1 Einleitung

Die Firma CEMTEC Cement and Mining Technology GmbH (nachfolgend mit CEMTEC abgekürzt) ist ein weltweit agierender Spezialist für Nass- und Trockenmahltechnologien für viele Arten von Schüttgütern, Steine/Erden und Erzen. Aufgrund der steigenden Sensibilisierung der Rohstoffkonzerne in Hinblick auf Nachhaltigkeit und dem damit verbundenen steigenden Umweltbewusstsein hat CEMTEC in den letzten Jahren das Sortiment im Bereich der „smarten“ Automatisierungslösungen sehr stark erweitert. Im Jahr 2010 wurde hierfür eine F&E-Abteilung gegründet, die sich auf innovative Entwicklungen im Bereich der Anlagenautomatisierung spezialisiert hat.

Nach der erfolgreichen Implementierung des CEOPS (Cemtec Online Particle Sizer) Systems wurde in einem nächsten Schritt ein Messverfahren für die online-Messung der Kornverteilungen bei einem Granulierprozess mittels Pelletierteller in Angriff genommen. Als Resultat entstand ein Kamera-gestütztes Messverfahren mit dem Namen COPA (Cemtec Online Pellets Analyzer). (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

COPA/Pelletierteller

2 Pelletierprozess inkl. COPA

Beim Pelletieren wird die feindisperse Aufgabe mittels eines rotierenden Pelletiertellers unter Zusatz von Bindemitteln zu einem Granulat mit meist vorgegebener Pelletgröße verarbeitet.

In einem nachfolgenden Klassierprozess werden Pellets, welche das vordefinierte Kornband größenmäßig über- oder auch unteren ausklassiert und im Prozess recycelt. Dieses interne Recyceln von zu großen und kleinen Pellets ist zum einen kostspielig und führt zum anderen auch zu einer Reduktion der Durchsatzleistung im Pelletierprozess. Das resultierende Pelletgrößenband ist hierbei neben der chemischen Zusammensetzung der Einsatzrohstoffe (Rohstoff, Wasser, Binder) auch von der Verweilzeit am Pelletierteller abhängig.

Um die Effizienz des Pelletierprozesses nachhaltig zu optimieren, bedarf es somit einer Echtzeitanalyse des produzierten Granulats hinsichtlich der Pelletgröße. Mithilfe der Implementierung des COPA-Messsystems kann dieser Anforderung nachgekommen werden. Wurde dieses Messsystem bisher primär als Werkzeug für die Qualitätssicherung verwendet, so soll damit künftig ein robustes Regelsystem zur Verfügung stehen, welches aufgrund der Messresultate den Anlagenbetrieb optimiert. Seit 2019 wurde das COPA-Messsystem in einigen Bestandsanlagen erprobt und weiter optimiert.

3 „Smart Granulation“

3.1 Forschungsfrage

Das grundlegende Ziel dieser Dissertation ist das Erforschen und Entwickeln eines autonomen Überwachungs- und Regler-Algorithmus für die Granulierung mittels Pelletierteller. Modernste Sensorik, wie bildverarbeitende Systeme und Mikrowellentechnik, gelangen dabei zum Einsatz, um Echtzeitdaten des Prozesses zu erfassen. Im Zuge der Arbeit sollen diese Daten evaluiert und in einer cloudbasierten Datenbank aufgezeichnet werden. Auf Basis dieser Daten, der vorhandenen physikalischen Gesetzmäßigkeiten und dem intelligenten Einbinden der Erfahrungen der Anlagenbetreiber soll eine Prozesssteuerung abgeleitet werden, die flexibel und selbstlernend auf schwankende Prozessparameter reagiert und somit eine optimale Produktion gewährleistet.

Begleitende Ziele dieser Forschungsaktivitäten sind die Steigerung der Produktivität und die Senkung der Produktionskosten.

3.2 Stand der Forschung

Durch die globale forcierte Kreislaufwirtschaft gewinnt die Granulierung als Aufbereitungsprozess immer mehr an Bedeutung und neue Anwendungsgebiete eröffnen sich dieser Methode. Neueste und nun auch erschwingliche Messtechnik, wie optische Bildverarbeitungssysteme und Mikrowellentechnik, eröffnen nun auch die Möglichkeit, Echtzeitdaten der Prozessparameter zu erfassen. Eine der wesentlichsten Messgrößen des Granulierprozesses ist die Pelletgrößenverteilung der „Grünen Pellets“. In der Arbeit von Xin Wu [1] wurde ein neuer Ansatz zur exakten Bestimmung dieser Pelletgrößenverteilung mittels Bildanalyse betrachtet. In der Industrie werden solche Systeme bis dato nur für die Qualitätssicherung eingesetzt, aktive Eingriffe werden weiterhin manuell von erfahrenen Mitarbeitern durchgeführt. Aufgrund des komplexen Zusammenspiels der unterschiedlichen Einflussgrößen im Prozess fällt es den Produktionsmitarbeitern nicht immer leicht mittels Adjustierung der Betriebsparameter eine konstante Produktqualität zu bewerkstelligen. Jose Carlos Borim geht in seiner Veröffentlichung [2] so weit, den Pelletierprozess als einen Prozess zu beschreiben, „der eher der Kunst als der Wissenschaft nahe kommt“.

Sehr einfache, aktuell verwendete Regelansätze können dieses Wissen der geschulten Mitarbeiter nicht verwerten und reagieren oft bei Abweichungen der Prozessparameter mit suboptimalen Eingriffen. Der im Zuge der Dissertationsarbeit verfolgte Forschungsansatz verfolgt eine Kombination aus datengebundenen Erfahrungswerten und Echtzeit-Messungen relevanter Prozessparameter. In der Literatur findet man in anderen Branchen bereits einige Methoden, die mittels „Deep Learning“- und „Reinforcement“ Ansätzen solche Kombinationen aus Erfahrung und Messdaten erfolgreich anwenden.

4 Erwartete Ergebnisse

Folgende neue wissenschaftlichen Ergebnisse werden erwartet:

  • Besseres Verständnis über die komplexen und gegenseitig beeinflussenden Zusammenhänge des Granulier-Prozesses

  • Neuwertiges hybrides Regelkonzept, das einerseits auf modernste Sensorik zurückgreift und andererseits ein datenbasiertes Modell beinhaltet, um prozessoptimale Entscheidungen zu liefern

  • Neues Prozess-Steuerungskonzept für Pelletierteller

  • Neue Ansätze für das Einbinden langjähriger Betriebserfahrungen in einen Regel-Algorithmus