Das Bündnis für Rheumatologie als Zusammenschluss der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh), des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh) und des Verbands rheumatologischer Akutkliniken e. V. (VRA) hat mit Unterstützung der Rheumatologischen Fortbildungsakademie, aber ohne ein Sponsoring Dritter, eine Öffentlichkeitskampagne ins Leben gerufen. Das Projekt mit dem Titel „rheuma2025“ hat sich zum Ziel gesetzt, die notwendige rheumatologische Versorgung unserer PatientInnen mittelfristig zu verbessern und langfristig zu sichern, die Anzahl von Weiterbildungsstellen auf den tatsächlichen Bedarf zu erhöhen, den ärztlichen Nachwuchs für unser Fachgebiet zu gewinnen und die Studierenden für das Fach Rheumatologie zu interessieren. Des Weiteren sollen die Niederlassung als RheumatologInnen durch eine flexiblere Bedarfsplanung der rheumatologischen Sitze erleichtert und die rheumatologischen Akutkliniken gestärkt werden. Letztlich will die Kampagne in Medizin und Öffentlichkeit das Bild der Rheumatologie als wichtige, innovative und breit aufgestellte medizinische Disziplin schärfen (Tab. 1).

Tab. 1 Ziele der Kampagne

Ziele der Öffentlichkeitskampagne

Um die Kampagne zum Erfolg zu führen und möglichst viele Interessierte zu erreichen, bedarf es der Nutzung moderner Kommunikationsmedien. Das Bündnis für Rheumatologie beschloss, sich dafür professionelle Expertise einzukaufen. Auf die Ausschreibung bewarben sich mehrere Firmen, nach interner Diskussion wurde die Berliner Designagentur Lindgrün GmbH engagiert. In enger Zusammenarbeit mit Lindgrün entwickelte das Bündnis unterschiedliche Informations- und Kommunikationsmodule. Je nach Zielgruppe (Studierende und WeiterbildungsassistentInnen; allgemeine Öffentlichkeit; GesundheitspolitikerInnen) richtete Lindgrün verschiedene Medienkanäle für rheuma2025 ein und füllte diese – ebenso zielgruppenspezifisch aufbereitet– mit unter Beteiligung von Experten erstellten Inhalten.

Alle Aktionen sind auf der Website der Öffentlichkeitskampagne https://rheuma2025.de zusammengefasst

Alle Aktionen sind auf der Website der Öffentlichkeitskampagne https://rheuma2025.de zusammengefasst. Hier sind unsere Forderungen und Ziele nochmals dezidiert gelistet: Der Versorgungsmangel wird dargestellt, und das Ziel von 1350 aktiv in der Versorgung tätigen internistischen RheumatologInnen wird als Minimalziel formuliert. Darüber hinaus fordern wir eine bedarfsgerechte Anzahl von Weiterbildungsstellen, die sich nicht am finanziellen Umsatz der Teildisziplin im Weiterbildungskrankenhaus orientiert, sondern am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung. Dieses Problem der DRG-basierten Krankenhausfinanzierung wird deutlich angesprochen: Wir verweisen auf andere Länder der Europäischen Union, bei denen die Anzahl der Weiterbildungsstellen einer Fachdisziplin am vorsehbaren Bedarf der Bevölkerung berechnet und zentral festgelegt wird. Die Finanzierung dieser Weiterbildung wird steuerlich unterstützt – mit der erfreulichen Konsequenz, dass es hier keinen Mangel an fachärztlicher rheumatologischer Versorgung gibt. Des Weiteren wollen wir mit den Inhalten der Kampagne erreichen, dass die stationäre Weiterbildung durch den Erhalt rheumatologischer Akutkrankenhäuser gesichert ist mit Schwerpunkt in der interdisziplinären und multimodalen Therapie muskuloskeletaler sowie chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen. Schließlich fordern wir die umfassende Präsenz rheumatologischer Lehreinheiten an jedem Universitätsklinikum Deutschlands. Der nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog NKLM listet alle wichtigen rheumatologischen Lehrinhalte, die an jeder Fakultät verpflichtend gelehrt werden müssen. Dies kann nur mit einer fachkompetenten rheumatologischen Lehreinheit am Universitätsklinikum gelingen. Mit der Verabschiedung des NKLM sehen wir jede der 36 Fakultäten in der Bringschuld, allen Studierenden ein den NKLM erfüllendes Lehrangebot zu unterbreiten. Darüber hinaus müssen bei dem exponentiell wachsenden Wissen in der theoretischen und klinischen Immunologie eigenständige und starke Forschungseinheiten an jedem wissenschaftsorientierten Universitätsklinikum existieren – mit sichtbarer Kompetenz in der Entzündungsmedizin. Weitere Forderungen sind die Schaffung von Planungssicherheit für rheumatologische Sonderbedarfszulassungen und die einmalige Umwandlung von Sonderbedarfszulassungen in reguläre kassenärztliche Sitze: Nur so kann das Ziel erreicht werden, die vom gemeinsamen Bundesausschuss G‑BA festgelegte Mindestquote von 8 %, künftig vorzugsweise 10 % Anteil an rheumatologischen Sitzen an der Gruppe der fachärztlichen Internisten tatsächlich zu besetzen.

Werkzeuge zur Verbreitung der Kampagneninhalte

Um die Botschaften der Kampagne zu verbreiten und die Ziele zu erreichen, wurde v. a. durch die gestalterische und praktische Expertise der Firma Lindgrün ein „Toolkit“ zusammengestellt (https://rheuma2025.de). Auf der Website sind alle Werkzeuge hinterlegt: Die Module mit Folien, offiziellen Bannern und anderen Materialien stehen allen Mitgliedern des Bündnisses zur Verbreitung im persönlichen Netzwerk zur Verfügung. Jedes Mitglied eines der Bündnispartner für Rheumatologie soll und kann die Materialien in eigenen Vorträgen oder bei eigenen Veranstaltungen nutzen.

In den sozialen Medien ist die Öffentlichkeitskampagne sehr präsent (Infobox 1).

Infobox 1 Soziale Medien

Um die Inhalte auch optisch ansprechend zu transportieren und Neugierde auf die Kampagne zu wecken, wurde eine Designschrift von Lindgrün entworfen, die ebenfalls für die Kampagnenzwecke benutzt werden darf und kann (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Schriftbeispiele. (Mit freundl. Genehmigung © Bündnis für Rheumatologie und Lindgrün GmbH, alle Rechte vorbehalten)

Darüber hinaus findet sich auf der Homepage Bildmaterial zu den Aktivitäten in den sozialen Medien, z. B. für die Module des Videoserie „FreiGang“. Texte zur freien Nutzung sind dort ebenso abgelegt wie Banner für Mailings. Das rote, gestaltete R der Kampagne ist mittlerweile markenrechtlich geschützt (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

R – das geschützte Markenzeichen der Kampagne. (Mit freundl. Genehmigung © Bündnis für Rheumatologie und Lindgrün GmbH, alle Rechte vorbehalten)

Präsentationsfolien mit Hinweisen auf die Kampagne, z. B. für Vorträge, sind zur freien Verwendung ebenfalls auf der Homepage abgelegt.

Kampagnenmodule

Dem großen Engagement der Firma Lindgrün und vieler Kolleginnen und Kollegen des Bündnisses sind mehrere Module unterschiedlicher Art zu verdanken. Ein Modul ist der sog. „FreiGang“, eine Videoserie im Interviewformat; hierfür wurde der Medizinstudent Jonathan Beron engagiert, der Kolleginnen und Kollegen der Rheumatologie zu verschiedenen Themen interviewt. Dr. Diana Ernst befragte er zum Thema „Klinik, Praxis, Kinder – keine Zeit?“, Dr. Martin Krusche zu „Sind AssistenzärztInnen die Arbeitstiere der Station?“, Dr. Silke Zinke zu „24/7 Rheumatologie?“, Prof. Dr. Bimba Hoyer zu „Weiblich, jung, Professorin = Minderheit?“, Laura Konrad als Studierende im Praktischen Jahr zu „Famulatur und PJ“, Prof. Dr. Markus Gaubitz zu „Lässt sich Lehre lernen?“, Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester zum Thema „Wenn ForscherInnen forschen – zwischen PatientInnen und Drittmittelakquise“ sowie „Open Science – zukunftsfähig?“. Weitere Freigänge waren bei Redaktionsschluss des Artikels in Planung. Diese Interviews zum Status der Rheumatologie sowie der täglichen rheumatologischen Praxis werden hauptsächlich von jüngeren Kolleginnen und Kollegen rege besucht, wie Abrufanalysen der Firma Lindgrün ergaben.

Speziell für Studierende ist ein Quiz eingestellt mit Fragen aus der pädiatrischen und Erwachsenen-Rheumatologie, die mit Bildern illustriert sind und prüfungsähnlich verschiedene Auswahlmöglichkeiten bieten.

Ein weiteres Modul, das im Rahmen der Öffentlichkeitskampagne entstand, ist der JC rhmtlgy, also ein Journal Club zu bestimmten forschungsrelevanten und aktuellen Themen der Rheumatologie. Weitere Folgen des JC rhmtlgy werden monatlich eingestellt. Bisher hat Prof. Dr. Hanns-Martin Lorenz zu „Entzündungen und Fibrose“ gesprochen, PD Dr. Uta Kilz über „Funktionsfähigkeit bei axialer SpA – was, wann, wie, warum?“, Dr. Rebecca Hasseli zum Thema „Erhöhen Rheumamedikamente das Risiko für schwere Verläufe von COVID-19 bei Patienten mit rheumatoider Arthritis“, sowie Prof. Dr. Ulf Wagner zum Thema „Charakterisierung pathologischer Zellpopulationen bei rheumatoider Arthritis mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung“.

Speziell für Studierende sind Informationen verfügbar, in denen das Bündnis das Fach Rheumatologie als wissenschaftsorientiert zeigt und als spannendes, weil detektivisch vorgehendes und analytisch abwägendes Fach der Medizin, als ein Fach, in dem das Patientengespräch einen hohen Wert hat, als ein Fach mit vielfältigen Entwicklungschancen und einem hohen Maß an Gestaltungsspielraum, letztlich als die internistische Disziplin mit dem vielleicht höchsten Ausmaß an Interdisziplinarität.

Ebenfalls für Studierende sind prüfungsrelevante IMPP-Fragen früherer Staatsexamina eingestellt, was die Homepage für dieses Zielkollektiv besonders interessant macht. Schließlich haben wir für die Studierenden eine/n AnsprechpartnerIn an fast allen Fakultäten definiert, der/die für Fragen der jungen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung steht, Kontakte vermittelt und so das Interesse am Fach zusätzlich bestärkt. Sehr hilfreich und hoffentlich viel genutzt ist ein Link auf die Stellenbörse der DGRh und die Seite mit Famulaturangeboten beim BDRh.

Lindgrün hat zur modernen Bewerbung und Verbreitung der Kampagne bei jungen Kolleginnen und Kollegen einige Influencer engagiert, die über ihr Netzwerk rheuma2025 bewerben und damit publik machen.

Darüber hinaus sind haptische Aktionen gestartet worden, in vielen Kliniken durch das Verteilen von Informationsflyern, das Aushängen von Postern, das Bestücken von Fahrradsätteln mit Schutzbezügen, auf denen das „R“-Logo der Kampagne ebenso prangt wie die Kontaktadressen der verschiedenen Social-Media-Kanäle. Eine weitere öffentlichkeitswirksame Aktion, die gerade diskutiert wird, ist eine Roadshow an einzelnen Universitätskliniken, zu der während des Sommersemesters Studierende zum Gespräch eingeladen werden. Diese Treffen umrahmt ein attraktives Begleitprogramm, die lokale Presse wird dazu ebenfalls eingeladen.

Um die Gesundheitspolitik auf das Versorgungsproblem ihrer rheumatologisch erkrankten Wählerinnen und Wähler aufmerksam zu machen, wurde ein kleines Handout mit Kernbotschaften von Lindgrün entworfen und von den Bündnispartnern konsentiert. Dieser Flyer wurde gerade in der Zeit nach der Bundestagswahl 2021 an EntscheidungsträgerInnen der Gesundheitspolitik verteilt in der Hoffnung, mit den PolitikerInnen ins Gespräch zu kommen, die Ursachen des Versorgungsmangels zu beleuchten, Lösungswege zu identifizieren und dadurch neue Akzente setzen zu können.

Eines der Kernziele dieser politischen Aktion ist es, die PolitikerInnen für das Versorgungsproblem zu öffnen und dahingehend zu sensibilisieren, dass das deutsche Krankenhausfinanzierungssystem über DRG unmittelbar und entscheidend die Anzahl der Weiterbildungsstellen bestimmt und nicht der Bedarf der Bevölkerung an FachärztInnen, wie es sein sollte. Diese Anzahl der so geschaffenen Weiterbildungsstellen in den unterschiedlichen Fächern der Medizin spiegelt aber inzwischen bei Weitem nicht mehr den Bedarf der Bevölkerung an bestimmten FachärztInnen wider, so dass es zu einer eklatanten Schieflage zwischen fachspezifischem Weiterbildungsangebot für junge KollegInnen und dem eigentlichen Bedarf der Bevölkerung kam. Die Öffentlichkeitskampagne zielt auch darauf hin, die Krankenhausfinanzierung einerseits und die Finanzierung von Weiterbildung andererseits zu entkoppeln, wie dies in anderen Ländern der EU erfolgreich praktiziert wird.

Evaluation

Um die Öffentlichkeitskampagne zu evaluieren, haben wir in Zusammenarbeit mit der Universität Erfurt eine Examenskandidatin in Kommunikationswissenschaft engagieren können. Sie analysiert über einen Fragebogen, den sie an die Fachschaften aller Universitätsklinika verschickt hat, den Kenntnisstand und das Interesse an der Rheumatologie vor Beginn der Kampagne. Eine zweite Welle der Evaluation startete zu Beginn 2022. Darin wurde untersucht, ob die Kampagne bei Studierenden bekannt wurde, wie sie ankam und ob sie eine messbare Änderung in der Aufmerksamkeit der Rheumatologie gegenüber bewirken konnte.

Fazit für die Praxis

  • Die Öffentlichkeitskampagne des Bündnisses für Rheumatologie wurde als ein wichtiges gemeinsames Projekt in zielorientierter Dynamik und sehr kooperativer Konsequenz in recht kurzer Zeit gestartet.

  • Mit verschiedenen Werkzeugen wurde eine auch optisch ansprechende Aktion mit der Fa. Lindgrün als exzellenten Partner in der Vermittlung unserer Kampagnenziele geschaffen.

  • Die Öffentlichkeitskampagne wird in der derzeitigen Intensität noch bis Ende 2022 aktiv laufen in der Hoffnung, in dieser Zeit die Rheumatologie als interessantes, wissenschaftlich aktives und innovatives Fach in den Gedanken der Studierenden zu verankern, GesundheitspolitikerInnen zu öffnen für die Problematik der mangelnden Versorgung der Bevölkerung bei rheumatologischen Problemen und letztlich die Öffentlichkeitskampagne zu verselbstständigen.

  • Diese Verstetigung wird Aufgabe des Bündnisses für Rheumatologie ab 2023 sein.