1 Auffindung und archäologisches Umfeld

Das Messer wurde bei der Untersuchung einer Bergbauhalde aufgefunden. Es gehört dem Typ Baierdorf/Velatice I an und datiert damit grob in Bronzezeit D/Ha A1. Eine eindeutige Parallele zu der vorliegenden Form mit sehr markantem Höcker am Rücken und Zierrillen knapp oberhalb der Schneide ist im mitteleuropäischen Fundgut nicht vorhanden.

Ein gutes Vergleichsstück ist aus Molln in Oberösterreich als Flussfund bekannt, jedoch liegen davon keine Werkstoffuntersuchungen vor [1].

2 Das Griffzungenmesser

Das Messer ist verbogen und hat eine Länge von etwa 19 cm (Abb. 1a).

Abb. 1
figure 1

Griffzungenmesser: a Originalzustand, b Position der Probenentnahme, c Schnittfläche des entnommenen Keils, d Oberfläche des Keils im 3D-DM

Die Länge der Klinge beträgt ca. 10 cm, die Breite variiert zwischen 1 und 1,6 cm. Der Klingenrücken weist einen markanten Höcker auf und die Schneide ist leicht geschweift. Entlang der Schneide verlaufen auch drei Rillen.

In der Mitte der Schneide ist diese etwas abgenutzt. Die Spitze des Messers ist abgerundet. Zwischen Klinge und Griffzunge besteht eine markante Verbreiterung (1,9 cm). Die Griffzunge hat eine Länge von ca. 7 cm und eine gleichbleibende Breite von 1,2 cm.

Ausgeprägte Randleisten an der Griffzunge (Breite 0,5 cm) sind auf ihrer gesamten Länge mit Zierkerben versehen, dürften also nicht durch organisches Material verdeckt gewesen sein. In der Griffzunge zwischen den Randleisten liegen vier Nietlöcher mit Durchmessern zwischen 0,3 und 0,4 cm.

Aus dem breitesten Bereich der Klinge wurde ein Keil für die metallographische Untersuchung entnommen (Abb. 1b). An der Schnittfläche des Keils sind deutlich die erwähnten Rillen zu erkennen (Abb. 1c). Die Oberfläche des Messers ist überwiegend bräunlich patiniert (Abb. 1d).

3 Metallkundliche Untersuchungen

Der aus dem Bronzemesser entnommene Keil wurde metallographisch untersucht. Es wurden die Methoden 3D-Digitalmikroskop (3D-DM), Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), Metallographie, Lichtmikroskop (LOM) sowie Rasterelektronenmikroskop (REM) mit energiedispersiver Röntgenanalyse (EDX) eingesetzt. Als Ätzmittel wurden (NH4)2CuCl4- und Klemm 2‑Lösungen verwendet.

Eine RFA Analyse des metallographisch präparierten Querschnitts ergab 21 Gew.% Sn, 0,5 Gew. % As, 0,2 Gew. % S, 0,2 Gew. % Ni sowie 0,1 Gew. % P (Tab. 1). Die Konzentrationen weiterer Spurenelemente waren unter 0,1 Gew.%. Da 21 Gew.% Sn in einer bronzezeitlichen Sn-Bronze unrealistisch hoch erschien und auch die metallographischen Gefüge nicht einer derartigen Legierung entsprachen, wurden Detailanalysen mittels REM-EDX durchgeführt. Diese Analysen ergaben einen Mittelwert von 10,5 Gew.% Sn und 0,3 Gew. % S, was auch dem vorliegenden Gefüge entsprach. Die Diskrepanz zwischen RFA und REM-EDX ist auf die vorliegende Patina zurückzuführen, in welcher sich Sn während der Korrosion angereichert hat [2]. Mittels RFA Messungen konnten aber die Spurenelemente erfasst werden, wobei die Anwesenheit von As und S auf die Erzbasis Chalkopyrit und/oder Fahlerze hinweist [3,4,5].

TABELLE 1 Chemische Zusammensetzung des Bronzemessers bestimmt mittels RFA sowie REM-EDX Flächenanalyse

Der metallographische Schliff des entnommenen Keils zeigt ein gleichmäßiges metallisches Gefüge mit einigen Löchern, vermutlich Lunker, die bei der Erstarrung entstanden sind (Abb. 2a). Die Bronze ist mit einer etwa 100 bis 200 µm dicken Patinaschicht überzogen. In Abb. 2b ist die Schneide des Messers bei höhere Vergrößerung zu sehen, wodurch größere Einschlüsse sowie Korrosion an den Korngrenzen deutlich erkennbar sind (Abb. 2c). Die Abbildungen Abb. 2d, e zeigen Patina, welche aufgrund der grünen Farbe im polarisierten Licht als Malachit (Cu2(CO3)(OH)2) bezeichnet werden kann. Cu2O, das im polarisierten Licht dunkelrot bis schwarz erschient, ist hier nicht vorhanden [2]. In einem anderen Bereich der Patinaschicht ist ein zweilagiger Aufbau zu erkennen (Abb. 2f). Die äußere Lage erscheint kompakter, enthält aber feine Risse und die innere Lage ist feinkörniger ohne sichtbare Risse. Im REM ist der lagige Aufbau der Patina ebenfalls zu erkennen (Abb. 2g).

Abb. 2
figure 2

Metallographisch präparierte Fläche des entnommenen Keils: a Gesamtansicht, b Schneide des Messers, c Bereich mit Korrosion im Metall, d Patina aus Malachit im LOM, e Patina im polarisierten Licht, Übergangsbereich Metall zu Patina f im LOM, g im REM

Im metallischen Kern des Messers sind zahlreiche Lunker und Ausscheidungen zu erkennen (Abb. 3a, b). Mittels REM-EDX Analysen an verschiedenen Ausscheidungen wurden neben Cu auch Sn, S, Pb, O und C nachgewiesen. Einzelne Phasen können nicht nachgewiesen werden, aber aufgrund der Sn Konzentration von 10,5 Gew.% ist ein eutektoides Gefüge zu erwarten. Ein kleiner Bereich eutektoiden Cu-Sn Gefüges ist in Abb. 3c als weißer Fleck deutlich zu sehen [6]. Im Eutektoid liegen die Phasen Cu41Sn11 und Cu-Sn Mischkristall vor [7, 8]. Die kleinen weißen Punkte werden Pb zugeordnet und die schwarzen Flecken Cu2S. In Abb. 3d sind Risse an Korngrenzen des Metalls deutlich zu sehen. Ein Muster, dass die Risse bevorzugt durch bestimmte Phasen verlaufen, ist nicht zu beobachten. Die Abb. 3e, f zeigen Lunker. Im LOM ist an den Rändern der Lunker eine graue Phase zu erkennen, bei der es sich vermutlich um Cu2S handelt (Abb. 3e). Im REM ist im Lunker deutlich die dendritische Erstarrung zu erkennen (Abb. 3f).

Abb. 3
figure 3

Gefüge der Bronzelegierung: a Übersicht im REM, b LOM, c Cu-Sn Phase (weiß) und Cu2S (schwarz) (REM), d Bereich mit interkristalliner Korrosion, Lunker, e im LOM und f REM

Durch eine Ätzung mit Klemm 2‑Lösung wird das metallische Gefüge blau beziehungsweise dunkelrot angeätzt (Abb. 4a). Die Überblicksaufnahme zeigt über den gesamten Probenbereich eine dendritische Erstarrungsstruktur, welche während der Erstarrung entstanden ist. Deutlich ist auch die gleichmäßige Patina an der Oberfläche zu erkennen (Abb. 4b). Die unterschiedlichen Farben der Ätzung lassen sich folgendermaßen erklären: Zuerst scheidet sich eher reineres Kupfer in Form von Dendriten aus, welche im Gefüge hellblau gefärbt sind (Abb. 4c). Mit fortschreitender Erstarrung reichern sich Verunreinigungen und Legierungselemente in der Schmelze an und werden während der Erstarrung vermehrt im Kupfer eingebaut, wodurch nach dem Ätzen eine dunkelbaue Farbe vorliegt. Die interdendritischen Bereiche, welche zuletzt erstarren und die meisten Verunreinigungen enthalten, erscheinen rot, und dort ist auch die Phase Cu2S sowie das eutektoide Cu-Sn Gefüge zu sehen (Abb. 4d). Die weißen Bereiche bestehen aus Cu41Sn11, welches von einem dunkelroten Saum umgeben sind (Abb. 4d). Ähnlich verhält es sich mit Cu2S, das aber braun gefärbt ist (Abb. 4e).

Abb. 4
figure 4

Metallographischer Schliff nach Ätzung mit Klemm 2 (LOM): a Übersicht, b, c Detailaufnahmen, die deutlich die dendritische Erstarrungsstruktur zeigen, d, e die Cu41Sn11 Phase erscheint weiß und Cu2S braun

Vereinzelt sind Korngrenzen zu beobachten, und die Korngröße wird auf 10–20 µm geschätzt.

Da die Gussstruktur des Griffzungenmessers gut erhalten ist und keine ausgeprägten Verformungsstrukturen vorliegen, kann geschlossen werden, dass keine Nachbearbeitung durch z. B. Hämmern erfolgte.

4 Die Metallurgie der Bronzezeit

Der Übergang von der Kupferzeit zur Bronzezeit vollzog sich gleitend, wobei vermutlich die verfügbaren Kupfererze von maßgeblicher Bedeutung waren. Es kann angenommen werden, dass das erste Kupfer aus oxydischen Erzen hergestellt wurde. In weiterer Folge wurden bevorzugt Fahlerze eingesetzt, deren Verhüttung relativ einfach ist [9]. Ein zusätzlicher positiver Effekt war, dass etwas As im Kupfer verblieb und dadurch Arsenbronzen erhalten wurden, die eine etwas höhere Härte besitzt. In weiterer Folge wurde dann Chalkopyrit verhüttet, wobei hier das im Erz enthaltene Eisen als Schlacke abgetrennt werden musste [10].

Ob die Einführung der Zinnbronze gleichzeitig mit der Verhüttung von Chalkopyrit erfolgte, ist nicht nachgewiesen, denn manche Zinnbronzen enthalten auch As, wie z. B. das hier untersuchte Griffzungenmesser.

Der Herstellungsort des vorliegenden Griffzungenmessers kann nicht so einfach lokalisiert werden, aber die Verarbeitung von Zinnbronze im etwa 50 km entfernten Prigglitz-Gasteil wurde bereits nachgewiesen [11, 12].

5 Zusammenfassung

Ein frühurnenfelderzeitliches (ca. 1200 v. Chr.), in einer Bergbauhalde aufgefundenes Griffzungenmesser wurde metallographisch untersucht. Es besteht aus einer Zinnbronze mit einem Sn Gehalt von etwa 10,5 Gew.% Als weitere Elemente wurden As, S, Ni und P nachgewiesen. Im metallischen Gefüge ist ein gleichmäßiges dendritisches Erstarrungsgefüge zu erkennen. Da bei der Erstarrung der Legierung die Verunreinigungen in interdendritischen Bereichen angereichert werden, liegen auch dort die Cu2S und Cu41Sn11 Phasen vor. Vermutlich erfolgte nach dem Guss keine weitere mechanische Bearbeitung, da keine auffälligen Verformungen im Gefüge festgestellt wurden. Eine gleichmäßige Patina aus Malachit bedeckt die metallische Bronze, wobei jedoch kein Cu2O festgestellt wurde. In der Patina ist aufgrund der Korrosionsmechanismen Sn angereichert.