Akute myokardiale Revaskularisationen sind eine Herausforderung. In Anbetracht der dürftigen Studienlage zu diesem Thema [1] spielen Faktoren wie die Aufrechterhaltung einer dauerhaften Operationsbereitschaft eine wichtige Rolle und unterliegen somit den lokalen Gegebenheiten des versorgenden herzchirurgischen Zentrums. Die wichtige Entscheidung zu treffen, wann ein Patient akut operiert wird, und wann es Sinn macht, mit einer Operation zu warten, wird uns nur dann abgenommen, wenn sich der gesundheitliche Zustand des Patienten so schnell verschlechtert, dass nur noch eine Notoperation in Betracht kommt. Anderenfalls ist unsere Entscheidung, wann und wen wir operieren, und wie wir die Revaskularisation durchführen, auch den Erfahrungen unserer alltäglichen klinischen Erfahrung geschuldet.

Mechanische Komplikationen des akuten Myokardinfarktes

Insbesondere mechanische Komplikationen eines Herzinfarktes, wie z. B. eine Ruptur des Ventrikels, ein infarktbedingter Septumdefekt oder eine ischämische Papillarmuskelruptur der Mitralklappe, bedingen aufgrund der hämodynamischen Instabilität zumeist eine sofortige operative Versorgung. Insbesondere der seltene (ca. 0,2 % aller Myokardinfarkte), aber mit einer hohen Mortalität verbundene ischämische Septumdefekt muss prompt operativ versorgt werden [2]. Diese Patienten werden bei uns zur hämodynamischen Entlastung und zur Aufrechterhaltung der Endorganperfusion postoperativ standardmäßig an die extrakorporale Unterstützung genommen. Da in der frischen Ischämie das Gewebe sehr brüchig ist, kann bei hämodynamischer Stabilität des Patienten versucht werden, mit der Operation zu warten. Unserer Erfahrung nach ist dies zumeist jedoch nicht möglich, da sich die Patienten meist im kardiogenen Schock präsentieren und ein Zuwarten somit nicht opportun ist. Ebenso stellt die ischämische Mitralklappeninsuffizienz in Zeiten der ubiquitären Verfügbarkeit frühzeitiger Revaskularisierungstherapien eine seltene Komplikation des Myokardinfarktes dar. Auch hier kann, wenn möglich, mit der Operation gewartet werden, falls die hämodynamische Situation es erlaubt. Wir bevorzugen in diesem Falle den operativen Mitralklappenersatz gegenüber der Rekonstruktion, da die nekrotischen Areale des ischämischen Papillarmuskels keinen zuverlässigen Klappenerhalt gestatten [3].

Instabile Angina Pektoris

Neben den akuten mechanischen Kompilationen des Myokardinfarktes hat die Mehrzahl der Patienten für eine chirurgische Akutversorgung eine instabile Angina pectoris, einen NSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt) oder in seltenen Fällen einen STEMI (ST-Hebungsinfarkt). Patienten mit einer Indikation zur operativen Revaskularisation mit instabiler Angina pectoris werden bei uns dringlich operiert. Patienten mit Angina im Ruhezustand auf der Station sollten noch am selben Tag operiert werden. In Ausnahmefällen kann eine Therapie mittels Nitraten erfolgen, um eine Schmerzfreiheit zu gewährleisten, bis die Operation stattfinden kann. Die Art und Weise der Revaskularisation ist vom Operateur abhängig, wobei darauf geachtet werden sollte, dass Patienten, die von einer total arteriellen Revaskularisation profitieren würden, diese auch bevorzugt erhalten. Auf jeden Fall sollte die Versorgung der Vorderwand mittels der in situ belassenen linken A. thoracica interna erfolgen. Nur in Ausnahmefällen (z. B. hämodynamische Verschlechterung während der Narkoseeinleitung) kann eine rein venöse Revaskularisation die Therapie der ersten Wahl sein.

NSTEMI

Im Falle von NSTEMI-Patienten wird die Entscheidung über die weitere Versorgung im Heart-Team nach der initialen Diagnostik getroffen. Bei Hauptstammstenosen, Hauptstammäquivalenten oder Dreigefäßerkrankung sollte die Entscheidung eher in Richtung einer operativen Versorgung gehen, insbesondere, da die aktuelle Datenlage auf eine bessere Prognose nach Operation hindeutet. Wenn die Entscheidung zur operativen Versorgung des Patienten gefallen ist, stellt sich die Frage nach dem zeitlichen Ablauf. Hier beziehen wir uns primär auf die Dynamik der Entwicklung der Kreatinkinase (CK-MB). Bei steigenden Enzymen erfolgt eine sofortige Revaskularisation. Falls stabile oder fallende Herzenzymwerte vorliegen, sollte die Versorgung bei einem frischen NSTEMI innerhalb der nächsten 12 h im Rahmen einer dringlichen Operation durchgeführt werden. Nur im Falle von bereits seit Längerem abgelaufenen NSTEMI oder aufgrund von Nebenerkrankungen kann die Operation verschoben werden. Neu aufgetretene AV-Blockaden oder ventrikuläre Rhythmusstörungen sollten ebenso eine zeitnahe Operation bedingen, um einer möglichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten vorzugreifen.

Die Entscheidung über die Art der Revaskularisation bleibt dem behandelnden Chirurgen überlassen. Ziele sollten eine optimale Versorgung und langfristige Lösung für die KHK sein. Somit kann bei stabilen Patienten ohne Katecholaminpflichtigkeit auch eine total arterielle Revaskularisation durchgeführt werden. Dies ist v. a. in Anbetracht der Tatsache wichtig, dass v. a. jüngere Patienten (unter 50 Jahre) in mehr als der Hälfte der Fälle als akute Notfälle in die Klinik kommen und operiert werden und gerade bei ihnen die Haltbarkeit der Revaskularisation die größte Rolle spielt [4]. Der überwiegende Teil der NSTEMI-Versorgung besteht jedoch aus einer kombiniert arteriellen (A. thoracica interna) und venösen Bypass-Versorgung. Nur in Fällen von hoher Katecholaminpflichtigkeit, schwerwiegenden Nebenerkrankungen oder begrenzter Lebenserwartung ist die rein venöse Versorgung die Therapie der ersten Wahl.

Im Falle eines STEMI bieten wir eine ständige Bereitschaft zur Akutversorgung an. Falls ein Patient einer PTCA/Stent-Implantation nicht zugänglich ist, sollte eine sofortige operative Versorgung veranlasst werden. Eine „Rescue-PTCA“ zur Wiederherstellung des lokalen Blutflusses kann manchmal notwendig sein, um einen Patienten kurzfristig zu stabilisieren. Die Versorgung von STEMI-Patienten findet unverzüglich statt. Auch wenn die aktuellen Leitlinien eine Wartezeit von 3 bis 7 Tagen empfehlen, falls ein STEMI-Patient schmerzfrei und hämodynamisch nicht kompromittiert ist [1], hat sich im klinischen Alltag gezeigt, dass dies nur in den allerwenigsten Fällen der Fall ist.

STEMI

Im Falle eines STEMI kann die rein venöse Versorgung bei der zumeist vorliegenden hämodynamischen Instabilität durchaus die Therapie der Wahl sein. Patienten im hämodynamischen Schock sollten eine perioperative extrakorporale Unterstützung erhalten. Im Ausnahmefall bleibt auch die Option, nach der primären ECMO-Implantation eine ECMO-unterstützte „Beating-heart“-Revaskularisation unter Vermeidung von Kardioplegiegabe durchzuführen. Die linksventrikuläre Funktion sollte in diesem Falle möglichst pulsatil bleiben und eine Volumenbelastung des linken Ventrikels vermieden werden. Falls nötig, können ein linksventrikuläres „venting“ oder die Implantation einer Unterstützungspumpe (z. B. Impella) erwogen werden.

Ebenso sollte bei gefäßbedingten Komplikationen im Rahmen der Intervention, z. B. Dissektionen oder Perforation der Koronarien, eine sofortige Operation veranlasst werden.

Zusammenfassend zeigt sich im Bereich der akuten Myokardrevaskularisation ein deutliches Defizit bezüglich der Studienlage [5]. Dies äußert sich nicht nur im Bereich sparsamer Leitlinien bezüglich dieser doch wichtigen herzchirurgischen Grundversorgung, sondern führt auch zu deutlich unterschiedlicher alltäglicher Handhabung in den einzelnen herzchirurgischen Zentren.