1 Einleitung

Steigende Energiepreise und die zunehmende Volatilität des Energiemarktes verursachen in den letzten Monaten hohe Energiekosten auch in den Aufbereitungsanlagen und verteuern somit die wichtigen mineralischen Rohstoffe, die für unser aller Wohlstand notwendig sind. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Beitrag der Energiemarkt näher beleuchtet, um Strategien ableiten zu können, die eine vorausschauende Energiebeschaffung ermöglichen und letztendlich in moderaten Energiekosten münden.

Potenziale zur Einsparung von Energiekosten durch Optimierung und Senkung des spezifischen Energiebedarfs, was natürlich eine der Hauptaufgaben der Ingenieure in Aufbereitungsanlagen ist, sollen hier nicht diskutiert werden.

2 Energiemarkt

Die Beschaffung von elektrischer Energie (Strom) soll in diesem Beitrag im Vordergrund stehen. Der Gasmarkt (Erdgas) ist dem Strommarkt jedoch sehr ähnlich, so dass die im Artikel getätigten Aussagen übertragbar sind. Hierfür stehen in Österreich folgend Marktplätze zur Verfügung:

  • Für Strom: EEX, EPEX und EXAA

    • EEX – European Energy Exchange

    • EPEX – European Power Exchange

    • EXAA – Energy Exchange Austria

  • Für Gas: EEX (THE) und CEGH VTP

    • EEX (THE) – European Energy Exchange (Trading Hub Europe)

    • CEGH VTP – Central European Gas Hub, Virtual Trading Point

  • Natürlich sind noch andere Marktplätze möglich, aber eher die Ausnahme

Die handelbaren Produkte für Strom sind dabei:

  • Futures (Baseload, Peakload und Off-Peak) für Jahre (Cal23, Cal24, …), Quartale (Q3/22, Q4/22, …) und Monate (Juni22, Juli22, …)

  • Baseload – 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr von Montag bis Freitag

    Peakload – 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr von Montag bis Freitag

    Off-Peak – 00.00 Uhr bis 08.00 Uhr und 20.00 Uhr bis 24.00 Uhr von Montag bis Freitag und von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr am Samstag und Sonntag

  • Spot (Day-Ahead, d. h., jede Stunde von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr des Folgetages wird bepreist. Dies geschieht auf Basis einer Auktion)

  • Ausgleichsenergie – in der Bilanzgruppe Österreich vom prognostizierten Verbrauch abweichende Anteil (bestimmt die notwendige Regelleistung) und wird je ¼‑Stunde abgerechnet

Die verfügbaren Produkte für Gas sind – von einigen Modifikationen abgesehen – sehr ähnlich und können im Bedarfsfall an den Handelsplattformen für Gas erhoben werden.

Stellvertretend für die Strompreisentwicklung ist in Abb. 1 der Future Base Cal23 dargestellt. Dieser war im April 2021 für ca. 55 €/MWh erhältlich und hat sich bis April 2022 auf das Vierfache erhöht, ca. 200 €/MWh.

Abb. 1
figure 1

Future Base Cal23, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

Die Tab. 1 zeigt für Base Cal23 die Preise in den Nachbarländern von Österreich. Für Deutschland und Österreich waren die Preise lange Zeit gleich, jedoch mit der Strommarkttrennung sind ab 01. Oktober 2018 diese in Österreich im Vergleich zu Deutschland signifikant gestiegen und sind z. Zt. ca. 10 €/MWh höher. Europaweit sieht man mehr oder weniger hohe Preise in allen Ländern, bis auf die Länder, die am Nordpool – OMX einkaufen. Hier sind noch Preise in der Größenordnung von 50 €/MWh anzutreffen.

TABELLE 1 Future Base Cal23 international, Stand 20. April 2022

Auch die Spot-Preise, welche in der Vergangenheit über weite Strecken niedriger als die Forward-Preise waren, erreichen jetzt die Größenordnungen der Forwards oder übersteigen diese (siehe Tab. 2), so dass nicht als Forward beschaffte Mengen, die am Spot-Markt abgedeckt werden müssen, zu erheblichen Liquiditätsproblemen führen können.

TABELLE 2 Spot-Markt international, Stand 20. April 2022

Die Commodities Brent Crude Oil, Coal API2, Gas THE und auch die CO2-Zertifikate (EUAs) haben einen signifikanten Einfluss mit ihrer Verteuerung auf den steigenden Strompreis, wie Abb. 234 und 5 zu entnehmen ist. Nicht zuletzt der fallende Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar verteuert die oben genannten Commodities, da diese in US-Dollar gehandelt werden (siehe Abb. 6).

Abb. 2
figure 2

Brent Crude Oil next month, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

Abb. 3
figure 3

API2 Coal Cal23, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

Abb. 4
figure 4

THE Gas next month, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

Abb. 5
figure 5

EUA Dec.22, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

Abb. 6
figure 6

Euro/US-Dollar, Stand 20. April 2022. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

3 Energiebeschaffung

Wie die Energiemarktanalyse zeigt, ist eine Beschaffungsstrategie für Energie im Sinne einer verantwortlichen Unternehmensführung unumgänglich. Das soll an einem Beispiel für den Kauf von Future Cal22 Baseload veranschaulicht werden. Hierfür sind in Abb. 7 die Settlement-Preise der EEX Cal22 Baseload der handelbaren sechs Jahre (2016 bis 2021) dargestellt und in Abb. 8 die jeweiligen dazugehörigen Jahresdurchschnittspreise berechnet worden. Daraus kann man ablesen, dass bei einer Beschaffung für das Lieferjahr 2022 (Cal22) im Jahre 2021 sich ein Preis von 88,42 €/MWh für Baseload im Durchschnitt ergibt. Für eine Aufteilung des Einkaufes auf zwei Jahre vor Lieferbeginn ist der Durchschnittspreis 66,02 €/MWh und für drei Jahre vor Lieferbeginn 60,10 €/MWh. Dieser Vergleich ist bis zu einer Beschaffung von sechs Jahren vor Lieferbeginn ausgeführt und erzielt dann einen Durchschnittspreis von 47,02 €/MWh. Somit zeigt Abb. 8, dass sich eine individuelle Beschaffungsstrategie auszahlt und für energieintensive Unternehmen ein Muss ist.

Abb. 7
figure 7

Future Baseload Cal22

Abb. 8
figure 8

DE Baseload Cal22 bei Beschaffung ein Jahr, zwei Jahre, …, sechs Jahre vorher, zum Jahresdurchschnittspreis in EUR/MWh an der EEX

Bei jeder Beschaffungsstrategie ist auch ein Spot-Anteil am Gesamtvolumen zu berücksichtigen, der jedoch individuell festgelegt werden sollte, da die Spot-Preise sehr volatil sein können. Aber es gibt auch immer wieder Zeiträume, in denen der Spot-Preis unter den Future-Preisen liegt (siehe Abb. 9). Damit ist der Spot-Markt eine Möglichkeit der Preisoptimierung, birgt aber immer die Gefahr in sich, auch zu einer Preissteigerung beizutragen, wie es in den letzten Monaten der Fall war (siehe Tab. 2).

Abb. 9
figure 9

Base DE: Spot- vs. Termin-Markt. Quelle: Markt-App Energie Steiermark

4 Schlussfolgerungen

Für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung, zu der auch die Beschaffung von Energie gehört, ist es notwendig, den Energiemarkt zu analysieren und dessen Entwicklung kontinuierlich zu verfolgen. Dies sollte mehr oder wenig täglich der Fall sein, da die Einflussgrößen auf den Energiemarkt sehr vielfältig sind und plötzlich unerwartete Preissteigerung bzw. Preissenkungen auftreten können. D. h., der im Einkauf erzielte Energiepreis hat unmittelbar einen Einfluss auf den Unternehmenserfolg.