Einleitung

Die COVID(„corona virus disease“)-19-Pandemie stellt die Gesundheitssysteme weltweit weiterhin vor große Herausforderungen. Das SARS-CoV‑2, welches aufgrund seiner genetischen Beschaffenheit eine zoonotische Herkunft vermuten lässt, hat sich seit dem ersten dokumentierten Fall im Jahr 2019 in Wuhan innerhalb einiger Monate zu einer Pandemie entwickelt [1]. Heute ist die COVID-19-Pandemie eine der umfangreichsten Krisen des 21. Jh. Im Falle einer Infektion mit dem SARS-CoV‑2 kommt es bei ca. 5 % der Fälle zu einem schweren klinischen Verlauf mit intensivmedizinischem Behandlungsbedarf [2]. Hierbei entwickeln die Patienten neben Symptomen wie Fieber, trockenem Husten, Myalgien, allgemeiner Erschöpfung und Diarrhö bei einem besonders schweren Krankheitsverlauf häufig das klinische Bild eines ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) [2, 3]. Die Lungen der Patienten weisen in diesen Fällen u. a. pulmonale Infiltrate, Atelektasen, Pleuraergüsse, Belüftungsstörungen bis hin zu fibrotischen Gewebeveränderungen auf [4]. Zum jetzigen Zeitpunkt existiert trotz vielzähliger Studien noch keine kausale Therapie gegen das Virus, welche die Morbidität und Mortalität einer COVID-19-Erkrankung signifikant vermindert [5]. Einen konservativen Therapieansatz stellen neben der Beatmungs-therapie die i.v.-Gabe von Virostatika (Remdesivir), Kortikosteroiden (Dexamethason), Antibiotika und rekonvaleszentem Blutplasma dar [2, 3]. Auch die Beatmung mit hohen, positiven endexspiratorischen Drücken (PEEP) sowie eine frühe Bauchlagerung scheinen einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf zu haben [6]. Kommt es bei Patienten trotz konservativer Therapieeskalation zu einem respiratorischen Versagen (ARDS), stellt die Implantation einer vv-ECMO eine Ultima Ratio der Therapie dar. Mithilfe einer vv-ECMO kann die nötige Zeit gewonnen werden, einen Heilungsprozess der Lungen und somit ein Überleben der Patienten zu ermöglichen.

Methodik

Forschungsdesign

Im Zeitraum zwischen März 2020 und Dezember 2021 wurden alle Patienten, welche im Universitätsklinikum Düsseldorf mit einer venovenösen ECMO-Therapie bei COVID-19-assoziertem ARDS behandelt wurden (n = 90), klinisch erfasst. Behandlungsrelevante Daten hinsichtlich demografischer und gesundheitsspezifischer Faktoren wurden erhoben und anschließend retrospektiv ausgewertet. Sechs Monate nach dem Klinikaufenthalt erfolgten eine erneute Kontaktaufnahme zu den Patienten und eine weitere Ergänzung der Patientendaten hinsichtlich ihres Gesundheitsstatus. Bezüglich der retrospektiven Auswertung wurden die Patienten in 2 Gruppen eingeteilt (Tab. 1). Es wurde zwischen den Patienten mit letalem Therapieausgang (L-Gruppe, n = 62) und überlebenden Patienten (Ü-Gruppe, n = 34) unterschieden. Anschließend erfolgte ein Vergleich beider Gruppen hinsichtlich gesundheitsspezifischer Faktoren (Alter, Geschlecht, COPD-Erkrankung, arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Adipositas, Komplikationen während der Therapie) mit der Frage nach einem positiven oder negativen Einfluss auf das Therapieergebnis.

Tab. 1 Demografische und gesundheitsspezifische Faktoren

Bei der vv-ECMO-Implantation war die verwendete Art der Kanülierung überwiegend femorojugulär (Entnahmekanüle in der V. femoralis und Rückgabekanüle in der V. jugularis interna, (n = 60)) oder femorofemoral (Entnahmekanüle in die V. femoralis und Rückgabekanüle in die kontralaterale V. femoralis (n = 20)). In den weiteren (n = 16) Fällen wurde anstelle einer reinen vv.-ECMO bei der Anlage zusätzlich eine arterielle Kanüle implantiert (va-ECMO, vav-ECMO, vva-EMCO).

Statistik

Die Auswertung der Daten erfolgte mittels SPSS-Statistics 28 (IBM Corporation, Armonk, NY, USA). Die kategorialen Variablen wurden als absolute Anzahl und als Prozent der Gesamtheit erfasst. Die Ergebnisse kontinuierlicher Variablen wurden als Mittelwerte mit ihrer Standardabweichung dargestellt. Aufgrund von kleinen und ungleichen Gruppengrößen wurde keine Gauß-Normalverteilung für die Gruppen angenommen. Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden mittels nichtparametrischem zweiseitigem Mann-Whitney-U-Tests resp. Exakten Tests nach Fisher verglichen. Eine statistische Signifikanz wurde für p < 0,05 angenommen.

Ergebnisse

Tab. 1 zeigt den Vergleich der überlebenden mit den verstorbenen Patienten bezüglich gesundheitsspezifischer und demografischer Faktoren. Die Mortalität für die gesamte Patientenkohorte betrug 65 %. Insgesamt überlebten n = 34 (35 %) der Patienten den Krankenhausaufenthalt (Ü-Gruppe). In n = 62 (65 %) ergab sich ein letaler Therapieausgang (L-Gruppe). Es ergab sich für die Ü‑Gruppe ein durchschnittliches Alter von 47,85 ± 12,9 Jahren und für die L‑Gruppe von 56,71 ± 9,5 Jahren (p = 0,02). Bezüglich des BMI der Patienten zeigte sich kein signifikanter Unterschied. In der Ü‑Gruppe zeigte sich ein durchschnittlicher BMI von 30,88 ± 6,20 und in der L‑Gruppe von 29,89 ± 4,59 (p = 0,79). Ein Unterschied fiel hinsichtlich eines Nikotinabusus in der Anamnese auf. N = 42 (67,7 %) der verstorbenen Patienten (L-Gruppe) berichteten einen Nikotinabusus in der Vorgeschichte. In der Gruppe der überlebenden Patienten (Ü-Gruppe) waren es n = 14 (41,2 % (p = 0,017)). Für alle weiteren untersuchten Vorerkrankungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (Tab. 1).

Unter den insgesamt n = 96 Patienten, welche mit einer vv-ECMO bei COVID-assoziiertem ARDS behandelt wurden, befanden sich n = 72 (75 %) männliche und n = 24 (25 %) weibliche Patienten. Von den männlichen Patienten verstarben n = 51 (82,3 %), von den weiblichen n = 11 (17,7 %, (p = 0,047)). Es ergibt sich somit eine Mortalität der männlichen Patienten von 70,8 % und der weiblichen Patientinnen von 45,8 % (Tab. 2).

Tab. 2 Mortalität in Bezug auf das Geschlecht

Unter allen (n = 96) beobachteten Fällen konnte bis dato noch keine Infektion mit der kürzlich neu aufgetretenen „Omicron-Variante“ des SARS-CoV-2-Virus nachgewiesen werden. Bei insgesamt n = 3 (3,13 %) der Patienten lag eine einmalige Impfung mit einem der von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) (European Medicines Agency) zugelassenen Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus vor. Die restlichen n = 93 (96,87 %) Patienten waren nicht gegen COVID-19 geimpft.

In n = 72 (75 %) der Fälle traten Komplikationen während der ECMO-Therapie auf (Tab. 3). Die am häufigsten beobachteten waren Sepsis (42,7 %), Nierenversagen (48,95 %) und die Entwicklung eines Pneumothorax (29,17 %). Letztendlich waren die häufigsten Gründe für das Versterben der Patienten mit n = 31 (50,0 %) eine globale respiratorische Insuffizienz sowie mit n = 12 (19,4 %) infauste neurologische Insulte, gefolgt von Multiorganversagen (n = 8, 12,9 %) und Sepsis (n = 7, 11,3 %).

Tab. 3 Komplikationen während der ECMO-Therapie

Diskussion

Mit dem Beginn der COVID-19-Pandemie hat sich das alltägliche Leben ebenso wie der klinische Alltag schlagartig verändert. Die venovenöse ECMO-Therapie nimmt zwar in der Behandlung des therapieresistenten ARDS eine zentrale Rolle ein, geht jedoch in Verbindung einer fortgeschrittenen SARS-CoV-2-Infektion weiterhin mit einer hohen Mortalität einher. Die Gründe hierfür sind vielseitig. Unter anderem könnten ein durchschnittlich höheres Patientenalter sowie das Zeitintervall zwischen Intubation und vv-ECMO-Implantation eine Rolle spielen [3, 7, 15]. Wie sich auch bei unseren Patienten zeigte, wird der Krankheitsverlauf häufig durch das Auftreten von schwerwiegenden Komplikationen wie Blutungen, Gefäßembolisationen, Infektionen und/oder Organversagen noch erschwert [8, 15]. Die beobachtete hohe Mortalität von etwa 70 % spiegelt sich auch in den Daten einer aktuellen Analyse deutscher ECMO-Patienten wider und ist im Vergleich zur Mortalität von Patienten, welche mit einer vv-ECMO ohne das Vorliegen einer COVID-19-Erkrankung behandelt wurden, deutlich erhöht [9, 10].

Männer scheinen im Falle einer COVID-19-Erkrankung häufiger einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln als Frauen, und ein fortgeschrittenes Alter sowie das Vorhandensein von Vorerkrankungen zeigen einen negativen Einfluss auf die Schwere und die Mortalität der Erkrankung [12]. Auch in unserem Patientenkollektiv konnten wir erwartungsgemäß bessere Ergebnisse bei jüngeren Patienten beobachten, und auch bei Frauen zeigte sich ein vermehrtes Überleben. Der Body-Mass-Index (BMI) unserer Patienten liegt mit einem durchschnittlichen BMI von ca. 30 kg/m2 über dem durchschnittlichen BMI der deutschen Bevölkerung von ca. 26 kg/m2 [13]. Wie sich also auch in unserem Patientenkollektiv vermuten lässt, scheinen Menschen mit einem höheren BMI ein erhöhtes Risiko für einen potenziell schwereren Krankheitsverlauf im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion haben [14]. Hinsichtlich der Mortalität zeigte sich bei Vorhandensein eines Nikotinkonsums in der Vorgeschichte ebenfalls eine negative Tendenz. Auch 2 Jahre nach Beginn der Pandemie sind bei Weitem noch nicht alle pathophysiologischen Vorgänge bei einer COVID-19-Erkrankung bekannt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch erhöht ein regelmäßiger Zigarettenkonsum das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs [16].

In Bezug auf die meisten Begleiterkrankungen konnte wiederum kein negativer Einfluss auf das Therapieergebnis nachgewiesen werden. Abschließend bleibt die vv-ECMO-Implantation im Falle eines COVID-19-assoziiertem ARDS als Ultima Ratio zu betrachten, und die Indikationsstellung sollte hinsichtlich Patientenwohl, möglichem Therapie-Outcome sowie den zur Verfügung stehenden Ressourcen besonders gründlich evaluiert sein [11]. Unsere Erkenntnisse könnten helfen, zukünftige Risikopatienten zu identifizieren und somit die Therapie von COVID-19-Patienten hinsichtlich der Indikationsstellung einer vv-ECMO zu optimieren.

Fazit für die Praxis

  • Die ECMO-Therapie des schweren ARDS im Zusammenhang mit COVID-19 geht mit einer hohen Mortalität einher.

  • Für ausgewählte Patienten kann die venovenöse ECMO-Therapie eine Behandlungsmöglichkeit darstellen.

  • Demografische und gesundheitsspezifische Faktoren können den Therapieausgang beeinflussen.

  • Hinsichtlich der hohen Komplikationsrate sollte die Indikationsstellung für eine ECMO-Therapie bei COVID-19-Pneumonie gründlich evaluiert sein.