Lokalisierung und Quantifizierung von vorhandenen Kältenutzern
In Abb. 3 ist das Bearbeitungsgebiet mit den lokalisierten Kältenutzern in der Stadt Linz dargestellt.
Die grünen Quadrate entsprechen den genehmigten Grundwasserentnahmen. Dreiecke in den grünen Quadraten symbolisieren Grundwasserversickerungen, Pfeile Grundwasserableitungen in die Donau. Die blauen Quadrate sind Pumpstationen der Austrian Hydro Power AG, die kontinuierlich Grundwasser in die Donau ableiten. Die rote Begrenzungslinie im Donauuferbereich ist das Dichtungs- und Drainagesystem zwischen Grundwasserleiter und Donau. Des Weiteren war zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Untersuchungen der Neubau einer Straßenbahnstrecke geplant, von der ein Teil der Trasse unterirdisch gebaut werden sollte (schwarz-gestrichelte Linie).
Insgesamt wurden im Bearbeitungsgebiet 54 Kältenutzer lokalisiert, die Grundwasser für Kühlzwecke entnehmen und danach erwärmt versickern bzw. in die Donau ableiten. Die durchschnittliche Jahreskonsensmenge lag bei ca. 585 l/s und der genehmigte Spitzenwert bei ca. 1.230 l/s. Die genehmigten Versickerungsmengen lagen durchschnittlich bei ca. 315 l/s und in der Spitze bei ca. 680 l/s (ungefähr zwei Drittel der Entnahmemenge). Im Durchschnitt durften ca. 284 l/s und in der Spitze ca. 405 l/s (ca. ein Drittel) in die Donau abgeleitet werden.
Berechnung und Visualisierung der Temperaturfahnen – Basis: bewilligter Konsens
Für die in Abb. 3 dargestellten Kältenutzer, die das erwärmte Grundwasser in den Grundwasserleiter zurückversickern, wurden die Temperaturfahnen ermittelt, wie in Abschn. 2.2 beschrieben. In Abb. 4 sind diese dargestellt. Aus konstruktiven Gründen laufen einige der Temperaturfahnen über die vorhandenen Dichtwände zur Donau hinweg. Tatsächlich ist dies nicht der Fall und der verwendeten Methodik geschuldet. Die farblichen Abstufungen stehen jeweils für 1 K Abkühlung über den Fließweg. Berechnungsschritt 1 und Berechnungsschritt 2 unterscheiden sich deutlich in Bezug auf die Fließrichtungen der Temperaturfahnen, die an die Grundwasserstandshöhenlinien angepasst wurden. Beim dritten Berechnungsschritt sind im Vergleich zum ersten und zweiten Berechnungsschritt deutliche Änderungen bei Länge und Breite der Temperaturfahnen zu erkennen.
Bei allen 3 Übersichtsplänen sind dieselben Tendenzen zu erkennen. Im Stadtgebiet nördlich des Hauptbahnhofes und in Höhe des Handelshafens sind Temperaturfahnen mit starken Überschneidungen und hohen Versickerungstemperaturen zu beobachten. Hier sind gegenseitige thermische Beeinflussungen sehr wahrscheinlich. Außerdem ist zu erkennen, dass die Pumpstationen der AHP erheblichen Einfluss auf die Fließrichtung der Temperaturfahnen haben.
In Abb. 5 sind die interpolierten Maximalwerte der Grundwassertemperaturmessungen aus den Jahren 2003 bis 2005 (Studie DonauConsult Zottl & Erber GmbH 2006) dargestellt. Ausgehend von der Temperaturverteilung, sind ähnliche Temperaturbeeinflussungen wie in Abb. 4 erkennbar. Insbesondere fallen die bereits erwähnten Stadtbereiche durch stark erhöhte Grundwassertemperaturen (> 16 °C) auf.
Abb. 6 zeigt die aus der Unsicherheitsanalyse hervorgegangenen Temperaturfahnen für den Mittelwert und die positive bzw. negative Standardabweichung. Die Temperaturfahnen für den Mittelwert sind mit dem dunkelsten Blau (Himmelblau), die Temperaturfahnen für den Mittelwert plus Standardabweichung (die größten Fahnen) mit dem hellsten Blau (Sodalithblau) und die Temperaturfahnen für den Mittelwert minus Standardabweichung (die kleinsten Fahnen) mit Apatitblau dargestellt. Der Einfluss des Ausbreitungswinkels α und der Grundwassermächtigkeit H auf die Ausdehnungslänge L der Temperaturfahnen ist deutlich erkennbar, insbesondere bei den größeren Anlagen.
In Abb. 7 sind die Längen der Temperaturfahnen gegen die jeweiligen Versickerungsmengen aufgetragen. Dabei wird erkennbar, dass die Längen der Temperaturfahnen aus Berechnungsschritt 3 bei den kleineren Anlagen zum Großteil im Bereich des Mittelwertes und der zugehörigen Standardabweichung aus der Unsicherheitsanalyse liegen. Bei den größeren Anlagen (Versickerungsmenge > 5,6 l/s) liegen die Temperaturfahnen nicht mehr in der Bandbreite der Standardabweichung. Eine mögliche Ursache dafür kann die Festlegung des Ausbreitungswinkels α auf 6° im Berechnungsschritt 3 sein. Bei der Unsicherheitsanalyse erfolgte für α eine zufällige und gleichverteilte Variation zwischen 5 und 15°. Mit α = 6° liegt der Ausbreitungswinkel im unteren Bereich dieser Schwankungsbreite und führt gegenüber dem Mittelwert aus der Unsicherheitsanalyse zu höheren Ausbreitungslängen (geringere Verschwenkung des Grundwassers, geringere Dispersion). Außerdem war erkennbar, dass die Ergebnisunsicherheit sowohl der Temperaturfahnenbreite als auch der Temperaturfahnenlänge, alleine aufgrund der Parametervariation von α und H, von Nutzer zu Nutzer sehr stark schwankt. Die Standardabweichung der Temperaturfahnenlängen lag zwischen 11 % und 47 %. Eindeutige Korrelationen zwischen dieser stark streuenden Unsicherheit und einzelnen Eingangsparametern konnten nicht festgestellt werden was auf die große Interaktion der Eingangsparameter in Hinblick auf die Ergebnisvariabilität zurückgeführt werden kann.
Die Ermittlung von Temperaturfahnen nach Ingerle, modifiziert durch Rauch (ÖWAV-Regelblatt 207 2009) ist grundsätzlich ein einfacher Ansatz, um einen ersten Überblick über den Einfluss einzelner Kältenutzer auf die Grundwassertemperatur zu schaffen. Die Datengrundlage hat allerdings einen wichtigen Einfluss auf die Genauigkeit der Ergebnisse. Die Länge und Ausdehnung der berechneten Temperaturfahnen sollten eher als Anhaltspunkt gewertet werden, da die mit der Methode nach Ingerle nicht erfassten Einflüsse entlang des Fließweges einen weiteren maßgeblichen Einfluss auf das Endergebnis haben. Sind komplexe Sachverhalte zu betrachten und besteht die Möglichkeit, detaillierte Grundwassermodelle zu nutzen, sollten diese bevorzugt werden, auch im Hinblick auf die Vereinfachungen und Annahmen bei der Ingerle-Methode hinsichtlich gegenseitiger Beeinflussung von Nutzern.
Berechnung und Visualisierung der Temperaturfahnen – Basis: Angaben aus Nutzerbefragung
Für die abgefragten Grundwasserentnahmemengen aus dem Kalenderjahr 2012 wurden ebenfalls die Temperaturfahnen nach Ingerle berechnet und grafisch aufbereitet (siehe Abb. 8).
Von den 54 angeschriebenen Kältenutzern haben 38 Nutzer Daten zur Verfügung gestellt. Bezogen auf die genehmigte Jahreskonsensmenge aller 54 Nutzer entsprach dies 64 %. Im Vergleich zu den vorherigen Berechnungen sind deutlich geringere Temperaturfahnen zu erkennen. Trotzdem lassen sich auch hier Überschneidungen bei den Temperaturfahnen nördlich des Bahnhofs und in Höhe des Handelshafens erkennen. Hier sind demzufolge thermische Beeinflussungen zu erwarten.
Von den Kältenutzern wurden meistens Jahresmengen zurückgemeldet, sodass Abb. 8 keine Maximalfälle darstellt. Außerdem wurden einige der Anlagen erst 2013 wieder in Betrieb genommen (4 Anlagen) und es ist anzunehmen, dass der thermische Einfluss durch die Grundwassernutzung für Kühlzwecke höher ist.
Varianten zur Fernkälteversorgung – Eine Auswahl
Im Folgenden werden 2 der 7 entwickelten Fernkältevarianten vorgestellt, die die Verringerung des Temperatureinflusses durch die Kältenutzung zum Ziel hatten.
Abb. 9 zeigt beispielhaft Variante 1. Diese besteht aus 3 Netztrassen (Trasse A, Trasse B und Trasse C im blauen, roten bzw. gelben Bereich). Die Kälteerzeugung erfolgt über 4 Zentralen (jeweils als ausgefüllter Kreis dargestellt). Die nördliche Erzeugeranlage ist die vorhandene Fernkältezentrale der Linz AG, die westlichste Fernkältezentrale nutzt Grundwasser zur Kälteerzeugung. Das erwärmte Grundwasser wird wiederum versickert. Im Bereich der gelben Trasse befindet sich ein Pumpwerk der AHP (Ableitung von Grundwasser in die Donau). In diesem Bereich ist eine Fernkältezentrale vorgesehen, die bereits gepumptes Wasser für die Kälteerzeugung nutzen soll. Die anderen beiden Zentralen nutzen Grundwasser und versickern es jeweils erwärmt wieder. Die Gesamttrassenlänge beträgt 17 km, die Trasseneffizienz 972 m³/m. Die geplante Strassenbahntrasse kann zum Großteil für die Trassierung der Fernkälteleitungen genutzt werden, sodass hier Synergien hinsichtlich der Baukosten möglich sein sollten.
Abb. 10 zeigt die nach der bereits vorgestellten Methodik (Ingerle, modifiziert durch Rauch) berechneten Temperaturanomalien für die Fernkältezentralen, die Grundwasser erwärmt versickern. Angesetzt wurde die Summe der jährlichen Konsensmengen der angeschlossenen Kältenutzer. Als Versickerungstemperatur wurde jeweils 18 °C verwendet. Deutlich erkennbar ist die massive und weitläufige Ausbreitung der beiden Temperaturfahnen, was auf die deutlich erhöhten Versickerungsmengen zurückzuführen ist. Bei dieser Variante würde es zu einer weiträumigen thermischen Beeinflussung des Grundwasserleiters kommen. Zudem würde die Erzeugeranlage der Trasse C (roter Bereich) ebenfalls thermisch beeinflusst werden und damit weniger effektiv hinsichtlich des nutzbaren Temperaturpotenzials sein. Diese Variante war bei der Nutzwertanalyse eine der weniger erfolgreichen Varianten.
Abb. 11 zeigt Variante 6, die aus der Nutzwertanalyse hervorgegangene Vorzugsvariante.
Bei dieser Variante handelt es sich um eine semi-zentrale Variante mit einem zentralen Netz. Nicht alle Kältenutzer werden an das zentrale Netz angeschlossen (südlicher Bereich des Bearbeitungsgebietes). Für die Kälteerzeugung werden 3 Fernkältezentralen benötigt. Zum einen die vorhandene Fernkältezentrale der Linz AG, des Weiteren eine Anlage in der Nähe der vorhandenen Pumpstation der AHP und bei der dritten Anlage kann Grundwasser verwendet werden, welches erwärmt zurückinfiltriert wird, oder eine klassische Kälteerzeugung über Kompressionskälteanlagen erfolgen. Die Netzlänge bei dieser Variante beträgt ca. 13,1 km und die Trasseneffizienz liegt bei 1.114 m³/m. Die geplante Straßenbahntrasse kann zum Großteil genutzt werden. Abb. 12 zeigt die Temperaturfahnen der nicht an das Fernkältesystem angeschlossenen Einzelnutzer. Die Zentralanlagen nutzen bereits bestehende Pumpwerke und leiten in die Donau ab. Die Temperaturbeeinflussung des Grundwassers ist bei dieser Variante deutlich geringer, als im Originalzustand.
Ergebnisse der Nutzwertanalyse am Beispiel von Variante 1 und Variante 6
Einen Auszug aus der Nutzwertanalyse zeigt die nachfolgende Tab. 3, in der die Ergebnisse der Fernkälteversorgungsvarianten 1 und 6 dargestellt sind.
Tab. 3 Auszüge aus der Nutzwertanalyse
Die wesentlichsten Unterschiede lassen sich bei den Bewertungskriterien „Einfluss auf die Grundwassertemperatur“ und „Einfluss auf andere Grundwassernutzungen“ erkennen. Andere Grundwassernutzer in diesem Zusammenhang sind z. B. Betreiber von Wärmepumpen sowie Trink- und Brauchwassernutzer.
Bei Variante 1 wurde davon ausgegangen, dass keine wirkliche Verbesserung der Grundwassertemperatur erfolgen würde, da der Grundwasserleiter durch die zentralen Fernkälteerzeugungsanlagen, die das erwärmte Grundwasser zurückversickern, thermisch massiv beeinflusst werden würde (siehe Abb. 10). Der Einfluss auf andere Grundwassernutzer wurde aus diesem Grund als sehr hoch angenommen.
Im Gegensatz dazu erfolgt durch die zentralen Erzeugeranlagen in Variante 6 kaum eine thermische Beeinflussung des Grundwassers (wenn, dann im Randbereich des Grundwasserleiters, in der Nähe der Dichtwände). Einige der Einzelanlagen verbleiben allerdings und hätten weiterhin einen nachteiligen thermischen Effekt. Im Vergleich zur Ausgangssituation stellt dies aber eine deutliche Verbesserung dar. Der Einfluss auf andere Grundwassernutzer würde sich ebenfalls im Vergleich zur Ausgangssituation verbessern, da die thermische Beeinflussung im nördlichen Teil des Bearbeitungsgebiets weg fallen würde.