1 Einleitung

Die aktuellen Forschungsprojekte und -tätigkeiten widmen sich der Entwicklung und Optimierung von Hochtemperaturprozessen zur Behandlung von Reststoffströmen mit dem Ziel der Wertstoffrückgewinnung und Energieeffizienzsteigerung (Tab. 1). Ein wesentlicher Fokus liegt dabei auf der energieintensiven Industrie (Eisen- & Stahlindustrie, Zementindustrie, Glasindustrie, und mehr). Dabei werden die Projekte oftmals von der theoretischen Annahme über die Umsetzung im Labormaßstab bis zur industriellen Pilotanlage begleitet.

TABELLE 1 Reststoffströme und Projekte – Hochtemperaturprozesstechnik

Die allgemeinen Ziele der Forschungstätigkeiten sind die möglichst ganzheitliche Betrachtung der Fragestellung sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgruppen am Lehrstuhl. Dazu werden die verschiedensten technischen Problemstellungen auch durch wissenschaftliche und industrielle Kooperationspartner bearbeitet. Die Kompetenzen und Ausstattung im Bereich der Hochtemperaurprozesstechnik werden im folgenden Kapitel näher beschrieben.

2 Kompetenzen und Ausstattung – Hochtemperaturprozesstechnik

Basierend auf den Entwicklungen, welche in den letzten Jahren durchgeführt wurden, konnte Know-how im Bereich der Maßstabsvergrößerung durch die Planung, den Bau und den Betrieb von Labor‑, Technikums- und Pilotanlagen erlangt werden. In Abb. 1 ist die Verfahrensentwicklung anhand der Trockenschlackengranulation von Hochofenschlacke mittels Rotationszerstäubung von der Laboranlage bis zur semi-industriellen Pilotanlage dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Prozessentwicklung der Trockenschlackengranulation von Hochofenschlacke mittels Rotationszerstäubung: mobile Laboranlage (ca. 500 g/Versuch) [1] (a), Technikumsanlage (ca. 250 kg/Versuch) [2] (b), semi-industrielle Pilotanlage (max. 1,5 t/min) [3] (c)

Die vorhandenen Anlagen und Prozesse der Hochtemperaturprozesstechnik bieten ein breites Temperaturspektrum über 1000 °C für den Einsatz verschiedenster Reststoffströme. In Tab. 2 sind die vorhandenen Anlagen- und Prozesse und in Tab. 3 die Abkühlungsmöglichkeiten mit ihren Einsatzmöglichkeiten beispielhaft dargestellt und werden in Folge näher beschrieben.

TABELLE 2 Anlagen- und Prozessübersicht – Hochtemperaturprozesstechnik
TABELLE 3 Abkühlvarianten von flüssigen Schmelzen – Hochtemperaturprozesstechnik

2.1 InduMelt – induktives Schmelzaggregat

Zur Behandlung und zum Schmelzen von Reststoffströmen im Labormaßstab kommt eine Eigenentwicklung eines induktiven Schmelzaggregats (InduMelt) zum Einsatz (Abb. 2a). Der Energieeintrag erfolgt dabei induktiv durch den Einsatz von Grafit als Suszeptor in unterschiedlichen Konfigurationen. Vorteil dieser Anlage ist die Variabilität hinsichtlich der Verwendung unterschiedlicher feuerfester Werkstoffe und Abkühlungsvarianten der flüssigen Schmelze. Einerseits können Schmelzen modifiziert und bei verschiedenen Temperaturen zur Verfügung gestellt und anschließend gezielt abgekühlt werden (Abb. 2b). Andererseits werden Versuchsdaten zur induktiven Beheizung von Grafitschüttungen gesammelt, welche als Grundlagen für die Weiterentwicklung des InduRed-Prozesses dienen [4, 5].

Abb. 2
figure 2

InduMelt – induktives Schmelzaggregat: Anlagenaufbau [4] (a), Versuchsbetrieb (b)

2.2 InduRed-Anlage

Kernstück dieser Anlage ist der mit Grafitwürfeln gefüllte Reaktor (Abb. 3a), in dem die Reduktion der verschiedenen Einsatzmaterialen zur Wertstoffrückgewinnung und Modifikation bei Temperaturen bis zu 1700 °C stattfindet. Die Anlage besteht aus einer Dosiereinheit, dem Reaktor, einer Nachverbrennung für die Reaktorgase und einem Wäscher (Abb. 3b).

Abb. 3
figure 3

InduRed: Reaktor (a), Anlagenaufbau (b)

2.3 RecoDust-Anlage

Die Anlage wurde entwickelt, um zinkhaltige Stäube aus integrierten Hüttenwerken zu verwerten (Abb. 4a). Der Energieeintrag erfolgt mittels Erdgas‑/Sauerstoffbrenner. Zu Beginn des Prozesses findet die Verschlackung des Einsatzmaterials unter reduzierenden Bedingungen und bei Temperaturen von bis zu 1800 °C im Reaktorraum statt. Bei den voreingestellten Temperaturen und der entsprechenden Reaktoratmosphäre findet eine selektive Verflüchtigung der volatilen Komponenten statt. Anschließend erfolgt die Abgasbehandlung mittels Nachverbrennung, mit folgender Abkühlung und abschließender Abtrennung der Oxide am Gewebeschlauchfilter. Die nichtflüchtigen Anteile des Einsatzmaterials bilden die sogenannte RecoDust-Schlacke am Reaktorboden, welche diskontinuierlich abgestochen wird (Abb. 4b).

Abb. 4
figure 4

RecoDust-Prozess: Verfahrensschema (a), Abstich – Flash-Reaktorboden (b)

2.4 Rotationszerstäuber

Zur Abkühlung von flüssigen Schmelzen steht die Rotationszerstäubung in Kombination mit der InduMelt-Anlage zur Verfügung (Abb. 5a). Dabei erfolgt die Desintegration des auf dem rotierenden Element aufgebrachten Flüssigkeitsfilmes durch die wirkenden Zentrifugal- und Reibungskräfte in Abhängigkeit von den Stoffeigenschaften und Prozessparametern (Abb. 5b). Ziele der Untersuchungen sind:

  • Entwicklung von empirischen Kenngrößen zur Prozessbeschreibung

  • Bestimmung des Steuergrößeneinflusses auf die Qualitätsmerkmale

  • Optimierung von Mess- und Kamerasystemen im Hochtemperaturbereich

Abb. 5
figure 5

Rotationszerstäuber: InduMelt – Tiegelaufbau [6] (a), Versuchsbetrieb – Scheibenzerstäubung [5] (b)

2.5 Nassgranulation

Basierend auf dem Stand der Technik zur Abkühlung von flüssigen Hochofenschlacken steht eine Nassgranulationsanlage mit Wasser zur Verfügung. Die Versuche können entweder mittels Rinne oder Düse (Abb. 6a) durchgeführt werden und liefern je nach definierter Steuergröße ein entsprechendes Granulationsprodukt (Abb. 6b). Die Zielsetzungen der Anlage sind:

  • Bestimmung des Steuergrößeneinflusses zur Leistungsfähigkeitssteigerung von Hüttensand für die Zementindustrie

  • Entwicklung von alternativen, hydraulisch wirksamen Zusatzstoffen für die Betonherstellung

Abb. 6
figure 6

Nassgranulation mit Wasser: Versuchsdurchführung – Rinne (a); Granulationsprodukt – Hochofenschlacke (b)

3 Projekte

Folgend werden die aktuellen Projekte der Hochtemperaturprozesstechnik näher erläutert, wobei die oben beschriebenen Anlagen und Prozesse zum Einsatz kommen.

3.1 CEMphos – Phosphorrückgewinnung im Zementwerk

Im Rahmen des Projektes CEMphos wird an der Integrierung einer Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm in die Zementindustrie gearbeitet. Basierend auf dem erfolgreich abgeschlossenen EU-Projekt „RecoPhos“ [7], liegt der aktuelle Lehrstuhlfokus auf der Weiterentwicklung des Phosphor-Recycling-Verfahrens in der InduRed-Anlage. Das Kernstück dieser Technologie bildet der induktiv beheizte InduRed-Reaktor, worin die Reduktion der oxidierten Phosphorverbindungen mittels Kohlenstoff als Reduktionsmittel und Siliziumdioxid zu elementarem Phosphor bei ca. 1550 °C stattfindet. Phosphor fällt dabei als Produkt an, gleichzeitig wird eine metall- und schwermetallarme Silikatschlackenfraktion gebildet. Diese Produktströme gilt es, für die Gegebenheiten und Anforderungen der Zementindustrie zu optimieren [8,9,10].

3.2 FORWÄRTS – Trockenschlackengranulation

Ziel des Forschungsvorhabens zur Wärmerückgewinnung mittels Trockenschlackengranulation (FORWÄRTS 2.0) ist der weltweit erstmalige Einsatz der Rotationszerstäubungstechnologie, um Hochofenschlacke trocken in einem semi-industriellen Maßstab (Abb. 1c) zu granulieren. Dabei soll hochqualitativer Hüttensand erzeugt und die thermische Energie der Schlacke zur Wärmerückgewinnung mittels Luft genutzt werden. Am Lehrstuhl wurden folgende Fragestellungen bearbeitet [1, 3, 6]:

  • Bestimmung des Steuergrößeneinflusses auf die Qualitätsmerkmale, Rotationskörpergeometriestudie (Abb. 7)

  • Entwicklung einer Echtzeitprozesscharakterisierung (optische Tropfendurchmesserbestimmung, …)

Abb. 7
figure 7

Rotationskörpergeometriestudie – Hohlkörperzerstäuber [3]: Trommel (a), Trommelschlitz (b)

3.3 K1-MET 1.2 – Steelmaking Slag and Product Development

Im Rahmen des Projektes wird an der sekundärrohstofflichen Verwertung von Stahlwerksschlacken gearbeitet. Die Zielsetzung besteht in der Entwicklung von Produkten aus Stahlwerksschlacke mit deutlicher Wertsteigerung. Die Hauptstoßrichtungen sind dabei einerseits die Rückführung der Wertmetalle, insbesondere Eisen, Mangan und Chrom, in den hütteninternen Produktkreislauf bei entsprechender Minderung der störenden Begleitelemente und andererseits die Verwendung der metallarmen Fraktion als Einsatzmaterial in der Baustoffindustrie unter marktkonformen Bedingungen. Der Lehrstuhl widmet sich dabei folgenden Fragestellungen [11, 12]:

  • maximale Abtrennung der phosphorreichen von der eisenreichen Fraktion mittels InduRed

  • Optimierung der Energieeffizienz der Phosphorabtrennung

  • Optimierung der mineralischen Produktfraktion

3.4 K1-MET 1.3 – Circular Economy of Metallurgical Waste Materials

Das Projekt arbeitet an der nachhaltigen Schließung von Stoffkreisläufen in der metallurgischen Industrie. Anfallende Reststoffe sollen als Sekundärrohstoff durch den RecoDust-Prozess bereitgestellt werden (Abb. 8; [13, 14]).

Abb. 8
figure 8

Stoffflussdiagramm des RecoDust-Prozesses für LD-Konverterstäube [13]

Basierend auf den bereits generierten Versuchsdaten der Technikumsanlage werden die erstellten Computermodelle abgeglichen und dienen als Basis zur Verfahrensverbesserung und Maßstabsvergrößerung für ein Anlagenkonzept mit einer Kapazität von 1000 kg/h LD-Konverterstaub [13, 14].

3.5 RecyMin – Recycling von künstlichen Mineralfasern (KMF)

Durch den Einsatz von künstlichen Mineralfasern (KMF) als Dämmstoffe im Bausektor fallen diese bei Rückbaumaßnahmen als Abfälle an. Die Deponierung, als vorrangiger Weg der Entsorgung in Österreich, gestaltet sich aufgrund der niedrigen Dichte und der geringen Formbeständigkeit herausfordernd. Das Projekt RecyMin beschäftigt sich daher mit dem Recycling und verfolgt darin verschiedenste Lösungsansätze, von der innovativen Deponierung bis zum Einsatz in der Zementindustrie. Am Lehrstuhl wird im Speziellen an der Entwicklung eines KMF-Recyclings gearbeitet [15]:

  • Rückführung von KMFs in die Mineralwollindustrie

  • Stoffliche Verwertung in anderen Industrien (Baustoffindustrie)

4 Schlussfolgerung bzw. Zusammenfassung

Die Hochtemperaturprozesstechnik im Bereich der Reststoffverwertung hat eine hohe Zukunftsrelevanz hinsichtlich der Rohstoffsicherung und Energieeffizienzsteigerung. Sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht ist die Bearbeitung dieser Thematik sinnvoll und liefert einen wichtigen Beitrag zur Abfallvermeidung, Wertstoff- und Wärmerückgewinnung. Der Lehrstuhl für Thermoprozesstechnik an der Montanuniversität ist stetig bemüht, die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben und marktfähige Problemlösungskonzepte in Kooperation mit Industriepartnern zu forcieren.