1 Einleitung

Die Abwasserbehandlung stellt einen energieintensiven Prozess dar, der für rund 20 % des Energieverbrauchs des Gemeindeapparates verantwortlich ist [1]. Jedoch hinterlässt der Prozess auch energiereiche Reststoffe, wie Faulgas und Klärschlamm, welche erhebliche Bioenergiepotentiale darstellen. Faulgas wird bereits heute in Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Deckung des Elektrizitäts- und Wärmebedarfs von Kläranlagen eingesetzt. Klärschlamm ist ein Bioenergieträger der Zukunft, welcher unter anderem einer thermischen Verwertung zugeführt werden kann. Bei energetisch optimaler Einbindung der genannten Potentiale in vorliegende Anlagenkonfigurationen, kann im ersten Schritt systemintern ein höherer Elektrizitäts- und Wärmeeigenversorgungsgrad erreicht werden. Betrachtet man nicht nur die interne Einbindung, sondern erweitert den Fokus auf eine Einbindung in das kommunale Energiesystem, ergeben sich weitere, sogenannte externe Potentiale. Bei optimaler Abstimmung mit Netzinfrastruktur und Energiebedarf können Lastverschiebungspotentiale vorliegen, welche Abwasserbehandlungsanlagen als Flexibilitätsdienstleister in kommunalen Netzen etablieren könnten.

Um sowohl die internen als auch externen Potentiale zu ermitteln, ist es zunächst notwendig, die Massen- und Energieströme der jeweiligen Abwasserbehandlungsanlage zu analysieren, Bioenergiepotentiale zu identifizieren und eine Einbindung dieser über thermische Verwertungsaggregate zu ermöglichen. Auf dieser Basis sind individuelle Last- und Erzeugungsprofile zu erstellen, um in weiterer Folge einen Abgleich mit der vorhandenen Netzstruktur und -nutzung zu ermöglichen. Eine genaue Analyse diverser Energieverbunde wird angestrebt und mit Hilfe eines am Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben entwickelten modularen Simulationsmodells durchgeführt.

2 Methodik – Ermittlung interner Bioenergiepotentiale und externer Flexibilitätsoptionen kommunaler Abwasserbehandlungsanlagen

Hinsichtlich der internen Bioenergiepotentiale, Faulgas und Klärschlamm, gilt es deren energetische Größenordnung (Nennleistungen in W, Energieflüsse in Wh/d und Wh/a), sowie deren zeitliches Auftreten zu ermitteln und die Einbindung in einen Energieverbund zu forcieren. Die externen Flexibilitätsoptionen bezüglich der kommunalen Energienetze können auf Basis von Last- und Erzeugungsprofilen und Analysen kommunaler Energieversorgungsstrukturen ermittelt werden. Zudem gilt es die technischen Gegebenheiten der Abwasseranlagen zu analysieren, um die Flexibilität einzelner Anlagenteile zu identifizieren.

2.1 Ermittlung interner Bioenergiepotentiale

Die Bioenergiepotentiale hängen von zahlreichen Faktoren, wie der Kläranlagengröße, der verfahrenstechnischen Ausstattung oder der Abwasserzusammensetzung ab. Zur Ermittlung der tatsächlich vorliegenden Potentiale ist es daher notwendig, eine Massen- und Energiebilanz aufzustellen, welche die relevanten Einflussfaktoren berücksichtigt. Eine Betrachtung einzelner Verfahrensstufen ohne ihre gesamtsystematische Einbindung in die Kläranlage ermöglicht nur eine eingeschränkte Abbildung der Potentiale und bietet keine ausreichende Grundlage für weitere energietechnische Analysen. Daher ist es notwendig das gesamte Energiesystem Abwasserbehandlungsanlage detailliert abzubilden. Bei Betrachtung des aktuellen Wissensstandes, wird ersichtlich, dass hier noch Forschungsbedarf vorliegt. Die Entwicklung eines modularen Modells, welches das gesamte Energiesystem inklusive aller Verfahrensstufen vollständig darstellt, soll hier Fortschritte schaffen. Das modulare Modell ermöglicht Nutzern individuelle Massen- und Energiebilanzen von aeroben und anaeroben Abwasserbehandlungsanlagen verschiedener Größen und mit unterschiedlichen Ausstattungscharakteristika zu erstellen, um daraus Bioenergiepotentiale abzuleiten. Abbildung 1 zeigt alle in das Modell inkludierbaren Module einer Kläranlage mit anaerober Schlammstabilisierung. Hier gilt zu beachten, dass bei der Betrachtung einer aeroben Stabilisierung die Module Vorklärung und Faulturm, sowie die Stoffflüsse Primärschlamm und Faulgas entfallen [2].

Abb. 1.
figure 1

Aufbau des modularen Modells zur Ermittlung von Massen- und Energiebilanzen

2.2 Einbindung der ermittelten internen Bioenergiepotentiale in den Energieverbund der Kläranlage

Nach Aufstellung der Massen- und Energiebilanzen folgt eine Analyse der dezentralen energetischen Verwertung der internen Bioenergiepotentiale – Faulgas und Klärschlamm. Dezentral bedeutet hier eine Nutzung direkt am Standort der Kläranlage. Dies stellt eine Alternative zu einer Verwertung in einer zentralen Anlage, wie zum Beispiel einer Mit- oder Monoverbrennungsanlage, dar.

Das im Faulturm einer anaeroben Abwasserbehandlungsanlage entstehende Faulgas wird derzeit meist im Rahmen einer internen Nutzung Blockheizkraftwerken zugeführt. Zudem ist eine Verwertung in Heizkesseln und Mikrogasturbinen möglich. Der dezentrale Einsatz bietet Vorteile bezüglich einer teilweisen Eigenbedarfsdeckung von Elektrizität und Wärme, sowie bezüglich geringer Faulgasverluste. Die verwendeten Technologien sind überdies Stand der Technik und können ohne hohen technischen, personellen und sicherheitstechnischen Aufwand energieeffizient betrieben werden [3].

Klärschlamm ist ein Bioenergieträger, welcher unter anderem einer energetischen Verwertung – Verbrennung oder Vergasung – zugeführt werden kann. In Österreich und Deutschland fallen jährlich rund 2,1 Millionen Tonnen (Trockenmasse) Klärschlamm an [4, 5]. Früher diente der Klärschlamm als Dünger für landwirtschaftliche Flächen, jedoch führen aktuelle Entwicklungen zu einer erhöhten Attraktivität der dezentralen energetischen Verwertung:

  1. 1.

    Aufgrund der Ausbringungsverbote beziehungsweise -restriktionen im deutschsprachigen Raum ist eine energetische Verwertung des Klärschlammes anzustreben. Die landwirtschaftliche Ausbringung ist in Österreich durch die Bodenschutzkompetenz der einzelnen Bundesländer geregelt und wird durch die Bodenschutz- und Klärschlammgesetze bzw. Klärschlammverordnungen umgesetzt. In den Bundesländern Tirol, Salzburg und Wien gilt ein generelles Ausbringungsverbot auf landwirtschaftlich genutzten Böden. In anderen Teilen Österreichs ist die Nutzung als Dünger nur bei genauer Einhaltung der Grenzwerte und sonstigen Einschränkungen möglich. In der Schweiz gilt seit 2006 ein generelles Ausbringungsverbot für Klärschlamm und auch in Deutschland liegen Verbote und Restriktionen vor [5, 6].

  2. 2.

    Das Aufkommen an Klärschlamm kann, wenn noch rechtlich möglich, meist nicht mehr vollständig in der lokalen Landwirtschaft genutzt werden, da eine Überdüngung der Böden auftreten kann [7]. Aufgrund des hohen Wassergehaltes von rund 70–90 % übersteigen jedoch die Transportkosten den monetären Düngemittelwert schon ab einer Transportdistanz von 10 km, was lange Transportwege unwirtschaftlich macht. Dies ist übertragbar auf die thermische Verwertung in zentralen Mono- oder Mitverbrennungsanlagen. Liegen lange Distanzen vor, führen hohe Transportkosten zu einer Unwirtschaftlichkeit von zentralen Verwertungsmöglichkeiten [8].

  3. 3.

    Mit Hilfe der anaeroben Vergärung im Faulturm der Abwasserreinigungsanlage wird nicht der gesamte Energieinhalt der Biomasse erschlossen. Nach einer Trocknung auf 90 % Trockengehalt weist der anaerob behandelte Klärschlamm noch einen Energieinhalt von rund 9,5 MJ/kg auf, welcher über thermische Verwertungsverfahren nutzbar gemacht werden kann [9]. Des Weiteren zeigen einige Studien, dass wichtige Nährstoffe wie Phosphor auch nach der Verbrennung oder Vergasung in der Asche vorliegen und pflanzenverfügbar sind bzw. aufbereitet werden können [10, 11].

  4. 4.

    Zudem ist ein hoher Eigenversorgungsgrad von kommunalen Kläranlagen anzustreben. Ersichtlich wird dies bei genauerer Betrachtung der Situation in Österreich und Deutschland. Die rund 12.000 existierenden kommunalen Kläranlagen benötigen circa 4.500 GWh an elektrischer und 1.900 GWh an thermischer Energie und sind mit einem Anteil von um die 20 % die Hauptverbraucher innerhalb des Gemeindeapparates. Abwasserbehandlungsanlagen sind somit für rund 1 % des jeweiligen nationalen Gesamtelektrizitätsbedarfs verantwortlich [12, 13].

Im Hinblick auf die Ausbringungsverbote und -restriktionen sowie die Entwicklung nachhaltiger, dezentraler und energieeffizienter Systeme gilt es daher, die im Faulgas und Klärschlamm enthaltenen Energiepotentiale effizient in den Energieverbund der Kläranlage einzubinden. Dies wird ebenfalls über das modulare Modell ermöglicht. Auf Basis der erstellten Massen- und Energiebilanz der Kläranlage können die sich aus der Marktsituation ergebenden Energieverbunde aufgebaut und berechnet werden. Dies erfolgt mittels Integration von Schlammbehandlungs- oder Verwertungsaggregaten, wie Klärschlammtrocknungsaggregaten, Blockheizkraftwerken oder Aggregaten zur thermischen Klärschlammverwertung. Zur optimalen Einbindung der möglichen Erweiterungsoptionen hinsichtlich Erhöhung der Energieeffizienz und Steigerung des Eigenversorgungsgrades wird ein erweitertes System betrachtet, welches in Abb. 2 dargestellt ist. Es ist zudem ersichtlich, welche potentiellen Energienutzungspfade anlagenintern vorliegen können.

Abb. 2.
figure 2

Systemerweiterung zur energieoptimierten Nutzung interner Potentiale im Energieverbund kommunale Abwasserbehandlungsanlage

2.3 Einbettung des erweiterten Energieverbundes kommunale Abwasserbehandlungsanlage in kommunale Energienetze

Nach vollständiger Analyse des Energieverbundes kommunale Abwasserbehandlungsanlage kann mit Hilfe des modularen Modells zudem eine Analyse verschiedener Speicher- und Netzeinbindungsoptionen durchgeführt werden. Abbildung 3 zeigt das Gesamtsystem inklusive der für Speicherung und Einspeisung im Fokus stehenden Energieträger.

Abb. 3.
figure 3

Einbettung des Energieverbundes in kommunale Energienetze

Das Ziel besteht darin, zu identifizieren inwieweit Bioenergiepotentiale anlagenintern genutzt werden sollen, beziehungsweise wann ein Export in übergeordnete Netzsysteme anzustreben ist. Zudem gilt zu ermitteln, ob die Anlagen über Lastverschiebungspotentiale verfügen, welche zur Bereitstellung von Regelenergie genutzt werden können (siehe Abschn. 3.3). Dafür sind Verbrauchs- und -erzeugungsprofile für Elektrizität, Wärme und Gas der jeweiligen Abwasserbehandlungsanlage auf Basis der Massen- und Energiebilanzen zu erstellen, um einen Abgleich mit dem kommunalen Netz vornehmen zu können. Basierend auf diesen Grundlagen kann in weiterer Folge abgeklärt werden, ob Abwasserbehandlungsanlagen potentielle Energiezentralen darstellen. Da in der Literatur nur ein allgemeines VDEW-Standardlastprofil für durchlaufende Gewerbe (G3) zu finden ist, und dieses teilweise stark von realen Lastgängen abweicht, erfolgt zur Entwicklung von Last- und Erzeugungsprofilen eine Dynamisierung des entwickelten Modells.

2.4 Kommunale Abwasserbehandlungsanlagen als Flexibilitätsdienstleister

Die Nutzung sowie Verbreitung erneuerbarer Energieträger nimmt stetig zu. Die steigende Anzahl an Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen, Biomassekraftwerken und anderen dezentralen Energieversorgungssystemen bewirken eine fortschreitende Energiewende. Die fluktuierende Energie, welche hauptsächlich in der Mittel- und Niederspannungsebene eingespeist wird, bedingt eine höhere Flexibilität des Systems zur Reduktion von Residuallasten, sowie zur Bereitstellung von Regelenergie, um eine ausreichende Netzstabilität zu gewährleisten [14].

Kommunale Abwasserbehandlungsanlagen liegen in einer großen Anzahl vor, werden durchlaufend betrieben und beinhalten Anlagenkomponenten mit hohem Elektrizitäts- und Wärmebedarf. Zudem weisen anaerobe Kläranlagen Speichermöglichkeiten und Faulgasverwertungsaggregate auf. Diese Faktoren bilden eine gute Grundlage um eine Rolle als Flexibilitätsdienstleister im zukünftigen Energiemarkt anzudenken.

3 Vorläufige Projektergebnisse

Das aktuelle Ergebnis der Studie ist ein statisches Modell zur Ermittlung der Massen- und Energiebilanzen von Energieverbunden. Diese beinhalten diverse Typen von Abwasserbehandlungsanlagen, sowie Faulgas- und Klärschlammverwertungsaggregate. Statisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Zustand des Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt dargestellt wird, und keine zeitlich veränderlichen Variablen berücksichtigt werden. Zudem erfolgten bereits erste Analysen bezüglich des Eigenversorgungsgrades von Energieverbunden, sowie bezüglich vorliegender Lastverschiebungspotentiale.

3.1 Validierungsergebnisse

Um die Einsetzbarkeit des Modells zu überprüfen, fand eine Validierung auf Basis von Literaturwerten und Realdaten von Kläranlagen statt. Beispielsweise wurden Werte einer deutschen Kläranlage der Größenklasse 5 (Anschlusskapazität: 124.500 Einwohnerwerte (EW)) herangezogen. Die Anlage verfügt über einen Faulturm, sowie Blockheizkraftwerke und ein Vergasungsaggregat für Klärschlamm. Da es sich bei dem Vergasungsaggregat um eine diskontinuierlich betriebene Versuchsanlage handelt, wird dieses aus der Validierung ausgenommen. Validiert werden die Massen- und Energieströme der Anlage. Einige Ergebnisse werden in der nachfolgenden Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1. Validierungsergebnisse System Kläranlage

3.2 Eigenversorgungsgrade von ausgewählten internen Energieverbunden

Im Zuge der ersten Analysen mittels des vorliegenden Modells wurde der Fokus auf die Optimierung des Elektrizitäts- und Wärmeeigenversorgungsgrades der Kläranlage gelegt. Im ersten Schritt erfolgte die Ermittlung der Kläranlagenkonfiguration. Hierzu wurde mit Hilfe des modularen Modells auf Basis einer Energiebilanz der Eigenversorgungsgrad hinsichtlich Elektrizität und Wärme von diversen aeroben und anaeroben Kläranlagen verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass anaerobe Kläranlagen als Basis für weitere Betrachtungen herangezogen werden, da aufgrund der Faulgasproduktion und -nutzung ein höherer Eigenversorgungsgrad erreicht werden kann.

Im Rahmen des nächsten Analyseschrittes ist es essentiell die Klärschlammentwässerung, -trocknung, und -verwertung genauer zu betrachten. Um einen möglichst hohen Trockengehalt von rund 35 % [15] zu erreichen, sodass in weiterer Folge der Energieverbrauch der Trocknungsanlagen reduziert werden kann, stellt eine Kammerfilterpresse als Entwässerungsaggregat die optimale Lösung dar. Danach erfolgt mit Hilfe eines Niedertemperatur-Bandtrockners die Trocknung des Klärschlammes auf Trockengehalte von rund 90 %. Dieser weist hinsichtlich Energieverbräuche die beste Performance auf. Die thermische Verwertung kann anschließend in einem Verbrennungs- oder einem Vergasungsaggregat erfolgen [16]. Hier ist bei Optimierung hinsichtlich eines möglichst hohen Elektrizitäts- und Wärmeeigenversorgungsgrads eine Vergasung anzudenken. Die Tab. 2 zeigt einen Vergleich der Energieverbunde aus anaerober Kläranlage der Größenklasse 5 (Anschlusskapazität >100.000 EW) mit Faulgasnutzung, Presse, Bandtrockner und Verbrennung bzw. Vergasung von Klärschlamm [17].

Tab. 2. Ergebnisse aus dem Vergleich zweier Energieverbunde – anaerobe Kläranlage, Presse, Bandtrockner und Klärschlammverbrennung bzw. -vergasung

3.3 Externe Lastverschiebungspotentiale

Die Kläranlage kann theoretisch sowohl positive, als auch negative Regelleistung zur Verfügung stellen. Generell gilt, dass zum Ausgleich von Leistungsdefiziten im Netz eine Lastreduktion und eine Erhöhung der Erzeugung vorgenommen werden kann (positive Regelleistung). Um Leistungsüberschüsse auszugleichen, können eine Lasterhöhung und eine Reduktion der Erzeugung erfolgen (negative Regelleistung). Die nachfolgende Grafik (Abb. 4) zeigt einige Möglichkeiten zur Lastverschiebung in Kläranlagen.

Abb. 4.
figure 4

Möglichkeiten der Lastverschiebung in Abwasserbehandlungsanlagen und deren Energieverbunden

Erste Analysen zeigen, dass hohe Potentiale bei der Lastreduktion erreichbar sind, wenn Belüftungsanlagen und Pumpen der biologischen Reinigungsstufe rückgenommen oder abgeschaltet werden. Diese Komponentengruppen sind für rund 60–70 % des Strombedarfes einer Abwasserbehandlungsanlage verantwortlich und weisen bei einer Anlage der Größenklasse 4 (Anschlusskapazität bis 100.000 Einwohnerwerte) insgesamt eine Nennleistung von rund 250 kW auf. Anzudenken sind Rücknahmen und Abschaltungen von einzelnen Belüftern und Pumpen für Zeiträume von fünf Minuten bis 15 Minuten. Hinsichtlich Abschaltdauern von einer oder mehrerer Stunden gilt in weiteren Analysen zu überprüfen, ob die Abwasserreinigung beeinträchtigt wird [18].

Lastverschiebungspotentiale mittels Lasterhöhung sind vor allem über nicht kontinuierlich betriebene Anlagenkomponenten zu generieren. Dazu zählen beispielsweise Entwässerungs- oder Trocknungsaggregate. Bei ausreichender Lagerkapazität für den Klärschlamm könnten diese Aggregate angepasst an den Regelenergiebedarf zugeschaltet werden.

Anaeroben Kläranlagen mit Faulgasproduktion verfügen zudem über weitere Lastverschiebungspotentiale. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Faulgas ein exergetisch hochwertiger Energieträger ist, welcher gespeichert und energetisch verwertet werden kann. Durch die Faulgasnutzung, meist in Blockheizkraftwerken, wird eine höhere Flexibilität erzielt als bei aeroben Anlagen. Bei einer anaeroben Anlage der Größenklasse 4 ist eine elektrische Gesamtnennleistung der Faulgasverwertungsaggregate von rund 260 bis 300 kW zu erwarten.

Wird zudem der Klärschlamm dezentral am Anlagenstandort verwertet, können weitere Lastverschiebungspotentiale auftreten. Vor allem das Produktgas, welches bei der Vergasung von Klärschlamm entsteht, bietet Flexibilität in der Strom- und Wärmeproduktion sowie hinsichtlich Speicherung und Einspeisung in kommunale Netze.

Die Qualität und Quantität der Lastverschiebungspotentiale soll anhand der mit dem entwickelten Modell erstellen Last- und Erzeugungsprofile analysiert werden. Weitere Vorhaben werden im Ausblick dargestellt.

4 Ausblick

Im Rahmen des Projektes werden im nächsten Schritt, auf Basis des Modells zur Aufstellung statischer Massen- und Energiebilanzen, Last- und Erzeugungsprofile ausgewählter Kläranlagentypen erstellt. Diese dienen wie bereits erwähnt, einer tiefergehenden Analyse und Kalkulation von Lastverschiebungspotentialen. Des Weiteren steht eine Untersuchung der Auswirkung auf Lastverschiebungspotentiale des Energieverbundes Kläranlage bei Integration von Speichermöglichkeiten und Power-to-Gas im Fokus.

Auf Basis der Ergebnisse wird zudem die Anwendung des Konzeptes der virtuellen Kraftwerke auf Kläranlagen beziehungsweise Kläranlagenverbunde untersucht. Bei einem virtuellen Kraftwerk handelt es sich um eine Zusammenschaltung von dezentralen Stromerzeugungseinheiten, wie zum Beispiel Photovoltaik-, Biogas-, Abwasserbehandlungs-, oder Windenergieanlagen. Dieser Verbund kann theoretisch elektrische Leistung verlässlich bereitstellen und damit dargebotsunabhängige Leistung aus Großkraftwerken ersetzen. Hier liegt der Fokus auf einer Untersuchung des Zusammenschlusses dezentraler kommunaler Anlagen inkl. Kläranlagen, sowie des Zusammenschlusses mehrerer kommunaler Kläranlagen.