1 Einleitung

Die wesentlichen wirtschaftlichen, technologischen und umweltmäßigen Herausforderungen kleiner Bergbaubetriebe beinhalten die Reduktion der hohen Investmentkosten, des anfallenden Taubmaterials und der Halden oder Schlammbecken sowie die Verringerung der Einflüsse auf die Umwelt. Gleichzeitig soll die Flexibilität, der Automationsgrad und die Sicherheit der Betriebsabläufe verbessert werden.

Die Bemühungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass es keine schnelle und einfache Lösung für diese Herausforderungen im Bergbau gibt und dass es derzeit unrealistisch ist, auf Produktionstechnologien zu setzen, die noch eine Entwicklungszeit von vielen Jahren bis zur Einsatzreife haben dürften. Da die derzeitige Hartgesteinsbergbautechnologie auf Sprengtechnologie und mobilem Gerät für Laden und Transport basiert, wurde vom Projektkonsortium die Entscheidung getroffen, sich auf die Verbesserung der Sprengtechnologie zu konzentrieren.

Das europäische Forschungsvorhaben SLIM „Nachhaltige, umweltfreundliche Bergbaumethode zur Gewinnung von kleineren Rohstofflagerstätten durch fortschrittliche Sprengtechnologien und Umwelttechnologien“ wurde im Rahmen der EU-Forschungsinitiative Horizon 2020 im Jahre 2016 genehmigt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Projektlogo des Horizon 2020 SLIM

Das Projekt SLIM hat eine Laufzeit von 48 Monaten und ein Förderungsbudget von 6.979.200 € (Tab. 1).

TABELLE 1 Projektteilnehmer

2 Ziele

Das SLIM-Projekt zielt auf die Entwicklung kosteneffizienter und nachhaltiger, selektiver Bergbauverfahren für kleinere, komplexe Lagerstätten. Dies erfolgt basierend auf nichtlinearer Gesteinszerkleinerung durch Sprengmodellierung und Aktionen zur Reduktion der Staubentwicklung, der Vibrationsauswirkungen und der Nitratverluste. Zu diesem Zweck wird eine neue Generation von Sprengstoffen angewendet. Eine fortschrittliche automatisierte Sprengplanungssoftware wird entwickelt, aufbauend auf einer verbesserten Gebirgscharakterisierung und der Optimierung der Gesteinszerkleinerung. Die Reduktion der Vibrationen in der Umgebung des Bergbaus soll die Akzeptanz des Bergbaubetriebes durch die Anrainer verbessern.

Dazu wird in den Teilnehmerstaaten des Projektes auch die Zivilgesellschaft durch verschiedene öffentliche Veranstaltungen involviert.

3 Vorgangsweise

Die verschiedenen Aktivitäten des SLIM-Projektes beinhalten eine umfassende Beurteilung der Sprengstoff-Technologien und ihres Verhaltens in kleinen Rohstofflagerstätten.

Auch die Gesteinszerkleinerung wird durch neu entwickelte Technologien für die Vermessung der Haufwerkseigenschaften und ein neues dynamisches Modell für die Gesteins‑/Fels-Interaktion während des Sprengvorganges weiterentwickelt.

Dies erfolgt durch Versuche im Labor und in den teilnehmenden Bergwerksbetrieben.

4 Die verschiedenen Arbeitspakete

Das Projekt SLIM umfasst 11 verschiedene Arbeitspakete, die hier kurz vorgestellt werden.

Das Arbeitspaket 1 „Koordination und Management“ unter der Leitung der Universidad Politecnica de Madrid beinhaltet die administrative Abwicklung des Projektes. Dies umfasst auch die Treffen des Konsortiums und die technischen und finanziellen Berichte an den Forschungsgeldgeber. Das erste 12-Monatstreffen aller Projektpartner fand am 23./24. Oktober 2017 an der Montanuniversität Leoben statt. Dabei wurde den 35 internationalen Teilnehmern auch der Bergbaubetrieb VA Erzberg GmbH im Detail präsentiert (Abb. 2 und 3).

Abb. 2
figure 2

Das internationale SLIM-Projektteam nach der Begrüßung durch den Rektor der Montanuniversität Leoben Univ.-Prof. Wilfried Eichlseder am 23. Oktober 2017 (Foto: Montanuniversität Leoben)

Abb. 3
figure 3

Peter Schimek von VA Erzberg GmbH erklärt der SLIM-Projektleitung den laufenden Betrieb am Erzberg (Foto: Sifferlinger)

Das Arbeitspaket 2 „Gesteins‑/Sprengstoff-Interaktion“ steht ebenfalls unter der Leitung der Universidad Politecnica de Madrid. In diesem Arbeitspaket wird die freigesetzte Energie der bestehenden zivilen Sprengstoffe und ihre Wirkung im Einsatz evaluiert. Auch die freigesetzten Stickoxide (NO, NO2) und das Kohlenmonoxid werden im Detail quantifiziert. Eine an jeden Sprengvorgang angepasste „Rock Mass Characterisation“ durch ein laufend aktualisiertes Geoinformationsmodell soll die Produktivität des Bergbaus erhöhen. Die Umweltauswirkungen und die Produktion von taubem Gestein sollen reduziert werden. Die Planung und Vorhersage der Gesteinszerkleinerung durch die Sprengstoffeinwirkung werden im Detail erforscht und neue Verfahren erprobt.

Das Arbeitspaket 3 „Umwelteinflüsse und Sicherheit“ wird von der Montanuniversität Leoben geleitet. Nahfeld-Vibrationsmessungen werden von Universidad Politecnico de Madrid und ARNO durchgeführt und dann mit der Technischen Universität Luleå in ein numerisches Modell eingebracht. (Abb. 4) Fernfeldmessungen werden am Erzberg von der Montanuniversität Leoben durchgeführt und ein topografisch heterogenes unterirdisches Modell des Bergbaus der VA Erzberg GmbH erstellt. In Spanien werden Versuche zur Reduktion der Staubentwicklung bei Sprengungen durchgeführt. Die Montanuniversität Leoben erprobt Prototypen mit Auskleidung der Bohrlöcher beim Sprengstoffeinbringen zur Reduktion der Nitrat-Leckage im Labor und am Erzberg.

Abb. 4
figure 4

Vorbereitung der Messung von Beschleunigung und Vibration einer Sprengung bei ARNO in Spanien (Foto: ARNO)

Das Arbeitspaket 4 „Neue Sprengstofftechnologien für Anwendungen in kleinen Lagerstätten“ steht unter der Leitung des Sprengstoffherstellers Maxam. Das Ziel ist die Entwicklung von Sprengstoffanwendungstechnologien mit verschiedenen Eigenschaften, um die unterschiedlichen Gesteinshärten effizient lösen zu können. Maxam wird auch seine Sprengplanungssoftware Rioblast® weiterentwickeln. Durch Integration der Sprengstoffcharakteristika und der Rock Mass-Charakteristika in einem 3D-Modell soll die Sprengplanung an jedem neuen Abschlag optimiert werden. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt ist die Reduktion von Ammoniumnitratauslaugungen im Sprenggut. Die neuen Verfahren und Sprengstoffe werden dann im Feldtest im Bergbau erprobt.

Das Arbeitspaket 5 „Rock Mass Modelling Software“ wird von 3GSM geleitet. Durch rechnergestützte Haufwerkscharakterisierung sollen Eigenschaften wie Form, Größe und Zerkleinerung von Material in Tagebausprengorten durch die Verwendung von unbemannten Flugvehikeln („Drohnen“) mit fotogrammetrischen Computervisionssystemen erfasst und verarbeitet werden. Die Arbeiten umfassen auch die Entwicklung eines neuen Algorithmus zur Interpretation visueller und geometrischer Daten vom Haufwerk zur Identifikation der Zerkleinerungsgrößenverteilung, der Anwesenheit von Felsbrocken, der Identifikation von teilweise verdeckten Fragmenten und Feinmaterial an der Bildauflösungsgrenze. Auch 3GSM arbeitet an einer Softwareanwendung, die eine automatische Sprengplanung an Hand der präzisen Kenntnis der Geometrie des Sprengortes und der strukturellen Information über die Gesteinsformation („Rock Mass“) ermöglicht. Diese Software schafft die Voraussetzung für die automatische Positionierung der Sprenglöcher und die automatische Ladung mit Sprengstoff unter Berücksichtigung der aktuellen Geometrie der freien Wand (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Vermessungs-Drohne der Montanuniversität Leoben (Foto: Montanuniversität Leoben)

Das Arbeitspaket 6 „Upstream System Validierung und Aufbereitungsüberwachung“ unter der Leitung von Universidad Politecnico de Madrid evaluiert die Verbesserungen im Sprengverfahren durch das SLIM-Projekt betreffend die Versorgung der Aufbereitungsanlage mit dem geeigneten Material. Dazu wird auch ein Satz von „Key Performance Indicators (KPIs)“ entwickelt. Die entsprechenden Versuche werden bei Orgiva und am Erzberg durchgeführt. Dabei wird die Prozesskette vom Sprengvorgang bis zur Aufbereitung in den Erzmühlen in den Bergwerken messtechnisch überwacht und die Veränderungen dokumentiert (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Sprengung auf drei Etagen mit 120 Sprenglöchern und 60 t Sprengstoff am Erzberg (Foto: VA Erzberg GmbH)

Das Arbeitspaket 7 „Beurteilung der ökonomischen und umwelttechnischen Auswirkungen“ wird vom Bureau de Recherches Géologiques et Minières geleitet. In Form einer Lebenszyklusanalyse werden die Auswirkungen des SLIM-Projektes auf die Spreng- und Aufbereitungsarbeiten untersucht. Bei den Umwelteinflüssen wird besonders der Verbrauch an Mineralien, Wasser, Energie und sonstigen Betriebsstoffen untersucht. Die Emissionen in die Luft, die Erde und das Wasser durch Staub, Nitrate, Stickoxide usw. werden quantifiziert, ebenso die Störungen der Umgebung durch Lärm und Vibrationen. Als Teil der ökonomischen Bewertung werden neben einer Kosten‑/Nutzen-Rechnung auch die Möglichkeiten der Verwertung der Forschungs- und Testergebnisse durch Innovationsmanagement und Suche nach weiteren Geschäftsmöglichkeiten durch den Projektpartner Gate2Grow untersucht.

Das Arbeitspaket 8 „Dissemination und Kommunikation“ wird von MinPol GmbH mit allen Partnern durchgeführt. Dabei sollen alle von dem Bergbaubetrieb betroffenen Anrainer und sonstige Stellen und Personen der Zivilgesellschaft entsprechend eingebunden und informiert werden. Dies soll durch entsprechende Pressearbeit und Informationsveranstaltungen erfolgen.

Das Arbeitspaket 9 „Zusammenarbeit mit anderen Projekten“ unter der Leitung der Universidad Politecnico de Madrid hat die Aufgabe, das SLIM-Projekt mit anderen Forschungsprojekten zu vernetzen. Dies sind vor allem Aktivitäten im Rahmen des europäischen Horizon 2020 Programms und von EIT Raw Materials mit Sitz in Berlin. Insgesamt wurden bisher neun Forschungsprojekte identifiziert.

Das Arbeitspaket 10 „Öffentliche Wahrnehmung, Akzeptanz, Vertrauen und Kommunikation“ unter der Führung von Zabala analysiert die derzeit gängigen Kommunikationsstrategien der Bergbauindustrie in Europa und Übersee. Anhand von fünf ausgewählten Fallstudien wird ein Kommunikationsplan für neue Bergbautechnologien entwickelt. Dieser soll unter Einbindung von Politik und Zivilgesellschaft in Schweden, Spanien und Österreich verfeinert werden. Für die universitäre Ausbildung im Rohstoffbereich wird ein Ausbildungsprogramm zum Thema „Öffentliche Wahrnehmung und Bergbau“ entwickelt.

Das Arbeitspaket 11 „Ethische Anforderungen“ unter der Leitung der Universidad Politecnico de Madrid ist seit 2016 ein Pflichtarbeitspaket in den europäischen Horizon 2020 Projekten, das die Einhaltung der „Ethischen Anforderungen“ zu Beginn und während der Projektarbeiten sicherstellt.

5 Auswirkungen

Mit den Verbesserungen des Horizon 2020 Projektes SLIM im Bereich der Sprengtechnologien, Sprengplanung und Sprengverfahren wird die Produktivität und die Umweltverträglichkeit im europäischen Bergbau wesentlich gesteigert.

Diese Verbesserungen werden auch unter Einbindung der Zivilgesellschaft, die vom Bergbau betroffen ist, erreicht und kommuniziert.

Damit leistet dieses von der Europäischen Kommission unter dem Grant Agreement Nr. 730294 [1] geförderte Projekt einen wichtigen Beitrag zur umweltschonenden und effizienten Versorgung der Europäischen Gemeinschaft mit Rohstoffen.

Über die weiteren Forschungsergebnisse im H2020-Projekt SLIM wird in kommenden Ausgaben im Detail berichtet werden.