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Arbeit „in“ der Übertragung

Fünfundzwanzig Jahre später

Work “in” transference

Twenty-five years later

  • Originalarbeit
  • Published:
Forum der Psychoanalyse Aims and scope

Zusammenfassung

Die vor mehr als 25 Jahren eingeführte Unterscheidung zwischen der Arbeit an der Übertragung und in der Übertragung stand zunächst in einem fachpolitischen Kontext. An ihr entzündete sich ein Richtungsstreit innerhalb der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft um die zukünftige fachliche Ausrichtung zwischen „neoanalytischer“ Tradition und moderner internationaler Ausrichtung der Psychoanalyse. Diese Gegensätze sind heute überwunden. Und das Konzept, in der Übertragung zu arbeiten, hat auch durch die intersubjektive Wende der Psychoanalyse und im Lichte neuropsychologischer Forschungsergebnisse an Einfluss gewonnen. Heute suchen wir immer weniger das „eigentliche“ Thema „hinter“ dem Beziehungsgeschehen und neigen zu einer konstruktivistischen Auffassung: Zwar interpretiert der Patient seine Welt im Lichte seiner früheren Erfahrungen, aber er gestaltet gemeinsam mit uns hier und jetzt eine neue Beziehungswirklichkeit.

Abstract

The differentiation between work on transference and work in transference which was indroduced 25 years ago, was initially conceived in the context of internal departmental policy. This inflamed a factional conflict within the German Psychoanalytical Society concerning the future professional direction between “neoanalytical” tradition and modern international alignment of psychoanalysis. These contrasts have nowadays been resolved and the concept of working in transference has also become more influential due to the intersubjective change in psychoanalysis and in the light of results of neuropsychological research. Nowadays, the search for the “actual” topic “behind” the relationship interaction is becoming less important and the tendency is towards a concept of constructivism. Although the patient interprets the surrounding world in the light of previous experiences, a new relationship reality is spontaneously constructed together with the analyst.

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Notes

  1. Michael Ermann und Jürgen Körner wurden zum Vorsitzenden bzw. zum Stellvertreter gewählt und lösten Fritz Beese und Karl König ab.

  2. Zum Beispiel Franz Baumeyer, Franz Heigl, Heinz Schepank, Werner Schwidder und Henning Studt. Auch Fritz Beese galt als „Schultz-Henckianer“. Aber in den letzten Jahren seiner Amtszeit regte er selbst die DPG an, sich fachlich neu auszurichten, und bereitete so die Entwicklungen vor.

  3. Es waren überwiegend Frauen gewesen.

  4. „Es sind Neuauflagen, Nachbildungen … mit einer charakteristischen Ersetzung einer früheren Person durch die Person des Arztes“ (Freud 1905, S. 279).

  5. Heute noch findet man nicht selten Übertragungsdeutungen, die die Idee vom Abziehbild verwirklichen wollen: Der Patient berichtete, dass er „dreimal vergeblich“ versucht habe, seinen Vater zu erreichen. „Er kommt dreimal in der Woche hierher! Er meint mich!“

  6. Interessanterweise waren es zahlreiche Frauen, die dafür warben, nicht den Patienten allein, sondern die therapeutische Beziehung zum Gegenstand der Analyse zu machen: Paula Heimann, Alice Balint, Helene Deutsch, Therese Benedek, Margret Little, Annie Reich und Clara Thompson (Körner 2014).

  7. Das ist das „fishing for compliments“ des Alltags. Insofern ist die projektive Identifizierung eine verbreitete Erscheinung in sozialen Beziehungen und keineswegs auf therapeutische Situationen beschränkt. Auch handelt es sich nicht um einen „frühen“ Abwehrmechanismus etwa schon bei Säuglingen. Es lohnt sich, den Begriff der projektiven Identifizierung von den zahlreichen Mystifikationen zu befreien, die ihn verdunkelt haben.

  8. Vor vielen Jahren habe ich diese Bewegung von der Arbeit an der Übertragung zur Arbeit in der Übertragung in einem wissenschaftstheoretischen Kontext betrachtet und „Vom Erklären zum Verstehen in der Psychoanalyse“ genannt (Körner 1985).

  9. Man sollte eigentlich von „quasikausalen“ Erklärungen sprechen (von Wright 1974), denn echte kausale Ursache-Wirkung-Zusammenhänge kommen im Seelenleben nur äußerst selten vor.

  10. Goffman (1974) schrieb über den Rahmen einer Situation: Er gibt an, was hier eigentlich los ist.

  11. Oder, wie es mein Physiologie-Lehrer im Studium formulierte: „Ohne Haltung keine Bewegung“.

  12. In die wir, wie Kant (1784, S. 481) schrieb, geraten sind „nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes …, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen“.

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Körner, J. Arbeit „in“ der Übertragung. Forum Psychoanal 30, 341–356 (2014). https://doi.org/10.1007/s00451-014-0184-1

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