1 Einleitung

Einsatz in einer rauchigen, staubigen Umgebungsluft, sowie Zuverlässigkeit und kleine Unsicherheit sind nur einige Aspekte, die für die Temperaturmessung im industriellen Umfeld wichtig sind. Während einige unterschiedliche Verfahren zur berührungslosen Temperaturmessung von Oberflächen bekannt sind [1, 2] und deren Messunsicherheit bereits detailliert untersucht wurden [3, 4], nutzen berührungslose Temperaturmessmethoden in Gasen meist die Eigenschaft, dass die Schallgeschwindigkeit \(c_{\mathrm{a}}\) von der Temperatur eindeutig abhängig ist [5]

$$ c_{\mathrm{a}} = \sqrt{\frac{R\kappa\vartheta}{M}}\approx20{,}055\sqrt{\vartheta}. $$
(1)

\(R\) ist dabei die universelle Gaskonstante (\(8{,}3145 {\frac{\mathrm{J}}{\mathrm{mol} \, \mathrm{K}}}\)), \(M\) die molare Masse (\(0{,}02896 {\frac{\mathrm{kg}}{\mathrm{mol}}}\) bei Luft) und \(\kappa\) der Adiabatenexponenten (\(1{,}402\) für trockene Luft). Die Bestimmung von \(c_{\mathrm{a}}\) erfolgt entweder indirekt (bei homogener Temperaturverteilung) über die Messung der Laufzeit eines Schallpulses oder ortsaufgelöst über die elektromagnetisch-akustischen Wechselwirkung [6]. Das Messprinzip hinter dieser Wechselwirkung ist aus der Meteorologie bekannt und wird auch als RASS (Radio Acoustic Sounding System) bezeichnet [7, 8]. 1980 wurde damit erstmals die Temperatur in der unteren Troposphäre gemessen [9, 10]. Seit 1990 findet das RASS weitverbreitet Einsatz an Flughäfen.

2 Funktionsprinzip

Das Funktionsprinzip des RASS beruht auf der Geschwindigkeitsmessung eines Schallpulses mittels eines Doppler-Radarsystems. Abbildung 1 zeigt eine Prinzipskizze der vorgestellten Methode. Durch den vom Lautsprecher ausgesendeten Schallpuls (rot dargestellt) wird der Brechungsindex der Luft periodisch moduliert, was die Streuung von elektromagnetischen Wellen (schwarz dargestellt) ermöglicht. Damit eine möglichst hohe elektromagnetische Leistung zurück gestreut werden kann, muss die Radarwellenlänge \(\lambda _{\mathrm{e}}\) mit der akustischen Wellenlänge \(\lambda_{\mathrm{a}}\) Bragg abgestimmt sein

$$ \lambda_{\mathrm{e}}=2\cdot\lambda_{\mathrm{a}}. $$
(2)

Es wurden Wellenlängen von \(\lambda_{\mathrm{e}}=30~{\mathrm{mm}}\) und \(\lambda _{a}=15~{\mathrm{mm}}\) gewählt, und werden unter Abschn. 3 genauer diskutiert. Ist die Bragg Bedingung (2) erfüllt, kommt es zu einer konstruktiven Interferenz der an den Phasenflächen der Schallwelle entgegen der Ausbreitungsrichtung zurückgestreuten elektromagnetischen Wellen [11, 12]. Grundsätzlich gibt es zwei Betriebsarten: Continuous wave (CW) Radar mit gepulstem Schall (Abb. 1) oder CW Schall mit gepulstem Radar [7]. Erstere hat den Vorteil, dass alle früher ausgesendeten Schallpulse genügend Zeit haben abzuklingen und es somit zu keinen nennenswerten störenden Reflexionen selbst in geschlossenen Räumen kommt. Die Relativbewegung zwischen dem stationären Doppler-Radar und dem ausgesendeten Schallpuls, welcher als bewegter Reflektor für das Radar dient, führt zu einer Doppler-Frequenzverschiebung \(f_{\mathrm{d}}\) des empfangenen Radarsignals [13, 14]. Die Frequenz des empfangenen Signals ist gegeben mit

$$ f_{\mathrm{d}}=\frac{2 \; c_{\mathrm{a}}}{c_{\mathrm{e}}}f_{\mathrm{e}}. $$
(3)

\(f_{\mathrm{e}}\) beschreibt dabei die Sendefrequenz des CW Doppler-Radars und \(c_{\mathrm{e}}\) die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes (\(299792458 {\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}}}\)). Gleichungen (1) und (3) kombiniert beschreiben also den Zusammenhang zwischen Dopplerfrequenz und Temperatur. Die an der Empfangsantenne des Radars zurückgestreute Leistung berechnet sich mit

$$ P_{\mathrm{r}}=\frac{P_{\mathrm{t}}\;G_{\mathrm{t}}\;G_{\mathrm{r}}\;\lambda _{\mathrm{e}}^{2} }{(4\pi)^{3}\;r^{4}}\sigma, $$
(4)

wobei \(P_{\mathrm{t}}\) die gesendete Leistung, \(G_{\mathrm{t}}\) bzw. \(G_{\mathrm{r}}\) den Gewinn der Sende- bzw. Empfangsantenne, \(r\) den aktuellen Abstand des Schallpulses zur Radarantenne und \(\sigma\) den Radarquerschnitt der Schallwellen bezeichnet [15]. Marshall [16] und Brooker [17] leiten in ihrer Arbeit einen theoretischen Ausdruck für den Radarquerschnitt einer akustischen Wellenfront

$$ \sigma= A N^{2}_{\mathrm{{Bragg}}} r^{2} P_{\mathrm{a}} \frac{\sin {[(2k_{\mathrm{e}}-k_{\mathrm{a}})N_{\mathrm{{Bragg}}}\lambda_{\mathrm{a}}/2]}}{(2k_{\mathrm{e}}-k_{\mathrm{a}})N_{\mathrm{Bragg}}\lambda_{\mathrm{a}}/2}\left(1-\cos{\left(\frac{\theta}{2}\right)}\right)^{2} $$
(5)

her. \(P_{\mathrm{a}}\) bezeichnet die akustische Sendeleistung, \(A\) eine Konstante für verschiedene atmosphärische Parameter und auch die Gladstone–Dale Beziehung [18], \(N_{\mathrm{Bragg}}\) die Anzahl der Schallperioden und \(k_{\mathrm{e}}=2\pi/\lambda_{\mathrm{e}}\) bzw. \(k_{\mathrm{a}}=2\pi/\lambda_{\mathrm{a}}\) die Wellenzahlen. Die örtliche Länge des Schallpulses ist somit \(N_{\mathrm {Bragg}}\cdot\lambda_{\mathrm{a}}\). Setzt man (5) in (4) ein und kürzt \(r^{2}\), so erhält man die RASS-Gleichung. Eine wesentliche Eigenschaft der RASS-Gleichung im Vergleich zur Radar-Gleichung [19] ist, dass die empfangene Leistung \(\propto \frac{1}{R^{2}}\) und nicht \(\propto\frac{1}{R^{4}}\) ist. Die \(\propto\frac {1}{R^{2}}\) Abhängigkeit ist auf die sphärisch divergierende akustische Welle zurückzuführen. Eine wichtige Voraussetzung für die Gültigkeit diese Gleichung ist, dass sich die akustische und die Radar-Hauptkeulen ausreichend überlappen, wobei der kleinere Raumwinkel \(\theta\) entscheidet und in (5) verwendet werden muss. Eine weitere Anforderung ist, dass die elektromagnetische mit der akustischen Welle ideal kollimiert und koaxial bzw. nur gering divergent überlappend sind. Ein möglicher Aufbau wird in Abschn. 3 und [13] diskutiert. Des Weiteren ist die empfangene Leistung \(\propto N^{2}_{\mathrm{{Bragg}}}\), d.h. \(P_{\mathrm{r}}\) ist stark von der Anzahl der akustischen Perioden abhängig. Abbildung 2 zeigt, dass bei Verdopplung der Bragg-Zyklen die empfangene Leistung um 6 dB zunimmt, wenn die Bragg-Bedingung (2) mit Gleichheit erfüllt wird. Das Einschwingverhalten des Lautsprechers führt zu einer, hier mit Fensterfunktion bezeichneten, Modulation des Schallpulses, die sich auch bei der Spektralanalyse auswirkt, hier aber der Einfachheit halber vernachlässigt wird. Es würde zu einer Verbreiterung, sowie gleichzeitiger Reduktion der Hauptkeule in Abb. 2 führen. Aufgrund der unbekannten Temperaturinhomogenitäten in der Atmosphäre, wie z.B. Wind, ist es allerdings schwer die Bragg-Bedingung exakt zu treffen. Ein Nachteil dieser RASS Messmethode ist, dass ein grobes Vorwissen der ungefähren Temperatur vorhanden sein sollte. Bei 60 Schallzyklen (roter Graph) wird mit einer Schwelle von −6 dB (blaue Kreuze) gegenüber dem erzielbaren Optimum ein Temperaturbereich von \(11\,^{\circ}\mathrm{C}\) bis \(29\,^{\circ}\mathrm {C}\) abgedeckt. Der Schwellwert sollte so gewählt werden, dass ein ausreichender Signal-Rausch-Abstand (SRA) erzielt wird. Ist die ungefähre Temperatur des Gases nicht bekannt, so müssen Schallpakete unterschiedlicher Frequenzen ausgesendet werden, um einen größeren Temperaturbereich abdecken zu können.

Abb. 1.
figure 1

Prinzipskizze RASS: Die Geschwindigkeit der ausgesendeten Schallpulse wird mittels eines Doppler-Radar gemessen. Die so erhaltenen Dopplerfrequenzen \(f_{\mathrm{d,1}}, f_{\mathrm{d,2}}\) stehen in einem eindeutigen Zusammenhang mit der Temperatur (Farbig online)

Abb. 2.
figure 2

(Oben) Wird die Bragg-Bedingung \(\lambda_{\mathrm{e}}=2\cdot \lambda_{\mathrm{a}}\) nicht genau getroffen, so sinkt die Empfangsleistung abhängig von der Anzahl der Schallzyklen. (Unten) Mit einer kürzeren Schallpulslänge (weniger Bragg-Zyklen) kann ein größerer Temperaturbereich abgedeckt werden, allerdings sinkt die zurückgestreute Leistung (Farbig online)

3 Aufbau

Das Doppler-Radar wurde als monostatisches Radar realisiert, d.h. die Sendeantenne ist gleichzeitig auch die Empfangsantenne. Abbildung 3 zeigt den mechanischen Messaufbau. Das System und die Einstellungen (eingestellte Schallpulslänge, Anzahl gemittelter Messungen, usw. wird unter Abschn. 4 genauer beschrieben) wurden so konzipiert, dass Temperaturen zwischen \(-10\,^{\circ}\mathrm{C}\) und \(50\,^{\circ}\mathrm{C}\) gemessen werden können. Durch Änderung der Frequenzen (sowohl Schall wie auch Radar) können auch andere Temperaturbereiche abgedeckt werden. Ausgehend von einem 10 GHz Synthesizer (\(\lambda_{\mathrm{e}}=30~{\mathrm{mm}}\)) für die Erzeugung des Radarsignals, sind aufgrund der Bragg-Bedingung (2) Schallfrequenzen zwischen 21,7 kHz und 24 kHz notwendig (\(\lambda_{\mathrm{a}}=15~{\mathrm{mm}}\)). Als Schallquelle wird der Hochtöner GZCT 0500X verwendet. Da nur kurze, intensive Schallpulse ausgesendet werden, wird auf das Einschwingverhalten des Hochtöners durch Fensterung im Zeitbereich (z.B. Hamming [20]) Rücksicht genommen.

Abb. 3.
figure 3

Messaufbau des Radio Acoustic Sounding Systems. Das Gitter bewirkt eine optimale Kollokation der elektromagnetischen Wellen mit den Schallwellen [17]. Somit ist die Position beider Quellen zumindest näherungsweise virtuell gleich

Abbildung 4 zeigt ein Blockschaltbild des Doppler-Radars mit den jeweiligen Leistungspegeln der verwendeten Komponenten. Als HF Quelle dient der Mikrowellen Synthesizer FSL-0020 der Firma National Instruments mit einer Ausgangsleistung von 10 dB m. Die Gesamtverluste im Sendepfad betragen \({\approx}8~{\mathrm{dB}}\) und setzen sich zusammen aus den Kabelverlusten, der Einfügedämpfung des Zirkulators und den Verlusten des HF-Splitters. Des Weiteren befindet sich ein 23 dB Verstärker im Sendepfad. Das System wurde so ausgelegt, dass die höchstmögliche Radarleistung verwendet wird. Die Antenne besitzt einen Antennengewinn von 20 dBi (i … isentrop) bei einem −3 dB Öffnungswinkel von \(14^{\circ}\). Somit beträgt die äquivalente isotrope Strahlungsleistung (EIRP) 43 dB m. Bei einem Radarquerschnitt von \({-}60~{\mathrm{dB}\,\mathrm{m}^{2}}\) beträgt die Empfangsleistung, welche mit der RASS-Gleichung berechnet werden kann, am Antennenfußpunkt −87 dB m. Dabei wird von \(N_{\mathrm{BRAGG}}=100\) Schallperioden in einem Abstand von \(r=5~{\mathrm{m}}\) ausgegangen. Im Empfangspfad fallen nochmals 1 dB Kabelverluste und 7 dB Mischerverluste an. Nach einem 20 dB Verstärker (\(50~{\Omega}\) Ausgang) wird das Doppler-Signal mit einem 16 Bit Analog zu Digital Umsetzer bei einer Referenzspannung von 1 V abgetastet.

Abb. 4.
figure 4

Pegelplan für die Anwendung des Heterodynprinzips. Bei einer Schallpulslänge von 1,5 m in einem Abstand von 5 m ergibt sich eine RCS von \({-}60~{\mathrm{dB}\,\mathrm{m}^{2}}\), sowie ein Pfadverlust von −90 dB. Somit beträgt die Empfangsleistung mit diesem Setup −75 dB m

3.1 Kollokation

Wie in Abb. 3 dargestellt, wird ein feines Metallgitter verwendet, welches für elektromagnetische Wellen wie ein Spiegel und für akustische Wellen wie nicht vorhanden wirkt. Dadurch ist es möglich eine Kollokation der sphärischen Kugeloberflächen der akustischen bzw. Radarwellen zu ermöglichen. Das hier verwendete Gitter besitzt eine Drahtstärke von 0,2 mm und hat eine Gitterweite von 0,75 mm.

Um die Schallausbreitung durch das Gitter zu untersuchen, wurden im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit [18] die Schalldrücke mit und ohne Gitter an verschiedenen Positionen gemessen. Die Messdaten wurden mit einem Mikrofon, welches in einem Abstand \(z_{0}=250~{\mathrm{mm}}\) in Ausbreitungsrichtung vom Lautsprecher entfernt war, aufgenommen. Für die Schallfeldmessung mit Gitter wurde dieses zwischen Lautsprecher und Mikrofon im Abstand von \(z_{1}=100~{\mathrm{mm}}\) zur Lautsprechermembran montiert. Der Hochtöner wurde mittels Linearachsen in horizontaler Richtung \(y\) zwischen 0 und 350 mm verfahren. Abbildung 5 zeigt einen Vergleich der Schalldruckamplituden \(p\) des Schallfeldes bei impulsförmiger Anregung für einen festen Zeitpunkt. Es ist kein nennenswerter Unterschied erkennbar. Der geringe Einfluss des Gitters auf das Schallfeld lässt sich dadurch begründen, dass die Wellenlänge des ausgesendeten Schallpulses (\(\lambda_{\mathrm{a}}=15~{\mathrm{mm}}\)) um ein Vielfaches größer ist als die Drahtstärke und somit nur ein sehr geringer Teil reflektiert wird.

Abb. 5.
figure 5

Messergebnis zum Vergleich des Schallfeldes mit und ohne Gitter. Das Gitter bewirkt keine nennenswerte Dämpfung des Schallfeldes und stellt somit keinen Diffusor dar (Farbig online)

4 Temperaturprofilmessung

Es wurden Messungen in einem abgeschlossenen Laborraum durchgeführt, d.h. Fenster und Türen waren geschlossen, um mögliche Luftverwirbelungen zu vermeiden. Um Rauschen zu reduzieren, wurden 800 Messungen gemittelt. Alle 20 ms wurde ein Schallpaket ausgesendet, somit beträgt die Messzeit für 800 Messungen 16 s. Innerhalb der kurzen Messzeit kann die Raumtemperatur als konstant angenommen werden. Bereits unter Abschn. 2 wurde erwähnt, dass das Abklingen der Schallintensität notwendig ist, um Mehrfachreflexionen zu vermeiden.

Abbildung 6 zeigt ein typisches Leistungsdichtespektrum des ausgewerteten Doppler-Signals. Bei 23,22 kHz ist ein ausgeprägter Peak zu erkennen, welcher der Dopplerfrequenz des Schallpulses entspricht. Da die ausgesendete Frequenz des Doppler-Radars \(f_{\mathrm{e}}\) und die Lichtgeschwindigkeit \(c_{\mathrm{e}}\) ausreichend genau bekannt sind, kann mit Gleichung (3) die Schallgeschwindigkeit \(c_{a}\) berechnet werden. Mit Gleichung (1) kann anschließend die Temperatur (\(\vartheta= 28{,}35\,^{\circ}\mathrm{C}\)) bestimmt werden.

Abb. 6.
figure 6

Typisches Leistungsdichtespektrum nach der Spektralanalyse. Ein ausgeprägter Peak ist bei 23,22 kHz erkennbar. Diese Dopplerfrequenz ist proportional zu der Temperatur des Gases indem die Geschwindigkeit des Schallpulses gemessen wird. Parameter: Schallpulslänge = 0,4 m, Anzahl gemittelter Messungen = 800

Es wurden mehrere Messreihen hintereinander aufgenommen und ausgewertet. Abbildung 7 zeigt die zeitliche Entwicklung der Temperatur entlang der Tiefendimension (von 0,5 m bis 3 m) für einen Zeitraum von 310 s. Bei einer Messzeit von 16 s für 800 gemittelte Messungen konnten somit 19 Messreihen aufgenommen werden. Verifiziert wurde die Messung mit einem handelsüblichen Thermometer. Die örtliche Position der Schallpulse wurde über deren Laufzeit bestimmt. Dabei wurde eine konstante Raumtemperatur von \(\vartheta= 28\,^{\circ}\mathrm {C}\) angenommen. Bei Messungen für größere Entfernungen kommt es mit diesem Ansatz (Annahme konstante Temperatur im Raum) zu nennenswerten Abweichungen zwischen berechneter und tatsächlicher Laufzeit des Schallpulses. Speziell bei inhomogener Temperatur des Gases treten erhebliche Ungenauigkeiten auf. Deshalb sollte in diesen Fällen die Laufzeit mit \(T(r)=\int_{0}^{r} \frac{1}{c_{\mathrm{a}}(s)}\mathrm{d}s\) berechnet werden.

Abb. 7.
figure 7

Zeitliche Temperaturprofilmessung im Raum. Erkennbar ist, dass ab ca. 2 m Abstand die Messung unzuverlässig wird. Die gemittelte Temperatur im Raum beträgt \(\vartheta= 28{,}45\,^{\circ}\mathrm{C}\). Parameter: Schallpulslänge = 0,4 m, Anzahl gemittelter Messungen = 800 (Farbig online)

Bei 60 s und in einem Abstand von 2,2 m sieht man einen Messausreißer. Theoretisch wurden hier \(-25\,^{\circ}\mathrm {C}\) berechnet. Das bedeutet, es wurde der höchste Frequenzpeak bei 21,07 kHz detektiert. Das ist auf einen zu geringen SRA zurückzuführen, da diese Temperatur definitiv ausgeschlossen werden kann. Der sogenannte threshold – Level für die Spektralanalyse wurde hier unterschritten [21, 22]. Das Messsystem mit diesen Einstellungen (Bragg-Zyklen, Anzahl der Mittelungen, …) ist in der Lage bis zu 2 m Entfernung die Temperatur zuverlässig zu messen. Für größere Distanzen ist der SRA-Abstand nicht mehr ausreichend, um einen signifikanten Peak mit hoher Sicherheit zu detektieren und somit die Temperatur verlässlich zu berechnen.

Abbildung 8 zeigt für den Zeitpunkt \(t=150~{\mathrm{s}}\) die Pegel der Peaks des Spektrums für den jeweiligen Abstand \(r\). Eine Verdopplung des Abstandes bewirkt eine Abnahme des Pegels um 6 dB. Wie schon erwähnt, sind mit diesen Einstellungen und Setup, Messungen bis 2 m sinnvoll.

Abb. 8.
figure 8

Pegel der Peaks der Spektralanalyse als Funktion des Abstandes \(r\). Eine Verdopplung des Abstandes bewirkt eine Abnahme um 6 dB. Parameter: Schallpulslänge = 0,4 m, Anzahl gemittelter Messungen = 800

5 Ausblick

Mit dem vorgestellten RASS System ist es möglich eindimensional die Schallgeschwindigkeit zu messen und anschließend die Temperatur zu berechnen. Um flächig die Temperatur zu bestimmen, könnte die bekannte Beamforming-Technik angewendet werden. Mit diesem Verfahren aus der Radartechnik ist es möglich, die Hauptkeule der Radarstrahlen zu schwenken [21]. Auch ein mechanisches Schwenken des RASS wäre denkbar [7]. In Abb. 9 ist eine Prinzipskizze dargestellt, die einen Schallpuls, mit der Länge \(N_{\mathrm{Bragg}}\cdot\lambda_{\mathrm{a}}\) in einem Abstand \(r\), zeigt. Dabei kann ein großer Öffnungswinkel des Lautsprechers \(\theta_{\mathrm{a}}\) ausgenutzt werden, um einen ausgedehnten Bereich abdecken zu können. Gleichzeitig sollte der Öffnungswinkel der Radarantenne \(\theta _{\mathrm{e}}\) signifikant kleiner als der des Lautsprechers sein, damit die Winkelauflösung erhöht werden kann. Wie bereits im Abschn. 4 genauer diskutiert, kann unter Berücksichtigung der Laufzeit des Schallpulses das Messfenster in radialer Richtung variiert werden.

Abb. 9.
figure 9

Mit dem bekannten Beamforming aus der Radartechnik ist es möglich auch mehrdimensional Temperatur zu messen. Dabei wird ein breiter Abstrahlwinkel eines Hochtöners genutzt

Für industrielle Applikationen ist es wichtig, die Messunsicherheit eines Messsystems zu kennen. Da es sich bei dieser Temperaturmessung um ein Frequenzschätzproblem handelt, kann mittels der Cramer–Rao lower Bound [2123] die untere Schranke der Varianz der Temperatur berechnet werden. Diese Genauigkeitsgrenzen, erreichbare Auflösung sowie Methoden der Signalverarbeitung werden in einer zukünftigen Arbeit diskutiert.

6 Zusammenfassung

Das vorgestellte Messprinzip ist aus der Meteorologie bekannt und erlaubt berührungslos die Temperatur von Gasen zu bestimmen. Es hat auch Potential für den industriellen Einsatz. Mit diesem realisierten Setup und Einstellungen, ist es möglich Temperaturen bis zu einem Abstand von 2 m zuverlässig zu messen. Mit einer höheren Schallleistung bzw. Radarleistung kann der SRA erhöht und somit auch der maximale Abstand für zuverlässige Temperaturmessungen vergrößert werden. Es wurde gezeigt, dass mit einer größeren Anzahl der Schallzyklen auf der einen Seite die zurückgestreute Radarleistung vergrößert werden kann, auf der anderen Seite allerdings die Bragg-Bedingung genauer getroffen werden muss.

Des Weiteren wurde gezeigt, dass ein Metallgitter, welches für die Kollokation der elektromagnetischen mit der akustischen Welle nötig ist, keinen nennenswerten Einfluss auf das Schallfeld besitzt.