1 Einleitung und Hintergrund

Die Uferfiltration gilt als naturnahes Verfahren zur Wassergewinnung aus dem oberflächenwassernahen Grundwasserbegleitstrom, dabei wird durch die Absenkung des Grundwasserspiegels im Einzugsbereich von Oberflächengewässern mittels Brunnenanlagen die Infiltration von Oberflächenwasser in den Aquifer verstärkt. Die Gewinnung von Trinkwasser aus Uferfiltrat-Standorten stellt für die europäische Wasserversorgung ein wesentliches Standbein dar, so werden nach Hiscock und Grischek (2002) in Ungarn 45 %, in der Slowakei 50 % und in Deutschland 16 % der Gesamtversorgung aus Uferfiltrat-Ressourcen gewonnen.

Alterungsprozesse führen dazu, dass die Leistungsfähigkeit von Brunnenanlagen zurückgehen kann. Sie können unterschiedliche Ursachen wie z. B. Verockerung, Korrosion oder Partikelinduzierte Alterung haben. Die Konsequenzen reichen von einem erhöhten Energiebedarf zur Förderung der benötigten Wassermenge bis zu einem Totalausfall der Anlage.

Houben und Treskatis (2003) halten fest, dass in einem frühen Stadium der Brunnenalterung einerseits die Erfolgschancen von Regenerationsmaßnahmen höher und andererseits auch die Kosten geringer sind. Als wesentliche Grundlage für die Entscheidung, wann Regerationsmaßnahmen durchzuführen sind, empfehlen sie eine systematische Auswertung des Brunnenmonitorings.

Die Leistungsfähigkeit eines Brunnens/Brunnenfelds ist bei bestimmten Absenkungen in den Brunnen wesentlich von zwei Systemgrößen abhängig:

  • Der Wasserandrang gibt den Volumenstrom an, der einem Brunnen aus dem Aquifer zuströmt. Er ist wesentlich von der Absenkung im Brunnen und dem nutzbaren (Uferfiltrat‑)Dargebot abhängig. Das nutzbare Dargebot wird vom Oberflächengewässer und seinem Grundwasserbegleitstrom zu Verfügung gestellt und meint die bei den vorherrschenden Randbedingungen maximal aus diesem Gebiet abschöpfbare Wassermenge. Im Allgemeinen ist es wesentlich von der Hydrogeologie, dem Einzugsgebiet und der Wasserbilanz abhängig und somit saisonalen Schwankungen unterworfen. Im Spezialfall der Uferfiltration wird das nutzbare Dargebot von der Durchlässigkeit der Flusssohle und damit durch die Kolmation beeinflusst.

  • Das technische Fassungsvermögen eines Brunnens beschreibt die technische Brunnenleistung bei stationären hydraulischen Randbedingungen und ist vom Ausbau des Brunnens, dem Zustand der Filterrohre und des Filterkörpers, den geophysikalischen Eigenschaften des Grundwasserleiters sowie den zu berücksichtigenden Randbedingungen abhängig.

Abb. 1 zeigt einen detaillierten Überblick der Einflussgrößen und Wechselwirkungen. Es ist erkennbar, dass sowohl das technische Fassungsvermögen wie auch der Wasserandrang mittel- oder unmittelbar durch saisonale Änderungen in den Grundgrößen beeinflusst werden. Des Weiteren wirken die Entnahmen aus dem Brunnen selbst sowie auch die Entnahmen aus benachbarten Brunnen auf Wasserandrang und Fassungsvermögen. Die Entnahmen aus den Brunnen (sowohl der aktuell betrachtete wie auch etwaige benachbarte Brunnen, orange hinterlegt) können gesteuert werden. Die Dimensionierung der Brunnen (grün) bleibt konstant. Die saisonalen Einflüsse und das Gesamtpotenzial entlang der Fließstrecke (rot) zeigen für gewöhnlich relativ konstante Jahresgänge.

Abb. 1
figure 1

Hydrologische Wechselwirkungen und Einflussfaktoren bei Uferfiltratstandorten

2 Zielsetzung

Bei einer Veränderung der Gesamtleistungsfähigkeit von Brunnenanlagen ist es von wesentlicher Bedeutung, jenen Teilbereich des Gesamtsystems Uferfiltration zu identifizieren, der den Leistungsrückgang verursacht, und welche Maßnahmen darauf aufbauend gesetzt werden müssen.

Die unterschiedlichen Einflussgrößen nach Abb. 1 können bezüglich ihrer Abhängigkeit in drei Gruppen zusammengefasst werden:

  • Einflussgrößen mit saisonalen Schwankungen (rot, z. B. Temperatur, Flusspegel),

  • steuerbare Einflussgrößen (orange, z. B. Entnahmeraten) und

  • konstante Einflussgrößen (grün, Dimensionierung/Ausbau der Brunnenanlagen).

Um nun die Entwicklung der Leistungsfähigkeit entlang der Fließstrecke zu einem Brunnen zu beurteilen, ist es notwendig, für jeden Teilbereich einerseits eine Messgröße (Parameter) zu definieren, die den jeweiligen Effekt bestmöglich abbildet. Andererseits müssen Rahmenbedingungen für die Messung (Untersuchungsbedingungen) definiert werden, die eine Überlagerung des Parameters durch übergeordnete Einflüsse minimieren.

Die beiden Einflussgrößen, welche einem mittel- bis langfristigem Trend unterliegen können, sind die Kolmation (innere, äußere und Deckschichtkolmation) und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Brunnen selbst.

Im Folgenden soll einerseits die Definition der Messparameter der jeweiligen Teilkomponenten sowie das Vorgehen bei der Beurteilung der ermittelten Größen anhand eines Beispielbrunnenfelds dargestellt werden, für welches dichte langjährige Daten von Wasserständen und Entnahmeraten vorliegen.

Das Brunnenfeld des Untersuchungsgebiets liegt zwischen einem Fluss und einem Begleitgerinne und besteht aus acht Horizontalfilterbrunnen. Am gegenüberliegenden Flussufer befindet sich ein weiteres Brunnenfeld.

3 Messgrößen und Voraussetzungen für die Beurteilung

Im Folgenden werden Messgrößen identifiziert und Untersuchungsbedingungen angegeben, die es ermöglichen, die Entwicklung der Leistungsfähigkeit des Brunnenfeldes frei von den saisonalen Einflüssen bzw. dem Einfluss der Entnahmen darzustellen. Die Erklärung und Darstellung erfolgt jeweils anhand eines Beispielbrunnens.

3.1 Leistungsfähigkeit im Transekt zu jedem Brunnen

3.1.1 Spezifische Absenkung

Wie in Kap. 1 (Abb. 1) dargestellt, wird die Leistungsfähigkeit im Transekt zu jedem Brunnen vom Wasserandrang (Volumenstrom, welchen der Grundwasserleiter bei einer gewissen Absenkung an den Brunnen abgibt) und dem technischen Fassungsvermögen der Brunnen (Volumenstrom, den ein Brunnen bei bestimmten Randbedingungen aufnehmen kann) bestimmt. Beide Einflussgrößen sind nichtlineare Funktionen der Absenkung im Brunnen („s“) (Abb. 2). Diese ist definiert als die Differenz zwischen Ruhewasserspiegel (strichlierte Linie) und Wasserstand bei einem stationären Zustand mit einer bestimmten Entnahmerate (durchgezogene Linie).

Abb. 2
figure 2

Schnitt durch das Brunnenfeld und Darstellung der Absenkung s in einem Brunnen

Die spezifische Absenkung (sspez,Q) beschreibt das Verhältnis aus Absenkung (sBrunnen) und Entnahmerate (Q) entsprechend der folgenden Formel.

$$s_{spez,Q}=\frac{s_{Brunnen}}{Q} \quad Einheit\ldots \frac{m\cdot s}{l}$$

Anders ausgedrückt wird damit die durchschnittliche notwendige Absenkung je Volumenstrom angegeben. Dieser Parameter wird sowohl von Wasserandrang wie auch vom Fassungsvermögen beeinflusst und ist somit ein guter Indikator für die Gesamtleistungsfähigkeit eines Transekts. Der Parameter verhält sich invers zur Untersuchungsgröße. Eine höhere spezifische Absenkung drückt also eine geringere Leistungsfähigkeit in einem Transekt aus.

3.1.2 Zeitliche Entwicklung der spezifischen Absenkung

Der Zusammenhang zwischen Entnahmerate und Absenkung folgt jedoch einer nichtlinearen Funktion. Um vergleichbare Werte für die spezifische Absenkung zu erhalten, müssen diese einerseits bei ähnlichen Entnahmeraten wie auch bei ähnlichen Randbedingungen erfolgen.

Im beispielgebenden Untersuchungsgebiet wurden jährlich Pumpversuche mit sehr ähnlichen Entnahmeraten durchgeführt. Aus diesen langjährigen, historischen Pumpversuchsdaten (2002 bis 2014) wurden für jeden Brunnen nur jene Pumpzustände gewählt und zur Auswertung herangezogen, die im gesamten Beobachtungszeitraum am häufigsten aufgetreten sind.

Abb. 3 zeigt die langjährige Entwicklung der berechneten spezifischen Absenkung bei Regelbetrieb aller Brunnen am Beispielbrunnen. Mit Ausnahme des Abfallens der spezifischen Absenkung (also mit einer sprunghaften Erhöhung der Leistungsfähigkeit) nach einem Hochwasser großer Jährlichkeit (ca. HQ200) im Jahr 2013 ist kein signifikanter Trend auf Basis der Daten der letzten 10 Jahre erkennbar. Für die Berechnung der spezifischen Absenkung wurden jene Nullzustände berücksichtigt, bei denen die Brunnen des Brunnenfeldes nicht betrieben wurden und die Entnahmerate im benachbarten Brunnenfeld weniger als 20 % der Konsenswassermenge betrug.

Abb. 3
figure 3

Zeitreihe der spezifischen Absenkung im Beispielbrunnen von 2005 bis 2014

Die Darstellung aller bisherigen beobachteten spezifischen Absenkungen der einzelnen Brunnen in Abb. 4 (Beobachtungen einzelner Jahre wurden in der Abbildung übereinandergelegt) zeigt, dass im Frühjahr (geringere Wassertemperaturen) tendenziell höhere Werte auftreten als im Herbst. In der Abbildung sind zusätzlich das 10%-Quantil (blau), der Median (rot) und das 90%-Quantil (grün) eingezeichnet.

Abb. 4
figure 4

Jahresgang der spez. Absenkung für die einzelnen Brunnen im Zeitraum 2005 bis 2014

3.1.3 Untersuchungsbedingungen

Um den Einfluss der Randbedingungen so gering wie möglich zu halten und vergleichbare Werte zu erhalten, müssen einerseits die steuerbaren Einflussfaktoren gleich gehalten werden und andererseits der Bestimmungszeitpunkt so gewählt werden, dass in Bezug auf die nicht steuerbaren Einflussfaktoren ähnliche Bedingungen vorliegen.

Für die Beurteilung wird empfohlen, einen zweistufigen Pumpversuch durchzuführen. Die erste Stufe entspricht einem Nullzustand. Während der zweiten Stufe werden die Brunnen mit den Standardentnahmeraten beaufschlagt. Über den gesamten Durchführungszeitraum sollten vergleichbare hydrologische Bedingungen (keine Hochwassersituationen) vorherrschen.

3.2 Kolmation

3.2.1 Kolmationsgrad

Im Allgemeinen beschreibt der Kolmationsgrad nach Gutknecht et al. (1998) den Eintrittswiderstand in den Grundwasserkörper, also den Widerstand, welchen das Wasser im Zuge der Infiltration zu überwinden hat. Im Beispielbrunnenfeld wird der Kolmationsgrad als Quotient des Potenzialverlustes, der sich durch die Kolmatierung zwischen Fluss und der nächstgelegenen Grundwasser-Sonde manifestiert (hKol) und der Wasserspiegeldifferenz zwischen Fluss und Begleitgerinne (hgesamt) beschrieben, und wird entsprechend der folgenden Formel berechnet.

$$K_{D}=\frac{\Updelta h_{Kol}}{\Updelta h_{gesamt}}=\frac{H_{Fluss}-H_{GW,Ufersonde}}{H_{Fluss}-H_{Begleitgerinne}}$$

Abb. 5 zeigt einen Schnitt durch das Brunnenfeld in Fließrichtung des Flusses und illustriert die grundlegenden Messgrößen. Dabei beschreibt die strichlierte Linie den Grundwasserspiegel im Nullzustand und die durchgezogene Linie den Grundwasserspiegel im Betriebszustand.

Abb. 5
figure 5

Schnitt durch das Brunnenfeld und Messgrößen des Kolmationsgrads

3.2.2 Zeitliche Entwicklung des Kolmationsgrads

Mayr et al. (2013) stellen fest, dass der Rückschluss aus den Wasserständen auf die Kolmatierung nur dann zulässig ist, wenn der Potenzialunterschied zwischen Oberflächengewässer und Randsonde nur durch den Infiltrationswiderstand verursacht wird.

Im Beispielbrunnenfeld sind die Wasserstände in den ufernahen Grundwassermessstellen nicht vom Betrieb der Brunnen unabhängig. Auch der Betrieb des benachbarten Brunnenfelds auf der gegenüberliegenden Flussseite wirkt sich auf die Messwerte in den Grundwassermessstellen aus. Diese Einflüsse müssen bei der Analyse der historischen Daten berücksichtigt werden. Es wurden daher lediglich Zustände betrachtet, während derer die Brunnen des Inselbrunnenfelds nicht betrieben wurden und die Entnahme im benachbarten Brunnenfeld unter 20 % der Konsenswassermenge lag.

Abb. 6 zeigt die Entwicklung des Kolmationsgrads (Beispielbrunnen) seit dem Hochwasser 2002. Es ist sowohl ein deutlicher Trend bis zum Hochwasser 2013, wie auch ein deutlicher Jahresgang des Kolmationsgrads in den Daten erkennbar.

Abb. 6
figure 6

Zeitreihe Kolmationsgrad am Beispielbrunnen

In Abb. 7 ist ersichtlich, dass ein Großteil der einzelnen Jahres-Maximalwerte des Kolmationsgrads in den Wintermonaten auftritt. Im Jänner ist damit die Wahrscheinlichkeit, die im jeweiligen hydrologischen Jahr ungünstigsten Randbedingungen für die Kolmation anzutreffen, am höchsten.

Abb. 7
figure 7

Auftreten der Jahresmaxima der Kolmation im jeweiligen Monat aller bisherigen Beobachtungen von 2002 bis 2015

In Abb. 8 sind die Jahresmaximum-, -minimum- und -medianwerte der Zeitreihe aus Abb. 5 hervorgehoben. Durch Verbinden der Extremwerte jedes hydrologischen Jahres kann ein guter Eindruck über die langfristige Entwicklung der Kolmation gewonnen werden. Nach dem Hochwasser 2013 erfolgte eine Dekolmation und damit eine deutliche Verringerung des Kolmationsgrads bei allen Brunnen.

Abb. 8
figure 8

Median, Minimum und Maximum jedes hydrologischen Jahres auf Höhe des Beispielbrunnens

3.2.3 Untersuchungsrandbedingungen

Aufgrund des in Abb. 7 dargestellten starken Jahresgangs des Kolmationsgrads müssen die Untersuchungsrandbedingungen so gesetzt werden, dass eine Vergleichbarkeit der Daten gegeben ist. Beispielsweise kann ein bestimmter Zeitraum des Jahres definiert werden, während dessen die Untersuchungen stattfinden müssen, etwa ein jährlich wiederholter Pumpversuch in einer relativ stabilen Phase (z. B. Winter/Frühjahr).

Bei der Durchführung sollten vergleichbare hydrologische Bedingungen (keine Hochwassersituationen) herrschen.

3.3 Brunnenleistungsfähigkeit

3.3.1 Spezifische Wasserspiegeldifferenz

Der Filtereintrittswiderstand bzw. seine zeitliche Veränderung beschreibt nach Wicklein et al. (2002) den Zustand des Filterkörpers von Vertikalfilterbrunnen und entspricht der Wasserspiegeldifferenz zwischen Brunnenaußenpegel und Brunnenwasserstand.

Die Wasserspiegeldifferenz zwischen Brunnenaußenpegel (Grundwasser-Sonde) und Brunnenwasserstand gibt die Energie an, welche beim Durchströmen des unmittelbaren Brunnenumfeldes abgebaut wird (Abb. 9). Diese wird in Meter Wassersäule ausgedrückt. Sie ist somit ein guter Indikator für den Zustand von Filtersträngen und Filterkörper des Brunnens. Bezieht man diesen Wert auf die entnommene Wassermenge, erhält man die spezifische Wasserspiegeldifferenz, die entsprechend der folgenden Formel berechnet wird. Für die Berechnung und Beurteilung eines Brunnens können auch mehrere Außenpegel herangezogen werden.

$$spez.\Updelta h=\frac{\sum \left (H_{Au{\ss}enpegel}-H_{Brunnen}\right )}{Q_{Brunnen}}$$
Abb. 9
figure 9

Schnitt Brunnenfeld und Darstellung der spezifischen Wasserspiegeldifferenz

3.3.2 Zeitliche Entwicklung der spezifischen Wasserspiegeldifferenz

Die spezifische Spiegeldifferenz ist stark von der Menge an gefördertem Wasser abhängig. Um vergleichbare Daten darstellen zu können, wurden für jeden Brunnen nur jene Zustände gewählt, die in den bisherigen Beobachtungen am häufigsten aufgetreten sind. Naturgemäß nimmt auch die Entnahme aus benachbarten Brunnen Einfluss auf die spezifische Spiegeldifferenz. Um die langfristige Entwicklung richtig darzustellen, sollten solche Zustände verglichen werden, während derer auch die direkt angrenzenden Brunnen ähnlich betrieben wurden (vergleichbare Entnahmeraten).

Aufgrund der technischen Ausbildung der Brunnen als Horizontalfilterbrunnen und des schiefen Grundwasserspiegels im Bereich des Brunnenfelds wurden Grundwassersonden, die sich näherungsweise im Bereich des Längsschnitts durch die Brunnen befinden, herangezogen. Zusätzlich wurden aufgrund der langen Horizontalvortriebe bis 60 m mehrere Grundwassersonden einem Brunnen zugeordnet.

Abb. 10 zeigt die Entwicklung der spezifischen Spiegeldifferenz am Beispielbrunnen. Die schwarzen Punkte wurden aus den langjährigen Zeitreihen automatisiert für Tagesmittelwerte der entsprechenden Wasserstände und Entnahmeraten berechnet. Die blau dargestellten Punkte markieren Zeitpunkte, zu denen stationäre Verhältnisse während eines begleiteten Pumpversuchs vorlagen. Die Zeitreihe weist keinen anhaltenden kontinuierlichen Trend auf. Es sind lediglich geringe Schwankungen erkennbar. Entsprechend Abb. 11 zeigt die spezifische Spiegeldifferenz in keinem der acht Brunnentransekte einen signifikanten Jahresgang. In den beiden Abbildungen sind das 10%-Quantil (grün), der Median (rot) und das 90%-Quantil (blau) dargestellt. In Abb. 11 wurden die einzelnen spezifischen Spiegeldifferenzen für die unterschiedlichen Brunnentransekte der einzelnen Jahre von 2002 bis 2014 über einander gelegt.

Abb. 10
figure 10

Zeitliche Entwicklung der spezifischen Spiegeldifferenz im Beispielbrunnen

Abb. 11
figure 11

Jahresgang der spezifischen Spiegeldifferenz getrennt nach Brunnen für die Beobachtungsjahre von 2002 bis 2014

3.3.3 Untersuchungsbedingungen

Die Feststellung der spezifischen Spiegeldifferenz zwischen Brunnen und Außenpegel sollte immer mit denselben Entnahmeraten erfolgen.

4 Beurteilung der Parameterentwicklung für die Einleitung von Maßnahmen

Wie kann nun die Entwicklung der berechneten Parameterwerte beurteilt werden? Und welche Maßnahmen sind bei Eintritt der unterschiedlichen Veränderungen sinnvoll anzuwenden?

Wie in Kap. 2 dargestellt, können im vorliegenden Fallbeispiel die beiden Systemgrößen Kolmation und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Brunnen mittel- bis langfristigen Trends unterliegen, bzw. werden sie von verschiedenen Prozessen im Untergrund verstärkt.

Die Feststellung, welche der beiden Systemgrößen für einen etwaigen Rückgang der Gesamtleistungsfähigkeit eines Brunnentransekts verantwortlich ist, führt weiter zur Entscheidung darüber, welche Maßnahmen sinnvollerweise angewendet werden sollen, bzw. umgekehrt, welche auszuschließen sind.

DVGW (2007) fasst als Regenerierung alle Maßnahmen zusammen, die zur Entfernung von Ablagerungen aus dem Brunnenringraum und dem angrenzenden Grundwasserleiter zur Wiederherstellung der hydraulischen Funktion dienen. Regenerationsmaßnahmen beeinflussen also die Leistungsfähigkeit des Brunnen selbst und seines direkten Umfelds.

Steiner et al. (1998) führten Untersuchungen zu künstlichen Dekolmationsmaßnahmen mittels Baggerungen durch. Sie stellten fest, dass die Wirksamkeit zeitlich stark begrenzt festzustellen war.

Brunnenanlagen bilden ein komplexes System mit dem Aquifer, in dem sie betrieben werden. Aufgrund der Vielzahl von Einflussgrößen speziell im vorliegenden Fall gibt es keine absoluten Vergleichswerte, anhand derer der Zustand verschiedener Brunnenanlagen verglichen werden kann. Daher ist grundsätzlich festzustellen, dass die berechneten Parameterwerte immer im Kontext mit den historischen, also bisher gemessenen bzw. berechneten Werten, in der Anlage selbst zu verstehen und zu beurteilen sind.

Abb. 12 stellt die Parameter zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Teilbereiche im Transekt des Beispielbrunnens gegenüber. Die Gesamtleistungsfähigkeit, ausgedrückt durch die spezifische Absenkung, zeigt einen deutlichen Jahresgang. Sie ist in der gesamten Messreihe bis Sommer 2013 jedoch sehr konstant und bleibt innerhalb des Interquantilbereiches (10%-Quantil der Messwerte und 90%-Quantil der Messwerte). Mit dem Hochwasserereignis im Sommer 2013 verringert sich die spezifische Absenkung deutlich und zeigt damit eine Erhöhung der Gesamtleistungsfähigkeit an.

Abb. 12
figure 12

Übersicht der Leistungsfähigkeitsparameter am Beispielbrunnen

Auch der Kolmationsgrad zeigt einen deutlichen Jahresgang. In Teilbereichen der Zeitreihe ist dies weniger gut erkennbar, da in den Sommermonaten teilweise keine Nullzustände vorlagen und somit der Kolmationsgrad nicht berechnet werden konnte. Hier ist ein deutlicher Abfall des Kolmationsgrads im Sommer 2013 ersichtlich, welcher auf ein Hochwasserereignis und die damit einhergehende Dekolmation der Flusssohle zurückzuführen ist.

Der Anstieg der Leistungsfähigkeit des Transekts im Jahr 2013, welcher sich durch eine Verringerung der spezifischen Absenkung ausdrückt, kann also direkt auf die Änderung der Kolmation zurückgeführt werden.

Die spezifische Spiegeldifferenz als Parameter für die Leistungsfähigkeit des einzelnen Brunnens zeigt über die Jahre weder einen Jahresgang noch einen ausgeprägten kontinuierlichen oder sprunghaften Trend. Die mittel- bis langfristigen Entwicklungen entsprechen der Größenordnung der saisonalen Schwankungen. Erst wenn diese deutlich über jenen liegen und nicht von der Kolmation ausgelöst werden, kann von einer nachhaltigen Verschlechterung der unmittelbare Brunnenleistungsfähigkeit ausgegangen werden. In diesem Fall sollten dann Regenerationsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden.