Die Entwicklung von Biomaterialien ist insbesondere in der kardiovaskulären Medizin von höchstem klinischen Interesse. Mittlerweile steht eine Vielzahl von Werkstoffen, die multiplen Anforderungen standhalten müssen, zur Auswahl. Herausforderungen sind weiterhin Biokompatibilität des Materials, die Fähigkeit, unter physiologischen Bedingungen die vorgesehenen Funktion auszuführen, und die Möglichkeit der technischen Verarbeitung des Materials. Tierisches (xenogenes) Gewebe erfordert vor dem klinischen Einsatz die Anwendung von Prozessierungs- und Sterilisationsmethoden. Gängige Prozessierungsmethoden sind beispielsweise die Fixierung mit Glutaraldehyd oder die Dezellularisierung des Gewebes.

Perikard wird in chirurgischen Disziplinen vielfältig genutzt, insbesondere in der Herzchirurgie als Grundmaterial für biologische Aortenklappenprothesen und als Patch, z. B. für Erweiterungsplastiken oder als Verschluss für Septumdefekte [15]. Das am häufigsten genutzte xenogene Biomaterial in diesem Zusammenhang ist Rinderperikard. Vor dem klinischen Einsatz sollten unterschiedliche Prozessierungsmethoden zum Einsatz kommen, um die Antigenität des tierischen Gewebes zu reduzieren [4, 11].

Ziele dieser Arbeit waren die Analyse und der Vergleich verschiedener bereits etablierter und neu entwickelter Methoden zur Prozessierung von Perikard-Patchs. Folgende Versuchsgruppen wurden evaluiert: Rinder-Perikard-Patchs wurden mit Glutaraldehyd (Gruppe GA) fixiert, nach einem bereits in der Arbeitsgruppe etablierten Protokoll dezellularisiert und sterilisiert (Gruppe DEZ) oder nach erfolgter Dezellularisierung mit Glutaraldehyd fixiert (Gruppe DEZ-GA). Zum Vergleich standen sowohl die entsprechenden nativen Perikardproben zur Verfügung als auch industriell dezellularisierte und sterilisierte Rinder- und Pferde-Perikard-Patchs (RPi und PPi). Ein weiterer Teil des Projekts hat sich mit der Besiedelung von Perikard-Patchs mit humanen Endothelzellen beschäftigt.

Fixierung mit Glutaraldehyd

Die Fixierung von xenogenem Perikard mit Glutaraldehyd wird seit den 1960er-Jahren durchgeführt und wurde maßgeblich durch Experimente von Alain Carpentier entwickelt und etabliert [3]. Glutaraldehyd führt im biologischen Gewebe u. a. zu einer Quervernetzung (Cross-Linking) von Kollagenfasern, was eine strukturelle Degradation durch immunologische Prozesse nach der Implantation verzögern oder verhindern kann, und erhöht gleichzeitig die Zugkraft des Gewebes [1, 2]. Durch die Behandlung mit Glutaraldehyd verbleiben Zellen im Gewebe, und es kommt insbesondere durch DNA-Reste und die phospholipidhaltigen Zellmembranen zur Exposition von Kalziumbindungsstellen, die eine verfrühte Kalzifizierung des Gewebes zur Folge haben können [16]. Zudem konnte eine zelltoxische Wirkung von Glutaraldehyd bereits in vorherigen Studien gezeigt werden [17, 19]. Nichtsdestotrotz ist die Fixierung mit Glutaraldehyd weiterhin die am häufigsten genutzte Methode bei der Herstellung von Herzklappenprothesen. Neue Behandlungsverfahren im Sinne von Antikalzifizierungsmethoden sollen das Material langlebiger und weniger toxisch machen [13, 14]. In dieser Arbeit wurden die Proben mit einer 0,1 %igen Glutaraldehydlösung für 48 h bei 4 °C inkubiert und somit fixiert. Vor der Verwendung der fixierten Patchs wurden diese nach Herstellerangaben üblicher GA-fixierter Herzklappenprothesen in 0,9 %iger NaCl-Lösung gewaschen.

Dezellularisierung

Ziel der Dezellularisierung ist die vollständige Eliminierung von Zellen und Zellbestandteilen mit gleichzeitigem Erhalt der dreidimensionalen Extrazellulärmatrix eines Gewebes. Zur Anwendung kommen hierbei chemische, biologische und physikalisch-mechanische Methoden, wobei sich insbesondere die Kombination mehrerer Methoden als erfolgreich erwies [7]. Durch das hier angewandte Protokoll konnte bereits in vorherigen Studien der Arbeitsgruppe eine effiziente Dezellularisierung von Rinder-Perikard-Patchs erzielt werden [18]. Kurz zusammengefasst wurde eine Dezellularisierungslösung mit 0,5 %igem Natriumlaurylsulfat und 0,5 %igem Natriumdesoxycholat hergestellt. Das verwendete Protokoll sah eine Versuchszeit von insgesamt 16 h vor und beinhaltete die Applikation von Ultraschall sowie die ständige Umspülung der Patchs mit Dezellularisierungslösung durch eine Pumpe. Abschließend erfolgten ausgiebige Waschschritte mit phosphatgepufferter Salzlösung („phosphate buffered saline“, PBS), um das Herauswaschen von möglichen chemischen Residuen zu gewährleisten.

Eine Optimierung dieses Dezellularisierungsverfahrens wurde durch die Etablierung eines standardisierten Protokolls und Versuchsaufbaus der Arbeitsgruppe erreicht. Hierbei wurde ein Bioreaktor mittels 3D-Druck zur Dezellularisierung gefertigt, bei dem die Dezellularisierungslösung gleichmäßig und in einem definierten und kontrollierten Flussprofil auf die Perikard-Patchs trifft, was die Effizienz der Dezellularisierung maßgeblich steigern konnte [8].

Sterilisationsverfahren

Vor dem medizinischen Einsatz muss die Sterilität des verwendeten tierischen Gewebes gegeben sein. Allerdings stellt dies weiterhin eine Herausforderung dar, da durch die meisten chemischen, physikalischen oder biologischen Verfahren zur Sterilisation massive strukturelle Schädigungen des Biomaterials hervorgerufen werden können. Viele Studien haben bereits unterschiedlichste Methoden zur Sterilisation untersucht, beispielsweise UV-Strahlung, γ‑Bestrahlung, Hitze- und Kälteapplikation, Ethanol und andere Chemikalien oder Enzymbehandlung [5, 6, 12]. Das in dieser Arbeit verwendete Protokoll stützt sich auf eine Kombinationsanwendung von Octenidindihydrochlorid (Octenidin) und Peressigsäure zur Sterilisation [10]. Die zu sterilisierenden Patchs wurden zunächst 1 h in 0,5 %igem Octenidin und anschließend in 0,1 %iger Peressigsäure bei Raumtemperatur inkubiert. Nach ausgiebigem Waschen mit PBS erfolgte die Lagerung in steriler PBS-Lösung bei 4 °C. Zur Evaluation der Sterilität wurden 2 Nährmedien (Thioglycollate und Trypticase Soy Broth) zur Anzucht für Bakterien verwendet und evaluiert. Konnte nach 14 Tagen kein Wachstum in beiden Medien festgestellt werden, galt die Probe als steril.

Biokompatibilität

Die In-vitro-Evaluierung der Biokompatibilität der prozessierten Patchs erfolgte mittels statischer Besiedelung der Perikard-Patchs mit humanen Endothelzellen. Dabei wurden Gewebeproben der prozessierten Patchs als Stanze (∅ = 10 mm) entnommen und in einer 48-Wells-Platte mit Endothelzellen besiedelt und inkubiert. Als Kontrollgruppe dienten über je 24, 48 und 72 h statisch und dynamisch kultivierte Zellen. Die dynamische Kultivierung erfolgte unter Anwendung einer definierten Scherspannung (2 dyn/cm2 für 1 h, 5 dyn/cm2 für 1 h, 10 dyn/cm2 für 1 h und schließlich 15 dyn/cm2 für die restliche Versuchszeit von 24, 48 oder 72 h). Hierfür wurden spezielle Flusskammern (ibidi µ‑Slide I0.6 Luer, ibidi GmbH, Gräfelfing, Deutschland) genutzt, in denen sowohl die statische als auch die dynamische Kultivierung möglich war.

Ergebnisse der Gewebeprozessierung

Die strukturelle Evaluation der behandelten Patchs zeigte einen Verbleib von Zellkernen innerhalb des Gewebes nach Fixierung mit GA sowohl in der Hämatoxylin-Eosin(HE)-Färbung als auch in der Färbung von Nukleinsäuren mittels 4′,6-Diamidin-2-phenylindol (DAPI) (Abb. 1). Die Dezellularisierung bewirkte eine Reduktion der Nukleinsäuren in beiden Färbungen der Gruppen DEZ und PPi. Erstaunlicherweise wiesen RPi insbesondere in der DAPI-Kernfärbung teilweise hohe Signale auf; diese schienen mit den hier verwendeten bovinen Nativprobenvergleichbar zu sein.

Abb. 1
figure 1

Histologische Evaluation mittels HE- (A1–F1) und DAPI-Färbung (A2–F2). Die Nativproben zeigten eine homogene Verteilung von Nukleinsäuren (A1+2). Proben der Gruppe GA wiesen keine eindeutige Reduzierung der Nukleinsäuren auf (B1+2), die Gruppen DEZ und DEZ-GA hingegen zeigten eine deutliche Abnahme von Zellkernstrukturen (C1+2, D1+2). Die Färbungen der Gruppe RPi offenbarte residuelle DNA (E1+2), wohingegen PPi-Proben nur wenige Schleier an DNA-Resten aufwiesen (F1+2). Maßstabsbalken ≙ 100 µm. (Aus [9])

Bestimmung des DNA-Gehalts

Die Ermittlung des DNA-Gehalts ergab eine minimale Reduzierung der DNA der GA-Proben (82,48 ± 6,12 ng/mg Gewebe) im Vergleich zu den Nativproben (85,19 ± 6,28 ng/mg Gewebe) (Abb. 2c). Eine signifikante Abnahme gegenüber den Nativproben zeigte sich hingegen bei der Gruppe DEZ (58,69 ± 4,06 ng/mg Gewebe, p = 0,0492). Industriell dezellularisierte Rinder-Perikard-Patchs wiesen, im Übereinklang mit den histologischen Ergebnissen, einen ähnlich hohen DNA-Gehalt wie die hier verwendeten bovinen Nativproben auf (RPi = 70,60 ± 12,32 ng/mg Gewebe), und Pferde-Perikard-Patchs zeigten nach der Dezellularisierung den niedrigsten DNA-Gehalt von 38,51 ± 1,82 ng/mg Gewebe.

Abb. 2
figure 2

Biomechanische Analyse, DNA-Gehalt und Perikarddicke. Angabe der longitudinalen (a) und transversalen (b) Maximalkraft von Nativproben und der prozessierten Patchs. c DNA-Quantifizierung und d Angabe der Dickenmessung des Perikards. Nativproben der Gruppen RPi und PPi waren nicht verfügbar. Angaben als Mittelwert ± Standardfehler. Asterisk p < 0,05. (Aus [9])

Biomechanische Analyse

Nach der GA-Fixierung zeigte sich eine signifikante Zunahme der uniaxialen Zugkraft im Vergleich zu den Nativproben (GA: 73,78 ± 9,46 N, nativ: 40,54 ± 3,30 N, p = 0,0227), während die Zugkraft nach Dezellularisierung sowohl longitudinal (DEZ: 28,72 ± 3,80 N) als auch transversal (DEZ: 11,96 ± 1,70 N) deutlich abnahm (Abb. 2a, b). Da keine Nativproben der industriell dezellularisierten Patchs vorlagen, konnte keine Aussage zur Auswirkung der Prozessierungsmethode getroffen werden. Pferde-Perikard-Patchs wiesen nach durchgeführter Dezellularisierung und Sterilisationsverfahren allerdings auffällig niedrige Ergebnisse (PPi longitudinal = 8,80 ± 1,14 N) im Vergleich zu Rinder-Perikard-Patchs, die der gleichen Methode unterzogen wurden, auf (RPi = 24,37 ± 3,10 N).

Unterschiede konnten zudem in der Dicke der Perikarde (Abb. 2d) sowohl nach Prozessierung als auch innerhalb der Gruppen festgestellt werden und verdeutlichen die Notwendigkeit von standardisierten Protokollen und der Durchführung eines Qualitätsmanagements vor der Auswahl der Biomaterialien oder der Prozessierungsmethode selbst.

Sterilisationsverfahren

Nach der Inkubationszeit von 14 Tagen konnte bei allen dezellularisierten Proben (DEZ, DEZ-GA, RPi und PPi) ein klares Medium festgestellt werden, wodurch von Sterilität auszugehen war. Die Proben der Gruppe GA wiesen keine einheitliche Sterilität auf, und bereits nach weniger als 24 h Inkubationszeit zeigten sich bei 60 % der Proben Kontaminierungen.

Statische Endothelzellkultivierung

Die statische Kultivierung von Endothelzellen zeigte sowohl nach 24 h (97,05 ± 0,98 % vital) und 48 h (96,91 ± 0,73 % vital) als auch nach 72 h (96,73 ± 0,55 % vital) Versuchszeit eine hohe Zellvitalität mittels Live/Dead®-Assays (Abb. 3, D). Das Adhärens-Protein VE-Cadherin sowie der Zytoskelettbestandteil Aktin lassen Aussagen über das Verhalten von Endothelzellen zu. Nach statischer Kultivierung konnte eine deutliche Zunahme und letztlich nach 72 h ein homogenes Expressionsmuster von VE-Cadherin beobachtet werden (Abb. 3, A–C). Das Zytoskelett, durch Aktin ausgebildet, lag locker und ungerichtet orientiert vor.

Abb. 3
figure 3

Statische Kultivierung von Endothelzellen nach 24, 48 und 72 h. (A1–C2) Immunfluoreszenz von VE-Cadherin (grün), Aktin (Zytoskelett, Stressfasern, rot), Zellkerne (DAPI, blau). Nach 24 h Kultivierung waren deutliche Expressionen von VE-Cadherin und Aktin zu erkennen (A1, 2). Diese nahmen mit längerer Versuchsdauer zu. D Quantifizierung des Live/Dead®-Assays nach statischer EC-Kultivierung. Maßstabsbalken ≙ 200 µm. (Aus [9])

Dynamische Endothelzellkultivierung

Nach dynamischer Kultivierung der Endothelzellen lag ebenfalls eine hohe Zellvitalität (nach 72 h: 95,41 ± 0,52 % vital) vor (Abb. 4D). Bereits nach 24 h Flussexposition zeigte sich eine beginnende Orientierung der Stressfasern als auch der Endothelzellen in Richtung des angewandten Flusses (Abb. 4). Nach Vollendung der 72 h Versuchszeit zeigten sich deutlich elongierte Endothelzellen und sog. Stressfasern, die sich nach mechanischer Stimulation des Zytoskeletts bilden, sowie ein homogenes Expressionsmuster von VE-Cadherin.

Abb. 4
figure 4

Dynamische Kultivierung von Endothelzellen nach 24, 48 und 72 h. A1–C2 zeigen deutliche Ausrichtung der Endothelzellen entlang des applizierten Flusses mit Elongation der Endothelzellen. D Quantifizierung des Live/Dead®-Assays nach dynamischer EC-Kultivierung. Pfeile zeigen Flussrichtung an. Maßstabsbalken ≙ 200 µm. (Aus [9])

Reendothelialisierung von prozessierten Perikard-Patchs

Nach 72 h statischer Besiedelung der dezellularisierten Perikard-Patchs ließ sich eine zarte superfizielle Zellschicht der Proben DEZ, RPi und PPi in der HE-Färbung erkennen (Abb. 5, A1-C1). Durch Rasterelektronenmikroskopie konnte ebenfalls die Ausbildung eines Monolayers und die beginnende Zelladhäsion beobachtet werden (Abb. 5, A2-C2). Proben, die mit GA behandelt wurden, zeigten nach 72 h keinerlei Anzeichen von Zellwachstum oder -adhäsion auf (Abb. 6).

Abb. 5
figure 5

Histologische Evaluierung der dezellularisierten Patchs. Nach 72 h statischer Besiedelung zeigte sich eine zarte superfizielle Zellschicht in der HE-Färbung (Pfeile deuten auf konfluente Zellschicht, A1–C1). Beginn der Zellbesiedelung und -adhäsion in der REM-Analyse (A2–C2). Maßstabsbalken HE ≙ 100 µm, REM ≙ 20 µm. (Aus [9])

Abb. 6
figure 6

Histologische Evaluierung der Gruppen GA und DEZ-GA. Nach 72 h statischer Besiedelung mit Endothelzellen konnte keine Zellsicht oder Zelladhäsion der GA-behandelten Patchs beobachtet werden. Maßstabsbalken HE ≙ 100 µm, REM ≙ 20 µm. (Aus [9])

Fazit für die Praxis

  • Die Dezellularisierung konnte durch ein neu etabliertes Sterilisationsverfahren ergänzt werden und zeigt vielversprechende Ergebnisse für die Entwicklung von Biomaterialien.

  • Pferde-Perikard-Patchs stellen eine gute Alternative zum Rinderperikard dar.

  • Bei der Arbeit mit tierischem Gewebe sollte eine Vorauswahl zur Selektion homogenen Gewebes nach standardisiertem Vorgehen erfolgen, mit Etablierung eines entsprechenden Qualitätsmanagements.

  • Dezellularisierte Perikard-Patchs erwiesen sich als biokompatibles Biomaterial.

  • Flusskonditionierung von Endothelzellen bietet die Möglichkeit der physiologischen Kultivierung und Rebesiedelung von Patchs.