1 Einleitung

Die Koralmbahn stellt eine neue zweigleisige Hochleistungsstrecke zwischen Graz und Klagenfurt dar. Sie besitzt eine Länge von ca. 130 km. Herzstück ist der 33 km lange Koralmtunnel; darüber hinaus werden zwölf neue Bahnhöfe und Haltestellen, über 100 Brücken und Unterführungen sowie zahlreiche Tunnelbauwerke errichtet.

Im Kärntner Abschnitt Mittlern-Althofen/Drau werden sechs Tunnelbauwerke zur Tunnelkette St. Kanzian zusammengefasst. Zwei Tunnelbauwerke dieser Tunnelkette (Tunnel Srejach und Tunnel Untersammelsdorf) liegen teilweise in glazialen Stillwassersedimenten („Seeton“) und erforderten daher umfangreiche Spezialtiefbaumaßnahmen [1,2,3,4], die auch aufbereitungstechnische Fragestellungen in Form der Entwässerung von teilweise zementhaltigen Suspensionen beinhalteten. Im gegenständlichen Beitrag wird darüber berichtet.

2 Geologie, durchgeführte Baumaßnahmen und Problemstellung

Die Tunnelkette St. Kanzian befindet sich in den östlichen Ausläufern des Klagenfurter Beckens. Dieses wird aufgebaut von verschiedenen paläozoischen und triassischen Festgesteinen, auf die im Miozän feinklastische, teilweise kohleführende Sedimente und Konglomerate abgelagert wurden. Im Quartär erfolgte die geomorphologische Prägung der Landschaft. Die quartären Ablagerungen bilden durch den wiederholten Vorstoß und Rückzug des Draugletschers einen Wechsel von eiszeitlichen Moränensedimenten und fluvioglazialen Ablagerungen. In den Toteislöchern kam es zur Ablagerung mächtiger Stillwassersedimente („Seeton“). Nach dem endgültigen Rückzug der Gletscher wurden von den Flüssen mächtige Schotterterrassen und Sanderflächen geschüttet.

Bei den Seetonen gibt es Sand- und Schluff-Ton-dominierte Zonen. Ihre Konsistenz variiert von breiig, weich bis steif, wodurch es sich um einen in geotechnischer Hinsicht äußerst ungünstigen Baugrund handelt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Versagende Baugrube im Seeton im Bereich der Koralmbahn

Es wurden Mächtigkeiten dieser Ablagerungen bis über 40 m erkundet.

Der Tunnel Srejach ist eines der beiden im Seeton liegenden Tunnelbauwerke. Er weist eine Länge von 620 m auf. Da keine Unterkante des Seetons erkundet wurde, ist er schwimmend gegründet. Er wurde in Deckelbauweise mit einer aufgelösten Bohrpfahlwand beidseits des späteren Tunnels hergestellt. Zur Aussteifung der beiden Bohrpfahlwände wurde unterhalb der späteren Sohlplatte eine 2–3 m dicke Bodenvergütung mittels des Düsenstrahlverfahrens (DSV) vorab von über Tage hergestellt.

Das Düsenstrahlverfahren (DSV) wird gemäß ÖNORM EN 12716 [5] als Vorgang bezeichnet:

der darin besteht, dass Boden oder mäßig festes Gestein in seine Bestandteile zerlegt und mit zementhaltiger Mischung versetzt bzw. teilweise durch diese Mischung ersetzt wird. Das Auflösen des Bodengefüges wird durch einen energiereichen Flüssigkeitsstrahl bewirkt, wobei die Flüssigkeit die Zementsuspension sein kann.

Mit diesem Verfahren können zylindrische Elemente, sogenannte DSV-Säulen, hergestellt werden. Durch das Aneinanderreihen mehrerer Säulen entstehen DSV-Körper.

Das zweite Tunnelbauwerk, der Tunnel Untersammelsdorf, schließt bei einer Länge von 665 m neben Stillwassersedimenten in der Sohle auch quartäre Kiese und Sande und Moränensedimente auf. Aufgrund einer maximalen Überlagerung von 33 m über Schienenoberkante und der ungünstigen geotechnischen Bedingungen wurde der Großteil des Tunnels in geschlossener Bauweise mit einem Gewölbequerschnitt wie folgt hergestellt: Zur Ausbildung eines „Schutzgewölbes in der Firste“ und um ein Ausfließen von sandigen Lagen aus der Firste im Ausbruchbereich zu vermeiden, erfolgte die Herstellung eines bis 3 m dicken DSV-Firstgewölbes von über Tage. Zur Verspannung und Auflagerung dieses DSV-Firstgewölbes und zur Vermeidung des Ausfließens im Ulmenbereich wurden beidseitig Bohrpfähle hergestellt, die in den tragfähigen Untergrund einbinden. Im Schutz dieser Spezialtiefbaumaßnahmen erfolgte dann der eigentliche Vortrieb.

3 Versuchsfeld Untersammelsdorf

Bereits aus den Erfahrungen früherer Bauvorhaben in der Region bzw. aus den Laborwerten der Bodenproben war dem Bauherrn die geotechnische Problematik der dargelegten geplanten Baumaßnahmen bewusst. Bei der Planung resultierten daraus sehr hohe Bauwerkskosten, die v. a. auf das DSV-Verfahren als den Kostentreiber zurückzuführen waren. Insgesamt war geplant, bei beiden Tunnels in Summe rd. 87.000 m3 DSV-Körper herzustellen.

In den Jahren 2008–2009 wurde daher durch die ÖBB im Nahbereich der späteren Tunnelbauwerke als eigene Baumaßnahme das Versuchsfeld Untersammelsdorf errichtet (Abb. 2; [6]).

Abb. 2
figure 2

Luftbild des Versuchsfeldes Untersammelsdorf während des Aushubs zwischen den Bohrpfählen

Damit sollten für die Bauausschreibung und spätere Herstellung der Tunnelbauwerke Erkenntnisse zu erreichbaren Eigenschaften (v. a. Durchmesser und Druckfestigkeit) des DSV-Körpers in den Stillwassersedimenten sowie zur Menge, Beschaffenheit und Entwässerbarkeit des systembedingten Rücklaufs (einer Suspension bzw. Trübe aus Wasser, gelöstem Boden und Bindemittel in wechselnden Anteilen, die im Ringraum zwischen Bohrlochrand und Bohr‑/Düsgestänge wieder ausgetragen wird) gewonnen werden. Im Schutze eines 25 m mal 10 m großen Bohrpfahlkastens wurden dabei zahlreiche DSV-Säulen und -Körper hergestellt und später ausgegraben sowie ein kurzer Tunnelvortrieb durchgeführt.

Hinsichtlich des DSV-Rücklaufs konnte ein Rücklauffaktor von ca. 3,5 ermittelt werden. Dies bedeutet, dass die Rücklaufmenge mindestens das 3,5-fache der herzustellenden DSV-Kubatur beträgt. Außerdem wurde festgestellt, dass der Rücklauf nur durch Schwerkraft alleine – wie sonst bei zahlreichen Spezialtiefbaumaßnahmen üblich – praktisch nicht sedimentiert. Erschwerend für die Planung der für die Deponierung des Feststoffinhaltes notwendigen Entwässerungsanlage kommt die Wirkung des teilweise in der Rücklauftrübe enthaltenen Zements hinzu.

Um eine entsprechende Planungssicherheit für die Ausschreibung und Ausführung zu gewinnen, wurden zusammen mit dem Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung der Montanuniversität Leoben umfangreiche Untersuchungen zur Entwässerung des DSV-Rücklaufs durchgeführt.

4 Probenahmetätigkeiten

Aufgrund der baugeologischen Randbedingungen (Böden unterschiedlicher Eigenschaften entlang des Verlaufes der beiden Tunnels) war eine wesentliche Randbedingung für die Entwässerungsanlage, dass eine möglichst gute Anpassung an die auftretenden Suspensions- und Körnungsbedingungen und ihr betriebsbedingtes Schwankungsverhalten möglich ist. Ein Apparat alleine kann nicht alle Anforderungen in technischer wie auch wirtschaftlicher Sicht erfüllen. Dementsprechend war für den störfallfreien, kostengünstigen Betrieb eine Abfolge von geeigneten Entwässerungsapparaten zur stufenweisen Reduktion des Wassergehaltes bis zur deponiefähigen Restfeuchte zu planen.

Der Beschaffung planungsrelevanter Proben kam dabei große Bedeutung zu.

In systematischer Herangehensweise wurden noch während des Betriebes des Versuchsfeldes erste Proben direkt am Bohrlochmund für die DSV-Säulen und vom Zulauf zu den Mulden für den DSV-Rücklauf durch Mitarbeiter des Lehrstuhls gezogen, um sowohl die Suspension als auch den Feststoff hinsichtlich der Entwässerungseigenschaften zu untersuchen. Die im Versuchsfeld zugänglichen feinstkörnigen, tonig-schluffigen Stillwassersedimente stellten die energieintensivste Entwässerungsaufgabe dar und ließen eine Apparatevorauswahl zu.

In einem zweiten Schritt wurden mit Hilfe vorhandener Kernbohrungen charakteristische Proben aus zukünftigen Tunnelabschnitten ausgewählt, um die Variabilität in Art und Menge der Bodenarten (kiesig-sandig bis tonig-schluffig), aber auch die Wirkung des Zementanteils in das Sedimentations- und Filtrationsverhalten miteinzubeziehen.

In einem dritten Schritt wurden in einem eigenen Schurfprogramm 6 t Probenmaterial für Pilotversuche bei Herstellern von als zweckmäßig beurteilten Apparaten derart erarbeitet, dass ausreichend Aufgabegut mit vergleichbaren entwässerungstechnischen Eigenschaften verfügbar war (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Gewinnung von Probematerial für Pilotversuche

5 Kleinversuche zur Charakterisierung von Suspension und Feststoff

An den ersten beiden Probentypen wurden die für die Auswahl und Auslegung von Entwässerungsapparaten maßgeblichen Suspensions- und Feststoffparameter unter besonderer Berücksichtigung der Zementwirkung erarbeitet.

5.1 Untersuchungsmethoden und Kennwerte

Die Feststoffmengenanteile in der (Rücklauf‑)Trübe ergaben sich aus Trocknungsversuchen bis zur Gewichtskonstanz. Die Trübeviskosität wurde bei der höchsten Feststoffvolumenkonzentration mit einem Rotationsviskosimeter (Typ Haake Viskotester 550) gemessen, für die Veränderung der Viskosität mit der Feststoffvolumenkonzentration kam das Kapillarviskosimeter nach Steiner zum Einsatz. Einstabmessketten bzw. Glaselektroden dienten zur Bestimmung des pH-Wertes und der Leitfähigkeit der Trübe. Das Klärverhalten wurde in Absetzreihenversuchen mit der Betriebstrübe ermittelt, während der Filtrationswiderstand aus Laborversuchen mit entsprechenden Apparaturen für Saug- und Druckfiltration am Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung erarbeitet wurde.

$$\textit{gradp}=r\cdot \eta \cdot \frac{\dot{V}}{A}$$
(1)
gradp =:

Gradient des Drucks über den Filterkuchen [Pa/m],

r =:

spezifischer Filtrationswiderstand [1/m2],

η =:

dynamische Viskosität [Pa·s],

\(\dot{V}=\) :

Volumenstrom Filtrat [m3/s],

A =:

Filterfläche [m2].

Die Definition für den Filtrationswiderstand ist in Gl. 1 („Darcy-Gleichung“) angegeben. Da vorab nicht die Auslegung des Filterapparates im Vordergrund stand, sondern die Ermittlung einer Kennzahl zum Vergleich der einzelnen Probentypen hinsichtlich ihrer Filtrierbarkeit mit und ohne Einfluss von Zement, wurde der Widerstand am ausgebildeten Kuchen bei zeitlich konstanten Druckverhältnissen gemessen.

Die Korngrößenverteilungen entstammen einer Kombination aus Nass-Siebanalyse kombiniert mit Sedimentationsanalyse am Körnungsanteil unter 25 µm. Die Kornform wurde aus der mineralogischen Untersuchung und Beobachtungen im Stereomikroskop abgeschätzt.

Die Feststoffdichte wurde mit dem Helium-Gaspyknometer ermittelt und diente vor allem zur Umrechnung des direkt bestimmten Feststoffgehaltes in häufig gebrauchte Feststoffmengenangaben.

Die Feststoffmengenangaben werden in der Terminologie und der Definition nicht in allen Ingenieurwissenschaften gleich verwendet. Deshalb war es bei fachübergreifender Zusammenarbeit notwendig, die Definitionen vorab klar anzugeben. In der Aufbereitungstechnik beispielsweise werden Konzentrationsangaben immer als Volumenbezug verstanden, während Gehalte massebezogene dimensionslose Größen (m%) sind. Ein Feststoffgehalt wird in der Aufbereitungstechnik bezogen auf die Gesamttrübemasse ermittelt. In der Geotechnik wird hingegen die Trockenmasse als Bezugsmasse herangezogen, was in der aufbereitungstechnischen Terminologie einer Beladung entspricht. Vor allem in der Kommunikation mit Herstellern von Entwässerungsapparaten, die die Feststoffmengenangaben zwingend als auslegungsrelevante Daten benötigen, war daher immer höchste Transparenz bei den Begriffen geboten.

5.2 Ergebnisse der Laborversuche [7, 8] und Maschinenvorauswahl

5.2.1 Feststoffanteil und seine Schwankung

Die Feststoffmassekonzentration (Masse Feststoff bezogen auf das Volumen Trübe) der direkt am Bohrloch gezogenen Proben des DSV-Rücklaufs liegt im arithmetischen Mittel aus 7 Proben bei 656 ± 152 kg/m3 (Feststoffgehalt: 45,8 ± 7,03 %), jene der in die Absetzmulden verpumpten Proben bei 442 ± 190 kg/m3 (Feststoffgehalt: 33,5 ± 9,97 %). Der niedrigste Wert der verpumpten Proben liegt bei 310 kg/m3, der höchste bei 924 kg/m3. Sobald die Proben mit Zement in Kontakt kommen, steigt der pH-Wert der Trübe von 8 auf Werte zwischen 11,5–12, womit auch die Leitfähigkeit von etwa 300 auf 1200 µS/cm ansteigt.

Die Trübe zeigt strukturviskoses Verhalten. Bei einer Massekonzentration von 644 kg/m3 sinkt die Viskosität von 7 Pa · s bei einem Schergefälle von 10 s−1 auf etwa 0,25 Pa · s bei 600 s−1. Bei etwa der halben Feststoffkonzentration sinkt die scheinbare Viskosität auf 7 mPa · s (gemessen mit dem Kapillarviskosimeter).

5.2.2 Mineralogische Zusammensetzung und Körnungsaufbau

Der hohe Anteil an Schichtsilikaten – Muskowit (36 %), Chlorit (11 %), Smektit (2 %) und Kaolinit (2 %) – im Seeton ist einerseits für das Fließverhalten verantwortlich, andererseits bedingt die Plättchenform neben der Kornverteilung den hohen Filtrationswiderstand. Der verbleibende Mineralbestand setzt sich aus Quarz (18 %), Dolomit (12 %), Plagioklas (9 %) und etwas Pyrit (1 %) zusammen [9].

Den Körnungsaufbau der Feststoffinhalte aus den unterschiedlichen Bodenbereichen „kiesig“ (Probe ÖBB 3), „sandig“ (Probe ÖBB 1), „tonig-schluffig“ (Probe ÖBB 2 und 4) und seine Schwankung zeigen Abb. 4 und Tab. 1. Der Vorerkundung entsprechend macht der tonig-schluffige Bereich etwa 2/3 der Sedimente im Bereich der Bohrpfähle des benachbarten Bauloses 60.2 aus. 99 % sind kleiner als 63 µm. Der Anteil kleiner 2 µm liegt zwischen 20 und 25 %.

Abb. 4
figure 4

Darstellung der Körnungsverteilungen der verarbeiteten Proben sowie der korngrößenverteilungsbedingten Zuordnung von Entwässerungstechnik [7, 8, 10]

TABELLE 1 Siebdurchgangswerte für charakteristische Bodenproben [9]

Die Korngrößenverteilung des in der Versuchstätigkeit durchgehend verwendeten Zementes (CEM II B-M (S-L), Stoffdichte 2,92 g/cm3, 4400 cm2/g, 28 Tage Festigkeit: 44 N/mm2, Fa. Rohrdorfer) entspricht nahezu jener der tonig-schluffigen Probe 2. In Abb. 4 sind zusätzlich jene von Dorr Oliver [10] angegebenen Grenzen zwischen Saugfiltration der mit Unterdrücken um 1 bar und Druckfiltration der mit Überdruck > 1 bar arbeitenden Apparate angegeben.

Der parallele Verlauf des Feinkornanteils <25 µm der aus Bohrkernen generierten Proben (ÖBB 1–4) mit jenen der direkt im Betrieb des Versuchsfeldes gezogenen zeigt einerseits, dass die Probenverarbeitung der ausgetrockneten Bohrkernproben vertrauenswürdig ist, und andererseits die geologische Beziehung zwischen den Bodentypen.

Die mittlere Feststoffdichte der Trockensubstanz, bestimmt mit dem Heliumgaspyknometer, beträgt 2800 kg/m3.

Der Körnungsaufbau wie auch die Feststoffvolumenkonzentration schwanken stark. Die Konzeption einer Entwässerungsanlage bzw. eines Entwässerungsaggregates muss also geeigneten Maschinenschutz durch Grobkornabscheidung oder geeignet robuste (verschleißfeste) Maschinenkomponenten aufweisen. Der hohe Anteil an plattigen Schichtsilikaten sowie auch die Durchgangsverteilung deuten bereits Druckfiltration als einzige zielführende Entwässerungsform an.

5.2.3 Sedimentationsverhalten bei Schwerkraftentwässerung

Die Klärversuche wurden ohne Trübeteilung direkt mit den Eingangstrüben im Entnahmegebinde (10 l Kübel) durchgeführt. Das Klärverhalten der zementfreien Suspensionen beschrieben durch die Klärgeschwindigkeit und die Klärleistung (Gl. 2) schwankt in Abhängigkeit von der Feststoffmassekonzentration und dem Körnungsaufbau von einer Klärgeschwindigkeit von 1,62 mm/h bei 970 kg/m3 (157 kg/m² · h, 38,2 % <40 µm, 4,6 % <2 µm) bis 0,18 mm/h bei 644 kg/m3 (12 kg/m2 · h, 90 % <40 µm, 29 % <2 µm). Die Zugabe von anionischen Flockungsmitteln bis zu einer Konzentration von 90 g/t verbessert das Klärverhalten bei etwa halber Feststoffkonzentration der tonig-schluffigen Proben von 340 kg/m3 von 3,36 auf 11,1 mm/h. Dies entspricht einem Rundeindicker von etwa 2500 m2 Fläche bzw. 60 m Durchmesser. Zement führt zu einer Erhöhung des pH-Werts auf etwa 12 und zur Flockung der Feinanteile.

$$\Psi =c\cdot v_{K}$$
(2)
𝚿 =:

flächenbezogener Feststoffmassestrom [kg/(m2 · h)],

c =:

Feststoffmassekonzentration [kg/m3],

vk =:

Klärgeschwindigkeit [m/s].

Die Feststoffmassekonzentration des Rücklaufs am Bohrlochmund entspricht für das tonig-schluffige Material weitestgehend bereits dem möglichen Eindickungsgrad eines Schwerkrafteindickers. Das Sediment dieses Bodentyps bleibt auch nach mehrwöchigem Schwerkrafteinfluss pumpbar. Die Feststoffkonzentration liegt in einem für Kammerfilterpressen günstigen Bereich. Ein mechanischer Eindicker zur Vorentwässerung bzw. Klarwasserrückgewinnung hat keinen positiven Effekt.

Die Ausnutzung der Stabilität des DSV-Rücklaufs zur Speicherung mit oder ohne Rührwerk in einem einfachen Becken bzw. Bodenaushub verbleibt als wesentlicher Aspekt für die Planung des Entwässerungssystems. Dadurch lässt sich der Betrieb des Düsenstrahlverfahrens von der Entwässerung entkoppeln.

Auch bei einer baustellenbedingten Verdünnung der am Bohrlochmund anfallenden Suspension auf etwa 350 kg/m3 bleibt nach Verpumpen die Stabilität (bei pH 12) für eine Verweilzeit von mindestens 8 h in einem Becken ohne extern eingebrachte Scherkräfte (beispielsweise durch Umpumpen oder ein Rührwerk) erhalten.

Die Frage der Verfestigung eines Sedimentes bei hohem Zementanteil wurde in einer eigenen umfangreichen Untersuchungsreihe für die einzelnen Bodentypen behandelt [8]. In systematischen Absetz-Reihenversuchen in Standzylindern mit 1 l Fassungsvermögen mit einer Dauer von 1, 2, 3 und 7 Tagen wurde jeweils die Feststoffkonzentration zwischen 150 und 750 kg/m³ in Schritten von 150 kg/m³ gestaffelt und die Trockensubstanz wiederum in 25 m% Stufen durch Zement ersetzt. Die Sedimente jedes einzelnen Versuches wurden durch einfachste Bemusterung auf ihr Festigkeitsverhalten hin untersucht. Erst bei Zementgehalten über 50 % und Feststoffgehalten von 600 kg/m³ für sandige Proben stellte sich eine sichtbare, wenn auch nicht dauerhafte Verfestigung ein. Durch Kneten des Sediments in der Hand (Scherbeanspruchung) verflüssigte sich der Kuchen wieder. Für tonig-schluffige Proben konnte der Effekt ab 75 m% Zement und einer Konzentration von 750 kg/m³ beobachtet werden. Der Grund für die Fließbewegung auf Scherbeanspruchung liegt im überhöhten Verhältnis zwischen Wasser zu Zement. Zum Vergleich sei angeführt, dass bei der Betonherstellung ein Wasser zu Zement- bzw. Bindemittel-Verhältnis von etwa 0,6 gewählt wird. Im DSV-Rücklauf ergaben sich w/z-Werte zwischen 1,5 und 2, womit keine bleibende Verfestigung möglich ist.

Der Entwässerung kommt also neben der Fest‑/Flüssig-Trennung auch die Aufgabe zu, das Verhältnis zwischen Wasser und Zement im Filterkuchen auf einen Wert zu bringen, der eine verfestigende Wirkung des abgebundenen Zements zulässt. Dies legt die zulässige Restfeuchte des Kuchens fest.

5.2.4 Filtrationsversuche

Versuche zur Scher- und Druckfestigkeit des Filterkuchens wurden in Zusammenarbeit mit dem Baustoffinstitut Camillo Sitte in Wien durchgeführt [9]. Mit systematischen Laborfiltrationsversuchen bei 7 bar Pressdruck, vorgegebenem Trübevolumen von 370 cm3 und 450 kg/m³ Feststoffmassekonzentration wurde vorab das Verhalten der Suspension bei unterschiedlichen Zementanteilen untersucht.

Ohne Zementzugabe weist die Probe (Filtrationswiderstand von 6,03 · 1015 ± 1,65 · 1014 1/m2) bei einer Filtrationsdauer von 220 min eine minimale Kuchenrestfeuchte von 21 m% auf. Bei sofortiger Verarbeitung der Trübe bewirkt Zement bei 25 m% Zementanteil eine drastische Verringerung der Filtrationszeit auf 23 min und eine minimale Restfeuchte von 27 m%. Bei einem erlaubten Restwassergehalt von 33 m% sinkt die Filtrationszeit unter sonst gleichen Bedingungen auf 13 min. Erhöht sich die Verarbeitungszeit (Stehzeit) der Trübe vor dem Filtrieren um 2 h, halbiert sich die Filtrationszeit noch einmal. Diesem Verhalten sollte in den Pilotversuchen noch spezielle Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Bei einem Restwassergehalt von etwa 32 % weist der Kuchen eine Druckfestigkeit nach 7 Tagen von 2,6 MPa auf. Damit wurde die Restfeuchte auf einen Wert von 32,5 ± 2,5 % festgelegt. In der Aufgabe ist mit 300–600 kg/m3 Feststoff mit einem maximalen Zementanteil von 25 % zu rechnen. Die dominante Bodenkomponente weist hohen Feinanteil auf mit 20–25 % <2 µm und 90 % <40 µm. Mit Spritzkorn bis 10 mm ist zu rechnen.

Aufbauend auf diesen Eckdaten war eine Vorcharakterisierung der Apparate möglich.

5.2.5 Apparatevorauswahl

Kammerfilterpressen, Vollmantelschneckenzentrifugen bzw. Dekanter und Siebbandpressen wurden auf der Basis der technischen Eignung und einer ersten Abschätzung der Investitions- und Betriebskosten verglichen.

In der kontinuierlich arbeitenden Siebbandpresse wird ein durch den Einsatz von Flockungsmitteln scherfest gemachter Kuchen zwischen endlos umlaufenden Siebbahnen in mehreren Stufen auf Scherung und Druck belastet. Ohne näher auf die dem Entwässerungsgrad angepassten Druckniveaus des scherstabilen Filterkuchens einzugehen, liegt der systemimmanente Verbrauch an Flockungsmitteln eine Größenordnung über dem Verbrauch in anderen Entwässerungsaggregaten.

Für die Siebbandpresse muss aufgrund der beschränkten Filterkuchenhöhe und exakt einzuhaltender Verdichtungsgeschwindigkeit je Entwässerungszustand nicht nur die Trübemenge, sondern auch die Feststofffracht für eine Maschine eingehalten werden. Aufgrund der Umschlingung von Presswalzen am Walzenstuhl ist die Verschleißfestigkeit des Siebbandes an die Einhaltung von Kornobergrenzen gebunden. Zement oder hoher pH-Wert haben keine bekannte nachteilige Wirkung.

Der in der Baubranche als Dekanter, in der Verfahrenstechnik als Vollmantelschneckenzentrifuge eingeführte Apparat ist jene Maschine zur kontinuierlichen Sedimentation im Fliehkraftfeld, die umso besser arbeitet, je geringer der Feststoffgehalt in der Aufgabe ist. Feststoffmassekonzentrationen bis zu einer Obergrenze von 350 kg/m3 können verarbeitet werden, darüber hinaus muss durch Zusatzwasser (!) verdünnt werden. Der Feststoffinhalt darf einen gewissen Wert nicht übersteigen, die Trübemenge darf jedoch in vergleichsweise weiten Bereichen schwanken. Flockungsmittel unterstützen die Feststoffentfrachtung des Klarwassers, erhöhen aber die Kuchenrestfeuchte. Die hohe installierte Leistung führt zu hohen Energiekosten. Die Strategie gegen Verschleiß wird von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich gehandhabt. Sowohl Verschleißschutz des mit bis zu 5000 min−1 umlaufenden Außenmantels und der mit geringer Differenz (±50 min−1) drehenden Schnecke, wie auch Oberkornbegrenzung durch Vorklassierung sind möglich. Eine exakte Reinigung mit Zusatzwasser vor jedem Abschaltvorgang ist unbedingt erforderlich, um Unwucht zu vermeiden.

Kammerfilterpressen werden für unterschiedliche Druckniveaus angeboten. Günstige Maschinen arbeiten bis etwa 7 bar mit Zentrifugalpumpen, für höhere Pumpdrücke müssen die Maschinen massiver und mit anderen Pumpen ausgeführt werden. Darüber hinaus lässt sich der Entwässerungserfolg mit Druckluft beaufschlagten Gummimembranen in den Filterrahmen erhöhen. Kammerfilterpressen funktionieren umso wirkungsvoller, je höher die Ausgangsfeststoffkonzentration ist. Für Kammerfilterpressen stellt eine Feststoffmassekonzentration von 350 kg/m3 bei der feinen Körnung eine massive Erhöhung der Zykluszeit und damit erhöhte Maschinenkosten (Verlust an Durchsatzleistung) dar, der man – sofern möglich – mit dem Einsatz von Flockungsmitteln begegnen kann. Die Presszeiten sollten 15 min, die Zykluszeiten 20 min nicht überschreiten. Je nach Hersteller sind die Angaben über die zulässigen Oberkorngrößen im Spritzkorn unterschiedlich: 3–10 mm sollten bei einem Gehalt kleiner als 5 m% in der Aufgabe zum Erhalt der Standzeit der Filtertücher nicht überschritten werden. Mit Salzsäure angesäuertes Waschwasser (5 %-ige Lösung) für die Tuchreinigung gaben viele Hersteller als Option an, um bei Vorhandensein von Zement den Pressbetrieb aufrecht erhalten zu können.

6 Großmaßstäbliche Versuche zur Entwässerung

Auf Basis der Voruntersuchungen und dem Ergebnis einer ersten Kostenabschätzung [7] wurden Dekanter und Kammerfilterpressen als zielführende Apparate für die Druckentwässerung identifiziert und Firmen vom Projektteam für eine Pilotversuchskampagne bei ausgesuchten Herstellern ausgewählt. Um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten, wurde sichergestellt, dass alle Apparatehersteller das entwässerungstechnisch aufwändigste Material (tonig-schluffige Probe) und Zement in derselben Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt bekamen.

Im Versuchsplan wurden die zu testenden Rezepturen bezüglich Feststoffanteil (300 g/l, 450 g/l und 600 g/l) und Mengenanteil an Zement an der Trockensubstanz (0, 12,5 m%, 25 m%) vorgegeben. Den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Aufbereitung und Veredlung kam die Aufgabe zu, die Versuche zu begleiten, an der Umsetzung der Rezepturen mitzuarbeiten, die Beprobung separat vorzunehmen, die Versuche und die „Gleichheit“ der Aufgabeproben zu dokumentieren und allfällig aus der Diskussion mit den Herstellern resultierende Ergänzungen bzw. Abänderungen des Versuchsplans zu beurteilen und vorzunehmen.

Tab. 2 zeigt den Vergleich im spezifischen Filtrationswiderstand und den Kennwerten der Kornverteilung der bei den Versuchen verwendeten Proben.

TABELLE 2 Vergleichende Gegenüberstellung von spezifischem Filtrationswiderstand und Kennwerten der Kornverteilung der in den Pilotversuchen verwendeten Proben [11]

Tab. 3 zeigt im Vergleich die Maschinendaten und Versuchseinstellungen während der Pilotversuche bei den beiden Anbietern von Dekantern. Der Versuchsaufbau rund um die Dekanter war sehr ähnlich, bestehend aus einer Flockungsmittelstation zur exakten Dosierung einer Flockungsmittellösung in den Aufgabetrübestrom über Exzenterschneckenpumpen, einem Trübevorratsgefäß von etwa 1 m3 Fassungsvermögen mit einem Rührwerk zur Vorbereitung und Homogenisierung der Aufgabetrübe und dem eigentlichen Dekanter (Abb. 5).

TABELLE 3 Kenndaten und Versuchsbedingungen der in den Pilotversuchen eingesetzten Dekanter
Abb. 5
figure 5

Bilder der Versuchsaufbauten von Dekanter 1 (links) und Dekanter 2 (rechts)

Aus den insgesamt 27 Versuchen nach dem zuvor angeführten Versuchsschema wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:

  • Die effektive Konzentration des Aufgabestromes nach Zumischen des Flockungsmittelstromes überstieg in keinem der Versuche 500 kg/m3. Die geforderten 600 kg/m3 waren mit den Dekantern nicht darstellbar, weil es zu Problemen beim Austrag kommt.

  • Die geforderten Restfeuchten im Kuchen lagen im Dekanter 1 mit 30 % etwas über jenen von Dekanter 2 mit 35 % bei Verarbeitungszeiten kleiner als eineinhalb Stunden.

  • Liegt die Verarbeitungszeit unterhalb von 1,5 h, ist der Restfeuchtegehalt unabhängig vom Zementgehalt.

  • Bei Erhöhung der Rührdauer zementhältiger Suspension (18 h, 6 % Zement) steigt der Restfeuchtegehalt im Kuchen (37 %). Dieser Effekt ist unabhängig vom Entwässerungsapparat. In Zeitreihenversuchen mit der Kammerfilterpresse wurde dieser Effekt ebenfalls beobachtet.

  • Flockungsmittel verbessern die Zentratqualität bereits in geringer Dosierung (200 g/t) und nehmen je nach Art und Dosierung Einfluss auf die Restfeuchte. Die kationischen Flockungsmittel in der hohen Dosierung (440–1670 g/t) bewirkten keinerlei Veränderung der Restfeuchte im Vergleich zum Nullversuch, während das anionische Flockungsmittel in der geringen Dosierung zu einer Erhöhung der Restfeuchte unter sonst gleichen Bedingungen führte.

Die Pilotversuche zur Wirkung der Kammerfilterpresse wurden mit einer manuell zu bedienenden Seitenholm-Kammerfilterpresse mit 3 Platten einer Fläche von 400 cm2 (20 × 20 cm) durchgeführt. Die beiden Kammern mit einem Filtertuch (Typ Tecnoidea Rilsan 11272 R), die über einen Hydraulikzylinder unter Druck gehalten wurden, beschickte eine händisch zu bedienende Membrankolbenpumpe mit Trübe. Ein Pressdruck von 6 bar war erzielbar. Als Messwert wurde die Filtratmenge über die Zeit aufgenommen und die Restfeuchte des Kuchens gemessen (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Versuche mit der Kammerfilterpresse. Akkumuliertes Filtratvolumen über die Zeit

Bei einer Trübeverarbeitungszeit unterhalb einer halben Stunde wurden unter obigen Bedingungen Restfeuchten zwischen 20 und 28 % erzielt und damit die mit den Dekantern erzielten Ergebnisse übertroffen. Dabei lagen die Feststoffaufgabekonzentrationen in einem für Kammerfilterpressen ungünstigen Bereich (300 kg/m³). Wie der Abb. 6 zu entnehmen ist, bringt jedoch erst das Vorhandensein von Zement die Filtration in wirtschaftlich relevante Filtrationszeiten. In Vorversuchen wurde gezeigt, dass zwar Flockungsmittel auch verkürzend auf die Filtrationszeit wirken, aber in deutlich geringerem Ausmaß.

Mit dem Zementanteil steigt allerdings der Restwassergehalt im Filterkuchen unter sonst gleichen Bedingungen. Variiert man die Rührdauer bis zu 48 h, zeigte sich, dass mit zunehmender Rührzeit der Suspension vor dem Verpressen der Restfeuchtegehalt im Filterkuchen steigt, und zwar umso höher, je geringer die Feststoffkonzentration und je höher der Zementgehalt im Feststoff ist (Rührzeit 48 h und Feststoffkonzentration 300 kg/m³: 44 % Restfeuchte bei 12,5 % Zement, 47 % Restfeuchte bei 25 % Zement im Feststoff). Gleichzeitig geht aber auch die Filtrationszeit stark zurück (bis zu 50 %).

Flockungsmittel verbesserten die Filtrationszeit und die Restfeuchte. Die Versuche in Pilotpressen sind unter Einbeziehung einer Erhöhung der Filtrationszeit um 2–7 min auf die Filterzykluszeit umlegbar zur Auslegung von Großanlagen.

Als Endergebnis aller Überlegungen und Versuche konnte erkannt werden, dass sowohl Kammerfilterpresse als auch Dekanter die Anforderungen zur Entwässerung des DSV-Rücklaufs mit dem höchsten Entwässerungswiderstand auch bei ungünstigen Feststoffkonzentrationen erfüllen. Zement nimmt bei rascher Verarbeitung im Fall der Dekanter keinen Einfluss, im Fall der Kammerfilterpressen führt er zu einer Verbesserung der Filtrationseigenschaften. Eine Erhärtung von zementhältigen Sedimenten tritt über einem w/z-Wert von 1,5 nicht auf. Ein Ansteifen des DSV-Rücklaufs kann durch Rühren verhindert werden, allerdings bleibt der Rücklauf auch ohne Scherkrafteinwirkung für mindestens 8 h pumpbar. Damit ist die Möglichkeit gegeben, (ausbaggerbare) Rücklaufbecken einzurichten, die einerseits als Puffer vor der eigentlichen Entwässerung dienen, in denen andererseits aber auch gröbere Körnungen sedimentieren können. Zum Schutz gegen Verschleiß und zur Erhöhung der Betriebssicherheit der Entwässerungsapparate sollten Körnungen größer 1 mm durch geeignete Klassieraggregate vor der eigentlichen Entwässerung aus dem DSV-Rücklauf entfernt werden. Zwar verbessert die Zugabe von Flockungsmitteln die Qualität des Klarwassers, diese müssen aber aufgrund der unterstützenden Wirkung des Zements nicht als Filtrationshilfsmittel eingesetzt werden. Durch den einsetzenden Hydrationsprozess des Zements bei Rührzeiten jenseits der 8 h sind höhere Filterkuchen-Restfeuchten zu erwarten.

7 Ausschreibung und Ausführung

In der Rohbauausschreibung wurden den Bietern die Erkenntnisse aus dem Versuchsfeld Untersammelsdorf und aus den durchgeführten und in Abschn. 5 und 6 beschriebenen Entwässerungsversuchen als Kalkulationsgrundlage und als Grundlage für die Detailplanung zur Verfügung gestellt [12].

Das DSV-System und die Art und Ausbildung der Entwässerungsanlage wurde den Bietern für die Ausführung jedoch freigestellt.

Auf folgende Punkte hinsichtlich des DSV-Rücklaufs wurden die Bieter hingewiesen:

  • Der DSV-Rücklauf ist entsprechend den Erfordernissen des Rohbauauftragnehmers so zu entwässern, dass ein Transport zur durch den AG beigestellten Baurestmassendeponie Peratschitzen und ein entsprechender Einbau dort möglich ist;

  • Die Entwässerung sollte auch dazu dienen, das einzubauende Deponievolumen zu reduzieren;

  • Beim Füllungsgrad der Transportfahrzeuge sind die Konsistenz des Filterkuchens und die maximale Neigung der Baustraßen zu beachten;

  • Das System der Entwässerung muss vor Bauausführung im Labormaßstab getestet werden;

  • Die Entwässerungsanlage kann stationär, semistationär oder mobil ausgeführt werden;

Neben den dokumentierten Entwässerungsversuchen wurden den Bietern in den Ausschreibungsunterlagen Vorschläge und Überlegungen des Auftraggebers zur Entwässerungsanlage übermittelt. So wurden u. a. folgende Grundeinheiten der Entwässerung vorgeschlagen:

  • Fassung des DSV-Rücklaufs am Ort der Entstehung (Bohrlochmund) und Transport zur Entwässerungsanlage;

  • mechanische Entwässerung;

  • Zwischenlagerung der entwässerten Produkte;

  • Kreislaufwasserwirtschaft;

  • Filtratwasserbehandlung vor Entlassung in den Vorfluter entsprechend den wasserrechtlichen Erfordernissen.

Aufgrund der prognostizierten schwankenden Kornzusammensetzung, der schwankenden Feststoff- und Zementkonzentration und zur Gewährleistung einer hohen Anlagenverfügbarkeit (geringe Ausfallzeiten aufgrund ungeplanter Anlagenstillstände durch Sedimentation in Rohrleitungen bzw. Verstopfung, übermäßigen Verschleiß u. a.) sollte die Anlagenkonzeption zur mechanischen Entwässerung mehrstufig ausgeführt werden.

Folgende Prozesskomponenten wurden seitens des Auftraggebers nach Vorgabe des Lehrstuhls für Aufbereitung und Veredlung vorgeschlagen:

  • Grobkornabtrennung durch Siebung

  • Mittelkorn- zu Feinkornabtrennung durch Stromklassierung im Schwer- oder Fliehkraftfeld (z. B. durch Schraubenklassierer oder Hydrozyklon)

  • Feinstkornabtrennung durch mechanische Fest‑/Flüssig-Trennung der Feinkornsuspension (z. B. durch Dekanter oder Kammerfilterpressen)

Auch die Wahl von Trennschnitten wurde den Bietern freigestellt.

Von den Bietern wurde allerdings verlangt, zusammen mit dem Preisangebot einen technischen Bericht zur Entwässerungsanlage abzugeben, in dem die zum Einsatz kommenden Apparate mit Darstellung der vorgesehenen Verfahrensstufen, des Fließschemas, der Leistungsfähigkeit und Dimensionierung der Einzelkomponenten, der Energieversorgung, des Flächenbedarfes und der Beschreibung der Materialeigenschaften am Prozessende sowie die Puffermöglichkeiten beschrieben wird.

Die Bauausführung erfolgte von 2014 bis 2019 durch eine Arbeitsgemeinschaft der Firmen Kostmann GesmbH und Baresel GmbH. Für die Spezialtiefbaumaßnahmen wurde die Firma Keller Grundbau GmbH als Subunternehmer beauftragt.

In Abhängigkeit der angetroffenen Untergrundverhältnisse und der Menge an Zugabe von Zement als Bindemittel beim DSV-Prozess wurden verschiedene Arten der Entwässerung gewählt.

Bei anstehendem sandigen Seeton konnte eine Entwässerung mittels Schwerkraft in Absetzbecken erzielt werden. Der abgesetzte und angesteifte DSV-Rücklauf wurde mittels konventionellem Bagger nach Erreichung der Stichfestigkeit ausgebaggert und erforderlichenfalls im Baustelleinrichtungsbereich zwischengelagert. Beim tonig-schluffigen Seeton erfolgte die Entwässerung zum größten Teil mittels Kammerfilterpresse und vorgeschaltetem Hydrozyklon, der bei etwa 1 mm Korngröße trennte.

Zur Anwendung kam eine Kammerfilterpresse der Fa. Tecnoidea Impianti (41 Kammern, 1300 · 1300 · 45 mm) (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Übersicht über die Spezialtiefbauarbeiten und Entwässerungsanlage im Baulos 60.3

Die gesamte Entwässerungsanlage konnte einen Leistungsstrom von ca. 40 m3/h gewährleisten. Der Feuchtegehalt des Filterkuchens betrug 25–30 %.

Der Transport des Filterkuchens und der Einbau in die Deponie verliefen weitgehend problemlos.

Mittlerweile sind die Rohbauarbeiten bei beiden Tunnelbauwerken zum überwiegenden Teil abgeschlossen.

8 Zusammenfassung

Die Vorgehensweise des Auftraggebers zur Behandlung eines prozesskritischen technischen Problems (Entwässerung von zementhältigen, feinstkörnigen Suspensionen) durch Einbindung von universitären Fachkräften (Lehrstuhl für Aufbereitung und Veredlung) führte durch systematische Untersuchung der Trübe- und Feststoffeigenschaften und der Kombination des technischen Wissens bezüglich möglicher Umsetzbarkeit auf Baustelle, Deponie und Transport und dem Wissen zur Entwässerungstechnik zu einer praktikablen Lösung, die in ihrer Grundstruktur als mehrstufiger Entwässerungsprozess in der Ausschreibung der Rohbauarbeiten den Bietern zur Verfügung gestellt wurde. Die darauf aufbauende Detailplanung und tatsächliche Ausführung der Entwässerungsarbeiten des Auftragnehmers orientierte sich stark an den Überlegungen, die im Vorfeld angestellt wurden. Letztendlich konnte die Entwässerung des DSV-Rücklaufs erfolgreich durchgeführt und damit der Nachweis erbracht werden, dass die vorab angestellten Grundsatzüberlegungen korrekt waren.