Neben der systemischen Sklerose (SSc) und Mischkollagenose (MCTD), Anti-Synthetasesyndromen und bestimmten Dermatomyositiden, der rheumatoiden Arthritis (RA) sowie der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) kommt auch das primäre Sjögren-Syndrom (SjS) als Ursache einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) infrage [1]. Während die ILD-Endstrecke der Fibrosierung für die meisten Erkrankungen ähnlich ist und für deren Beeinflussung bei progredient-fibrotischem Verlauf nur eine zugelassene Therapie, nämlich Nintedanib [2], zur Verfügung steht, hängt der gezielte Einsatz immunsuppressiver Medikamente oder immunmodulierender Basistherapien [3, 4] von der richtigen Diagnose ab.

Für die meisten der systemischen Autoimmunerkrankungen sind die diagnostischen Wege gut definiert. Zur Abklärung einer unklaren ILD gehört heute neben ANA in der indirekten Immunfluoreszenz auf HEp-2-Zellen, pANCA/Anti-MPO-Antikörpern (für die MPA) und Anti-CCP-Antikörpern (für die seropositive RA) der Myositisblot. SSc und MCTD verursachen neben meist positiven ANA die typische, schwere Raynaud-Symptomatik.

In Richtung SjS ist die Abklärung hingegen deutlich weniger gut standardisiert und vereinheitlicht [5]. Prävalenzschätzungen für das SjS zeigen eine große Bandbreite von etwa 1:1000 bis etwa 1:100 [6]. Anamnestische Angaben zur Sicca-Symptomatik sind leider unverlässlich, und eine klinisch eindeutige Schwellung von Speicheldrüsen ist eher die Ausnahme als die Regel. Dazu kommen Unsicherheiten bezüglich der Autoantikörper. Die Anti-Ro-Antikörper sind ein wesentlicher Befund für die Klassifikation des SLE [7]. Bei Weitem nicht alle SjS-Patientinnen und Patienten haben positive Anti-SS-A/Ro-Antikörper, und ein Teil der anti-SS-A/Ro-positiven Patientinnen und Patienten hat dennoch negative ANA und nur ein zytoplasmatisches Fluoreszenzsignal, das mitunter nicht berichtet wird.

Vor diesem Hintergrund kamen die Autoren auf Einladung der Firma Boehringer-Ingelheim zu einer virtuellen Diskussionsrunde zusammen und versuchten, gemeinsam einen umsetzbaren Standard einer Abklärung in Richtung SjS bei unklarer ILD zu entwickeln. Die Firma stellte zwar die Plattform zur Verfügung, nahm aber keinerlei Einfluss auf die Diskussion und ist am vorliegenden Manuskript in keiner Weise beteiligt. Da am Schluss der Sitzung ein Konsens über sinnvolle Maßnahmen erzielt werden konnte, halten wir diese Ergebnisse für einen sinnvollen Diskussionsbeitrag.

Die Diskussion wurde von Vorträgen aus pneumologischer Sicht (DK) und rheumatologischer Sicht (TW) eingeleitet, um einen gemeinsamen Faktenstand zu gewährleisten. Pneumologisch kann sich das Sjögren-Syndrom unterschiedlich äußern. Neben den relativ SjS-typischen Befunden der lymphozytischen interstitiellen Pneumonie (LIP) und Zysten kommen sowohl eine ILD mit einem Muster einer nichtspezifischen interstitiellen Pneumonie (NSIP) als auch ein UIP („usual interstitial pneumonia“)-Muster infrage sowie auch eine organisierende Pneumonie (OP-Muster) [8]. Nicht selten bestehen auch Mischbilder aus den genannten Mustern.

Aus rheumatologischer Sicht wurde auf die Möglichkeit des ANA-negativen SjS hingewiesen, das sowohl bei Anti-SS-A/Ro-Antikörpern als falsch negativer Befund als auch bei Patientinnen und Patienten mit Anti-α-Fodrin-Antikörpern [9, 10] möglich ist. So hatten in der Hannoveraner SjS-ILD-Kohorte von 31 Patientinnen und Patienten 3 keine höhertitrigen ANA (> 1:160), 10 (32 %) keine Anti-SS-A-Antikörper und 24 (77 %) keine Anti-SS-B-Antikörper [8]. Ebenso wurden die Unverlässlichkeit anamnestischer Angaben zur Sicca-Symptomatik und die Notwendigkeit der Objektivierung durch Schirmer- und Saxon-Test sowie Speicheldrüsensonographie (Tab. 1) dokumentiert [6].

Tab. 1 Wesentliche diagnostische Tests und Fragen bei Verdacht auf Sjögren-Syndrom

In Anbetracht der serologischen Unsicherheiten empfehlen wir zusätzlich zu den ANA auch die Bestimmung der Anti-SS-A/Ro- und der Anti-α-Fodrin-Antikörper (Abb. 1). IgA-Antikörper gegen α‑Fodrin finden sich bei fast zwei Drittel (64 %) der Sera von Patientinnen und Patienten mit SjS, aber in weniger als 1 % aller gesunden Spendersera [11]. Der Test ist kommerziell verfügbar (Aesku Diagnostics, Wendelsheim, Germany, Orgentec Diagnostics, Mainz, Germany).

Abb. 1
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Flussdiagramm der vorgeschlagenen Abklärung. Grüne Linien symbolisieren einen positiven, rote einen negativen Test (oder eine positive bzw. negative Antwort)

Sind Anti-SS-A/Ro-Antikörper, Anti-α-Fodrin-Antikörper oder hochtitrig positive ANA vorhanden, sollte mittels Schirmer-Test (und/oder Bengalrosa) eine okuläre Sicca-Symptomatik und mittels Saxon-Test [12] und/oder Speicheldrüsensonographie [13, 14] eine orale Sicca-Symptomatik bzw. Speicheldrüsenentzündung gesucht werden. Bei positiven Anti-SS-A/Ro-Antikörpern kommen differenzialdiagnostisch auch der systemische Lupus erythematodes (SLE) und seltener SSc oder Myositiden infrage.

Sind die Antikörper negativ, empfehlen wir zusätzlich, nach regelmäßig roten Augen und nach Zahn- und Zahnfleischproblemen zu fragen (Abb. 1), weil reines Trockenheitsgefühl als Screeningfrage weder sensitiv noch spezifisch ist. Positive Antworten sollten auch hier zur Objektivierung (des jeweiligen Symptoms) führen. Eine objektivierte Sicca-Symptomatik ohne Antikörper gegen SS-A/Ro oder α‑Fodrin sollte mittels Speicheldrüsenbiopsie weiter abgeklärt werden (Abb. 1). Auch bei negativer Biopsie spricht eine typische Sonographie für ein SjS, ist aber aus heutiger Sicht nicht so spezifisch wie die Biopsie.

Grundsätzlich kommen diese differenzialdiagnostischen Überlegungen auch bei anderen Situationen zum Tragen. Während bei der ILD und vielleicht auch bei der interstitiellen Nephritis das Sjögren-Syndrom nur eine von unterschiedlichen möglichen Ursachen darstellt, wird dann jedoch die Ausgangslage das SjS meist sehr viel eindeutiger nahelegen. Das Schema in Abb. 1 ist aber bewusst so gestaltet, dass auch ein Einstieg an anderen Positionen möglich ist.

Zusammenfassend haben wir in einer relativ kleinen Expertengruppe einen Konsensus für die SjS-Abklärung erzielt, den wir für ausreichend sensitiv und praktikabel halten. Auch wenn sowohl die Pneumologie als auch die Rheumatologie inhaltlich sehr gut vertreten waren, kann das in Anbetracht der begrenzten Zahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern und der nur bedingt systematischen Literaturberücksichtigung nur als Vorschlag für die breitere Diskussion dienen. Wir hoffen aber, dass die kurze Darstellung in dieser Funktion nützlich ist.