Zusammenfassung
Beim Tunnelvortrieb werden häufig Injektionen zur Abdichtung oder Verfestigung des Baugrunds eingesetzt, da sie sich mit konventioneller Gerätetechnik in den typischen Arbeitsablauf des Tunnelbaus integrieren lassen. Diese Methode der Gebirgssicherung und -abdichtung ist flexibel und kann durch Änderung der Bohrgeometrie sowie der Injektion, z. B. des Injektionsmaterials, des Volumens und der Abbruchkriterien, kontinuierlich angepasst werden. Diese Flexibilität birgt sowohl Herausforderungen als auch Möglichkeiten zur Optimierung. Das Projekt AVANT zielt darauf ab, Optimierungsmöglichkeiten auf der Grundlage der Entwicklung geologischer Gebirgsmodelle vor der Ortsbrust in Kombination mit der Analyse der Injektionsdaten durch künstliche Intelligenz zu bieten.
Wir stellen eine Methode zur Verarbeitung von Monitoring While Drilling (MWD) Daten vor, bei der Variationen der Penetrationsrate, des Vorschub- und des Dämpfungsdrucks sowie des Drehmoments verwendet werden, um Stellen entlang dem Bohrloch hervorzuheben, die diese Parameter gleichzeitig beeinflussen, was als „Ereignisse“ bezeichnet wird. Anschließend zeigen wir, wie die verarbeiteten MWD-Signale farbkodiert und in drei Dimensionen aufgetragen werden können, um Stellen am Tunnelumfang – entlang den Bohrungen des Injektionsschirms – zu identifizieren, die Ereignisse mit einer räumlich geometrischen Ausrichtung aufweisen, die die Plausibilität einer potenziellen über den Querschnitt vorhandenen geologischen Struktur stützt. Schließlich zeigen wir, wie diese potenziellen geologischen Strukturen anhand geologischer Karten und Fotos verifiziert werden können. Abschließend schlagen wir vor, dass diese Methode der Datenanalyse zur Erstellung von Baugrundmodellen im Vorfeld der Ortsbrust verwendet und mit den Injektionsentscheidungen vor Ort verknüpft werden kann.
Abstract
During tunnel excavation, injections are often used to seal or consolidate the ground because they can be integrated into the typical tunnelling workflow with conventional equipment technology. This rock mass support and sealing method is flexible, and can be continuously adjusted by adapting the drilling geometry as well as the injection, for example the grouting material, volume, and stopping criteria. This flexibility also presents challenges and opportunity for optimization. The AVANT project aims to provide options for optimization based on the development of geological ground models ahead of the tunnel face combined with artificial intelligence analysis of grouting data.
We present a method for processing monitoring-while-drilling (MWD) data that uses variations in the rate of penetration, feed pressure, damping pressure, and torque to highlight locations along the drill hole that affect these parameters simultaneously, termed “events”. We then show how the processed MWD signals can be colour-coded and plotted in three dimensions to identify locations around the tunnel perimeter that exhibit events in a geometrical orientation that supports the presence of a potential geological structure. We finally show how these potential geological structures can be verified using geological maps and photos. Finally, we propose that this method of data analysis can be used to generate ground models ahead of the face and linked to the grouting decision making on-site.
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1 Allgemeines
Measurement-While-Drilling (MWD) ist die Echtzeit-Erfassung von Bohrparametern entweder in festgelegten Abstandsintervallen (z. B. 20–100 mm) oder in festgelegten Zeitintervallen (z. B. 5–10 s). Mit der stetigen Fortentwicklung von Bohrwägen stehen in Vortrieben immer häufiger beim Bohren registrierte MWD-Daten bereit. Die MWD-Daten enthalten Kategorien, wie Penetrationsrate, Bohr- und Wasserdruck u. ä., die sich aus Logdaten und Headerangaben der Bohrung und der Baustelle zusammensetzen [1]. Die Untersuchung von MWD-Daten auf ihre Aussagekraft zur Charakterisierung des Gebirges und Gesteins ist Fokus zahlreicher Studien. Für die Aufnahmefähigkeit von Injektionsmaterial durch das Gebirge sind vorhandene durchlässige Strukturen im Gebirge maßgeblich, die teils einen großen Verbrauch von Injektionsgut verursachen.
Das Potenzial der Verwendung von MWD-Daten zur Charakterisierung des Gebirges vor der Ortsbrust wurde in der Literatur untersucht, beispielsweise zur Ableitung von Gesteinseigenschaften, wie RQD und RMR [2,3,4,5], und zur Schätzung der Festigkeit intakten Gesteins [6]. Von besonderer Bedeutung für die Injektionsoptimierung ist das Vorhandensein durchlässiger Strukturen, sogenannter Diebeszonen, die große Mengen von Injektionsmaterial aufnehmen und die Abbruchkriterien beeinflussen können. Im heterogenen Gebirge können diese durchlässigen Strukturen lokal ausgeprägt sein und sich durch die Verarbeitung der MWD-Daten identifizieren lassen. Es hat sich gezeigt, dass selbst kleine Merkmale,wie einzelne offene Klüfte, das MWD-Signal so stark beeinflussen, dass sie identifiziert werden können [7]. Die mäßig geklüftete Beschaffenheit des Gebirges in einem Skandinavischen Tunnel legt nahe, dass Methoden der MWD-Datenprozessierung sich zur Identifikation lokal hoch durchlässiger Merkmale besser eignen als solche zur Ableitung von Parametern des Gebirgseigenschaften.
In diesem Beitrag stellen wir eine Methode zur Verarbeitung von Bohrdaten vor, mit der geologische Strukturen identifiziert werden können, die ein großes Volumen von Injektionsmaterial aufnehmen können.
2 Verifizierung mittels MWD-Daten
Da die MWD-Daten im Bauprozess vor der Injektion ermittelt werden, liegt der Schluss nahe, sie für die Identifikation lokaler, durchlässiger Strukturen in einem vorliegenden Skandinavischen Projekt zu nutzen. Entlang einem Sektor von zirka 170 m der beiden vorgetriebenen Röhren des Projekts ergeben sich zirka 2150 räumlich in Bezug auf das Projektkoordinatensystem zu verarbeitende Bohrdaten. Die dazu eingesetzten Composite-Indizes werden für die Detektion von Klüften adaptiert, um maschinen- oder steuerungsbedingte Artefakte in den MWD-Aufzeichnungen zu minimieren, die keinen geologischen Strukturmerkmalen entspringen und den Detektionserfolg von Klüften schmälern. [2] zeigten mit einer Hauptkomponentenanalyse anhand MWD-Daten die wichtigsten Bohrparameter zur Gebirgscharakterisierung, die sind: Vorschub‑, Dämpfungs- und Bohrdruck sowie Penetrationsrate. [2] zeigten den gleichzeitigen Abfall aller Parameter, während das Bohrgestänge verlängert wird. [7] entwarfen einen für die Kluftdetektion konzipierten Composite Index, der anhand eigens erstellter Probebohrkörper getestet wurde und Dreh‑, Vorschubdruck und Penetrationsrate verknüpft. [7] stellten einen Anstieg der Penetrationsrate fest, während Vorschub- und Drehdruck abfallen, sobald der Bohrvorgang künstliche Strukturen in Probebohrkörpern aus Beton antrifft. [1] entwickelten einen Fracturing Index, der Penetrationsrate und Drehdruck einbezieht, und wandten ihn auf zirka 2500 Bohrungen mit registrierten MWD-Daten an. Diese Anwendung zielt auf die Gegenüberstellung des Fracturing Index mit einem hinsichtlich Durchlässigkeit für Injektionsgut kategorisierten Gebirgsverhalten ab. Bei der Verarbeitung der MWD-Daten des Tunnels in eguana SCALES fanden wir heraus, dass Vorschub‑, Dämpfungs- und Bohrdruck sowie Penetrationsrate die Tendenz aufweisen, an gleichen Stellen auf Variationen in den MWD-Datenreihen zu reagieren. In manchen Fällen fallen alle MWD-Parameter in der gleichen Bohrteufe ab, was in Bezug zur Verlängerung des Gestänges steht (Abb. 1). In anderen Fällen gehen Bohrparameter wie Vorschub- und Dämpfungsdruck zurück, während Drehdruck und Bohrfortschritt anwachsen, was nahelegt, dass dies eine Antwort auf Anomalien also auf lokale Änderungen der Gebirgseigenschaften ist (Abb. 1).
Die 3D-Erfassung potenziell aufnahmefähiger Klüfte bedarf der Zusammenführung unterschiedlicher Datenquellen, wie der MWD-Daten, der Injektions-Druck-Mengenschriebe, der ingenieurgeologischen Kartierungen und der Tunnelachse, um Kluftsysteme räumlich darstellen zu können. Wir wählten als Methode der MWD-Datenprozessierung den Fracture Index (FI) aus, welcher den von [1] vorgeschlagenen abwandelt, um Peaks im Signal zu verstärken. In der gegenständlichen Veröffentlichung wird ein modifizierter Fracture Index (FImod) (1) vorgeschlagen. FImod verbindet Penetrationsrate (PR), Dreh- (RP), Dämpfungs- (Damp) und Vorschubdruck (Feed) wie in (1) ersichtlich und bezieht sie auf den jeweiligen Mittelwert (avg) des jeweiligen Bohrparameters. Für die Mittelwertbildung werden die MWD-Daten an den Positionen vor und nach der Gestängeverlängerung ausgeblendet, da diese Ausreißer darstellen und den Mittelwert erheblich beeinflussen können, was die Vergleichbarkeit von FImod von einer zur nächsten Bohrung einschränkt. Die für den jeweiligen Bohrparameter abgeleitete Variable wird auf den Mittelwert bezogen (1).
Die Variable des jeweiligen Bohrparameters, stellvertretend mit MWD bezeichnet, errechnet sich nach [8] mit einer Sampleanzahl N = 5.
FIMod ist so konzipiert, dass er Anomalien des Bohrprozesses hervorhebt, die geologischen Ursprungs sind und nicht wie andere Ereignisse, wie z. B. Gestängeverlängerungen, auf den Bohrprozess zurückgehen. Abb. 2 zeigt die Ergebnisse des auf die MWD-Daten angewandten FIMod über eine Länge von zirka 45 m entlang beiden Tunnelachsen des Projekts. Strahlenförmig streben darin die dem Injektionsschirm zugehörigen Bohrungen auseinander. Der Vortrieb erfolgt in Abb. 2 von oben nach unten. Die mit FIMod identifizierten Anomalien heben sich mit grüner bis roter Farbe in den beiden mit A und B gekennzeichneten Querschnitten ab (Abb. 2a) und setzen sich in die parallele Röhre fort, wo sie weniger deutlich ausgebildet ebenso vorkommen. In A und B liegt eine Aufnahme von Injektionsgut von 13 l/m und 11 l/m vor. In Abb. 2b werden A und B ausgeblendet, sodass nur der gegenüber A und B jeweils zeitlich vorauseilende Querschnitt hervortritt. Die zeitlich vorauseilenden Querschnitte weisen eine Injektionsgutaufnahme von 4 l/m und 6 l/m auf. Abb. 2a,b verdeutlichen die lagemäßige Übereinstimmung scharf ausgeprägter Anomalien der MWD-Daten in vier Querschnitten, wobei der jeweils vorauseilende Querschnitt eine viel geringere Aufnahmefähigkeit von Injektionsgut besitzt und das Kluftsystem infolge des Vorauseilens natürlich in größerer Bohrteufe antrifft.
Abb. 3 zeigt die Verifizierung der detektierten Anomalie anhand der ingenieurgeologischen Kartierung und der Fotos der ungesicherten Tunnellaibung in unmittelbarer Nähe der Anomalie B. Es bestärkt die Beobachtung der Bruchzone an der gleichen Station, wo auch die Anomalie des FImod der MWD-Daten auftritt. Eine ähnliche Bruchzone ist auch an der Position der Anomalie A im Kartierungsbericht feststellbar.
3 Zusammenfassung und Ausblick
In diesem Beitrag stellen wir eine Methode zur Verarbeitung von MWD-Daten vor, um geologische Merkmale zu identifizieren, die sich auf die Injektion auswirken könnten. Wir haben erfolgreich gezeigt, dass das modifizierte FI verwendet werden kann, um Anomalien in den MWD-Daten zu identifizieren, die über mehrere Bohrlöcher in benachbarten Querschnitten übereinstimmen. Wir haben auch gezeigt, wie diese Anomalien mit geologischen Strukturen übereinstimmen, die während der Tunnelkartierung beobachtet wurden. Diese Methode kann schließlich automatisiert dargestellt werden, um eine Prognose der Gebirgsverhältnisse für die Injektionsoptimierung zu erstellen.
Literatur
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Die gegenständliche Forschung ist durch ein IRA-SME Förderprojekt unterstützt. Das Konsortium setzt sich aus STUVA e. V. und geoteam Ingenieurgesellschaft mbH in Deutschland (gefördert durch ZIM) und eguana GmbH, Montanuniversität Leoben und Züblin Spezialtiefbau Ges.m.b.H. in Österreich (gefördert durch FFG, FFG-Nr. 877674) zusammen.
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Wenighofer, R., Villeneuve, M.C., Maroschek, P. et al. Identifizierung Geologischer Strukturen Anhand von Measurement-while-drilling Daten zur Unterstützung im Entscheidungsprozess von Injektionen (Forschungsprojekt AVANT). Berg Huettenmaenn Monatsh 167, 562–565 (2022). https://doi.org/10.1007/s00501-022-01300-9
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