Hohe Festversammlung!

Verehrtes Auditorium!

Hochgeschätzter Professor Fettweis!

Lieber Günter!

Es ist für mich eine außerordentlich große Ehre, für den erfolgreichsten und weltweit am meisten geachteten Kollegen unseres Berufsstandes sprechen zu dürfen – obwohl ich zunächst Bedenken hatte, ob eine solch würdevolle Aufgabe für mich auch angemessen ist.

Mein Beitrag zu Deinem 90. Geburtstag wird vielleicht deshalb stark persönlich geprägt sein und insofern von einer Laudatio im engeren Sinne abweichen.

Angesichts des verfügbaren Zeitrahmens einerseits und des umfangreichen Lebenswerkes von Günter Fettweis andererseits scheint es unmöglich, eine adäquate Laudatio vorzutragen. Wo soll man beginnen, wo aufhören? Deshalb muss auf die umfassende Laudatio verwiesen werden, die Ludwig Wilke von der TU Berlin vor 20 Jahren anlässlich des 70. Geburtstages von Günter Fettweis verfasst hat und die in den Berg- und Hüttenmännischen Monatsheften veröffentlicht wurde [1]. Außerdem soll verwiesen werden auf die Laudatio von Rudolf Wüstrich anlässlich des 75. Geburtstages des heutigen Jubilars. Sie enthält die Verdienste von Günter Fettweis vor allem in der Bergbauindustrie und bei den Bergaufsichtsorganen von Österreich. Ihre Veröffentlichung erfolgte in der Zeitschrift res montanarum [2].

Im Folgenden wird vielmehr – nach einer Kurzdarstellung seines Lebenswerkes – der besondere Bezug von Günter Fettweis zur Bergakademie Freiberg in Sachsen gewürdigt. Vor allem in der Zeit des „Kalten Krieges“ waren die Beziehungen zwischen den montanistischen Lehranstalten in Leoben und Freiberg von großer Bedeutung für die Freiberger Hochschullehrer. Mit initiiert und mitgetragen von Günter Fettweis entwickelten sich dabei über die fachliche Zusammenarbeit hinaus vielfach Kontakte und Beziehungen bis in die Privatsphäre hinein, die wesentlich durch die Persönlichkeit von Günter Fettweis geprägt, die aber auch von seiner Frau Alice und von der Familie Lechner mit getragen wurden.

Des Weiteren sollen die besonderen Verdienste von Günter Fettweis bei der Gründung der „Society of Mining Professors“ im Jahre 1990 hervorgehoben werden.

1 Lebensleistung

Zum Arbeitsleben von Günter Fettweis kann hier in Kurzform nur aufgeführt werden:

Abitur 1943 – Wehrdienst – Studium in Freiburg und Aachen bis 1950 – Diplom mit Auszeichnung – Promotion 1953 mit „magna cum laude“. Große Staatsprüfung 1955 und Wechsel in die Steinkohlenindustrie. Nach unterschiedlichen Funktionen im Jahre 1958 Ernennung zum Betriebsdirektor des Verbundbergwerkes Osterfeld/Hugo Haniel. Schließlich ab 01.01.1959 die Besetzung des Lehrstuhles für Bergbaukunde in Leoben. Damit beginnt eine außerordentlich produktive Zeit der Lehre und Forschung, die bis weit über die Emeritierung im Jahre 1993 hinaus reicht.

Ausfluss dieser Tätigkeiten sind unter anderem:

15 Bücher als Verfasser, Mitverfasser oder Herausgeber

225 Aufsätze in Fachzeitschriften, Serien und Sammelwerken

84 Rezensionen

114 sonstige Publikationen

6 betreute Habilitationen

32 betreute Dissertationen

75 nicht veröffentlichte Berichte und Gutachten

278 beurteilte Diplomarbeiten

Wie kein anderer Bergbauprofessor unserer Zeit hat Günter Fettweis dabei die gesamte Breite der Bergbauwissenschaften bearbeitet und nachhaltig beeinflusst. Beispielhaft seien hier aufgeführt:

Einzelthemen zur bergmännischen Gewinnung wie die „Gesetzmäßigkeiten des drehenden Bohrens“ oder der „Einfluss des Patronendurchmessers auf die Sprengfähigkeit“. Vor mehr als 60 Jahren erschienen hierzu Veröffentlichungen [3].

Die Bergbaumethoden, die Abbauverfahren im Bergbau. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfasste er hierzu gemeinsam mit anderen Autoren ein dreibändiges Werk [4].

Die Lagerstätten als Gegenstand bergbaulicher Tätigkeit, ihre Klassifikation – mündend in einer Reserven/Ressourcen Klassifikation der Vereinten Nationen im Jahre 1997 [5].

Das ökonomische Prinzip des Bergbaus, das er aus den Besonderheiten des Bergbaus als einer Urproduktion herleitet.

Beiträge zum Systemaspekt in den Bergbauwissenschaften einschließlich der Sicherheit im Bergbau und der Beachtung des Umweltschutzes durch den Bergbau bereits im Jahre 1975 [6].

Arbeiten zur Geschichte des Bergbaus, zu bergmännischen Traditionen und zur Kultur des Bergbaus u. a. über den „Ledersprung als Ausdruck bergmännischer Traditionen“ im Jahre 1988 [7].

Der Fleiß und die Akribie, mit der Günter Fettweis jede seiner Arbeiten ausführte, sind kaum vorstellbar. Das „Systemdenken“ scheint ihm angeboren zu sein. Jede Veröffentlichung ist mit einer Vielzahl von Anmerkungen versehen, so dass man beim Lesen zu immer neuen Quellen geführt wird.

Ein Paradebeispiel hierfür ist sein im Jahre 2004 erschienenes Buch „Zur Geschichte und Bedeutung von Bergbau und Bergbauwissenschaften“, das auf Anregung von Frau Professor Lichtenberger entstand und 21 Aufsätze des Jubilars enthält. Jede Einzelarbeit kann für sich stehen – trotzdem bilden sie gemeinsam ein geschlossenes Ganzes, welches die Breite des Arbeitsgebietes von G. Fettweis in hervorragender Weise dokumentiert. Lassen Sie mich kurz auf den Beitrag eingehen, den er „Keine Zukunft der Menschheit ohne pflegliche Nutzung der Erdkruste“ überschrieben hat [7].

Eine uns Fachleuten bekannte, in der Öffentlichkeit aber nicht akzeptierte Tatsache ist, dass der Bergbau zwar in die Natur eingreift und Bestandteile der Erdkruste wandelt – so dass die Menschheit sie nutzen kann – dass er aber die Erdkruste nur zeitweilig in Anspruch nimmt, sie gewissermaßen für die Dauer der Rohstoffgewinnung ausleiht. Anschließend gibt er sie der Natur zurück, oft genug in einem besseren Zustand als er vordem war.

Die breite Öffentlichkeit aber lehnt den Bergbau als umweltzerstörenden Eingriff in die Natur ab. Sie anerkennt nicht, dass die Versorgung mit mineralischen Rohstoffen für die Entwicklung der Menschheit eine Grundvoraussetzung, und dass trotz zunehmender Recyclingraten die Primärproduktion dieser Rohstoffe unerlässlich ist.

Dieser Sachverhalt wird in der Arbeit von Günter Fettweis in Form von zwölf Bemerkungen zu drei aufgestellten Thesen diskutiert. Zwei dieser Bemerkungen möchte ich anführen:

  1. 1.

    Die Herausforderungen der Zukunft sind ohne den Bergbau nicht zu lösen, wobei die Eingriffe in die Natur möglichst umweltschonend erfolgen müssen.

  2. 2.

    Die Öffentlichkeit ist über die Rohstoffaspekte der Zukunft besser zu unterrichten, als es bisher erfolgt ist. Dazu muss der Bergbau selbst einen wesentlichen Beitrag leisten.

Mit diesen Bemerkungen hinterlässt Günter Fettweis uns Bergleuten und vor allem der jüngeren Generation gewissermaßen ein Vermächtnis für künftiges Tun.

Günter Fettweis hat seine Arbeitskraft trotz hoher Belastungen in Lehre und Forschung jederzeit auch in den Dienst der akademischen Selbstverwaltung und in bergmännischen Organisationen und Verbänden zur Verfügung gestellt. Er war Rektor in Leoben 1968–1970, d. h. in einer äußerst kritischen Phase der Geschichte der damaligen Montanistischen Hochschule. Erst 40 Jahre später hat er in einem bemerkenswerten Aufsatz in der Zeitschrift res montanarum diese Zeit umfassend aufgearbeitet [8]. Es war sicher ein großer Glücksfall für die Hochschule, dass ein Mann wie Günter Fettweis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts an ihrer Spitze stand. Sachverstand, Hartnäckigkeit, Fleiß, Akribie, Gerechtigkeit gegen Jedermann, Objektivität, Toleranz – mit diesen Eigenschaften ausgestattet, gelang ihm gegen innere und äußere Widerstände die Konsolidation und Neuausrichtung der Hochschule.

Mit Beginn seiner Tätigkeit in Leoben war Günter Fettweis aktiv im Bergmännischen Verband Österreichs tätig. Er war Präsident, Vizepräsident und Vorsitzender des Vorstandsausschusses des Verbandes über viele Jahre. Im Jahre 1976 hat er den Montanhistorischen Verein für Österreich mit gegründet und dessen Entwicklung maßgeblich beeinflusst.

Es konnte nicht ausbleiben, dass ein Mann wie er auf Grund seiner Verdienste mit einer Vielzahl von Ehrungen und Würdigungen bedacht worden ist. Ohne vollständig sein zu können, hat Rudolf Wüstrich in der schon erwähnten Laudatio [2] mehr als 20 Ehrungen aufgeführt.

Darunter

  • Das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse.

  • Das große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

  • Das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

  • Und für seine Verdienste um das Bergwesen die Miller von Hauenfels-Medaille.

Die Ehrendoktorate, Mitglied- und Ehrenmitgliedschaften in in- und ausländischen Akademien, Organisationen und Gesellschaften sind mit den Fingern beider Hände nicht aufzuzählen – und das muss man ergänzend dazu bemerken:

Alle diese Ehrungen sind der Person, dem Menschen Günter Fettweis geschuldet, nicht etwa seinem Amt, wie man es bei vielen anderen öffentlich Geehrten, insbesondere bei Politikern, oft feststellen kann.

2 Die Beziehungen Leoben und Freiberg

Als Individuen werden wir ohne eigenes Zutun geboren. Wir können nicht beeinflussen, wann, wo und unter welchen Bedingungen wir aufwachsen. Und oft genug bestimmen auch im Erwachsenenalter äußere Umstände und der Zufall in entscheidendem Maße, wo und wie wir leben und arbeiten.

Auch in den Beziehungen zwischen der Montanuniversität Leoben und der TU Bergakademie Freiberg und auf die Begegnungen zwischen Günter Fettweis und mir hatten diese äußeren Bedingungen einen wesentlichen Einfluss.

Im Archiv der TU Bergakademie Freiberg habe ich ein Kommuniqué gefunden, das über den Besuch einer Delegation des Ministeriums für Wissenschaft und Technik der DDR im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in Österreich verfasst wurde [9]. Danach weilte diese Delegation vom 17. bis 21. Januar 1977 in Österreich mit dem Ziel, die wissenschaftlich-technische Kooperation zwischen den beiden Ländern zu intensivieren.

Vorausgegangen waren diesem Besuch die Unterschriften beider Länder unter die Schlussakte der KSZE in Helsinki. Es war damit der Weg geebnet für eine vertraglich gebundene Zusammenarbeit zwischen mehreren Instituten der Montanuniversität Leoben und der Bergakademie Freiberg. Neben anderen Universitäten wurden diese beiden Hochschulen wegen ihres Ausbildungs- und Forschungsprofils ausgewählt. Bereits im November 1977 besuchte eine Delegation von Leoben mit Rektor Oberhofer an der Spitze Freiberg, und die Vereinbarungen wurden konkretisiert. Es existiert im Archiv ein Übereinkommen vom Mai 1979 als Urschrift mit Siegel und Unterschrift von Günter Fettweis, das zwei Themen für gemeinsame Forschungsprojekte im Bergbau enthält [9]:

  1. 1.

    Tagebautechnik im Festgestein

  2. 2.

    Untersuchungen über die Wirtschaftlichkeit von Maschineneinsatz im diskontinuierlichen und kontinuierlichen Betrieb.

Die Themen wurden vor allem durch die Kollegen Erich Lechner in Leoben und Klaus Strzodka in Freiberg bearbeitet.

Es ist aber bemerkenswert, dass auch auf Teilgebieten der Ökonomie eine Zusammenarbeit realisiert wurde, obwohl die Ökonomie im Gegensatz zur Technik in beiden Hochschulen anders determiniert war. In der DDR dominierte die Marx´sche „Arbeitswerttheorie“ und in Leoben die „Grenzwerttheorie“.

Es zeigt dies einmal mehr, dass bei gutem Willen und persönlichem Engagement sehr wohl eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen auch dann möglich ist, wenn politisch unterschiedliche Systeme friedlich miteinander koexistieren.

Ab dem Jahre 1979 gab es regelmäßig gegenseitige Besuche von Fachkollegen, Gastvorlesungen und Betriebsbesichtigungen zwischen Leoben und Freiberg. Bei einem seiner Aufenthalte an der Bergakademie bin ich Günter Fettweis im Juli 1981 zum ersten Mal begegnet. Er war bereits mehr als 21 Jahre Professor, ich war nach 21-jähriger Tätigkeit im Erzbergbau gerade nach Freiberg berufen worden. Ein so offenes, ehrliches und ohne jeden Vorbehalt stundenlang geführtes Gespräch in meiner damaligen Unterkunft habe ich selten erlebt. Es war die Basis für unsere nun schon Jahrzehnte währende freundschaftliche Verbundenheit. Damals, lieber Günter, hast Du das Kaliwerk Bleicherode befahren sowie mit Prof. Arnold den Altbergbau im Erzgebirge und Annaberg mit dem Bergmannsaltar besucht.

Bei allen Besuchen in Freiberg war Günter Fettweis in der Hochschulbibliothek, insbesondere in deren Altbestand. Zu dem leider viel zu früh verstorbenen Dr. Peter Schmidt hatte er ein sehr gutes Verhältnis. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass im Jahre 1993 ein sogenanntes „Erbe-Symposium“ gegründet wurde. Frau Dr. Lieselotte Jontes aus Leoben und Peter Schmidt waren damals die Initiatoren. Inzwischen fanden bereits 12 derartige Symposien statt. Sie vereinen Bibliotheken montanistisch geprägter Hochschulen und einige Museen der ganzen Welt. Das nächste Symposium findet 2015 in Banska Stiavnica, dem früheren Schemnitz, statt.

Und noch eine Tatsache muss erwähnt werden, wenn man die Beziehungen zwischen Günter Fettweis und der Bergakademie Freiberg betrachtet: Er war der erste Professor aus Leoben, der am Berg- und Hüttenmännischen Tag der Bergakademie Freiberg teilnahm [9]. Es ist dies die wissenschaftliche Hauptveranstaltung der Hochschule, die jährlich durchgeführt wird. Günter Fettweis war 1963 erstmals dabei, erst in den Jahren 1965 bis 1968 waren die Professoren Spickernagel, Müller und Lorbach Teilnehmer am Berg- und Hüttenmännischen Tag.

Für uns Freiberger war Leoben auch eine Stätte der Begegnung mit den Fachkollegen aus Aachen, Westberlin und Clausthal sowie mit Vertretern der Betriebe, der Verbände und Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik, zu denen wir bis zum Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts keine direkte Verbindung unterhalten konnten. Die Österreichischen Bergbautage und insbesondere der Leobener Bergmannstag im Jahre 1987 waren dabei Höhepunkte.

Es freut mich deshalb sehr, dass nach der staatlich gewollten Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen im vergangenen Jahrhundert jetzt die Bergbaulehrstühle eigenverantwortlich gemeinsam Projekte bearbeiten. Und es scheint mir symptomatisch, dass vor gerade einmal vier Wochen hier in Leoben das „Weltforum der Ressourcenuniversitäten für Nachhaltigkeit“ getagt hat. Dieses Forum wurde in Freiberg gegründet und umfasst inzwischen 96 Universitäten aus 53 Ländern, die alle den montanistischen Fächerkanon vertreten.

Ein Einschub sei an dieser Stelle gestattet.

Von den universitären Bildungseinrichtungen im deutschsprachigem Raum, die in Teilen oder in Gänze die montanistischen Wissenschaften vertreten, gibt es nur noch zwei, die dies auch in ihrem Namen zum Ausdruck bringen, die Montanuniversität Leoben und die Technische Universität Bergakademie Freiberg.

Es hat hier in Leoben z. B. im Jahr 1937 und zuletzt 1969 und auch in Freiberg, hier zuletzt 1990/91, immer wieder Bestrebungen gegeben, dies zu verändern.

Gerade in der Zeit, als Günter Fettweis Rektor in Leoben war – ich habe es schon erwähnt – stand die Existenz der Bildungseinrichtung in Frage, und nur durch sein besonnenes und kluges Agieren wurde der Exitus damals verhindert [8].

Heute sind die Verantwortlichen davon überzeugt, dass die in Leoben und Freiberg getroffenen Entscheidungen richtig waren.

Nur durch die Betonung ihrer Spezifika können relativ kleine Hochschulen in der unmittelbaren Umgebung großer Technischer Universitäten wie hier in Graz, oder im Falle Freiberg in Dresden, überleben. Es erscheint notwendig, an diesen Sachverhalt immer wieder zu erinnern.

3 Die Sozietät für Bergbaukunde

Im Rahmen des Internationalen Organisationskomitees für Weltbergbaukongresse hat Günter Fettweis über Jahrzehnte eine hervorragende Arbeit geleistet. Er war viele Jahre Vizepräsident des Komitees und hat in dieser Eigenschaft zwischen den unterschiedlichsten Interessengruppen wiederholt vermitteln müssen. Dabei hat er immer mit kräftiger Stimme und in einem verständlichen Englisch gesprochen, das sich wohltuend von dem Englisch manch anderer Diskutanten abhob.

Lebhaft in Erinnerung geblieben ist mir die Sitzung des IOC im September 1989 in Reno/Nevada. Während einer Exkursion am 16. September machten wir Rast, G. Fettweis erläuterte uns, das waren die Kollegen Knissel von Clausthal, Bazelj von Ljubljana und ich, seine Gedanken zu einer Sozietät der Bergbauprofessoren, die nach dem Vorbild der „Sozietät für Bergbaukunde“ aus dem Jahre 1786 gebildet werden sollte.

Diese alte Sozietät war von Ignaz von Born gegründet worden. Heinrich von Trebra, der erste Student an der Bergakademie in Freiberg, war ihr Sekretär und 15 Länder waren in ihr vertreten.

Beim Abendbrot am gleichen Tage wurden die Gedanken weiter konkretisiert und schließlich beschlossen, im Herbst 1990, anlässlich der Feiern zum 150. Geburtstag der Montanistischen Lehranstalt in Leoben, die Sozietät zu gründen. Günter Fettweis wurde ihr Gründungspräsident und Tim Shaw aus London für viele Jahre ihr Sekretär. Damals waren wir 34 Professoren aus 20 Ländern. Heute umfasst die Sozietät 223 Mitglieder aus fast allen Ländern der Erde. Mit ihr wird die „spezielle Internationalität im Bergbau“, wie es Günter Fettweis nennt [7], in eindrucksvoller Weise dokumentiert.

Im nächsten Jahr werden wir den 25. Jahrestag ihrer Gründung in Freiberg begehen können, eingebettet in die Feierlichkeiten, die an der Technischen Universität anlässlich des 250. Jahrestages der Gründung der Bergakademie stattfinden. Mein Nachfolger im Amt – Prof. Mischo – ist derzeitig der Präsident der „Society of Mining Professors“.

4 Schlussbemerkungen

Für mich war Günter Fettweis in mehrfacher Hinsicht ein Vorbild. Seine Vorstellung über den Bergbau als Urproduktion mit ganz speziellen Gesetzmäßigkeiten, seine Ansichten zum Mensch-Natur-Maschine-System im Bergbau und der von ihm eingeführte Begriff der „Bonität“ einer Lagerstätte, die neben der „Qualität“ und der „Quantität“ einen wesentlichen Faktor zur ökonomischen Bewertung von Vorkommen mineralischer Rohstoffe darstellt, waren Leitlinien für meine Tätigkeit als Hochschullehrer in Freiberg. Aber auch seine große Bereitschaft zur Anerkennung anderer Meinungen, seine Toleranz, die Art und Weise, wie er unterschiedliche Auffassungen letztlich zu einem gemeinsamen Standpunkt zusammenführen konnte, waren für mich immer vorbildlich. Immer hat er integriert und nicht polarisiert. Zudem bin ich Günter Fettweis auch zu persönlichem Dank verpflichtet:

Im Zuge der politischen Ereignisse in den Jahren 1989/90 wurden in Sachsen Personen, die bis zu diesem Zeitpunkt Führungspositionen an den Hochschulen als Dekan oder Rektor innehatten, Anfang der 90er Jahre entlassen.

Ihre Lehrstühle wurden neu ausgeschrieben. Neben Ludwig Wilke von der TU Berlin war es Günter Fettweis, der mit einem außerordentlich positiven Gutachten die Voraussetzungen dafür schuf, dass ich 1994 als Professor sogenannten „Neuen Rechts“ meinen Lehrstuhl für Bergbau-Tiefbau in Freiberg wieder besetzen und bis zur Verabschiedung in den Ruhestand im Jahre 2000 ausfüllen konnte.

Noch einmal möchte ich auf die schon erwähnte Laudatio von Rudolf Wüstrich aus dem Jahre 1999 zurückkommen [2]. Er hat darin Günter Fettweis mit einem Abt verglichen, weil er während seiner beruflichen Tätigkeit die Aufgaben eines Abtes dem Inhalt nach stets erfüllt habe.

Heute, im 90. Lebensjahr stehend, darf man Günter Fettweis bei Betrachtung seiner Lebensleistung und der Art und Weise, wie er sein gesamtes Leben gestaltet hat, mit großem Respekt und höchster Anerkennung durchaus als den „Papst“ unter den Bergbauprofessoren der Erde bezeichnen. (Abb. 1)

Abb. 1
figure 1

Prof. G. Fettweis im Kreise von Fachkollegen, Lülea 1991

Im Jahre 1858 hat Georg Andrassy bei der ersten allgemeinen Versammlung von Berg- und Hüttenmännern in Wien den Begriff der „Bergwerksverwandten“ geprägt [10]. Es sei dies „ein zusammengehöriger Körper ohne Unterschied des Landes und der geographischen Grenzen“. Diesem Grundsatz ist Günter Fettweis sein ganzes Leben gefolgt. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein internationaler Bergmann vom Leder und von der Feder. Er lebt den alten Bergmannsspruch: Bergbau ist nicht eines Mannes Sache.

Lieber Günter!

Anlässlich Deines heutigen Jubiläums haben sich alte Weggefährten aus vielen Ländern versammelt. Sie alle gratulieren Dir ganz herzlich! Dir gilt unser aller Anerkennung, unser Respekt und unser Dank. Wir danken aber auch Deiner Frau Alice, ohne deren langjähriges Zutun, ihren Realitätssinn, ihre ständige Bereitschaft, Dir den Rücken freizuhalten und für die Familie zu sorgen, Du schwerlich ein solch umfangreiches Lebenswerk hättest vollbringen können.

Dir und Deiner lieben Frau wünschen wir für die Zukunft vor allem eine gute Gesundheit.

Euch beiden ein herzliches Glückauf!

Horst Gerhardt