1 Nationale Aspekte

1.1 Masterplan Rohstoffe 2030

Die Sicherstellung einer umfassenden und nachhaltigen Rohstoffversorgung, innerhalb derer die heimische Ressourcenbasis gestärkt und die internationale Beschaffung gewährleistet werden, ist unumgänglich, wenn man den Fortschritt vorantreiben und den Wohlstand innerhalb der österreichischen Bevölkerung erhalten möchte. Um dies gewährleisten und gleichzeitig die Resilienz des heimischen Rohstoffsektors stärken zu können, hat das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus den Masterplan Rohstoffe 2030 [1] als Rohstoffstrategie erarbeitet und Ende 2021 veröffentlicht (Download frei verfügbar unter https://info.bmlrt.gv.at/service/publikationen/bergbau/masterplan-rohstoffe-2030.html).

Die ausreichende Versorgung mit mineralischen Rohstoffen zu fairen Marktbedingungen ist eine wesentliche Grundlage für eine wirtschaftliche Entwicklung. Umstände wie Pandemien oder Naturkatastrophen sowie geopolitische oder wirtschaftliche Ereignisse können zu einer Verknappung von mineralischen Ressourcen führen. Die anhaltende Coronavirus-Pandemie führt uns die Verwundbarkeit in einer globalisierten Welt mit komplexen Abhängigkeiten und weit verzweigten Wertschöpfungsketten schonungslos vor Augen. Sie offenbart Fragen nach der Versorgungssicherheit für Produkte des täglichen Bedarfs, aber auch für Grundstoffe, die für die weiterverarbeitende Industrie dringend benötigt werden. Der Masterplan Rohstoffe liefert Lösungsvorschläge, um auf die Herausforderungen der jetzigen Dekade entsprechend reagieren zu können, denn die Klima‑, Energie- und Industriewende bedeutet gleichzeitig auch eine Rohstoffwende.

Der Masterplan Rohstoffe 2030 behandelt die für Österreich relevanten rohstoffpolitischen Dimensionen:

  • Versorgung aus heimischen Quellen,

  • Versorgung aus internationalen Zulieferquellen und

  • intelligente Produktion, Kreislaufwirtschaft sowie neue wertschöpfende Technologien und Produkte.

Wegbegleitend wird der Umgang mit den Themen Nachhaltigkeit, Akzeptanz, Digitalisierung, Innovation, Bildung und Dialog beschrieben (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Struktur des Masterplans Rohstoffe 2030 [1]

Dieser Masterplan ist am Rohstoffkreislauf für primäre und sekundäre mineralische Rohstoffe orientiert und legt mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket den Grundstein für eine resiliente Entwicklung Österreichs.

1.2 Rohstoffproduktion in Österreich

Im Jahr 2018 wies Österreich einen Ressourceneinsatz von 167 Mio. t auf. Dies entspricht in etwa 19 t pro Kopf und Jahr. Rund drei Viertel davon sind mineralische Rohstoffe [2], die den Grundbedarf vielerlei Branchen und Bedürfnisse abdecken. Aufgrund dessen tragen Roh- und Grundstoffe zur Generierung von etwa 25 % des österreichischen Bruttoinlandsproduktes bei. Rund eine Million Erwerbstätige sind hierzulande mit der Gewinnung und Weiterverarbeitung von Rohstoffen beschäftigt [3].

Die jährliche Produktion mineralischer Rohstoffe in Österreich lag im Jahr 2020 bei rund 79,6 Mio. t (im Jahr 2019 rund 80,0 Mio. t), wobei diese Zahlen die gem. § 178 Abs. 3 MinroG gemeldeten und statistisch erfassten Daten beschreiben [4].

Im Jahr 2020 stellten mit ca. 52,0 Mio. t und somit fast zwei Drittel die grundeigenen mineralischen Rohstoffe den größten Anteil der heimischen Produktion dar, gefolgt von den bergfreien mineralischen Rohstoffen mit ca. 25,3 Mio. t (i.e. 32 % der Gesamtproduktion) und den bundeseigenen mit 2,2 Mio. t (i.e. 3 % der Gesamtproduktion). Die Gewinnung der grundeigenen und bundeseigenen mineralischen Rohstoffe sinkt seit dem Jahr 2018, wohingegen die der bergfreien steigt. Die Produktion von Erdöl und Erdgas ist im Jahr 2020 von rund 1,4 Mio. t oil equ. (2019) auf etwa 1,2 Mio. t oil equ. gesunken [4].

Bemerkenswert ist, dass Österreich bei einer Reihe von Rohstoffen im internationalen Vergleich auf eine hervorragende Produktionsbasis verweisen kann. So ist Österreich der jeweils siebtgrößte Produzent von Wolfram und Magnesit weltweit im Jahr 2019 [5].

1.3 Unfallstatistik

In der Sparte der mineralrohstoffgewinnenden Industrie ereigneten sich im Jahr 2020 insgesamt 140 Unfälle. Dies bedeutet gegenüber dem Jahr 2019 mit 153 Unfällen einen Rückgang der Unfallanzahl von 8,5 %. Von den Unfällen im Jahr 2020 waren 39 schwerer und 99 leichter Natur. Leider waren auch zwei tödliche Unfälle zu beklagen [6].

Die Anzahl der verfahrenen Stunden ist im Jahr 2020 mit rund 8,1 Mio. um 7,2 % gesunken. Im Jahr 2020 betrug die Unfallhäufigkeit, das ist die Zahl der Unfälle je 1 Mio. verfahrener Stunden, 17,2 (Abb. 2). Im Vergleich zum Jahr 2019 bedeutet dies einen Rückgang um 1,1 %. Durch meldepflichtige Arbeitsunfälle sind im österreichischen Bergbau im Jahre 2020 insgesamt 17.640 h – das sind um 30,6 % weniger an Arbeitszeit als im Vorjahr – entgangen. Der Unfallzeitverlust, das ist die Zahl der durch Unfälle entgangenen Stunden je 1 Mio. verfahrener Stunden und somit die Kennzahl für die Schwere der Unfälle, reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahr um 25,2 % auf 2167 (Abb. 2). Die durchschnittliche Heildauer eines Unfalles belief sich im Jahr 2020 auf 126 h [6].

Abb. 2
figure 2

Entwicklung Unfallhäufigkeit und Unfallzeitverlust [6]

1.4 Konfliktminerale

Die Verordnung (EU) 2017/821 zur Festlegung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (kurz: Konfliktmineraleverordnung) [7] verpflichtet Unionseinführer, Risiken im Bereich ihrer Lieferketten zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu deren Minimierung zu treffen. Dadurch soll ein wesentlicher Beitrag zur Vermeidung der Finanzierung von Konflikten durch Gewinne aus dem Rohstoffabbau und -handel sowie der damit einhergehenden, schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen geleistet werden. Im Rahmen einer verantwortungsvollen Beschaffungspolitik hat der Unionseinführer seine Lieferkette entsprechend dem OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten [8] zu gestalten. Dieser umfasst unter anderem Risikomanagementpflichten, die Überprüfung der Unionseinführer durch unabhängige Dritte (sogenannte Audits) sowie Offenlegungspflichten hinsichtlich der Lieferkettenstrategien und des Risikomanagements.

Die Konfliktmineraleverordnung ist unmittelbar anwendbar. Durch die Novellierung des Mineralrohstoffgesetzes [9] wurden entsprechende Begleitbestimmungen geschaffen. Die Verpflichtungen für Unionseinführer gelten seit 1. Jänner 2021. Die nachträglichen Kontrollen durch die zuständige Behörde beginnen 2022 und umfassen die Importe des Jahres 2021. Die Abteilung Mineralrohstoffpolitik wurde von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus mit der unmittelbaren Durchführung der Konfliktmineraleverordnung betraut.

Unter https://info.bmlrt.gv.at/themen/bergbau/konfliktmineraleverordnung.html finden Sie nähere Informationen zur Umsetzung der Konfliktmineraleverordnung in Österreich.

2 Internationale Aspekte

2.1 Globale Rohstoffproduktion im Jahr 2019

Die Weltbergbauproduktion hat im Jahr 2019 mit rund 17,9 Mrd. t ihr Allzeithoch erreicht und ist somit seit der Jahrtausendwende um 58,7 % gestiegen. Die Produktionszahlen von Baurohstoffen werden in der Publikation „World Mining Data“ nicht abgebildet, da diese auf den Weltmärkten nicht gehandelt werden bzw. keine authentischen und somit vergleichbaren Zahlen vorliegen. Der erstmalige stärkere Produktionsrückgang seit 2009 bei den Energierohstoffen mit −3,1 % zwischen 2015 und 2016 wurde durch Produktionssteigerungen in den Folgejahren 2017 bis 2019 wieder relativiert (+3,0 %, +3,2 %, +1,2 %). Ausschlaggebend für diese Steigerungen ist die Erdöl- und Erdgasförderung in den USA bzw. die chinesische Kohleförderung. Der erstmalige Produktionsrückgang in 2019 in der Gruppe der Nichteisenmetalle ist auf eine Reduktion der Produktion von primärem Aluminium in China zurückzuführen. Mengenmäßig überwiegen die Energierohstoffe an der Weltbergbauproduktion mit ca. 86,1 %, gefolgt von Eisen und den Stahlveredlern mit ca. 8,9 % und den Industriemineralen mit ca. 4,4 % (Abb. 3). Die Produktionsmengen in den Gruppen Nichteisenmetalle und Edelmetalle sind gegenüber den anderen Rohstoffgruppen zu gering um in Abb. 3 erkennbar aufzuscheinen [5].

Abb. 3
figure 3

Weltbergbauproduktion nach Rohstoffgruppen, in Mio. metr. t, exkl. Baurohstoffe. (Nach [5])

Abb. 4 zeigt in einer vereinfachten Weltkarte die gewaltigen Zuwachsraten der Bergbauproduktion seit 2000 in Ozeanien und Asien. Als einziger Kontinent weist Europa seit fast zwei Dekaden eine abnehmende Tendenz in der Bergbauproduktion auf. Die größten fünf Produzentenländer sind China, USA, Russland, Australien und Indien, wobei China mit rund 4,324 Mrd. t fast ein Viertel der gesamten Weltbergbauproduktion einnimmt und bei insgesamt 32 mineralischen Rohstoffen Top-Produzent ist. Norwegen liegt als erstes europäisches Land mit einem Produktionsvolumen von rd. 174,5 Mio. t an 16. Stelle, gefolgt von Deutschland [5].

Abb. 4
figure 4

Zeitliche Veränderung der Bergbauproduktion je Kontinent seit 2000, exkl. Baurohstoffe. (Nach [5])

Mit Ausnahme von Europa (−10,7 %) und Lateinamerika (−6,5 %) konnten auf allen anderen Kontinenten von 2018 auf 2019 Steigerungsraten der Rohstoffproduktion erzielt werden (Nordamerika +3,8 %, Afrika +0,4 % und Ozeanien +3,9 %). Ozeanien (im Wesentlichen Australien) produziert seit 2013 größere Mengen an Rohstoffen als der vermeintliche Rohstoffkontinent Afrika, seit 2016 größere Mengen an Rohstoffen als Lateinamerika und wird aller Voraussicht nach noch im Jahr 2020 die rückläufige Rohstoffproduktion Europas überholen (Abb. 5). Der Grund für den deutlichen Anstieg der Rohstoffproduktion der letzten Jahre in Nordamerika liegt in einem starken Anstieg der US-amerikanischen Erdöl‑, Naturgas- und Kohleproduktion. Der weitere Rückgang der Rohstoffproduktion in Lateinamerika in 2019 um rd. 6,5 % ist auf die verminderte venezolanische Erdölproduktion zurückzuführen. Der Anteil der in 2019 abermals stärker rückläufigen europäischen Bergbauproduktion an der Weltbergbauproduktion liegt bei rund 7,1 % (8,0 % in 2018). Diese Abnahme der Rohstoffproduktion Europas ist auf die rückläufige Produktion an Energierohstoffen zurückzuführen, u. a. auf das Ende der deutschen und spanischen Steinkohleproduktion [5].

Abb. 5
figure 5

Zeitlicher Verlauf (1984 bis 2019) der Weltbergbauproduktion aufgeteilt nach Kontinenten (exkl. Asien), exkl. Baurohstoffe. (Nach [5])

2.2 Preisentwicklungen

2.2.1 Öl- und Gaspreise

Seit dem letzten Jahr sind die Energiepreise stark gestiegen. Dieser große Anstieg betrifft alle und beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der im globalen Wettbewerb stehenden Unternehmen am meisten, wobei insbesondere die Entwicklung des Gaspreises der energieintensiven Industrie Sorgen bereitet. Die weltweite Nachfrage nach Öl und Gas ist aufgrund der wirtschaftlichen Erholung gestiegen und ist hauptsächlich für das aktuelle Preishoch verantwortlich. Die Europäische Kommission zeigt in einer am 13. Oktober 2021 veröffentlichten Mitteilung zu den steigenden Energiepreisen [10] auf, welche Instrumente zur Verfügung stehen, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise bewältigen und den Menschen und Unternehmen in Europa helfen zu können.

2.2.2 Buntmetallpreise

Das Anlaufen der Konjunktur nach den Einbrüchen durch die coronabedingten Lockdowns lässt auch die Preise für Buntmetalle wieder ansteigen. Der Kupferpreis hat im Sommer 2021 mit über 10.000 USD pro Tonne sein Zehn-Jahreshoch überschritten (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Entwicklung der Buntmetallpreise seit dem Jahr 2000. (Nach [11])

Um die Preise stabilisieren zu können, verkaufte China Anfang Oktober 2021 fast eine Million Tonnen Buntmetalle aus staatlichen Reserven. Zuvor wurden infolge von Energiebeschränkungen die Produktionsanlagen in vielen chinesischen Provinzen vorübergehend stillgelegt. Dennoch liegen die Preise nach wie vor deutlich oberhalb des Preisniveaus vor Beginn der chinesischen Produktionsbeschränkungen [12].

Der Preis des Schlüsselrohstoffs Eisenerz ist nach einem starken Hoch im Sommer 2021 von über 200 USD pro Tonne wieder auf ca. 120 USD pro Tonne gesunken.

Eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen für die benötigten Technologien, damit die „Grüne Wende“ gelingen kann, lässt weitere Preissteigerungen bei den dafür erforderlichen Rohstoffen erwarten.

2.3 Entwicklungen auf EU-Ebene

Die Europäische Kommission veröffentlicht alle drei Jahre eine Liste der kritischen Rohstoffe für die EU. Die „Mitteilung zur Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen“ [13] vom Herbst 2020 definiert 30 Rohstoffe als kritisch, also volkswirtschaftlich bedeutend und potenziellen Lieferengpässen unterworfen. Abb. 7 stellt die wichtigsten Lieferländer von kritischen Rohstoffen an die EU dar. Bemerkenswert ist die Abhängigkeit von Selten-Erd-Metallen (LSE: leichte, SSE: schwere) aus China.

Abb. 7
figure 7

Wichtigste Lieferländer von kritischen Rohstoffen an die EU. (Nach [13])

Der mit dieser Mitteilung [13] im Zusammenhang stehende Aktionsplan beinhaltet die Gründung einer Europäischen Rohstoffallianz (ERMA). Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, Europa wirtschaftlich widerstandsfähiger zu machen, indem sie seine Lieferketten diversifiziert, Arbeitsplätze schafft, Investitionen ermöglicht, Innovationen fördert, junge Talente ausbildet und zu den weltweit besten Rahmenbedingungen für Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft beiträgt. Die ERMA stellt ein internationales Netzwerk von Stakeholdern aus privaten und öffentlichen Bereichen dar. Das erste Ziel der Allianz ist der Aufbau der Resilienz und offenen strategischen Autonomie für die Wertschöpfungsketten von Selten-Erd-Magneten und Motoren, bevor diese auf andere Rohstoffbereiche erweitert werden soll [14].

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Aktionsplans für kritische Rohstoffe ist die Stärkung der nachhaltigen und verantwortungsvollen Beschaffung und Verarbeitung von Rohstoffen in der EU, in der die öffentliche Akzeptanz einen wesentlichen Aspekt darstellt. Dieses Ziel wird in den „EU-Grundsätzen für nachhaltige Rohstoffe“ [15] unterstützt, welche im Juli 2021 veröffentlicht worden sind. Das Ziel dieser Grundsätze besteht darin, das Verständnis der Mitgliedstaaten in Bezug auf die nachhaltige Rohstoffgewinnung (von der Exploration bis nach der Stilllegung) und Verarbeitungstätigkeiten in der EU anzugleichen und die allgemeine Ausrichtung zur Erreichung der Sustainable Development Goals festzulegen.