Die Insuffizienz der Aortenklappe (AI) ist oft mit einer Erweiterung der Aorta assoziiert. Im Gegensatz zur weitaus häufigeren Aortenklappen(AK-)Stenose tritt sie vermehrt auch bei Patienten im jungen Erwachsenenalter auf. Der Goldstandard in der chirurgischen Behandlung bestand bis vor wenigen Jahren im prothetischen und damit zumeist mechanischen Ersatz der AK sowie, bei Bedarf, der aneurysmatischen Aortenanteile mithilfe eines Dacron-Grafts. Die Techniken der AK-Rekonstruktion durchliefen in den letzten Dekaden eine Evolution mit zuletzt immer besseren Ergebnissen. Diese fanden mittlerweile Eingang in die aktuellen Therapieempfehlungen.

Epidemiologie und Indikationsstellung

Die Häufigkeit einer behandlungsbedürftigen AI bei Patienten im Erwachsenenalter liegt deutlich unter jenen von Aortenstenose und Mitralinsuffizienz. Männer sind öfter betroffen als Frauen [4, 15].

Es werden pathologische Veränderungen der Klappensegel und der Aortenwurzel sowie gemischte Formen unterschieden. Segelveränderungen können durch die kalzifizierende Degeneration im Alter, bi- oder unikuspide Klappenformen, infektiöse Endokarditis oder auch durch rheumatisches Fieber bedingt sein. Mögliche aortale Ursachen der AI inkludieren die idiopathische anuloaortale Ektasie, diverse Bindegewebserkrankungen wie z. B. das Marfan-Syndrom, akute Typ-A-Dissektionen der Aorta und infektiöse Erkrankungen wie z. B. die Syphilis.

Das Gros der Patienten ist zwischen 30 und 60 Jahre alt und weist meistens eine aortale Beteiligung, nicht selten kombiniert mit Segelanomalien, wie z. B. eine bikuspide Aortenklappe (BAK), auf [15]. Überwiegend werden diese Patienten über viele Jahre von ihren Kardiologen begleitet, da auch höhergradige Insuffizienzen oft lange asymptomatisch bleiben.

Es stellt sich also die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für eine Operation. Da die AI sehr häufig mit einem Aneurysma der Aorta vergesellschaftet ist, können sowohl die Schwere der Klappendysfunktion als auch der aortale Durchmesser unabhängig voneinander der entscheidende Faktor für die Indikationsstellung sein.

Die im Jahr 2017 aktualisierten Leitlinien European Society of Cardiology (ESC)/European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) für valvuläre und aortale Erkrankungen ([13]; Tab. 1) bieten klare Entscheidungshilfen. Die wichtigste Operationsindikation bei einer hochgradigen AI ist das Vorhandensein von Symptomen, eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) < 50 % oder eine enddiastolische Ventrikeldilatation von mindestens 50 mm. Eine Aortendilatation >55 mm stellt ebenso immer eine Indikation zur Operation dar. Bei Vorliegen einer BAK mit Risikofaktoren wie Hypertonie oder nachgewiesenem Marfan-Syndrom beträgt der Grenzwert 50 mm. Im Fall des vorliegenden Marfan-Syndroms plus Risikofaktoren wird bereits ab einer Aortendilatation von 45 mm eine Operation empfohlen.

Tab. 1 Operationsindikationen bei Aortenklappeninsuffizienz. (adaptiert aus ESC/EACTS Guidelines for management of valvular heart disease 2017 [13])

Diagnostik

Zur Diagnosesicherung, Indikationsstellung und nicht zuletzt zur detaillierten Operationsplanung sind neben einer ausführlichen (Familien‑)Anamnese die Durchführung einer Echokardiographie und einer EKG-getriggerten CT-Angiographie der thorakalen Aorta unverzichtbar.

Einer orientierenden transthorakalen Echokardiographie (TTE) soll eine transösophageale Echokardiographie (TEE) folgen. Bei bestehender Operationsindikation können daraus die entscheidenden Faktoren zur Beurteilung der Rekonstruktionswahrscheinlichkeit erhoben werden:

Aortenklappenkonfiguration und -kuspidität

Es existieren unterschiedliche Klassifikationen zur Einteilung der Kuspidität. Stellvertretend wird die Klassifikation nach Sievers und Schmidtke [24] angeführt, die nach Meinung der Autoren des vorliegenden Beitrags für die operative Planung am besten geeignet ist (Abb. 1). Sie richtet sich nach der Anzahl der Kommissuren (entspricht jenem Punkt, an dem die freien Ränder von 2 Segeln direkt an der Aorta zusammenlaufen) bzw. der Raphen. Eine Raphe ist eine Fusion – oder entwicklungsgeschichtlich korrekt ausgedrückt – die unterbliebene Separation von 2 Segeln. Sie verbindet also jenen Punkt, an dem 2 Segel zusammenkommen, mit der Aortenwand. Die sonographische Differenzierung kann mitunter schwierig sein. Hilfreich ist eine Farbdopplersonographie in der kurzen Achse. Reicht die Farbe während der Systole nicht bis zur Aortenwand, kann von einer Raphe ausgegangen werden.

Rekonstruierbarkeit einer BAK hängt von Segelqualität und Winkel zwischen den beiden Kommissuren ab

Ein weiteres, für das chirurgische Vorgehen relevantes Merkmal einer Raphe ist deren geringere Höhe im Sinus Valsalva im Vergleich zu der bzw. den Kommissuren. Bei Vorliegen einer Raphe spricht man von einer bikuspiden Aortenklappe (BAK) und bei Vorliegen zweier Raphen von einer unikuspiden Aortenklappe (UAK). Die Rekonstruierbarkeit einer BAK ist generell nicht schlechter als bei trikuspiden Klappen (TAK), aber abhängig von der Segelqualität und dem Winkel zwischen den beiden Kommissuren. Je mehr Letzterer sich den 180° einer Klappe des Sievers-Typs 0 annähert, desto leichter fällt eine Rekonstruktion. Der Sievers-Typ 0 (2 Kommissuren, keine Raphe) ist ein seltener Sonderfall und stellt die stabilste Form nativer BAK dar, die meist bis ins hohe Alter funktionell intakt bleiben (Abb. 1). Ziel der Rekonstruktion ist es, diese Konfiguration zu simulieren und eine symmetrische 180°-Klappe zu generieren. Bei einem Winkel <150° sollte von einer Rekonstruktion abgesehen werden.

Abb. 1
figure 1

Klappenkonfiguration nach Sievers und Schmidtke [24]. a Die Raphen sind im Schema fett dargestellt. b Darstellung der unterschiedlichen Höhen von Raphen und Kommissuren. c Aortenklappen in der kurzen Achse der transösophagealen Echokardiographie; rote Pfeile Raphen

Morphologie und Beweglichkeit der Segel

In Anlehnung an die Arbeit von Carpentier im Bereich der Mitralklappe [10] haben Boodhwani et al. [8] die Mechanismen der AI anhand der Segelqualität und -Beweglichkeit in folgende 3 Typen unterteilt:

  • Typ I: Es liegt keine pathologische Veränderung der Segel vor. Ursache der AI ist eine Erweiterung der Aortenwurzel (Anulus, Sinus Valsalva, sinutubulärer Übergang). Im Ultraschall resultiert dies in einem zentralen Insuffizienzjet.

  • Typ II beschreibt einen Prolaps. Häufig findet sich ein ausgeprägter Prolaps bei der BAK. Im Fall einer TAK ist erfahrungsgemäß meist das rechtskoronare Segel betroffen. Der Jet ist exzentrisch und weist vom prolabierenden Segel weg.

  • Typ III ist durch eine Restriktion und/oder verminderte Segelqualität charakterisiert. Ursächlich sind meist degenerative Prozesse. Vor allem bei UAK, aber auch bei BAK zeigen sich Restriktionen, die von den Raphen ausgehen und auf die Segel übergreifen können. Die Jetmorphologie kann bei Typ III variieren. Im Gegensatz zu den Typen I und II sind restriktive Klappen keine guten Rekonstruktionskandidaten.

Aorta

Größe und Morphologie der Aorta können primär echokardiographisch erfasst werden. Bei Vorliegen einer Erweiterung ist die Durchführung einer EKG-getriggerten CT-Angiographie der thorakalen Aorta indiziert. Neben der exakten Größenbestimmung können verschiedene Phänotypen beschrieben werden. Unterschieden werden ein Wurzelaneurysma, eine Erweiterung der tubulären, aufsteigenden Aorta mit nichtvergrößerter Wurzel und eine Kombination aus beiden (Abb. 2). Von einer isolierten AI spricht man, wenn alle Anteile der Aorta normal dimensioniert sind. In diesem Fall muss sich die Rekonstruktion vornehmlich auf die pathologischen Segelveränderungen konzentrieren. Hierdurch wird einerseits die Operation weniger aufwendig, andererseits stehen aber auch weniger Möglichkeiten der Intervention (z. B. Korrektur des Klappenwinkels bei BAK) zur Verfügung.

Abb. 2
figure 2

Morphologische Variationen der aszendierenden Aorta. a Schematische Darstellung, b präoperatives CT, c postoperatives CT

Für den prozeduralen Langzeiterfolg ist bei Vorliegen einer pathologisch veränderten Aorta eine dauerhafte Stabilisierung auf den Ebenen des Anulus und des Sinus Valsalva sowie auf Höhe des sinutubulären Übergangs essenziell.

Operationstechniken

Das chirurgische Standardverfahren bei AI mit Aortenwurzelaneurysma wurde bereits in den 1960er-Jahren von Bentall und De Bono [6] entwickelt und hat bis heute seine Gültigkeit. Es wird ein kombinierter Ersatz von AK und Aortenwurzel mithilfe einer Klappen- und Gefäßprothese und nachfolgender Reimplantation der Koronarostien durchgeführt. Sarsam und Yacoub [21] und David und Feidel [11] führten klappenerhaltende Techniken ein, die heute als Remodeling und Reimplantation bezeichnet werden (Abb. 3). Diese Verfahren durchliefen mehrere Modifikationen, um ihre spezifischen Nachteile zu minimieren. Zusammenfassend werden sie als „valve sparing root replacement“ (VSRR) bezeichnet.

Abb. 3
figure 3

Schematische Darstellung der „Valve-sparing-root-replacement“-Techniken. a Operation nach David und Feindel [11], b Operation nach Sarsam und Yacoub [21]

Bei beiden Operationen wird das Aortengewebe bis wenige Millimeter an den Klappenansatz reseziert. Im Fall des Remodelings wird eine je nach Kuspidität zurechtgeschnittene Dacron-Prothese End-zu-End anastomosiert. Vorteile dieser Technik sind die erhaltene Elastizität und Beweglichkeit der Neowurzel, die jener der nativen Wurzel gleichen [18]. Dadurch können der Stress am Ansatz der Klappensegel potenziell reduziert und deren Haltbarkeit verbessert werden. Von Nachteil ist, dass der Anulus nicht stabilisiert wird und im Verlauf Reinsuffizienzen resultieren können.

Um dieses Problem zu lösen, wurden verschiedene Konzepte zur Anulusstabilisierung etabliert. Zu Beginn der Entwicklung war die subkommissurale Anuloplastie, auch Cabrol-Naht [9] genannt, weit verbreitet. Hierbei kann die Koaptationshöhe der Klappensegel durch eine einfache Raffnaht im Bereich des subkommissuralen Dreiecks vergrößert werden. Da sich zeigte, dass diese Technik nicht zur dauerhaften Stabilisierung des ventrikuloaortalen Übergangs führte, wurden alternative Methoden erforscht. Derzeit am verbreitetsten sind die von Schäfers propagierte Polytetrafluorethylen(PTFE)-Naht [3] und der von Lansac konstruierte extraaortale flexible Ring [16]. In Abb. 4 werden die wichtigsten Schritte einer Remodeling-Operation dargestellt.

Abb. 4
figure 4

Remodeling bei tri- (TAK) und bikuspider Aortenklappe (BAK). a,b Zustand nach Resektion der Aorta und Vorlegen der subvalvulären Ringnähte; c,d je nach Kuspidität zurechtgeschnittene Valsalva-Grafts; e End-zu-End-Anastomose; f Bestimmung der effektiven Höhe mithilfe des „Schäfer’s caliper“; g,h zentrale Plikaturnähte; i Einknüpfen des extraaortalen Rings. (a, c, g TAK; b, d, h BAK)

Im Rahmen der Reimplantation wird der Dacron-Graft über die AK gestülpt und auf subvalvulärer Ebene mithilfe von innen nach außen gestochener filzgesicherter Nähte fixiert. Die Klappe kann nun an der Innenseite des Grafts mit fortlaufender Naht reimplantiert werden. Dadurch gelingt eine dauerhafte Stabilisierung sämtlicher relevanten Diameter. Die entstandene Neowurzel bleibt allerdings steif und bietet keine residuale Elastizität. Beide Techniken erfordern wie die Bentall-Operation eine Reanastomosierung der Koronarostien. Mittlerweile sind Grafts mit einem präformierten Sinus Valsalva gebräuchlich.

Bei rein tubulären Aneurysmen (Wurzel <40–45 mm) kann der Graft suprakommissural anastomosiert werden. Dadurch kommt es zu einer Stabilisierung des sinutubulären Übergangs. Im Fall einer BAK kann die Orientierung der Kommissuren in begrenztem Ausmaß mitkorrigiert werden.

Segelplastik und Konzept der „effektiven Höhe“

Das Segelgewebe einer nativen TAK ist dünn und weist eine hohe Flexibilität auf. An den Kommissuren können Fenestrierungen vorliegen, die bei Ruptur zu einem Prolaps führen. Wohl auch aufgrund der Beschaffenheit der Segel wurde früher deren Korrektur zurückhaltend ausgeführt. Es kamen v. a. jene Patienten für ein VSRR infrage, die keine offensichtlichen pathologisch veränderten Segel aufwiesen. Die Haltbarkeit dieser Operationsergebnisse hing allerdings von der Höhe der koaptierenden freien Ränder ab; dies ist von Pethig et al. erstmals beschrieben worden [20].

Ausgehend von dieser Beobachtung formulierten Schäfers et al. das Konzept der effektiven Höhe (eH, [22]). Dieses besagt, dass bei gesunden Individuen die Spitze der Koaptation im Mittel 9 mm über der anulären Ebene liegt [7]. Darauf aufbauend wurde eine Messlehre für Aortenklappensegel konstruiert (vulgo: Schäfer’s caliper, Abb. 5), die im operativen Setting eine wertvolle Hilfe ist, um Vorliegen und Ausmaß eines Prolapses abschätzen zu können.

Abb. 5
figure 5

Konzept der effektiven Höhe (eH), eH bestimmt mithilfe einer Messlehre. a Schema einer Aortenwurzel. Die eH bezeichnet den Abstand vom freien Rand der koaptierenden Segel zur anulären Ebene; b „Schäfer’s caliper“ (Fa. Fehling Instruments, Karlstein, Deutschland); c intraoperative Anwendung des Caliper. STJ „sinutubular junction“

Bei chirurgischer Reduktion des sinutubulären Übergangs ist die Überprüfung der eH unverzichtbar

Die chirurgische Korrektur eines Segelprolapses erfolgt zumeist mithilfe zentraler Plikaturnähte. Hier herrscht im Gegensatz zu der Region um die Kommissuren ein niedrigeres Stresslevel. Die Modifikationen können nach jeder Naht mithilfe des Caliper reevaluiert und bei Überkorrektur schadlos wieder entfernt werden. Bei chirurgischer Reduktion des sinutubulären Übergangs, wie im Fall eines Wurzelersatzes, kann es zu einem iatrogenen, symmetrischen Prolaps aller Segel kommen. Eine Überprüfung der eH ist in solchen Fällen nach Meinung der Autoren unverzichtbar. In einer Subanalyse der Serie von Lansac et al. konnte nach Implementierung einer systematischen intraoperativen Evaluierung und ggf. Optimierung der eH die Freiheit von Reoperationen von 85,8 ± 5,5 % auf 98,9 ± 1,1 % gesteigert werden [17].

Langzeitergebnisse sind auch in hohem Maß von der primären Gewebequalität der Segel abhängig. Bei ausgeprägten Veränderungen, wie Verdickungen und Sklerosen, ist von einem klappenerhaltenden Vorgehen abzuraten. Lokale Läsionen der Segel oder Raphen lassen sich vorsichtig durch scharfe Präparation abtragen, um dadurch eine homogene Koaptationszone zu gewährleisten. Im Fall von Restriktionen, nach Resektion oder bei begrenzten Defekten nach Endokarditis kann eine Patch-Plastik sinnvoll sein. Die Frage nach dem optimalen Material bleibt mangels eindeutiger Daten unbeantwortet. Die Möglichkeiten reichen von autologem glutaraldehydbehandeltem Perikard, über dezellularisiertes bovines, porcines oder equines Perikard bis zu artifiziellen Stoffen wie GoreTex®-Membranen. Die Verwendung eines Patch stellt allerdings per se einen Risikofaktor für das Auftreten von Reinsuffizienzen und Reoperationen dar und sollte daher weitgehend vermieden werden [23].

Ergebnisse

In den aktuellen ESC/EACTS-Leitlinien zum Management valvulärer Herzerkrankungen [13] wird aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre und der vorhandenen Daten unter bestimmten Voraussetzungen das VSRR als Alternative zum Klappenersatz empfohlen. Im Folgenden werden die darin zitierten Arbeiten in übersichtlicher Form erläutert:

Arabkhani et al. [5] veröffentlichten 2015 eine VSRR-Metaanalyse unter Einbeziehung aller relevanten Publikationen der letzten 15 Jahre. Es wurden 31 Originalarbeiten mit insgesamt 4777 Patienten inkludiert. Bei 14 % der Patienten lag eine BAK vor. Es wurden 99 % aller Patienten mithilfe einer Reimplantation oder eines Remodeling (72 % vs. 27 %) behandelt. Zwischen beiden Techniken gab es keine signifikanten Unterschiede bezüglich Mortalität und Reoperationsraten. Interventionen an den Segeln („cusp repair“) erfolgten in 33 % der Eingriffe. Die operationsbezogene Mortalität betrug 2 %, im gesamten Follow-up 8 %. In lediglich 5 % der Fälle kam es zu einer Reoperation.

Die größte Einzelserie publizierten Aicher et al. 2010 [1]. Von den insgesamt 640 Patienten wiesen 205 eine BAK und 411 eine TAK auf. Die In-hospital-Mortalität war mit 3,4 % etwas höher als von Arabkhani et al. beschrieben. Anzumerken ist, dass in diese Serie u. a. auch 64 Patienten mit akuter Typ-A-Dissektion der Aorta inkludiert wurden. Nach 10 Jahren war bei 81 % der Patienten mit BAK und bei 93 % jener mit TAK keine Reoperation erforderlich geworden.

Im Jahr 2016 veröffentlichten Lansac et al. die Ergebnisse [17] von 232 konsekutiven Patienten aus dem multizentrischen Aorticvalve Repair International Registry (AVIATOR; [14]). Der 37,9 %ige Anteil der Patienten mit BAK war vergleichsweise hoch. In 149 Fällen wurde eine aneurysmatische Wurzel mithilfe des Remodelings und in 21 Fällen ein tubuläres Aneurysma mit suprakommissuralen Grafts behandelt. Bei 62 Patienten lag eine isolierte AI vor. Zusätzliche Interventionen an den Klappensegeln („cusp repair“) erhielten 75,4 % der Patienten. Die perioperative Dreißigtagemortalität war mit 1,4 % niedrig, die Überlebensrate nach 7 Jahren betrug 89,9 %. 90,5 % im Fall von Remodeling, 100 % bei tubulären Aneurysmen und 97,5 % bei den isolierten AI-Patienten waren nach 7 Jahren frei von Reoperationen. Diese Ergebnisse waren unabhängig von der Kuspidität der Klappen.

Die operativen Ergebnisse in der Behandlung speziell von BAK beleuchteten Vohra et al. [25] in einem systematischen Review. Es wurden 30 Arbeiten mit insgesamt 163 Fällen analysiert. Die berichtete Mortalität bewegte sich in einer Range von 0,0 % bis 5,2 %. Das Fünfjahresüberleben betrug zwischen 82 % und 100 %. Die Reoperationsraten nach 5 Jahren zeigten eine breite Verteilung zwischen 0 % und beachtlichen 57 %.

Diskussion

Ähnlich wie im Fall der Mitralklappe in den 1980er-Jahren durchläuft die Herzchirurgie derzeit einen Paradigmenwechsel. Dank zunehmender Standardisierung der Operationstechniken und der Entwicklung von wegweisendem Instrumentarium sind klappenerhaltende Prozeduren in Aortenposition für eine immer größere Anzahl an Operateuren eine sinnvolle Alternative in ihrem chirurgischen Armamentarium.

Die alles entscheidende Frage lautet aber immer: Profitieren Patienten tatsächlich von diesen größeren Eingriffen? Die zu vermutende höhere initiale Mortalität im Vergleich zur Bentall-Operation findet sich in der rezenten Literatur nicht. Die Haltbarkeit der Ergebnisse und damit die Reoperationsraten scheinen – zumindest in den Händen von Spezialisten – sehr zufriedenstellend zu sein. Die möglichen Vorteile des VSRR können jedenfalls erheblich sein und reichen von einer Minimierung von Blutungen (beachte: keine Notwendigkeit einer oralen Antikoagulation) bzw. thrombembolischen Ereignissen über eine Reduktion der Anfälligkeit für Endokarditiden bis zur Verbesserung der Lebensqualität [1, 2]. Dass all diese Faktoren nach Bentall-Operationen – bis dato Goldstandard der Therapie – sehr relevant sind, zeigt die rezente Metaanalyse von Mookhoeck et al. [19] mit einem kumulativen Risiko an „major adverse valve related events“ (MAVRE) von 2,66 % pro Jahr – innerhalb von 10 Jahren immerhin über ein Viertel der Patienten. Die letztendliche Therapieentscheidung muss, wie auch in den Leitlinien gefordert, nach umfassender Information der Betroffenen immer individuell erfolgen.

Die möglichen Vorteile des VSRR können erheblich sein

Die deutlich niedrigeren Fallzahlen im Vergleich zur Mitralklappenrekonstruktion werden auch in Zukunft eine gewisse Spezialisierung erfordern. Die Wahl der Technik (Reimplantation vs. Remodeling ± Anuloplastie) scheint aufgrund sehr guter Ergebnisse beider Varianten nicht im Vordergrund zu stehen.

Eine Umfrage unter Herzchirurgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH-Region) anhand einer virtuellen Fallvignette (Patient mit Wurzelaneurysma, hochgradige AI bei TAK) ergab eine generell hohe Bereitschaft für VSRR [12]. Auffällig bei dieser Untersuchung war, dass diese Einstellung nicht von den Fallzahlen der einzelnen Zentren abhing. Die Option einer Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum wurde von keinem Teilnehmer gewählt. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass die in den Leitlinien geforderte „Spezialisierung“ bisher nicht näher definiert wurde.

Ein VSRR-Programm bedarf sehr enger Kooperation zwischen Herzchirurgen, echokardiographisch speziell ausgebildeten Kardiologen und Anästhesisten. Zur Überprüfung des Therapieerfolgs ist es ratsam, diese Fälle im eigenen Haus im Rahmen einer Spezialambulanz nachzuverfolgen.

Abschließend soll an dieser Stelle nochmals das internationale AVIATOR [14] genannt sein, das einen guten Ansatz darstellt, um wertvolle Daten zu generieren und Einblicke in ein „real world scenario“ zu erlangen.

Fazit für die Praxis

  • Die chirurgische Rekonstruktion der AI ist dank technischer und methodischer Weiterentwicklungen v. a. für junge Patienten zu einer guten therapeutischen Option (reproduzierbare Ergebnisse, keine Notwendigkeit einer oralen Antikoagulation) geworden.

  • Die Etablierung eines AK-Rekonstruktion-Programms bedarf der Hinzuziehung eines Teams aus speziell ausgebildeten Chirurgen, Kardiologen und Anästhesisten.

  • Initial ist die Hospitation an einem spezialisierten Zentrum oder die Betreuung durch einen bereits speziell ausgebildeten Chirurgen sinnvoll.

  • Wichtiger als die Wahl der nach derzeitigem Wissensstand gleichwertigen Operationstechniken scheinen, neben der sorgfältigen Selektion der Patienten, die strikte Berücksichtigung des Konzepts der eH und die dauerhafte Stabilisierung sämtlicher relevanter Aortendiameter zu sein.

  • Dank der derzeitigen Dynamik in der Weiterentwicklung der rekonstruktiven AK-Chirurgie ist in Zukunft mit weiteren Verbesserungen der Behandlungsergebnisse zu rechnen.