1 Einleitung

Ein wesentlicher Parameter in der untertägigen Bergbauplanung ist die Dimensionierung und Auslegung von Baufeldern. Sowohl im Kammerbau als auch im Örter-Festenbau ist die Einteilung der Abbaubereiche in einzelne Baufelder aufgrund sicherheitstechnischer, bewetterungstechnischer und bergwirtschaftlicher Aspekte notwendig. Als Baufeld wird der Bereich definiert, welcher sich zwischen massiven Barrierefesten und Auflagern, die durch umliegendes Gebirge gebildet werden, befindet. Die Berechnungsansätze, welche zur Planung von Baufeldern angewendet werden, sind stark von der vorliegenden Gebirgssituation abhängig. Im massiven Gebirge ohne ausgeprägtes Trennflächengefüge (siehe Abb. 1a) wird das Verhalten des Gebirges hauptsächlich von den Eigenschaften des Gesteins beeinflusst. Über analytische Ansätze, wie den Kirsch Gleichungen oder linear-elastischen numerischen Simulationen, kann der Spannungszustand um die abgebauten Bereiche ermittelt und mit den Festigkeitsparametern des Gesteins verglichen werden. Durch die Anwendung eines Bruchkriteriums kann somit die Stabilität der Baufelder untersucht werden [1]. Im geschichteten Gebirge (siehe Abb. 1b) kommen zur Stabilitätsanalyse häufig Balkenmodelle zur Anwendung, wobei bei einem zusätzlich vorliegenden steil stehenden Trennflächengefüge (siehe Abb. 1c) das Voussoir-Beam Modell angewendet wird [2]. Im blockigen Gebirge (siehe Abb. 1d), bei welchem die Ausbildung von Keilen ausschlaggebend für die Baufeldstabilität ist, wird das Hoek-Brown Bruchkriterium eingesetzt [3]. Für Gebirgssituationen, die in ihrer Struktur zwischen dem massiven und dem stark geklüfteten Gebirgstypus liegen (siehe Abb. 1e), sind aufwendige numerische Simulationen erforderlich, welche mit einer Vielzahl von Einflussparametern verknüpft sind [4]. Daher wird im Zuge einer Masterarbeit ein numerisches Modell erstellt, welches die Möglichkeit der Abschätzung und Ableitung von Baufeldbreiten in der genannten Gebirgssituation zum Ziel hat. Das Modell wird mit Realdaten aus Bergbaubetrieben validiert und kalibriert. Zuletzt soll das Modell an einem geplanten untertägigen Hartgesteinsbergbau angewendet werden.

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung von massivem Gebirge (a), von geschichtetem Gebirge (b), von geschichtetem Gebirge mit steil stehenden Trennflächen (c), von blockigem Gebirge (d) und von geklüftetem Gebirge (e)

2 Analytische Berechnungsmodelle

Aus gebirgsmechanischer Sicht ist die Art der Lastableitung über den Baufeldern maßgeblich für den Planungsprozess. Die Lastableitung kann zum einen über Baufeldfesten erfolgen, wobei hier als Berechnungsgrundlage die Theorie der zugeordneten Flächen zur Anwendung kommt. Es wird davon ausgegangen, dass die gesamte Totlast von Baufeldfesten getragen wird und keine Spannungsumlagerungen in Barrierefesten erfolgen. Dieser Fall ist jedoch nur gegeben, wenn die Baufelder wesentlich breiter sind als die Teufe, in welcher abgebaut wird. In eher schmalen Baufeldern treten daher Spannungsumlagerungen auf, welche dazu führen, dass die Baufeldfesten weniger als die darüberliegende Totlast tragen müssen. Unter diesen Bedingungen ist dieser Ansatz der konservativste, da die Festenbelastung überschätzt wird. Das Ausbringen ist in diesem Fall aufgrund der benötigten großen Festendimensionen oftmals gering, und die Anwendbarkeit dieses Modelles ist auf geologisch und geometrisch homogene Lagerstättensituationen beschränkt [4].

Zum anderen kann die regionale Lastableitung über massive Barrierefesten und Auflager erfolgen, wobei Baufeldfesten nur zur lokalen Unterstützung der Firste dienen. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit des Gebirges, die Baufelder zu überspannen, um die Last in die Barrierefesten und Auflager abzuleiten. Ein zentraler Planungsparameter für die Überspannung der Baufelder ist die Baufeldspannweite bzw. Baufeldbreite. Bestehende analytische Berechnungsmodelle zur Berechnung von Baufeldbreiten über die Theorie der Überspannung des Gebirges sind das Voussoir-Beam Modell sowie Einfeldträgermodelle. Analytischen Einfeldträgermodellen liegen zumeist homogene Materialgesetze zu Grunde ohne Berücksichtigung des Trennflächengefüges. Die Anwendbarkeit für den in Abb. 1e skizzierten Gebirgstypus ist somit nicht gegeben.

Das Voussoir-Beam Modell wurde für stratifiziertes Gebirge mit steil stehenden Trennflächen entwickelt, wie es in Abb. 1c dargestellt ist. In der Theorie verspannen sich die einzelnen Gesteinsblöcke ineinander und bilden so einen Druckbogen aus. Diese Theorie findet vor allem im Kohlebergbau Anwendung, wo die Gebirgsstruktur in vielen Fällen durch parallel zum Kohleflöz liegende Bankungsflächen durchtrennt von relativ steil stehenden Trennflächen gekennzeichnet ist [2]. In Abb. 2a ist geschichtetes Gebirge dargestellt, von welchem der Voussoir-Beam abgeleitet wird, wobei in Abb. 2b die Ausbildung des Druckbogens dargestellt wird.

Abb. 2
figure 2

Voussoir-Beam Modell [2]

Für Gebirgssituationen, welche keine schichtartige Struktur aufweisen aber durch eher steil stehende Trennflächen gekennzeichnet sind, gibt es keine bestehenden Berechnungsmodelle. Analytische Ansätze zur Spannweitenberechnung vereinfachen die vorliegende Gebirgssituation oft zu stark und resultieren oft in starken Abweichungen von Modell zur Realität [5]. Einfeldträgermodelle berücksichtigen nur die Eigenschaften des Gesteins und nicht jene, welche aus dem Trennflächengefüge resultieren. Das Voussoir-Beam Modell inkludiert das Trennflächengefüge, wobei jedoch nicht klar definiert ist, in welchem Bereich der Einfallswinkel der vorhandenen Trennflächen sein darf und welche Eigenschaften letztere haben dürfen, damit die Anwendbarkeit dieses Modelles gegeben ist. Zudem wurde dieses Konzept für geschichtetes Gebirge konzipiert und die Anwendung für geklüftete Gebirgssituationen (Abb. 1e) muss erst geprüft werden. Als erste Kalibration sollen im folgenden beschriebenen numerischen Modell Balken simuliert werden, welche die Anforderungen für die Ausbildung eines Voussoir-Beams erfüllen. Die numerischen Lösungen werden dann mit den analytischen Lösungen des Voussoir-Beams verglichen. Im Anschluss soll das Modell mit Daten aus realen Bergbaubetrieben validiert werden. Hierfür werden zum einen Doleritbalken im südafrikanischen Kohlebergbau herangezogen und zum anderen Daten aus einem Hartgesteinsbergbau.

3 Numerisches Modell

Um das strukturabhängige Verformungsverhalten des Gebirges zu untersuchen, wird für die Simulationen eine Software verwendet, die auf der Diskreten Elemente Methode (DEM) basiert. Die Software 3DEC [6] hat sich als bestgeeignet herausgestellt und wird daher für die Simulationen verwendet. Bei dieser Software wird das Gebirge als diskontinuierliches Material simuliert und in einzelne diskrete Blöcke unterteilt. Diesen diskreten Blöcken wird dann ein bestimmtes Materialgesetz zugewiesen. Die Trennflächen werden mit Kontaktbedingungen zwischen den diskreten Blöcken dargestellt [6].

Das numerische Modell hat als tragendes Element einen zerklüfteten Balken, welcher auf zwei eingespannten Auflagern aufliegt. Der Balken wird als zweidimensionales Scheibenmodell mit einer Dicke von einem Meter modelliert. Letzterer soll sich überspannen und die Last in die Auflager ableiten. In Abb. 3 ist eine Schemaskizze des Balkens dargestellt. Hierbei wird die Baufeldbreite als Distanz zwischen den beiden Auflagern definiert. Seitlich ist der Balken in seiner Bewegung durch Loslager (Abb. 3 LL) eingeschränkt. Zur Untersuchung von möglichen Baufeldbreiten für Balken in unterschiedlichen Konfigurationen werden Balkendruckversuche simuliert, um die Festigkeit des Balkens zu bestimmen. Die Spannung wird vertikal auf der Oberseite des Balkens als Gleichlast aufgegeben und zyklisch erhöht, wenn der Balken ins mechanische Gleichgewicht kommt (siehe Abb. 7a). So kann die Festigkeit des Balkens als maximal zulässige aufgebrachte vertikale Spannung formuliert werden und für spätere Planungen kann die vorliegende Überlagerungsspannung zur Beurteilung der Baufeldstabilität herangezogen werden. Als wesentlicher Parameter zur Beurteilung des Versagens dient hier die Vertikalverschiebung in der Mitte der Balkenoberseite, die als „z-displacement“ bezeichnet wird. Bei der Belastung des Balkens nimmt diese Verschiebung stetig zu, da sich der Balken durchbiegt. Im Versagensfall (siehe Abb. 7b) kommt es zu einem starken Anstieg des „z-displacement“, und die maximale Belastungsspannung des simulierten Balkens kann ermittelt werden. In Abb. 5 ist ein Spannungs-Verschiebungsdiagramm zur Beurteilung der Balkenstabilität dargestellt. Betrachtet man dort die zwei Mohr Coulomb Kurven, ist erkennbar, dass die Vertikalspannung im Verhältnis zum „z-displacement“ bis 2 MPa stetig zunimmt. Der Bruch erfolgt bei der Erhöhung auf 2,5 MPa, und das „z-displacement“ nimmt stark zu.

Abb. 3
figure 3

Schemaskizze des numerischen Modells

Um unterschiedliche Überlagerungssituationen, Vertikalspannungen, Horizontalspannungen und Stützdrücke zu simulieren, wurden im Simulationsmodell die Baufeldfesten sowie das Gebirge über dem Balken durch einstellbare Drücke bzw. Lasten ersetzt. Dies ermöglicht eine flexible Variation des Spannungszustandes und dezimiert den Einfluss des Baufeldfestenverhaltens. In Abb. 4 ist das abgeleitete numerische Modell dargestellt. Die zwei dunkelgrauen Bereiche links und rechts des Balkens sind die Auflager, auf welchen der Balken aufliegt. Die schwarzen Elemente stellen das Trennflächengefüge und die hellgrauen Bereiche stellen Gestein dar.

Abb. 4
figure 4

Numerisches Balkenmodell im Programm 3DEC mit steil stehenden Trennflächen

Die Festigkeit des Balkens ist eine Funktion der Materialparameter des Gesteins, der Trennflächenparameter, der Geometrie, des Trennflächengefüges und der Spannungsverhältnisse. Die Materialparameter des Gesteins, wie E‑Modul, Poissonzahl und UCS, können durch Laborversuche bestimmt werden. Trennflächenparameter sind im Wesentlichen der Kluftreibungswinkel, die Normalsteifigkeit sowie die Schersteifigkeit der Trennflächen. Zur Beurteilung letzterer sind Literaturwerte vorhanden, welche zwischen wenigen MPa/m und hunderten GPa/m streuen [6, 7]. Da es sich in der Simulation um offene Trennflächen handelt, wird ihre Kohäsion mit null angenommen. Folglich sind diese Parameter mit großer Unsicherheit behaftet und müssen gründlich untersucht werden. Als geometrischer Einfluss wird die Baufeldbreite selbst sowie die Dicke des Balkens bezeichnet. Zudem hat das Einfallen, die Länge und Durchgängigkeit sowie die Häufigkeit der Trennflächen einen Einfluss auf die Festigkeit. Bezüglich der Spannungsverhältnisse lässt sich festhalten, dass hierbei die aufgebrachte Vertikalspannung der wesentlichste Treiber ist. Bezüglich des Materialgesetzes konnte im Zuge der Simulationen festgestellt werden, dass bei der Anwendung linear-elastischen Verhaltens (Abb. 5 Linear Elastisch) Zugspannungen im Balken vorhanden waren, welche zu einem Versagen des Balkens führen müssen. Es wird daher für die weiteren Simulationen ein plastisches (Mohr-Coulomb) Materialgesetz (Abb. 5 Mohr Coulomb) angewandt, um die Festigkeit des Balkens nicht zu überschätzen. Ebenfalls muss hier der Faktor der Einspannung berücksichtigt werden. Durch die Einschränkung der Bewegung des Balkens in y‑Richtung bzw. in die Bildebene hinein liegt ein zweiachsiger Verformungszustand (plane strain) vor (Abb. 5 „yvel-fixed“). Ebenfalls wurde durch die Aufgabe einer Spannung in die y‑Richtung das Verhalten des Balkens bei einem zweiachsigen Spannungszustand (plane stress) untersucht und verglichen (Abb. 5 ypr-1 MPa.). Es konnte festgestellt werden, dass die Spannung, bei welcher der Balken versagt, in beiden Fällen die gleiche ist. Jedoch nahm die Deformation bei gleicher Spannung bei dem zweiachsigen Spannungszustand zu. Da die Aufgabe einer weiteren Spannung zu einem weiteren unbekannten Simulationsparameter führen würde, wird für die weiteren Simulationen die Bewegung in die y‑Richtung eingeschränkt und keine Spannung in diese Richtung aufgegeben.

Abb. 5
figure 5

Vergleich der Einspannbedingungen sowie Linear-Elastischen und Plastischen (Mohr-Coulomb) Materialverhaltens

4 Erste Ergebnisse und Ausblick

Der erste Teil der Parameterstudie hat den Einfluss der Trennflächennormalsteifigkeit auf die Balkenfestigkeit untersucht. Hierzu wurden die Gesteinsparameter als konstant angenommen und die Trennflächensteifigkeiten variiert. Die Ergebnisse wurden dann mit den analytischen Lösungen des Voussoir-Beam Modelles verglichen. Da das Voussoir-Beam Modell für sehr steile Trennflächen ausgelegt wurde, sind die Trennflächen in der numerischen Simulation alle mit einem Einfallswinkel von 90° modelliert worden. In Abb. 6 ist ein Spannungs- Verformungsdiagramm für einen 50 m breiten und 5 m hohen Balken dargestellt. Es ist erkennbar, dass bei sehr hohen Trennflächensteifigkeiten (Abb. 6, rechteckige Marker, „JP strong“) die numerisch errechnete Bruchspannung jener der analytischen Voussoir-Beam Lösung (Abb. 6, dreieckige Marker) entspricht und in diesem Falle bei 6,5 MPa. liegt. Betrachtet man die Unterschiede im „z-displacement“ stellt man fest, dass letzteres in sämtlichen numerischen Lösungen wesentlich höher ist als bei der analytischen Lösung. Bei abnehmender Stärke der Trennflächensteifigkeit (Abb. 6, kreisförmige „JP medium“/kreuzförmige Marker „JP low“) nimmt auch die numerisch bestimmte Bruchspannung ab, und die analytische Lösung würde die Festigkeit des Balkens überschätzen. Eine Kalibration des numerischen Modelles über analytische Lösungsansätze ist somit nur bedingt anwendbar, da im analytischen Modell die Trennflächenparameter unzureichend berücksichtigt werden. Um das numerische Modell zu kalibrieren, muss in der weiteren Folge eine ausführliche Untersuchung der einzelnen geometrischen und materialabhängigen Einflussparameter auf die Stabilität durchgeführt werden. (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Vergleich der Voussoir Beam Lösung mit den numerischen Lösungen für die Baufeldbreite 50 m und Balkendicke 5 m bei variablen Normalsteifigkeiten der Trennflächen

Abb. 7
figure 7

10 m dickes Balkenmodell am Beginn der Belastungszyklen (a) und nach dem Bruch (b)

5 Schlussfolgerung

Im Zuge der Untersuchungen zu Baufeldspannweiten im geklüfteten Gebirge wurden bestehende analytische Berechnungsmodelle diskutiert, welche sich nur als bedingt anwendbar herausgestellt haben. Daher wird ein numerisches Modell erstellt, welches die Ableitung von Baufeldbreiten für diesen Gebirgstypus ermöglichen soll. Der Einfluss des Trennflächengefüges und dessen Eigenschaften haben sich als kritisches Element bei der Kalibration des Modelles herausgestellt. Um die daraus resultierende Unsicherheit einzugrenzen, wird die Parameterstudie zur Untersuchung einzelner Einflussfaktoren ausgeweitet. Die Modellkalibration erfolgt unter Berücksichtigung der Erkenntnisse dieser Studie mit Realdaten aus dem südafrikanischen Kohlebergbau und aus einem weiteren Hartgesteinsbergbau.