Liebe Leserinnen und Leser,

auch in dieser Ausgabe der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie finden Sie zwei Beiträge aus der Rubrik „Im Brennpunkt“. Hier werden von erfahrenen Kollegen aktuelle Studien, die sie gelesen und für wichtig erachtet haben, zusammengefasst und Ihnen mundgerecht serviert. Ein toller Service für Sie und eine wertvolle Leistung der Autoren, die offensichtlich nicht nur Studien lesen, sondern diese auch gedanklich verarbeiten und Ihnen das Kondensat zur Verfügung stellen. Wie gut das gelingen kann, zeigen exemplarisch die beiden aktuellen Beiträge aus dieser Rubrik:

Herr Tugtekin fasst sehr präzise einen aufwendigen Übersichtsartikel aus dem JACC [1] über die Erkenntnisse und insbesondere die Diskussion zur Behandlung der infektiösen Endokarditis zusammen [2]. Dabei zitiert der Autor nicht einfach Leitlinienempfehlungen, sondern umschreibt die Problematik der Entscheidungsfindung z. B. des geeigneten Operationszeitpunktes – ein bei Weitem noch nicht geklärter Punkt. Denn schaut man in die Leitlinienempfehlung – die im Originalpaper zitiert werden – hinein, sind alle Empfehlungen zu diesem Punkt „level of evidence“ B oder sogar C – wissenschaftlich also eher schwach belegt. Dadurch ist berechtigter Platz für Diskussionen, die auch notwendig sind, da die Entscheidungsfindung zu einem großen Teil auf Expertenmeinung, und nicht auf RCT, basiert. Diese Diskussion wird durch den Beitrag von Herrn Tugtekin zum Leser der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie transportiert. Es bleibt dem geneigten Leser selber überlassen, ob er sich in das Thema vertieft und den diskutierten Artikel selber aufruft oder das Kondensat memoriert. Aber zumindest findet die Auseinandersetzung mit dieser Problematik statt, und dafür danken wir dem Autor.

Einen anderen Ansatz verfolgt Herr Deschka in seinem Beitrag [3] zu einer monozentrischen Studie zur operativen Frührevaskularisation nach Herzstillstand bei Myokardinfarkt [4]. Während für die Notfall-PTCA ein Überlebensvorteil in mehreren Studien belegt ist, steht die notfallmäßige koronare Bypass-Chirurgie in einem umstrittenen Ruf. Dies liegt insbesondere an der schlechten Datenlage – offensichtlich haben hier die Kardiologen ihre Hausaufgaben besser gemacht als wir Herzchirurgen. Denn das Ergebnis dieser retrospektiven Studie ist erstaunlich: Die Sterblichkeitsrate ist vergleichbar zur PTCA, Reanimationsdauer und -ort haben keinen Einfluss aufs Outcome, und auch die Rate an schweren neurologischen Schäden ist vergleichbar zur PTCA. Herr Deschka kommt in seinem Kommentar zum Ergebnis, dass „… die vorliegende Studie belastbare Argumente für eine schnellstmögliche operative Versorgung von Patienten mit akutem Herzinfarkt und stattgehabter Reanimation, falls eine PTCA nicht möglich ist, [liefert]“. Auch wenn weitere Studien dieses Ergebnis bestätigen müssen, haben Sie nun gute Argumente für eine frühzeitige Operation, wenn im Heart-Team eine Entscheidung getroffen werden muss – wohl dem, der den Beitrag gelesen hat!

Eine Bitte habe ich an Sie, geschätzte Leserinnen und Leser: Wenn Sie eine Studie für wichtig erachten und denken, der Inhalt sollte allen Kollegen bekannt sein, dann fassen auch Sie die Ergebnisse mundgerecht für die Rubrik „Im Brennpunkt“ zusammen – am Ende wird es Ihnen der Patient danken!

Mit besten Grüßen,

Ihr

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Prof. Dr. Klaus Kallenbach