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Übertragung und Übertragungsneurose

Status und Funktion im psychoanalytischen Prozess

Transference and transference neurosis. Status and function in the psychoanalytic process

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Forum der Psychoanalyse Aims and scope

Zusammenfassung

Die Autoren untersuchen Freuds Konzeptualisierung des Zusammenhangs von Übertragung und Übertragungsneurose, setzen sich mit der Kritik am Konzept der Übertragungsneurose auseinander und gehen der Frage nach, warum Deutungen von Patienten akzeptiert werden. Sie schlagen vor, die Übertragungsneurose als bewusste, auf den Analytiker bezogene Erscheinungsformen der Übertragung anzusehen, welche vom Analytiker durch so genannte. "Wie-Deutungen" hergestellt und durch "Wie-damals-Deutungen" verändert und wieder abgetragen werden, und die Gründe, welche den Patienten bewegen, diese Deutungen für sich zu akzeptieren, nicht im Rationalen, sondern in der Übertragungssituation zu situieren.

Abstract

The authors investigate Freud's concepts of transference, transference neurosis and their mutual relationship. They discuss the current criticism made on the concept of transference neurosis and raise the question, why patients accept the analyst's interpretations? They suggest understanding transference neurosis as conscious manifestations of transference referring to the analyst which are the outcome of successive interpretations of the type "just-like" followed, changed, and removed again by "just-like-it-was"-interpretations. They conclude that the patient does accept these interpretations not for reasons that are rational, but for reasons pertaining the transference situation.

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Notes

  1. Ein weiterer Grund liegt darin, dass wir nicht mit Cremerius (1989, S. 203) übereinstimmen, der—Whiteheads allgemeines Diktum zitierend—auch für die Psychoanalyse geltend macht, dass "eine Wissenschaft, die zögert, ihre Gründer zu vergessen, verloren ist". Angesichts der heterogenen Meinungsvielfalt, die gewiss nicht als ein Signum wissenschaftlicher Dignität verstanden werden kann, neigen wir eher zu der Ansicht, dass die Psychoanalyse als Wissenschaft verloren gehen könnte, wenn sie die Überlegungen ihres Gründers vergisst.

  2. In einem deskriptiven Sinn findet sich dieser Begriff bereits in einem Brief an Eduard Silberstein vom 04.09.1872. Freud berichtet seinem Jugendfreund über seine Zuneigung für Gisela Fluss und schreibt: "Es scheint, daß ich die Achtung vor der Mutter als Freundschaft auf die Tochter übertragen habe" (zit. n. Gay 1987, S. 33).

  3. Der Begriff der "Übertragungsneurose" wird von Freud (z. B. 1916/17, S. 309) auch im Sinne einer nosologischen Einheit verwendet. Zu ihr gehören die Angsthysterie, die Konversionshysterie und die Zwangsneurose, die er von den so genannten narzisstischen Neurosen wie der Dementia praecox abgrenzt. Seiner Ansicht nach sind die "Übertragungsneurosen" dank ihrer Fähigkeit, eine Übertragung zu entwickeln, der psychoanalytischen Behandlung zugänglich. Die narzisstischen Neurosen sind es nicht, weil ihnen diese Fähigkeit fehle. Wir werden im Weiteren den Begriff der "Übertragungsneurose" nur für die in spezifischer Weise organisierte Entwicklung der Übertragung im psychoanalytischen Prozess verwenden.

  4. Der Begriff erscheint zum letzten Mal im Zusammenhang mit der Verliebtheit des Patienten in den Analytiker (Freud 1926, S. 258 f.).

  5. Auch steht diese These in Widerspruch zu Freuds Ansicht "Es ist nicht richtig, daß die Übertragung während der Psychoanalyse intensiver und ungezügelter auftritt als außerhalb derselben" (Freud 1912, S. 367).

  6. Wobei Freud hinzufügt: "Nur werde bei der Psychoanalyse die Übertragungskraft dazu verwendet, um eine dauernde Veränderung im Patienten hervorzubringen, während die Hypnose nur ein Kunststück sei" (Nunberg u. Federn 1962, S. 96).

  7. Unter den verschiedenen Autoren, die über die besonderen, die Übertragung in der analytischen Situation fördernden Bedingungen publiziert haben—z. B. die Unmöglichkeit, den Analytiker zu sehen, die Frustration durch Schweigen und andere Techniken, die Abwesenheit von Realität, die Atmosphäre von Zeitlosigkeit, das Betonen der Phantasie (Gill 1954, S. 778)—überzeugt die Auffassung von Spitz (1956) vor allem deshalb, weil in ihr auch die formalen Eigentümlichkeiten der Interaktionen zwischen Patient und Analytiker in einer psychoanalytischen Perspektive betrachtet und auf den Begriff gebracht werden.

  8. Deshalb, so Freud (1916/17, S. 469), hat man "auch mit Recht gesagt, die psychoanalytische Behandlung sei eine Art von Nacherziehung".

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Zepf, S., Hartmann, S. Übertragung und Übertragungsneurose. Forum Psychoanal 19, 82–98 (2003). https://doi.org/10.1007/s00451-003-0158-1

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