1 Einleitung

Brustkrebs ist die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen und eine von acht Frauen wird in ihrem Leben die Diagnose Brustkrebs gestellt bekommen. Teilweise sind diese sehr bösartig und neigen daher zu rascher Metastasierung und schnellem Wachstum, weshalb selbst eine jährliche Vorsorgeuntersuchung nicht immer in der Lage ist Frühformen sicher zu detektieren. Gut behandelbar sind gewisse Arten aber nur, wenn sie entdeckt werden, bevor sie eine Größe im oberen Millimeterbereich erreichen also einer Größe, die bei Selbstuntersuchung durch Palpieren kaum entdeckt werden kann. Bruströntgen, Mammographiebilder liefernd, sind immer noch die Diagnosemodalität der Wahl jedoch ist diese aufwändiger, nicht in allen gynäkologischen Praxen niedergelassener Ärzte verfügbar und sie stellt eine zwar geringe aber immerhin vorhandene Strahlenbelastung für die Patientin dar. Ebenfalls Befunde von hoher diagnotischer Qualität liefert die Magnetresonanztomographie, allerdings ist deren Einsatz in der regelmäßigen Vorsorge aus Kostengründen nicht möglich. Die Ultraschall-Diagnostik im klinischen Einsatz, die über sogennante B‑mode (brightness mode) Bilder nur die alleinige Morphologie der Brust darzustellen in der Lage ist, erreicht noch nicht die Aussagekraft, die von der Mammographie, bzw. der Magnetresonanztomographie erreicht wird.

Die Abtastung der Brust um möglicherweise vorhandene Knoten zu entdecken, nützt die Tatsache, dass maligne Prozesse andere mechanische Eigenschaften als das normale Brustgewebe aufweisen und daher ertastet werden können [1]. Ultraschall ist eine sich mit der lokalen Schallgeschwindigkeit und mit einer von den lokalen mechanischen Parametern des Mediums abhängigen Dämpfung ausbreitende Störung des Gleichgewichtszustandes. Es ist daher naheliegend, dass aus dem Ausbreitungsverhalten dieser mechanischen Wellen durch geeignete, allerdings hochkomplexe, Verarbeitung der Ultraschall-Signale auf die lokal wirkenden Parameter, wie Massendichte \(\rho(x,y,z)\), Kompressionsmodul \(K(x,y,z)\), etc. rückgeschlossen werden könnte.

Jene bildgebende Disziplin im medizinisch Ultraschall, die sich mit der Schätzung von mechanischen Parametern des untersuchten Gewebes beschäftigt, nennt sich Quantitativer Ultraschall (Quantitative Ultrasound QUS) [2, 3] und sie hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erfahren, da die Schätzergebnisse, wenn sie lokal gut aufgelöst und als auswählbares, farbcodiertes overlay zum Standard-B-mode Bild angeboten werden, dem Diagnostiker wertvolle zusätzliche Information bieten können.

In diesem Beitrag werden Algorithmen diskutiert und deren Schätzqualität untersucht, die sich ausschließlich mit der Schätzung und Darstellung von Gebeweabsorptionsparametern befassen. Er ist wir folgt gegliedert. Im Abschn. 2 wird die Literatur zur Theorie der Schallabsorption diskutiert, der Abschn. 3 behandelt kurz die Abbildungsmodalität Ultraschall B‑mode und legt die notwendige Signalverarbeitung dar, die zu kontrastreichen Bilder führt, im Abschn. 4 werden verschiedene Schätzalgorithmen beschrieben und deren Eigenschaften abgeleitet. Diese Algorithmen basieren, nachdem die Absorption eine (nicht-)lineare Funktion der spektralen Zusammensetzung des sich ausbreitenden Ultraschallpulses ist, auf guten Schätzern der spektralen Leistungsdichte. Daher werden in diesem Abschnitt auch Spektraldichteschätzer erwähnt. Abschn. 4.2 legt die Theorie zur Methode der Momente (MoM) [4,5,6] dar, jener Schätzmethode, die einerseits auch nichtlineare Absorptionseigenschaften des Mediums zu schätzen gestattet und sich andererseits als sehr leistungsfähig herausgestellt hat. Der Beitrag schließt mit einer Darstellung von Schätzergebnissen, deren Diskussion und einem kurzen Ausblick.

2 Dämpfungseigenschaften biologischer Gewebe

Die lokal wirkende Dämpfung auf die sich ausbreitende Ultraschallwelle ist abhängig von der Schallabsorption und der Schallstreuung im Medium. Die Schallabsorption in einem Medium hat als physikalische Ursachen die innere Reibung, beschrieben über und abhängig von der Viskosität des Fluids, die Wärmeleitung, die durch das vom idealen adiabatischen Verhalten abweichende und zu irreversiblen, dem Schallfeld Energie entziehenden Wärmeausgleichsvorgängen führt und die molekulare Absorption, die im Wesentlichen von der Konzentration von Salzen (spezifisch bei Meereswasser ist es das Magnesiumsulfat MgSO\({}_{4}\) [7]) im Medium bestimmt wird.

Ferner die Schallstreuung, die ebenfalls dem propagierenden Wellenfeld Energie entzieht und die je nach Wandlertyp auch Ausbreitungsverluste umfasst, die häufig mit \(1/r\) als Funktion der zurückgelegten Distanz r wirken, sowie nahezu isotrope Streuung, die abhängig von der Konzentration und Größe der streuend wirkenden Partikeln ist. Meist handelt es sich um relativ zur Wellenlänge \(\lambda\) sehr kleine jedoch in hoher Volumenskonzentration wirkende Partikel [8], im biologischen Gewebe also Zellen und anderen Strukturen der Morphologie.

Insgesamt ist Absorption ein sehr komplexer Prozess, der sich aber für die Ausbreitung ebener Wellenfelder gut über die Beziehung

$$\alpha(\omega)=\alpha_{0}+\alpha_{1}\cdot\omega^{y}$$
(1)

charakterisieren lässt [9]. Grundsätzlich wäre die Frequenzabhängigkeit der Gewebedämpfung in Np/m als kohärenter Einheit anzugeben, in der Medizin ist es jedoch üblich auf die Feldgröße Schalldruck abzustellen und in der Einheit dB/cm anzugeben, auch wird diese nicht bezogen auf die Kreisfrequenz, sondern auf die Frequenz in Hertz. In der Gl. 1 ist \(\alpha(\omega)\) in dB/cm die frequenzabhängige Dämpfungskonstante, die typisch, da ja die Schalldruckamplitude exponentiell mit der Distanz abnimmt, im logarithmischen Maß in dB/cm für jede interessierende Kreisfrequenz \(\omega\) angegeben wird, \(\alpha_{0}\) ist ein frequenzunabhängiger Dämpfungsterm, der bei biologischem Gewebe zu null angenommen werden kann, \(\alpha_{1}\) ist der Vorfaktor (angegeben in dB/(MHz\({}^{y}\) cm)) und y ist der Dämpfungsexponent. Beide Parameter \(\alpha_{1}\) und y sind das Medium (normales Brustgewebe bzw. maligne Prozesse) charakterisierende Konstanten, die es aus den Ultraschalldaten zu schätzen gilt. Das frequenzabhängige Verhalten, welches über die Gl. 1 beschrieben wird, bedeutet auch, und das wird später relevant werden, dass bei breitbandiger Anregung des Wandlers mit zunehmendem Ausbreitungsweg sich auch die Form des Spektrums und die Frequenz des spektralen Maximums zu niedrigeren Frequenzen hin verschiebt, einem Faktum, dass von einem guten Schätzer idealerweise mitberücksichtigt werden sollte.

Wie man aus dem Vergleich der Einträge in der Tab. 1 entnehmen kann, unterscheiden sich die Gewebe der Brust jeweils in zumindest einem Parameter voneinander und auch von den zu diagnostizierenden gutartigen und bösartigen Tumoren. Daraus kann geschlossen werden, dass durch eine overlay-Darstellung in B‑mode Bildern ein zusätzlicher diagnostischer Kontrast erwartet werden kann, selbst dann, wenn die Schätzwerte der Dämpfungsparameter einen gewissen bias und eine vergleichsweise hohe Varianz aufweisen.

Tab. 1 Massendichte, Schallgeschwindigkeit und Dämpfungsparameter für verschiedene Gewebetypen der menschlichen Brust (aus [9], außer wo andere Referenzen angegeben sind)

3 Grundlegende Verarbeitung der Ultraschall-Signale

Das zu untersuchende Volumen wird, wie in der Abb. 1 schematisch dargestellt, vom oben befindlichen Ultraschall-Wandler, der üblicherweise aus vielen (bis zu 512) einzeln elektronisch ansteuerbaren Wandlerelementen besteht, angeregt. Das Zusammenwirken über eine phasengesteuerte Anregung erlaubt dann sowohl ein Schwenken des ’Ultraschall-Strahls’ als auch ein Fokussieren, um auch noch tiefer im Gewebe befindliche Strukturen mit einer beugungsbegrenzten Abbildungsleistung darstellen zu können. Die Anregesignale sind üblicherweise im niedrigen Megahertzbereich (2,5 MHz bis 15 MHz) und besitzen eine große relative Bandbreite (ermittelt, wie im medizinischen Ultraschall üblich @ \(-6\) dB) von bis zu 70 %, was bedeutet, dass es sich im Wesentlichen um eine einzelne Sinusschwingung (mit Anteilen des An- und Ausschwingens) handelt.

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung eines Sector-Scanners bestehend aus dem eigentlichen Ultraschall-Wandler, aufgebaut in diesem Fall aus 64 einzeln elektronisch ansteuerbaren Wandlerelementen. Diese erlauben den ’Ultraschall-Strahl’ sowohl azimutal zu schwenken wie auch in gewünschter Tiefe zu fokussieren. Diese Geometrie wird für die weiteren Untersuchungen in der open-source Software k-Wave simuliert, weshalb auch das Simulationsnetz angedeutet ist. Die drei in rot eingezeichneten Bereiche sind das proximale, das mediale und das distale Analysefenster, über die jeweils spektrale Leistungsdichten geschätzt und ausgewertet werden

Ein Beispiel für ein resultierendes B‑mode (brightness mode) Bild ist in der Abb. 2 dargestellt. Hier sieht man einen Ausschnitt aus einem sogenannten Sector-Scan in dem man auch eine keisförmige Struktur mit vom Hintergrund abweichender Dämpfung und dem darunter sich einstellenden ’Schatten’ erkennt. Damit dieses Bild eine über der Tiefe annähernd gleichbleibende Helligkeit aufrecht erhält, muss, der angenommenen Gewebedämpfung folgend, über einen sogenannten time-gain-compensation (TGC) Verstärker die teils dramatische Amplitudenabnahme mit zunehmender Tiefe der Rückstreuintensität korrigiert werden. Diese Funktionalität erklärt dann auch die Schattenbildung hinter einem stärker als durchschnittlich dämpfenden Volumen, da der TGC hier zu gering kompensierend wirkt.

Abb. 2
figure 2

Ausschnitt aus einem Sector-Scan eines B‑mode Bildes. Man erkennt, eingebettet in einem durchschnittlich mit 0,3 dB/(MHz cm) dämpfenden Hintergrund, einen kreisförmigen Bereich mit hoher Dämpfung (2,3 dB/(MHz cm)) und dahinter eine Schattenbildung, die durch die Signalverarbeitung, die eine durchschnittliche aber zu geringe Dämpfung antizipiert, hervorgerufen wird, weiters sind die sich ausbildenden Ultraschall-Speckles sichtbar. Ferner sind die Analysefenster angedeutet

4 Schätzung der Dämpfungsparameter

Da die Parameter \(\alpha_{1}\) und y einer Potenzfunktion (Gl. 1, allerdings mit \(\alpha_{0}=0\)) angewandt auf den spektralen Gehalt eines propagierenden und teilweise rückgestreuten Ultraschall-Pulses zu schätzen sind, ist es günstig, wenn eine möglichst große spektrale Breite des Ultraschall-Signals zur Verfügung steht, einer Forderung, die auch der räumlichen Auflösung des Ultraschall-Systems entgegenkommt, aber nur durch starke Bedämpfung des Ultraschall-Wandlers (akustischer Sumpf) zu erreichen ist [9, 11].

4.1 Die spectral-log-difference Methode

Zur Parameterschätzung bietet sich, wenn y zunächst zu 1,00 angenommen wird, die einfache spectral-log-difference Methode (SLD) [6, 12] an, wie sie in Gl. 3 definiert ist. Geht man von den beiden Amplitudendichtespektren \(S_{p}(f)\) und \(S_{d}(f)\) aus, die für ein proximales (Index p, in der Tiefe \(d_{p}\) liegend) und ein distales (Index d, in der Tiefe \(d_{d}\) liegend) Analysefenster über einen geeigneten Spektraldichteschätzer [13] berechnet werden, so folgt für den Quotienten \(Y(f)\), entsprechend der angenommenen exponentiellen Abnahme des Schalldruckpegels

$$Y(f)=\frac{S_{p}(f)}{S_{d}(f)}=e^{4(d_{d}-d_{p})\alpha(f)}\;.$$
(2)

Der Faktor 4 in obiger Gleichung berücksichtigt den gesamten Hin- und Rückpfad der Schallausbreitung und auch noch die Tatsache, dass Feldgrößen, also Schalldruck und nicht Leistungsgrößen, also Schallintensitäten betrachtet werden. Ferner wird in Gl. 2 umgestellt von der Kreisfrequenz \(\omega\) in rad/s als bestimmender Parameter auf die Frequenz f, angegeben in Hertz.

Nach dem Logarithmieren der Gl. 2 folgt

$$\log\left(Y(f)\right)=\frac{1}{10}\ln(10)\cdot 2(d_{d}-d_{p})\alpha(f)\;,$$
$$\begin{aligned}\alpha(f)=\frac{10\cdot\log\left(Y(f)\right)}{\ln(10)\cdot 2\cdot(d_{d}-d_{p})}\;.\end{aligned}$$
(3)

Angewandt auf verrauschte Messergebnisse muss \(\alpha(f)\) allerdings über eine lineare Ausgleichsrechnung aus der Steigung der implizit angenommenen Geraden berechnet werden (siehe Abb. 3 in Türkis). Der offensichtliche Nachteil dieses Schätzers liegt in der Tatsache, dass er jedenfalls die Bedingung \(y=1{,}00\) (also eine Gerade) erzwingt und somit auch nur für den Parameter \(\alpha_{1}(\omega)\) nicht allgemein erwartungstreu sein kann.

Abb. 3
figure 3

Beispiel für die frequenzabhängige Dämpfung eines 5 MHz Ultraschall-Pulses, der über eine Distanz von 2 cm mit nominell 0,6 dB/(MHz cm) gedämpft wird. In Grün das Spektrum des emittierten Pulses, in Blau das Spektrum des empfangenen Pulses, in Rot der Quotient im logarithmischen Maßstab als deren Differenz. In Türkis ist die Ausgleichsgerade angedeutet, die ein geschätzes \(\alpha_{1}=0{,}566\) dB/(MHz cm) ergibt. Man beachte, dass neben der generellen Reduktion der Leistungsdichte des empfangenen Signals sich auch die Mittenfrequenz (angedeutet durch die schwarzen Markierungen) zu niedrigeren Werten hin verschiebt (adaptiert aus [8])

Wesentlich günstigere Eigenschaften zeigt die Methode der Momente [6], die im folgenden Abschnitt behandelt wird.

4.2 Methode der Momente (MoM)

Die hier vorgestellte Methode beruht auf der von Claes et al. [4,5,6] für homogene, reine Fluide entwickelten method-of-moments und sie wird in dieser Arbeit angewandt auf medizindiagnostische Fragestellungen. Ebenso wie die einfache SLD-Methode basiert die MoM auf Amplitudendichtespektren, die trotz Ultraschall-Speckles, wie sie in der Abb. 2 gut zu erkennen sind, niedrige Schätzvarianzen aufweisen müssen. Der hierzu eingesetzte Schätzer basiert auf dem Periodogram nach Welch [13]. Die Spektren werden dabei, wie in der Abb. 1 angedeutet jeweils über \(N_{a}\) B‑mode Scans azimutal und über \(N_{r}\) Abtastwerte in radialer Richtung gemittelt. Die verwendeten Parameterwerte sind in der Tab. 2 zu finden.

Die Methode der Momente nützt die aus der Stochastik bekannten Momente \(m_{k}=\mathbb{E}\{X^{k}\},\;k=1,2,\dots\) gebildet über den Erwartungswert \(\mathbb{E}\{\cdots\}\) der Zufallsvariablen X, die als integrales Maß der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auch deren Form zu charakterisieren erlaubt [14], also einer Eigenschaft, die gut geeignet erscheint, die dämpfungsbedingte Verschiebung des spektralen Maximums ebenfalls zu erfassen.

Man betrachtet, wie in der Abb. 1 dargestellt, drei in unterschiedlicher Tiefe des Gewebes befindliche Bereiche der Ausdehnung \(N_{r}\) in radialer und \(N_{a}\) in azimutaler Richtung, über die die jeweiligen Amplitudenspektren \(S_{p}(\omega)\), \(S_{m}(\omega)\) und \(S_{d}(\omega)\) gemittelt gebildet werden. Die Indizes \(\mid_{d}\), \(\mid_{m}\), und \(\mid_{p}\) bedeuten distales, zentrales und proximales Fenster.

Die Variable \(C(\omega,d)\) in Gl. 4 repräsentiert die Gesamtwirkung, allerdings ohne die Gewebeeigenschaften zu inkludieren, der Effekte, die vom Fokussieren und der Wirkung der Sende- und Empfangsapertur des Ultraschall-Wandlers verursacht werden, für die radiale Tiefe d.

$$\begin{array}[]{l}S_{p}(\omega)=C(\omega,d)\cdot e^{-2\cdot\alpha(\omega)\cdot d_{p}}\\ S_{m}(\omega)=C(\omega,d)\cdot e^{-2\cdot\alpha(\omega)\cdot d_{m}}\\ S_{d}(\omega)=C(\omega,d)\cdot e^{-2\cdot\alpha(\omega)\cdot d_{d}}\end{array}$$
(4)

Bildet man nun das i-te fraktionale Moment, \(m_{i,S}(d)\), \(i=\in\cal{R}\), entsprechend der Gl. 5

$$m_{i,S}(d)=\int\limits_{0}^{+\infty}\omega^{i}\cdot S(\omega)\cdot e^{-2\cdot\alpha(\omega)\cdot d}\,d\omega\,,$$
(5)

setzt für die Dämpfungskonstante \(\alpha(\omega)\) mit \(\alpha_{0}=0\) aus der Gl. 1 ein und erkennt dann, dass für die partielle Ableitung \(\partial_{d}m_{i,S}(d)\) gilt, dass diese aus dem \((i+y)\)-ten, fraktionalen Moment des Spektrums gebildet werden kann:

$$\begin{array}[]{l}\partial_{d}m_{i,S}(d)=\int\limits_{0}^{+\infty}\omega^{i}\cdot\alpha_{1}\cdot\omega^{y}\cdot S(\omega)\cdot e^{-2d\cdot\alpha_{1}\cdot\omega^{y}}d\omega=\\ \phantom{\partial_{d}m_{i,S}(d)}=-\alpha_{1}\cdot\int\limits_{0}^{+\infty}\omega^{(i+y)}\cdot S(\omega)\cdot e^{-2d\cdot\alpha_{1}\omega^{y}}d\omega=\\ \phantom{\partial_{d}m_{i,S}(d)}=-\alpha_{1}\cdot m_{i+y,S}(d)\;.\end{array}$$
(6)

Unter der Annahme, dass das Spektrum \(S(\omega)\) eine Gauß’sche Form annimmt, dann kann \(\alpha_{1}(y)\) geschätzt werden (angedeutet durch \(\widehat{(\dots)}\)) zu [4]:

$$\widehat{\alpha}_{1}(y)=\frac{1}{d_{d}-d_{p}}\cdot\frac{m_{0,S}(d_{p})}{m_{y,S}(d_{p})}\cdot\ln\left(\frac{m_{0,S}(d_{p})}{m_{0,S}(d_{d})}\right)\,,$$
(7)

vorausgesetzt man schätzt über eine geeignete Methode davor den Dämpfungsexponenten \(\widehat{y}\).

4.3 Maximum-Likelihood-Schätzer

Bei der gemeinsamen Schätzung der beiden Unbekannten (\(\widehat{\alpha_{1}}\) und \(\widehat{y}\)) aus den vom Ultraschall-Wandler empfangenen Signalen kann auf einen sogenannten maximum-likelihood Schätzer zurück gegriffen werden, der, wie gezeigt werden kann [13] für große Datensätze asymptotisch optimale Schätzergebnisse, also solche, die die Cramér-Rao-Grenze mit Gleichheit erfüllen, zu liefern im Stande ist, wie dies schematisch in der Abb. 4 dargestellt ist.

Abb. 4
figure 4

Dargestellt sind in Rot ’gemessene’ und für verschiedene Ausbreitungsdistanzen d von 0 mm bis 100 mm propagierte Leistungsdichtespektren für die simulierte Parameterpaarung \(y=1{,}25\) und \(\alpha_{1}=0{,}40\) dB/(MHz\({}^{1{,}25}\) cm). Die in Blau eingezeichneten Geraden repräsentieren die Abnahme der spektralen Leistungsdichte für den korrekten Parametersatz. In Grün sind für ein konkretes Parameterpaar (\(y=1{,}25\), and \(\alpha_{1}=0{,}60\) dB/(MHz\({}^{y}\) cm)) des maximum-likelihood Schätzers die sich ergebenden Spektren dargestellt. In Violett die für dieses Parameterpaar sich ergebenden Abweichungen zum wahren Wert

4.4 Numerische Suche für \(\alpha_{1}\) und \(y\)

In dieser Arbeit wird nicht ein expliziter ML-Schätzer entwickelt, obwohl dies durchaus möglich erscheint, sondern auf ein numerisches Suchverfahren (ein sogenannter grid-search) zurückgegriffen, bei dem alle im kartesischen Produkt der sinnvollen, aus den Einträgen der Tab. 1 abgeleiteten, Parameterwerte (\(\{\alpha_{1}\times y\};\alpha_{1}=0{,}50\cdots 2{,}00;\;y=0{,}50\cdots 2{,}00\)) auftretenden Summen der Absolutbeträge der Abweichungen minimiert werden. Dies ist möglich, wenn angenommen werden kann, dass das den Ultraschall-Signalen überlagerte Rauschen einerseits eine weiße Spektraldichte und andererseits eine Gauß’sche Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion besitzt.

Dabei wird wie folgt vorgegangen. Zunächst wird ein Referenzspektrum \(S_{\mathrm{ref}}(\omega,d_{\mathrm{ref}})\) betrachtet, das für einen sinnvoll bemessenen radialen und azimutalen Bereich aus einer geringen Tiefe \(d_{\mathrm{ref}}\) berechnet wird (siehe das proximale Fenster in Abb. 2). Dabei wird über \(N_{r}\) Abtastwerte in radialer und \(N_{a}\) B‑mode lines in azimutaler Richtung gemittelt, um den Einfluss der Ultraschall-Speckles zu minimieren. Dieses Referenzspektrum wird dann für jede Parameterpaarung \((\widehat{\alpha^{\prime}_{1}},\widehat{y^{\prime}})\) über dem gesamten interessierenden Auswertebereich (Tiefe d) propagiert (Gl. 8), mit dem tatsächlich für diesen Bereich berechneten Spektrum, entsprechend einer gewählten Metrik verglichen und jene Parameterpaarung gesucht, die optimal angepasst ist.

$$S(\omega,d)=S_{\mathrm{ref}}(\omega,d_{\mathrm{ref}})\cdot e^{-\left((d-d{\mathrm{ref}})\cdot\widehat{\alpha_{1}}\cdot\omega^{\widehat{y}}\right)}$$
(8)

Hier stellt sich die Frage nach der geeigneten Metrik und in dieser Arbeit wird die Summe der Absolutwerte der Logarithmen der spektralen Differenzen gewählt, wie dies in der Abb. 5 dargestellt ist.

Abb. 5
figure 5

Leistungsdichtespektren in Gelb, für verschiedene Tiefen berechnet, verglichen (in Grün) mit dem, für die Tiefe von 10 mm ermittelten und entsprechend der gewählten Parameterpaarung (hier \(\alpha_{1}=1.00\) und \(y=1.50\)) zu größeren Tiefen propagierten, Referenzspektrum. Linkes Bild: Vergleich im linearen Maßstab, hier sieht man, dass die Metrik im wesentlichen von Spektren geringer Tiefe bestimmt wird. Rechtes Bild: Gleiche Spektren jedoch im logarithmischen Maß und hier erkennt man, dass die Metrik von allen Tiefen gleichmäßig beeinflusst wird, da die inhärente Abnahme der Leistungsdichte, dem Modell folgend, exponentiell erfolgt

Beide Diagramme spiegeln die selbe Faktenlage allerdings in unterschiedlicher Skalierung wider und man erkennt deutlich, dass im rechten Diagramm auch in größerer Tiefe gelegene Vergleichspunkte ähnlich gewichtet und damit bei der Schätzung gleichförmig berücksichtigt werden, wohingegen im linken Diagramm eine überproportionale Wirkung der aus geringer Tiefe ermittelten Spektren vorherrscht.

Das Resultat des grid-search, die Likelihood-Funktion, für einen ausgewählten Tiefenbereich und dem vollständigen Parametersatz ist grafisch in der Abb. 6 dargestellt. Man erkennt deutlich, dass bei einer Variation von y die Trajektorie einen wesentlich steilerern Verlauf zeigt, als bei einer Variation von \(\alpha_{1}\), was darauf hindeutet, dass y mit geringeren Schätzvarianz ermittelbar ist.

Abb. 6
figure 6

Im linken Diagramm ist die Likelihood-Funktion (\(L_{1}\)-Norm) für ein Gewebe der wahren Parameterpaarung \(\alpha_{1}=0{,}75\,,\;y=1{,}50\) dargestellt. Man erkennt über die in Rot eingezeichneten Höhenschichtenlinien, dass um den wahren Wert (angedeutet in Violett) die funktionale Abhängigkeit in y-Richtung wesentlich stärker ausgeprägt ist, als in Richtung des Parameters \(\alpha_{1}\). Dies bedeutet andererseits, dass \(\alpha_{1}\) nur mit größerere Schätzvarianz zu bestimmen ist. Im rechten Diagramm ist die selbe Faktenlage dargestellt, erweitert um mit Kreisen angedeuteten typischen Gewebeparameter

5 Ultraschall-Simulation

Die oben dargestellten Resultate wurden aus Daten berechnet, die von einer Simulation-Software, k-Wave [15, 16], erstellt wurden. Dies ist in der Forschung zu medizinischer Diagnostik üblich, da es Patientinnen, speziell, wenn diesen die Diagnose Brustkrebs gestellt wurde, nicht zugemutet werden kann, sich für Optimierungen der Algorithmen zur Verfügung zu stellen. k-Wave löst die nichtlineare, partielle, inhomogene Differenzialgleichung auch für ein strukturiertes Medium, dessen Massendichte, Schallgeschwindigkeit, Dämpfungsparameter, etc. für jedes Volumenelement separat spezifiziert werden können. Die für die dargestellten Medien gewählten Parametersätze sind in der Tab. 2 angegeben.

Tab. 2 Parameter der Simulation bzw. des Schätzers

Um einen fairen Vergleich aller analysierten Ultraschall-Bilder zu ermöglichen, wurden alle Parameter, mit Ausnahme des jeweils variierten, bei allen Simulationen konstant gehalten, eine Tatsache, die auch erklärt, warum alle B‑mode Bilder ähnliche Grundstruktur aufzuweisen scheinen.

6 Ergebnisse der Schätzung

Für homogene numerische Phantome wurden die in der Tab. 3 aufgeführten Schätzergebnisse erhalten. Man erkennt, dass die Standardabweichung \(\sigma_{\widehat{\alpha_{1}}}\) genügend klein ist, um relevante Gewebearten (siehe Tab. 1) noch mit einer gewissen statistischen Sicherheit trennen zu können. Nur der Maximum-Likelihood-Schätzer liefert auch den Wert für den Dämpfungsexponenten y zuverlässig, wobei dessen Varianz nicht ausgewertet wurde.

Tab. 3 Ergebnisse der Schätzung der beiden Parameter \(\alpha_{1}\) und y mit der jeweiligen Schätzvarianz. MoM schätzt nur \(\alpha_{1}\), ML schätzt gemeinsam beide Parameter

Die Abb. 7 stellt, beispielhaft ein B‑mode Ultraschall-Bild (in Grauwerten) dar, dem die lokale Schätzung für den Parametersatz \(\alpha_{1}=1{,}25\,,\;y=1{,}00\) (entsprechend dem eines Karzinoms) als farbcodiertes overlay überlagert ist.

Abb. 7
figure 7

B‑mode Ultraschall-Bild eines homogenen Mediums in Grau mit überlagertem \(\widehat{\alpha_{1}}\) Schätzergebnis in Farbtönen entsprechend der Farbachse rechts

Welche räumliche Auflösung mit den Verfahren erzielbar ist wurde bisher noch nicht untersucht. Es ist jedoch geplant diese Untersuchungen systematisch ebenso durchzuführen, wie auch die Schätzung des Dämpfungsexponenten über eine weitere Farbdimension aufzunehmen.

7 Zusammenfassung

Quantitativer Ultraschall hat das Potenzial die diagnostische Qualität von Ultraschall-Morphologiebildern wesentlich zu verbessern und daher in der Brustkrebsvorsorge künftig eine bedeutendere Stellung einzunehmen. Die Gewebeabsorptionsparameter Vorfaktor und Dämpfungsexponent gemeinsam erlauben dabei eine gute Trennung von normalem, benignen, bzw. malignen Geweben der Brust. Die erwartungstreue Schätzung mit geringer Schätzvarianz dieser Parameter direkt aus den Ultraschall-Signalen stellt jedoch ein einigermaßen komplexes Problem dar, da, um diagnostisch sinnvoll zu sein, eine hohe örtliche Auflösung gefordert ist.

In diesem Beitrag wurden verschiedene Schätzalgorithmen untersucht, beginnend vom einfachsten, der spectral-log-difference Methode, über die Methode der Momente, die bereits in der Lage ist, sowohl die Abnahme der Leistungsdichte als auch die Verschiebung zu niedrigeren Frequenzen des Leistungsdichtespektrums zu berücksichtigen, bis hin zum Maximum-Likelihood-Schätzer, der die gemeinsame Schätzung beider Absorptions-Parameter mit geringer Schätzvarianz erlaubt.