anton Paar.

Abb. 7
figure 7

Rheologisches Verhalten der Referenzprobe (ARA Zirl) und Nachbildung mittels Wasser/Glycerin (die Fehlerbalken geben jeweils den gemessenen Minimal- und Maximalwert an)

Für Gemische aus Wasser und Glycerin sind, in Abhängigkeit vom Massenverhältnis, Viskositätswerte bekannt. Für das Gemisch aus 50 % Glycerin und 50 % Wasser wird von Haynes (2015) eine Viskosität von 6 mPas angegeben, wobei eine Scherratenabhängigkeit nicht berücksichtigt wird. Bei diesem Wert bleibt jedoch die Empfehlung von Mezger (2010) unberücksichtigt, beim Rührermesssystem nur das eingetragene Moment anzugeben. Eine allgemein gültige rheologische Charakterisierung von Fermentationsschlämmen ist folglich nicht möglich, weshalb je nach verwendetem Messsystem zu untersuchen ist, ob dieses für die jeweilige Fragestellung geeignet ist (Eshtiaghi et al. 2013). Zur Evaluierung, ob die im Rührer-Messsystem auftretenden Scherraten in einem ähnlichen Bereich liegen wie jene im Hydrozyklon, wird eine Referenzlinie gemäß Abb. 8 betrachtet. Diese liegt bei der angestrebten Bauform des Hydrozyklons im Zentrum des Einlaufes und wird mit dem mittleren Durchmesser \(\mathit{d}_{\mathit{m}}\) bezeichnet. Die Referenzlinie des Rührer-Messsystems liegt auf halber Spaltweite zwischen den Rührerblättern und der Innenwand des Probenbehälters (bezeichnet als \(\mathit{d}_{\mathit{R},\mathit{m}}\)).

Abb. 8
figure 8

Referenzlinie Hydrozyklon (links) und Rührer (rechts) zum Vergleich der auftretenden Zentrifugalbeschleunigung

Für die Zentrifugalbeschleunigung gilt:

$$z=\frac{2\cdot \mathit{u}^{2}}{d}\left (\text{in }\, \frac{\mathrm{m}}{\mathit{s}^{2}}\right )$$
(4)

mit:

$$u=n\cdot d\cdot \pi \left (\text{in }\, \frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}}\right )$$
(5)

Die Geometrieparameter sind in Tab. 4 ersichtlich. Sie basieren für den Hydrozyklon auf einer Grobauslegung gemäß Rietema (1961) und für den Rührer auf den Systemen ST24 und CC39 der Firma Anton Paar.

Tab. 4 Geometrieparameter des Labor-Hydrozyklons und Rührers

Die Unter- und Obergrenze der Rührerdrehzahl aus Abb. 7 wird zur Bestimmung der auf der Referenzlinie vorherrschenden Zentrifugalbeschleunigung verwendet. Unter der Auslegungsbedingung, dass auf der Referenzlinie des Hydrozyklons die gleiche Zentrifugalbeschleunigung herrscht wie auf der Referenzlinie des Rührers, kann die entsprechende Geschwindigkeit im Zyklon berechnet werden (siehe Tab. 5).

Tab. 5 Vergleich von Zentrifugalbeschleunigungen und Geschwindigkeiten

Der berechnete Wertebereich der Umfangsgeschwindigkeit \(u\) auf der Referenzlinie des Hydrozyklons entspricht typischen Werten bei der praktischen Anwendung des Abscheiders. Auf Basis der getätigten Annahmen und Berechnungen erscheint das ermittelte rheologische Verhalten geeignet, um die im Zyklon vorherrschenden Sedimentationsvorgänge zu beschreiben.

3.3 Versuchsanlage

Abb. 9 zeigt den Aufbau der Versuchsanlage. Die Zirkulationspumpe MP1 führt die Modellflüssigkeit dem Hydrozyklon zu. Vor dem Hydrozyklon erfolgt die Aufgabe der Feststoffe durch die Partikeldosierung NC1. Für die Regelung des Einlaufvolumenstroms wird das Signal des Durchflusssensors FIC1 verwendet. Die Drucksensoren PI1 und PI2 bestimmen den Druckverlust und somit den Energiebedarf für den Betrieb des Hydrozyklons. Der Unterlaufvolumenstrom ist frei einstellbar und wird mittels des Durchflusssensors FIC2 und der Unterlaufpumpe MP2 geregelt. Die Temperaturmessung TI1 dient dazu, Temperaturänderungen und somit eine Änderung der Viskosität auszuschließen.

Abb. 9
figure 9

Schematischer Aufbau der Hydrozyklon-Versuchsanlage

Die Bestimmung der abgetrennten und nicht abgetrennten Partikelmasse erfolgt gravimetrisch durch Trocknung und Wiegen des Oberlauf- sowie Unterlauffilters nach jedem Versuch. Die Versuchsanlage zur Abbildung des Modellfalls ARA Zirl wird anhand der in Tab. 6 beschriebenen Parameter ausgelegt.

Tab. 6 Auslegungsgrundlagen für die Versuchsanlage

Im Folgenden wird beispielhaft ein Ergebnis gezeigt, welches an der Versuchsanlage generiert wurde. Untersucht wird der Einfluss des Unterlaufvolumenstromes auf den Abscheidegrad des Labor-Hydrozyklons mit den in Abb. 10 ersichtlichen Geometrieparametern.

Abb. 10
figure 10

Geometrieparameter Labor-Hydrozyklon

Weitere Versuchsparameter sind in Tab. 7 gelistet.

Tab. 7 Versuchsparameter Unterlaufuntersuchung

Die Bestimmung des Abscheidegrads erfolgt gemäß Gl. (6) aus der Partikelmasse im Ober- und Unterlauffilter:

$$\eta =\frac{\mathit{m}_{\mathit{G}}}{\mathit{m}_{\mathit{G}}+\mathit{m}_{\mathit{F}}}$$
(6)

Die Abhängigkeit des Abscheidegrads vom Unterlaufvolumenstrom ist in Abb. 11 dargestellt. Ein erhöhter Unterlaufvolumenstrom hat eine bessere Abscheidung zur Folge. Dies resultiert daraus, dass bei mehr Unterlauf eine bessere Geschwindigkeitsfortpflanzung im Abscheideraum stattfindet und dadurch die Sedimentation der Partikel im Zentrifugalfeld beschleunigt wird.

Abb. 11
figure 11

Ergebnis Unterlaufuntersuchung (die Fehlerbalken geben die Standardabweichung der Messwerte an)

Vertiefende Abscheideversuche mit der Variation von Geometrie- und Betriebsparametern sowie Strömungsmessungen mittels Particle Image Velocimetry (PIV) zur Validierung von numerischen Simulationen sind Inhalt der gegenwärtigen Versuche, welche voraussichtlich Anfang 2018 abgeschlossen werden.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Neben den vielen Vorteilen (z. B. gesteigerte Energieausbeute), die bei der Co-Vergärung von organischen Reststoffen an Abwasserreinigungsanlagen entstehen, stellt die ungewollte Einbringung von Störstoffen in den Faulturm ein wesentliches Problem für die Anlagenbetreiber dar. Eine mögliche Abhilfe für dieses Problem soll die Installation eines Hydrozyklons in die Umwälzleitung des Faulturmes bringen. Im vorliegenden Beitrag wurde gezeigt, wie aus einem beschränkten Datensatz zur Beschreibung der Ausgangssituation im Co-Vergärungsprozess auf nachvollziehbare Art und Weise eine Abbildung des Problems für Laborversuche erfolgen kann. Die Laborversuche sollen schließlich die Basis für eine optimierte Auslegung eines Partikelabscheiders darstellen. Informationslücken hinsichtlich der Partikelgrößenverteilungen wurden mittels Standardverteilungen und der Annahme eines „ungünstigen“ Falles überbrückt. Bei der Bestimmung des rheologischen Verhaltens des Schlammes erweist sich ein Rührer-Messsystem als geeignete Methodik, um die Viskosität mit Hilfe von Rheologieadditiven nachzubilden. An einer eigens entwickelten Versuchsanlage werden die Optimierungen am Hydrozyklon durchgeführt. Die ersten Ergebnisse am Laborzyklon zeigen, dass dem Unterlaufvolumenstrom eine wesentliche Bedeutung für die Höhe des erzielbaren Abscheidegrads zufällt. Für die praktische Anwendung bedeutet dies, dass hinsichtlich der weiteren Behandlung des anfallenden (partikelreichen) Unterlaufes vertiefende Überlegungen (z. B. nachgeschalteter Abscheider, Rückführung des Unterlaufes in den Prozess) notwendig sind. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Stoffströme in der ARA hinsichtlich ihrer Zusammensetzung tageszeitlichen und saisonalen Schwankungen unterliegen. Dies ist eine weitere Herausforderung beim Versuch, die komplexen Zustände in der ARA-Praxis im Labor abzubilden. Dieser Umstand wurde berücksichtigt, indem über einen Zeitraum von zwei Monaten an 10 verschiedenen Tagen Proben genommen wurden und jede dieser Proben 10-mal vermessen wurde. Somit liegen hinter jedem der in Abb. 7 dargestellten Punkte 100 Messungen.

Die Optimierungen des Labor-Hydrozyklons werden anhand von Feldversuchen an der ARA Zirl überprüft. Hierzu wird ein optimierter Hydrozyklon in die Umwälzleitung integriert und nach erfolgreicher Inbetriebnahme bezüglich Abscheidegrad und Energiebedarf evaluiert.