1 Einleitung

Hochfeste Stahlbleche zeichnen sich durch ihre hohe spezifische Festigkeit bei gleichzeitig guter Umformbarkeit für den Automobilen Leichtbau aus. Um den Stahl vor Korrosion zu schützen und zu dessen Langlebigkeit beizutragen, wird auf das Stahlband eine Zinkschicht von wenigen µm, typischerweise im kontinuierlichen Feuerverzinkungsprozess, aufgebracht. Diese Zinkschicht wirkt in der Folge sowohl als schützende Barriere als auch im Falle von Verletzungen der Schicht als Opferanode.

Bei der Herstellung wird das kaltgewalzte Stahlband zuerst interkritisch geglüht. Diese Glühbedingungen sind im Allgemeinen reduzierend für Eisen, jedoch oxidierend für die unedlen Legierungselemente Si und Mn. Infolgedessen werden diese sauerstoffaffinen Elemente selektiv oxidiert [1]. In der Folge taucht das Band bei ca. 460 °C in die flüssige Zn(Al, Fe)-Schmelze ein und die Stahlbandoberfläche reagiert in Form einer reaktiven Benetzung mit dem Zn(Al, Fe)-Bad unter Bildung einer flächendeckenden Schicht aus Fe2Al5-xZnx-Kristallen. Wenn sich diese sogenannte Hemmschicht nicht gut ausbildet, kann es zum Wachstum von spröden, intermetallischen FeZn-Phasen kommen. Diese Phasen sind unerwünscht, da sie die Oberflächenqualität des verzinkten Stahlbandes verschlechtern und zu Zn-Haftungsproblemen führen können [2].

2 Experimentelles

Für diese Arbeit wurde ein im Labor hergestellter Stahl mit etwa 1,5 wt% Si, 2,5 wt% Mn, 0,2 wt% C verwendet. Dieses Stahlblech wurde auf die Probendimension von 200 mm × 130 mm geschnitten und bei 80 °C in einer alkalischen Lösung gereinigt. Die Proben wurden geglüht und in einem Schmelztauchsimulator feuerverzinkt.

Die Probentemperatur wurde mit Thermoelementen aufgezeichnet. Die Proben wurden für 60 s bei 840 °C in N2 mit 5 % H2 geglüht. Die Kühlung erfolgt mit N2 mit 1 % H2 mit 25 °C/s, dann wurde die Temperatur für 3 s auf 460 °C gehalten (um das Eintauchen ins Zn-Bad zu simulieren bzw. tatsächlich einzutauchen), anschließend wurde mit etwa 10 °C/s weiter abgekühlt (siehe Abb. 1). Der Wasserdampfgehalt in der Glühatmosphäre wurde auf 14 ppm (Taupunkt −60 °C) bzw. 380 ppm (Taupunkt −30 °C) eingestellt. Der Taupunkt wurde mit einem 4‑stufigen Tauspiegelhygrometer (Modell 1311 DR von General Eastern) bestimmt.

Abb. 1
figure 1

Temperaturbereich der Proben im Schmelztauchsimulator

Die geglühten Proben wurden mit einer Schlagschere zerschnitten, in Bakelit heißeingebettet und geschliffen mit den Körnungen 180, 320, 800 und 1200. Anschließend wurden die Querschliffe poliert mit einem Mol-Tuch mit 3 µm Diamant-Suspension und mit einem Dur-Tuch mit 1 µm Diamant-Suspension. Abschließend wurden sie mit in absolutem Ethanol gelöstem Brom geätzt [3]. Am Schluss wurde die alkoholische Brom-Lösung mit Na2S2O3-Lösung neutralisiert.

Die geätzten Querschliffe wurden mit Gold besputtert und einem Cu-Band kontaktiert. Die SEM-Aufnahmen (Rasterelektronenmikroskop) wurden mit einem supra35 (Carl Zeiss) mit einem EDX-System (Oxford Instruments, Detektorgröße 80 mm2) durchgeführt. Eine hohe Oberflächensensivität erreichte man, indem mit einer niedrigen Beschleunigungsspannung von 2 keV gearbeitet wurde. EDX wurden mit 10 keV durchgeführt, da ein Elektronenstrahl mit einer höheren Beschleunigungsspannung die filigranen Oxidstrukturen zerstören kann.

Die GDOES-Tiefenprofile wurden mit einem GDA 750 (Spectruma Analytik) aufgenommen, kalibiert wurde gemäß DIN EN ISO 10012. Es wurde für 300 s gesputtert, dabei wurde eine Tiefe von 4 μm erreicht. Die Sputterrate liegt bei etwa 15 nm/s. Die gesputterte Probenfläche ist ringförmig mit einem Durchmesser von 4 mm. In der Probenkammer herrscht eine Ar-Atmosphäre mit einem Druck von 300 Pa.

3 Ergebnisse

Die Ätzung mit Brom eignet sich zum Auffinden von FeZn-Phasen sowie zur Gefügebestimmung. Abb. 2 gibt einen Überblick über den Informationsgehalt einer mit Brom geätzten verzinkten Stahlprobe.

Abb. 2
figure 2

SEM-Querschliff eines Brom-geätzten verzinkten Stahlbands

Die Br-geätzten Proben weisen große Ähnlichkeit mit elektropolierten Proben auf. Zn ist die unedelste Komponente im System und wird deswegen bevorzugt abgetragen. Daher eignen sich besonders verzinkte Proben für die Br-Ätzung, weil die Zn-Schicht als Abstandhalter wirkt, sodass die Oberfläche nach der Ätzung gut betrachtet werden kann.

Säulenförmige FeZn-Phasen bleiben ebenso stehen wie Fe2Al5-xZnx-Hemmschicht-Kristalle. Auch das Gefüge wird je nach Kohlenstoffgehalt unterschiedlich angeätzt.

3.1 Metallische Phasen – Gefüge

Je weniger Kohlenstoff eine Phase im Stahl enthält, also je unedler sie ist, desto stärker wird sie angegriffen. Ferrit wird stark abgetragen und sieht glatt aus. Durch oberflächliche Entkohlung bildet sich an der Bandoberfläche ein Saum aus Ferrit (Randferrit). Martensit, angelassener Martensit und nadelförmiger Bainit lassen sich aufgrund ihres charakteristischen Aussehens unterscheiden.

Das Br-geätzte Gefüge sieht ähnlich aus wie nach dem Elektropolieren oder einer Nital-Ätzung.

3.2 Metallische Phasen – Randferrit

Atmosphärisches H2O reagiert beim Glühen mit C aus dem Stahl zu CO. Das führt zu einer Randentkohlung, wodurch zu wenig C in den Randbereichen gelöst ist, um Bainit oder Martensit zu bilden, sodass sich Ferrit bildet. Eine Randentkohlung findet nur bei ausreichend H2O in der Glühatmosphäre statt, 14 ppm H2O ist dafür zu wenig [4].

In Abb. 3 ist ein gleichmäßiger Saum von Randferrit zu sehen. Die Daten decken sich sehr gut mit GD-OES-Tiefenprofilen von demselben Stahl im geglühten Zustand. In einer Tiefe von 0,5 μm wird ein Minimum von 0,02 wt% C gemessen, nach 1,5 μm erreicht er wieder den Soll-Wert von 0,2 wt% C.

Abb. 3
figure 3

SEM-Querschliff eines geglühten Stahls mit 380 ppm H2O in der Glühatmosphäre. Ein 1 µm breiter Saum Randferritbildung ist erkennbar (a), das korrespondierende Kohlenstoff-GDOES-Tiefenprofil (b)

3.3 Metallische Phasen – Intermetallische-Phasen

Das Vorliegen einer deckenden intermetallischen Fe2Al5-xZnx-Hemmschicht, die aus einzelnen Kristallen besteht, korrespondiert mit einer guten Zn-Haftung. Die Fe2Al5-xZnx-Kristalle lassen sich deutlich erkennen. Diese Hemmschicht verhindert das Wachstum spröder FeZn-Phasen.

Intermetallische FeZn-Phasen können auftreten, wenn die Fe2Al5-xZnx-Hemmschicht die Stahloberfläche nicht ausreichend bedeckt. Schnellwachsende Säulen- oder Plattenartige FeZn-Phasen können die Zn-Schicht durchstoßen. Dies geht im Allgemeinen einher mit einer schlechten Zn-Haftung und schlechter Oberflächenqualität. Daher ist die Detektion von FeZn-Phasen hilfreich, um Aussagen über die Qualität der Zn-Schicht treffen zu können.

In Abb. 4 lassen sich die beiden intermetallischen Phasen sowohl durch ihre charakteristische Morphologie als auch EDX eindeutig unterscheiden.

Abb. 4
figure 4

Säulenartige FeZn-Phasen und Fe2Al5-xZnx-Kristalle sind eindeutig unterscheidbar

4 Zusammenfassung

Die Brom-Ätzung ist gut geeignet, um Gefüge, intermetallische Phasen und Oxide von verzinkten Stahlblechen hervorzuheben. Besonders die gleichzeitige Darstellung von FeZn-Phasen und Fe2Al5-xZnx-Hemmschichtkristallen ist bemerkenswert. Ferrit, Martensit, angelassener Martensit und Bainit lassen sich aufgrund ihres charakteristischen Aussehens gut unterscheiden.

Ein Vorteil der Br-Ätzung ist auch, dass es zu keiner Gasentwicklung kommt, die ansonsten zerbrechliche Strukturen wegspülen könnte.

Beim höheren Wasserdampfgehalt in der Glühatmosphäre (380 ppm H2O) ist ein 1 µm dicker Saum aus Randferrit an der Stahloberfläche zu erkennen. Beim niedrigeren Taupunkt (14 ppm H2O) gibt es keinen Randferrit, da zu wenig Wasser in der Atmosphäre ist um mit dem Kohlenstoff aus dem Stahl zu CO zu reagieren.