Die chirurgische Versorgung der koronaren Herzerkrankung blickt auf eine über 40-jährige klinische Erfahrung zurück. Im Laufe dieser Entwicklung hat sich eine Reihe von technischen Neuerungen ergeben. So ist mittlerweile die extrakorporale Zirkulation (EKZ) insgesamt sehr viel schonender und die ursprünglich von Favaloro beschriebene aortokoronare Venenbypassoperation wurde angesichts der Verwendung der A. mammaria, ein- oder beidseits, zunehmend verlassen.

An unserer Klinik haben wir in den vergangenen 10 Jahren eine komplett arterielle Versorgung propagiert und schließlich auch durchgeführt.

Heute werden von den elektiven Koronaroperationen mehr als die Hälfte mit der sog. T-Graft-Revaskularisation versorgt, bestehend aus linksseitiger A. mammaria und A. radialis von der nicht führenden Hand. Diese Eingriffe werden klassisch unter Verwendung der EKZ, jedoch konzeptual unter Vermeidung des Ausklemmens der aszendierenden Aorta und der Anlage einer proximalen aortalen Anastomose durchgeführt. Mit Hilfe dieser Technik kann eine mögliche Ursache für zerebrale Komplikationen – das Ausklemmen der aszendierenden Aorta – vermieden werden.

Dennoch muss die Aorta ascendens abgeklemmt werden; sie wird für die Herz-Lungen-Maschine (HLM) kanüliert, weshalb embolische Ereignisse nicht definitiv ausgeschlossen werden können. Andererseits führen wir diese Operationen bei elektiven Patienten mit einer Sterblichkeit von <1% 30 Tage p.o. aus [1].

Vor dem Hintergrund dieser Datenlage fällt es schwer, auf die HLM bei Patienten mit koronarer Dreigefäßerkrankung zu verzichten. Wenngleich der Verzicht auf die EKZ in Situationen mit vorgeschädigtem Zentralnervensystem oder hochgradig verkalkter bzw. arteriosklerotisch veränderter Aorta wünschenswert und die Anwendung der OPCAB(„off pump coronary artery bypass“)-Technik geeignet sein mag und auch bei uns für diese Situationen propagiert wird, stellen wir in der Revaskularisation der Seitenwand jedoch immer wieder Probleme bezüglich der Visualisierung einerseits sowie Sicherheit und Akribie der angelegten Anastomosen andererseits fest.

Aus den genannten Gründen nimmt die Kardiochirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover OPCAB-Eingriffe ganz überwiegend nur bei solchen Patienten vor, bei denen ein oder zwei Vorderwandgefäße, gelegentlich auch kombiniert mit dem R. interventricularis posterior, zu anastomosieren sind. Der generelle Verzicht auf venöses Material im elektiven Krankengut gemeinsam mit der außerordentlich guten Ergebnislage bei komplett arterieller Revaskularisation unter Verwendung der HLM führte in Hannover zu dem Ergebnis, dass weniger als 10% der Patienten mit der OPCAB-Technik versorgt werden, davon mehr als die Hälfte als isolierte MIDCAB(„minimally invasive direct coronary artery bypass“)-Revaskularisation der LAD („left anterior descending artery“) allein.

Keine 10% der operativen Versorgung in unserer Klinik sind OPCAB-Eingriffe

Wir sehen sehr genau, dass wir hier scheinbar nicht voll im technischen Trend der modernen koronaren Bypasschirurgie liegen. Die Ergebnisse und hier insbesondere die außerordentlich niedrige Komplikationsrate durch die EKZ in unserer Hand lässt es uns jedoch schwer werden, dieses Konzept zugunsten eines verstärkten Einsatzes von OPCAB-Eingriffen zu verlassen.