1 Einleitung

Die Firma SBM Mineral Processing, im Folgenden mit SBM abgekürzt, ist ein österreichisches Traditionsunternehmen mit Firmenstandorten in Oberweis und Liezen. SBM zählt im DACH-Raum zu den führenden Komplettanbietern von Aufbereitungs- und Förderanlagen für die Rohstoff- und Recyclingindustrie und von Betonmischanlagen für Transport- und Werksbeton. Das Produktportfolio umfasst Einzelmaschinen, mobile und stationäre Aufbereitungs- und Betonmischanlagen und den dazugehörigen Service & Support. Zurzeit beschäftigt SBM an beiden Standorten ca. 165 Mitarbeiter und gehört zur MFL-Gruppe, welche die in Abb. 1 ersichtlichen Tochter- und Schwesterunternehmen unter ein Dach zusammenführt [1].

Abb. 1
figure 1

Übersicht der MFL-Gruppe. (Quelle: SBM Mineral Processing GmbH)

2 Motivation aus aufbereitungstechnischer Sicht

Mobile Aufbereitungsanlagen haben in den vergangenen Jahren einen Siegeszug durch viele Segmente der rohstoffgewinnenden und -verarbeitenden Industrie vollzogen. SBM hat sich durch seine qualitativ hochwertigen mobilen Aufbereitungsanlagen als kompetenter Mitbewerber in einem stetig wachsendenden Marktsegment bewährt. Diese positive Entwicklung soll konsequent fortgesetzt und mit einem mehrjährigen Forschungsprojekt begleitet werden. Zur Unterstützung wurde dazu der Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung der Montanuniversität Leoben als Forschungspartner beigezogen.

SBM ist sich insbesondere der spezifischen Herausforderungen bewusst, welche ein Betrieb von Mobilanlagen mit sich bringt. Der häufig kampagnenartig geführte Betrieb bedeutet in der Regel, dass die Mobilanlagen mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen konfrontiert sind. Beispielhaft seien unterschiedliche Gesteinsarten (hart, mittelhart und weiche Gesteine) und zu erzeugende Körnungsspezifikationen (Korngrößen- und Kornformverteilungen) genannt. Gelingt diese Anpassung nicht, entweder, weil die Mobilanlage dies nicht zulässt, oder weil das Bedienpersonal nicht über die entsprechende Kompetenz verfügt, arbeitet die Mobilanlage u. U. weit außerhalb des optimalen Betriebsfensters. Diese Bedienfehler führen zu erhöhten Betriebskosten, Verlusten an markttauglichen Körnungsprodukten bzw. nehmen Wartungen und Reparatur- bzw. Stillstandszeiten zu.

3 Kurze Funktionsbeschreibung

Abb. 2 zeigt einen raupenmobilen Brecher, welcher sich üblicherweise aus den folgenden Hauptkomponenten zusammensetzt:

  • Aufgabebunker (1) inklusive Aufgaberinne (7)

  • Vorsieb (2), inklusive Bypass (10) und Vorsiebband (9)

  • Prallbrecher (3)

  • Magnetscheider (5)

  • Brecherabzugsband (11)

  • Klassiersieb (15)

  • Übergabe- (12), Rückführ- (13) und Feinkornband (16)

Abb. 2
figure 2

Hauptkomponenten eines raupenmobilen Prallbrechers. (Quelle: SBM Mineral Processing GmbH)

Die Beschickung der mobilen Prallbrecher erfolgt über den Aufgabebunker (1). Sowohl bei SBM als auch den Mitbewerbern werden beim Aufgabebunker ähnliche Systeme mit hydraulisch klappbaren Wänden verwendet. Nach der Beschickung erfolgt die Förderung des Brechgutes in Richtung Brecher mit Hilfe einer Aufgaberinne (7), die über Motoren angetrieben wird. Im Bereich des Vorsiebes (2) erfolgt ein erster Klassierschritt, um den Brecher zu entlasten. Die Klassierung kann ein- oder zweistufig erfolgen oder in manchen Fällen (z. B. bei Asphalt) durch Abdecken nicht benutzt werden. Außerdem kann je nach Kundenwunsch die Feingutfraktion des Vorsiebes mittels des Vorsiebbandes (9) ausgeschleust oder via Bypass (10), am Brecher vorbei, dem Brecherabzugsband (11) aufgegeben werden [2].

Im Prallbrecher (3) wird die Grobgutfraktion des Vorsiebes durch den rotierenden Rotor auf Prallplatten geschleudert und durch Stoßimpulse solange zerkleinert, bis sich ein hinreichender Zerkleinerungseffekt einstellt. Die Einstellung hinsichtlich der zu erreichenden, oberen Korngröße erfolgt durch den variablen Brechspalt. Einige Hersteller am Markt können den Brechspalt automatisch verstellen, während bei anderen die Verstellung manuell erfolgt. Die automatische Verstellung bringt den großen Vorteil mit sich, dass die Maschine weiter produzieren kann und keine Stillstandzeit anfällt [3, 4].

Nach dem Brechvorgang wird das Zerkleinerungsprodukt mittels des Brecherabzugsbandes (11) auf das ein- oder mehrstufige Klassiersieb gefördert und dann klassiert, anschließend über das Feinkornband (16) ausgeschleust bzw. abermalig dem Brecher über das Übergabeband (12) und das Rückführband (13) zugeführt. Direkt nach dem Brecher ist zudem ein Magnetscheider (5) angebracht, um eisenhaltige Begleitmaterialien vom gebrochenen Korn auf einen eigenen Schüttkegel auszuscheiden [2].

Die Energieversorgung erfolgt bei SBM durch eine Motor-Generator-Einheit (diesel-vollelektrisch oder diesel-elektrisch), während die meisten Mitbewerber ein diesel-hydraulisches Antriebskonzept anwenden. Zur Reduktion von CO2-Emissionen verfügen die meisten der diesel-elektrischen Konzepte über die Möglichkeit, die Mobilanlage direkt mit elektrischer Energie aus dem öffentlichen Stromnetz zu versorgen.

4 Ziele und Entwicklungsinhalte des Forschungsprojektes

Als forschungsrelevante Ansatzpunkte bei der geplanten Neuentwicklung dienen innovative Werkstoffe, hohe Prozessautomatisierung („lernendes System“) sowie energie-optimierte und CO2-freie Betriebsarten. Bei diesen Ansatzpunkten will SBM die Innovationshebel ansetzen und zum einen die Bedienerfreundlichkeit maßgeblich erhöhen und zum anderen die Mobilanlagen mit der notwendigen Sensortechnik und Software ausstatten, dass diese in die Lage versetzt, unterschiedliche bzw. abweichende Betriebszustände zu erkennen und – angepasst an die vorgegebenen Rahmenbedingungen – selbstständig die richtigen Entscheidungen zur Aufrechterhaltung eines energie- und/oder produkt-optimierten Betriebes oder zur möglichst raschen Rückkehr in ebendiesen zu treffen. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass bereits jetzt ein gewisser Automationsgrad in Mobilanlagen verbaut ist, im Zuge des gegenständlichen Forschungsprojektes soll dieser jedoch drastisch erhöht werden. Dazu ist es notwendig, die vielfältigen Werkzeuge der Digitalisierung auf Einsatztauglichkeit für die Anwendung auf mobile, in einem rauen Betriebsalltag im Einsatz stehenden Aggregate zu prüfen, wozu ein Prototypenbau unerlässlich ist [5].

Im Rahmen eines mehrjährigen, von der österreichischen Forschungsföderungsgesellschaft, kurz FFG, geförderten Forschungsprojekts wurde als übergeordnetes Ziel die Entwicklung eines innovativen, flexibel einsetzbaren, bedienerfreundlichen, sicheren, selbstlernenden, CO2-emissionsfreien und mobilen Prallbrechers definiert.

Darüber hinaus wurden folgende Unterziele definiert:

  • Neue Maßstäbe in Richtung autonomes Aufbereiten mit Mobilanlagen durch den Einsatz cyberphysikalischer Systeme und adaptiver Steuerungen zu setzen und damit einen Beitrag zur AI Mission Austria 2030 zu leisten.

  • Die Grenzen des Machbaren aus technologischer wie auch wirtschaftlicher Sicht auszuloten bzw. neu zu definieren, die Einsatztauglichkeit mit den Methoden der statistischen Versuchsplanung wissenschaftlich zu untermauern und das Wissen durch eine Schutzstrategie abzusichern.

  • Der Rohstoffbranche eine innovative, flexibel einsetzbare und bedienerfreundliche Mobilanlage zur Verfügung zu stellen, die in einer rauen Betriebsumgebung energie- und produkt-optimiert sowie selbstlernend und damit weitestgehend autonom zu arbeiten vermag.

  • Das erste CO2-freie Antriebskonzept und umweltschonende/unbedenkliche Bauteilgruppen in der Sparte der Mobilanlagen zu entwickeln und damit ein emissionsfreies Aggregat zu produzieren.

5 Umweltauswirkungen und Nachhaltigkeit

Die projektierten Optimierungsmaßnahmen an der Mobilanlage werden zu einer Reduktion des spezifischen Energiebedarfes und damit zu einem geringeren Stromverbrauch bzw. zur Reduktion des CO2-Ausstoßes der Mobilanlage führen. Des Weiteren kann durch den Betrieb am öffentlichen Stromnetz die Mobilanlage auch CO2-neutral betrieben werden (Grünstromvertrag vorausgesetzt). Zusätzlich soll durch die parallel vorangetriebene Entwicklungsarbeit an neuen Antriebkonzepten ein CO2-emissionsfreier Betrieb ermöglicht werden.

Mit den prozesstechnischen Verbesserungen können zukünftig die Lebensdauer der Mobilanlagen erhöht und Maschinenbrüche verhindert werden. Durch weitere Maßnahmen zur Staub- und Schallreduktion sollen die Rahmenbedingungen der Mobilanlage verbessert und der Einsatz der Aggregate im innerstädtischen Bereich gefördert bzw. erst möglich gemacht werden.