Seit nunmehr 2 Jahrzehnten stehen für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) Therapien zur Verfügung, die durch neue und gezieltere Wirkprinzipen über die konventionelle Basistherapie („conventional synthetic disease-modifying antirheumatic drug“ [csDMARD]) und insbesondere das Methotrexat als „Ankermedikament“ hinausgehen. Mit der Marktzulassung der ersten Tumornekrosefaktorinhibitoren (TNFi), die Originalpräparate der Wirkstoffe Etanercept und Infliximab, wurde im Mai 2001 das deutsche Biologikaregister RABBIT (Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie) ins Leben gerufen, um die Langzeitsicherheit und -wirksamkeit der Zytokininhibitoren zu untersuchen. Durch die gezielte Hemmung wichtiger Zytokine der Immunabwehr und -regulation wurden höhere Raten an unerwünschten Ereignissen, v. a. Infektionen, malignen Erkrankungen und Autoimmunreaktionen befürchtet, die es zu überwachen galt [1].

Zu einigen dieser Forschungsfragen der Therapiesicherheit, aber auch zu anderen Aspekten der (Langzeit‑)Therapie mit Biologika, gibt es inzwischen evidenzbasierte Antworten. Dennoch bleiben in der Rheumatologie viele offene Fragen, die insbesondere durch Beobachtungsdaten geklärt werden können. Sie reichen von (sehr) selten auftretenden Ereignissen und Sicherheitssignalen, für die es einer ausreichend großen Anzahl an dokumentierten Patient:innen mit hinreichend langer Beobachtungsdauer bedarf, über Behandlungsabfolgen und Therapiekombinationen ohne Zulassungsempfehlung bis hin zu Einflussfaktoren auf die Medikamentenwirksamkeit und auf patientenberichtete Parameter. Nicht zu vergessen sind natürlich die neuen Therapien zur Behandlung der RA, v. a. die Januskinaseinhibitoren (JAKi), die sich seit ihrer Marktzulassung zwar sehr schnell in der rheumatologischen Routineversorgung etabliert haben, für die es aber bislang nur wenige Daten außerhalb klinischer Studien gibt.

Zwanzig Jahre nach dem Einschluss des ersten Teilnehmers in das RABBIT-Register werden weiterhin erwachsene Patient:innen mit RA rekrutiert, um ihre rheumatologisch-klinische Versorgung im Alltag für mindestens 5 und bis zu 10 Jahre zu beobachten. Inzwischen wurden mehr als 20.000 Patient:innen von rund 350 rheumatologischen Einrichtungen in RABBIT eingeschlossen (Abb. 1). Im Folgenden besprechen wir aktuelle Forschungsergebnisse, die in den Jahren 2020/21 aus dem RABBIT-Register publiziert wurden. Sie umfassen verschiedene Sicherheitsaspekte, den Einfluss des Gewichts auf die Wirksamkeit von Therapien sowie die Zufriedenheit von Patient:innen.

Abb. 1
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Einschlusstherapien und Entwicklung der Einschlusszahlen in RABBIT seit 2001. IL Interleukin, JAK Januskinase, TNF Tumornekrosefaktor. (Mit freundl. Genehmigung © DFRZ, alle Rechte vorbehalten)

Therapiesicherheit

Herpes-zoster-Infektionen

Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben Patient:innen mit RA ein höheres Risiko für das Auftreten eines Herpes zoster (HZ) [2]. In einer unserer frühen RABBIT-Publikationen zeigten wir, dass auch bestimmte Therapien das Auftreten eines HZ begünstigen können. Wir fanden höhere Inzidenzen unter der Behandlung mit monoklonalen und löslichen TNFi im Vergleich zu Kontrollpatient:innen unter konventionellen Antirheumatika mit Inzidenzraten (IR) von 11,1 (monoklonale TNFi), 8,9 (lösliche TNFi) und 5,6 (csDMARD) Ereignissen pro 1000 Patientenjahre (PJ) [3]. Aus klinischen Studien ist ein höheres HZ-Risiko unter JAKi berichtet worden [4], das wir nun mit ersten deutschen Beobachtungsdaten aus RABBIT bestätigen konnten [5]. Diese Auswertung umfasste alle derzeit verfügbaren Therapieprinzipien und zeigte unter der Therapie mit JAKi eine signifikant erhöhte IR von 21,6 Ereignissen pro 1000 PJ im Vergleich zu 6,9/1000 PJ unter csDMARD-Therapie. Die Raten unter Biologikatherapien („biologic disease-modifying antirheumatic drug“ [bDMARD]) lagen zwischen 8,5 und 9,8 Ereignissen pro 1000 PJ. Im für weitere Einflussfaktoren adjustierten statistischen Modell wurde ein 3,7-fach höheres HZ-Risiko für Patient:innen unter JAKi gezeigt (Abb. 2). In geringerem Umfang erhöhten auch monoklonale TNFi und Rituximab das HZ-Risiko. Zusätzlich stieg mit jeder Altersdekade das Risiko einer Reaktivierung um 25 %. Auch die Gabe von Glukokortikoiden war mit einem signifikanten Risiko für HZ assoziiert, das sich bei einer Dosierung von mehr als 10 mg/Tag sogar um das 4,4-Fache erhöhte. Unsere Ergebnisse stützen die Empfehlung der EULAR (European League Against Rheumatism), Risikopatient:innen mit entzündlich rheumatischen Autoimmunerkrankungen gegen Varizella zoster zu immunisieren [6].

Abb. 2
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Einflussfaktoren auf das Risiko für Herpes zoster und Psoriasis. Präsentiert werden signifikante Ergebnisse der multiplen Regressionsmodelle als Hazard Rate (95 %-Konfidenzintervall). Weitere Kovariablen ohne signifikanten Zusammenhang werden lediglich genannt. DMARD „disease-modifying antirheumatic drug“, csDMARDs „conventional synthetic disease-modifying antirheumatic drugs“, GC Glukokortikoide, IL-6i Interleukin-6-Inhibitor, JAKi Januskinaseinhibitoren, mg/Tag Dosierung in Milligramm pro Tag, TNFi Tumornekrosefaktorinhibitor, bDMARD „biologic disease-modifying antirheumatic drug“

Psoriasis

Das Auftreten einer Psoriasis als Nebenwirkung der TNFi-Therapie gilt als paradoxe Reaktion und wurde für Patient:innen mit RA erstmals 2005 beschrieben [7]. Ob die Antikörperbehandlung eine Psoriasis induziert oder aber eine bestehende Psoriasis bei RA-Patient:innen verschlechtert, haben wir mithilfe der RABBIT-Daten untersucht [8]. Von 14.525 Patient:innen ohne entsprechende Vorerkrankung zu Studieneinschluss entwickelten 117 eine Psoriasis im Beobachtungsverlauf. Mit 3,0 Ereignissen pro 1000 PJ zeigte sich die IR unter TNFi signifikant erhöht im Vergleich zu csDMARDs (IR 0,7). Die Raten unter Abatacept (IR 2,2), Rituximab (IR 1,7) und Tocilizumab (IR 0,5) unterschieden sich dagegen nicht signifikant von den bionaiven Kontrollpatient:innen. Das adjustierte Regressionsmodell bestätigte das erhöhte Psoriasisrisiko unter einer TNFi-Therapie (Abb. 2), zeigte aber darüber hinaus auch eine Verdopplung des Risikos bei Rauchern. Wurden TNFi in Kombination mit MTX verabreicht, verringerte sich das Risiko im Vergleich zur TNFi-Monotherapie (HR [Hazard Ratio] 2,8 vs. 6,6).

Von insgesamt 375 Patient:innen war eine Psoriasisbegleiterkrankung zu Studieneinschluss bekannt. Für 37 dieser Patient:innen wurde eine Verschlechterung oder Reaktivierung der Hauterkrankung gemeldet. Damit traten diese sehr viel häufiger als die inzidenten Ereignisse auf. Im Vergleich zu einer Rate von 5,3 Ereignissen pro 1000 PJ unter csDMARD waren die Raten für eine Verschlechterung der Psoriasis unter Rituximab mit 54,4/1000 PJ und Abatacept mit 66,1/1000 PJ wesentlich höher. Die numerisch höheren Raten unter Tocilizumab (IR 15,7) und TNFi (IR 28,0) unterschieden sich nicht signifikant von der unter csDMARDs. Das auch andere Faktoren berücksichtigende statistische Modell zeigte ein unter Abatacept und Rituximab signifikant erhöhtes Risiko einer Psoriasisverschlechterung (Abb. 2). Andere Einflussfaktoren wurden nicht identifiziert.

Fazialisparese

Hinweise in der EudraVigilance-Datenbank über ein gehäuftes Auftreten von Fazialisparesen unter dem Interleukin-6-Inhibitor (IL-6i) Tocilizumab hatten den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) (PRAC) im Oktober 2018 veranlasst, ein Signalverfahren einzuleiten [9]. Wir sind diesem Signal in RABBIT nachgegangen und haben die Häufigkeit dieses sehr seltenen Ereignisses bei Patient:innen mit RA untersucht. Die Ergebnisse unserer Analysen können dieses Signal nicht bestätigen [10]. Zwischen 2007 und 2020 traten bei 14.185 Patient:innen insgesamt 19 Fazialisparesen auf. Die Inzidenzrate (IR) unter Tocilizumab war mit 0,5 Ereignissen pro 1000 PJ nicht erhöht im Vergleich zu anderen Biologika (IR 0,6 bis 0,8/1000 PJ) und JAKi (IR 0,8/1000 PJ), aber höher als unter csDMARD-Therapie (IR 0,2/1000 PJ). Auch im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, für die je nach Datenquelle Inzidenzen zwischen 11 und 53 Ereignissen pro 100.000 Personenjahre berichtet werden, liegen die in RABBIT gefundenen Raten nicht höher.

Therapiewirksamkeit

Adipöse Patient:innen mit RA erreichen seltener eine Remission und berichten häufiger von einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit sowie einer verminderten Lebensqualität [11, 12]. Adipositas, nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert als Body Mass Index (BMI) von mindestens 30 kg/m2, ist ein global zunehmendes Problem [13]. Rund ein Viertel der deutschen Allgemeinbevölkerung ist laut Robert Koch-Institut adipös (24 % der Frauen, 23 % der Männer) [14]. Im RABBIT-Register sind dies sogar 28 % der Frauen und 26 % der Männer. Den Einfluss des BMI auf die Wirksamkeit der Therapie haben wir mit Daten von insgesamt 10.593 RA-Patient:innen analysiert [15]. Adipöse und nichtadipöse Patient:innen waren im Mittel 58 Jahre alt, adipöse Patient:innen waren seltener seropositiv (71 vs. 79 %), hatten weniger oft Erosionen (39 vs. 51 %), aber häufiger 3 oder mehr Begleiterkrankungen (46 % vs. 30 %). Bei RA-Patientinnen gab es deutlichere Hinweise für einen Effekt des BMI auf das Therapieansprechen als bei den männlichen Patienten. Innerhalb der ersten 6 Monate nach Behandlungsbeginn verzeichneten wir bei den adipösen Patientinnen im Vergleich zu denjenigen ohne Adipositas eine geringere Verbesserung verschiedener Krankheitsparameter, beispielsweise dem DAS28-BSG (Disease Activity Score, basierend auf 28 Gelenken und der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit), dem C‑reaktiven Protein (CRP) und der körperlichen Funktion, gemessen am FFbH (Funktionsfragebogen Hannover).

Adipositas zeigte einen negativen Einfluss auf die Wirksamkeit der zytokingerichteten Therapien

Untersucht wurde auch die Verbesserung des DAS28-BSG abhängig vom Wirkmechanismus der begonnenen Therapie (Abb. 3): Bei adipösen Frauen unter csDMARD oder TNFi war die Verbesserung der Krankheitsaktivität nach 6‑monatiger Therapie signifikant geringer als bei normalgewichtigen Frauen. Adipositas zeigte insgesamt einen negativen Einfluss auf die Wirksamkeit der zytokingerichteten Therapien wie TNFi und Tocilizumab, wohingegen dies für die zellgerichteten Therapien Abatacept und Rituximab nicht der Fall war. Während der Effekt des BMI auf das Therapieansprechen für csDMARDs und TNF-Inhibitoren bereits bekannt war, konnte er das erste Mal auch für Tocilizumab gezeigt werden. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen könnten zum Teil durch unterschiedliche Körperfettverteilungen bedingt sein, die der BMI nur unzureichend abbildet. Möglicherweise könnte bei einer Therapie mit Tocilizumab eine bessere Gewichtsanpassung der Dosierung den negativen Adipositaseffekt abmildern.

Abb. 3
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Differenz der Verbesserung des DAS28-BSG (Disease Activity Score, basierend auf 28 Gelenken und der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit) innerhalb von 6 Monaten von Patienten mit Adipositas im Vergleich zu Patienten ohne Adipositas. Die Patient:innen wurden für die Analyse nach Geschlecht und Therapie stratifiziert. Für jedes Stratum wurde der mittlere Effekt von Adipositas (95 %-Konfidenzintervall) auf die Verbesserung des DAS28-BSG ermittelt. Zum Beispiel zeigte sich für Patientinnen unter csDMARD („conventional synthetic disease-modifying antirheumatic drug“) ein negativer Einfluss der Adipositas, der DAS28 verbesserte sich in einem Zeitraum von 6 Monaten im Mittel um −0,15 Einheiten weniger als bei Patienten ohne Adipositas. TNFi Tumornekrosefaktorinhibitor

Patient:innen im Fokus

Patientenberichtete Outcomes sind inzwischen ein fester Bestandteil klinischer Studien [16]. Auch im RABBIT-Register fragen wir die Patient:innen nach ihrem körperlichen (Wohl‑)Befinden, insbesondere zum derzeitigen Gesundheitszustand, zu Erschöpfung und Müdigkeit, Schmerzen und Schlafstörungen. Die Funktionskapazität wird zu jedem Messzeitpunkt mit dem Funktionsfragebogen Hannover (FFbH) erfasst und die gesundheitsbezogene Lebensqualität jährlich mit dem krankheitsunabhängigen Fragebogen Short Form 36 (SF-36). Der die körperliche Funktionsfähigkeit messende FFbH wird regelmäßig als Kovariable in den statistischen Analysen des RABBIT-Registers berücksichtigt, zum SF-36 gibt es eine eigene Publikation [17].

In einer kürzlich erschienenen Auswertung haben wir uns der Patientenzufriedenheit gewidmet. Sowohl zu Einschluss in das Register und damit zu Beginn einer neuen Therapie als auch nach 1 Jahr Beobachtung fragen wir die Patient:innen, wie zufrieden sie mit dem Erfolg und der Verträglichkeit ihrer bisherigen Rheumamedikation sind. Von den 10.646 in die Analyse eingeschlossenen Patient:innen waren 55 % bei Einschluss und 85 % nach 1 Jahr mit dem Therapierfolg zufrieden [18]. Für die Zufriedenheit mit der Verträglichkeit der Therapie konnten wir eine Steigerung von 68 % auf 90 % innerhalb des ersten Beobachtungsjahres zeigen. Für beide Outcomes wurde ein positiver Zusammenhang mit der Zufriedenheit zu Baseline, der Reduktion von DAS28-BSG und Schmerzen, der Verbesserung der körperlichen Funktion sowie Seropositivität festgestellt (Abb. 4). Negativ wirkten sich eine vom Arzt angegebene psychische Erkrankung bzw. Depression, eine höhere Zahl von Biologikatherapien vor Einschluss in das Register, ein Therapiewechsel während der Beobachtungszeit sowie tägliche Glukokortikoiddosen von 5 mg pro Tag oder mehr aus. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Patientenzufriedenheit durch eine wirksame, gut verträgliche Therapie und die dadurch mögliche Einsparung von Glukokortikoiden positiv beeinflusst werden kann. Dass Seropositivität die Zufriedenheit mit Therapieerfolg und -wirksamkeit erhöht, könnte daran liegen, dass beim Vorhandensein von Rheumafaktor oder Antikörpern gegen citrullinierte Proteine früher und aggressiver behandelt wird.

Abb. 4
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Faktoren, die die Zufriedenheit mit dem Erfolg und/oder der Verträglichkeit der bisherigen Rheumatherapie signifikant beeinflussen. Alle Faktoren sind nach Stärke ihres Einflusses absteigend gelistet. ACPA Antikörper gegen das zyklische citrullinierte Peptid, BMI Body Mass Index, DAS28-BSG Disease Activity Score, basierend auf 28 Gelenken und der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, FFbH Funktionsfragebogen Hannover, mg/d Dosierung in Milligramm pro Tag. Asterisk Innerhalb eines Jahres nach Therapiebeginn. Raute Im Vergleich zu Glukokortikoiddosierungen von 5 mg/Tag. (Mit freundl. Genehmigung © DFRZ, alle Rechte vorbehalten)

Neue Arzneimittelzulassungen: Biosimilars und Januskinaseinhibitoren

Im Jahr 2015 kamen in der Rheumatologie mit den Infliximab-Biosimilars erstmals Nachahmerpräparate von Biologika auf den deutschen Markt (Abb. 1). Ein Jahr später folgte das erste Etanercept-Biosimilar, noch 1 Jahr darauf ein Rituximab-Biosimilar und im Jahr 2018 eine Vielzahl von Adalimumab-Nachfolgepräparaten. Im RABBIT-Register zählten 2021 insgesamt 13 Biosimilars zu den Einschlusstherapien.

Eine Publikation aus RABBIT zu Biosimilartherapien und beispielsweise den Wechsel vom patentfreien Original- auf ein Nachahmerpräparat gibt es derzeit noch nicht. Einige Kennzahlen zu den Biosimilars wurden aber im „Kompendium Biosimilars“ zusammengestellt [19]. Im Register haben wir derzeit (Stand 09/2021) ca. 1500 Patient:innen, die mit einer Biosimilartherapie eingeschlossen worden sind, und 2000 Patient:innen mit einem Wechsel auf ein Biosimilar im Beobachtungsverlauf. Insgesamt summiert sich die Biosimilarexposition auf rund 4000 PJ. Die Hälfte der Patient:innen, die im Beobachtungsverlauf auf ein Etanercept-Biosimilar wechselten, wurde zuvor ausschließlich mit csDMARDs behandelt, 18 % bzw. 25 % wechselten vom Originalpräparat oder von einem anderen Biologikum. Bei Patient:innen unter Adalimumab-Biosimilar waren nur 35 % zuvor bionaiv, 30 und 33 % kamen vom Originalpräparat oder einem anderen Biologikum. Für Infliximab-Biosimilars lagen die Anteile bei 31 % für bionaive Wechsler sowie bei 13 und 54 % für Wechsler vom Originalpräparat und von anderen Biologika. Patient:innen, die erstmals ein Rituximab-Biosimilar erhielten, wurden zuvor fast ausschließlich mit anderen Biologika (97 %) therapiert. Rund ein Drittel der Wechsel auf ein Biosimilarpräparat erfolgte aus Kostengründen.

Mit den JAKi wurden durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA im Jahr 2017 erstmals oral applizierbare Präparate mit einem gezielten Wirkmechanismus für die Behandlung der RA zugelassen. In der Zwischenzeit stehen 4 verschiedene Präparate zur Auswahl, deren Hersteller sich an der Finanzierung des RABBIT-Registers beteiligen. Hierdurch können wichtige Daten zum Einsatz der JAKi im rheumatologischen Alltag generiert werden. Die neue Wirkstoffgruppe der JAKi wurde bereits in der Publikation zum Herpes-zoster-Risiko berücksichtigt [5]. Dafür standen Informationen von 713 Patient:innen mit einem JAKi als Einschlusstherapie zur Verfügung. Die Expositionszeit unter Therapie summierte sich auf knapp 2700 PJ. Diese Zahlen zeigen, dass es nach der Markteinführung eines Arzneimittels bzw. einer Arzneimittelgruppe einer gewissen Zeit bedarf, um mit einer ausreichend großen Menge an Daten stabile und valide Informationen aus den durchgeführten Analysen erzielen zu können. Zusätzlich ist es wichtig, im Register auch bereits etablierte und gut untersuchte Präparate weiterzuführen, um neuere Therapien mit einer zeitlich adäquaten Kontrollgruppe vergleichen zu können.

RABBIT-Risikoscore für schwerwiegende Infektionen

Die Abwägung des Infektionsrisikos bei Patient:innen mit RA ist noch immer ein für Rheumatologen wichtiges Thema [20]. Der RABBIT-Risikoscore für schwerwiegende Infektionen wurde 2011 mit Daten aus RABBIT entwickelt, um das 12-Monats-Risiko für schwerwiegende Infektionen abzuschätzen [21]. Er hilft Rheumatologen in ihrer täglichen Praxis, Patient:innen mit hohem Infektionsrisiko zu identifizieren. Der Score berücksichtigt das individuelle Risikoprofil eines Patienten/einer Patientin und berücksichtigt dafür Alter und Funktionskapazität, das Vorliegen von Komorbiditäten (COPD [„chronic obstructive pulmonary disease“] oder andere chronische Lungenerkrankung, chronische Nierenerkrankungen) sowie vorangegangene und aktuelle Therapien.

Mit zunehmendem RABBIT-Risikoscore steigt die Wahrscheinlichkeit einer intensivmedizinischen Behandlung

Die Evaluierung in einer unabhängigen Stichprobe aus RABBIT zeigte die Stabilität des Risikoscores [22]. Nun haben griechische Kollegen den Nutzwert des prädiktiven Tools bestätigt [23]. Die durch den Score vorhergesagte Inzidenzrate von 1,7 schwerwiegenden Infektionen pro 100 PJ unterschied sich in ihrer prospektiven Kohortenstudie mit knapp 1400 RA-Patient:innen nicht von der tatsächlichen Rate, die bei 1,9/100 PJ lag. Eine andere Studie zeigte sogar, dass der RABBIT-Risikoscore auf Patientenpopulationen außerhalb Europas übertragbar ist. Garcia Salinas et al. validierten den Score mit Daten einer argentinischen multizentrischen Kohortenstudie und errechneten Vorhersagewerte für das Auftreten einer schwerwiegenden Infektion von im Median 1,2 und 5,1 bei Patient:innen ohne und mit schwerwiegender Infektion im Verlauf. Die Autoren bestätigen eine gute Differenzierung von Patient:innen mit hohem Infektionsrisiko auch in ihrer Population [24]. Pieringer et al. verfolgten einen anderen Ansatz und zeigten in einer am Universitätsklinikum Linz angesiedelten Fall-Kontroll-Studie, dass mit zunehmendem RABBIT-Risikoscore auch die Wahrscheinlichkeit einer intensivmedizinischen Behandlung der schwerwiegenden Infektion steigt [25].

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erscheinen auch die Ergebnisse, die RABBIT vor einiger Zeit zum Thema Sepsis publizierte, in einem neuen Licht [26]. Damals wurde festgestellt, dass Patient:innen, die zum Zeitpunkt des Ausbruchs einer schwerwiegenden Infektion mit TNFi behandelt wurden, in Bezug auf den Verlauf dieser Infektion und das Risiko, daran zu versterben, einen signifikanten Vorteil im Vergleich zu Patient:innen unter csDMARDs haben. Ein ähnliches Ergebnis wurde in der Analyse der weltweit erhobenen Daten rheumatisch Erkrankter mit COVID-19 berichtet [27].

Nach nunmehr 20 Jahren Registerarbeit wissen wir über die Erkrankung, deren Risiken und die Therapien, mit denen Patient:innen mit rheumatoider Arthritis behandelt werden, mehr denn je. Die durch die Register erhaltenen detaillierten Einblicke in das Nebenwirkungsspektrum der Therapien, aber auch deren Wirksamkeit und Einflüsse auf diese ermöglichen eine immer bessere, auf den individuellen Patienten oder die individuelle Patientin zugeschnittene Therapie. Darüber hinaus können Symptome seltener Ereignisse besser eingeschätzt und diese damit rechtzeitig behandelt werden. Alles zusammen genommen führt dazu, dass die zur Verfügung stehenden Therapien deutlich sicherer angewendet werden können.

Eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit mit den Registerdaten ist die breite Unterstützung durch die rheumatologische Gemeinschaft. Ohne die durch zahlreiche Rheumatolog:innen in ganz Deutschland zusätzlich durchgeführte regelmäßige Dokumentation ihrer Patient:innen für das RABBIT-Register hätten diese Ergebnisse nie zustande kommen können. Wir sind allen das RABBIT-Register unterstützenden Rheumatolog:innen und ihren Patient:innen außerordentlich dankbar, dass wir gemeinsam und seit über 20 Jahren ein so großartiges Projekt durchführen können und hoffen, dass wir auch in den nächsten Jahren viele neue Erkenntnisse zu den verfügbaren Therapien und der Erkrankung erhalten.

Ausblick

Der Fokus künftiger Auswertungen wird zum einen auf den neueren Therapien liegen und neben deren Wirksamkeit auch deren Risiken untersuchen. Die von den Zulassungsbehörden geäußerten Sicherheitsbedenken zu JAKi, insbesondere das Auftreten thromboembolischer und kardiovaskulärer Ereignisse sowie maligner Erkrankungen [28, 29], werden wir mit unseren Daten genauer unter die Lupe nehmen. Dabei geht es um die Frage, ob die in klinischen Studien gesehenen Signale auch unter Alltagsbedingungen verifiziert werden können. Weitere Analysen werden zu seltenen, aber klinisch relevanten Komorbiditäten durchgeführt werden oder zu solchen mit einer schlechten Prognose. Bei den interstitiellen Lungenerkrankungen beispielsweise gibt es noch immer wenige Daten und Informationen darüber, wie sich eine DMARD(„disease-modifying antirheumatic drugs“)-Therapie auf den Verlauf dieser Begleiterkrankung auswirkt.

Das RABBIT-Register ist an mehreren europäischen und internationalen Kooperationen beteiligt mit dem Ziel, Daten verschiedener Kohorten gemeinsam zu analysieren. Es geht dabei unter anderem um Sicherheitsaspekte einer Abatacept-Therapie [30], um die Charakterisierung von Patient:innen unter JAKi [31] und um die Untersuchung von Komorbiditäten bei Patient:innen mit RA durch eine gemeinsam genutzte Datenstruktur [32].

Fazit für die Praxis

  • Mit den seit über 20 Jahren in RABBIT erhobenen Daten können die Sicherheit der zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) eingesetzten Therapien und deren Effektivität untersucht werden.

  • Nur in solch großen Langzeitkohorten mit zeitgleicher Erfassung verschiedener Therapien ist es möglich, sowohl das „Basisrisiko“ von Ereignissen zu ermitteln als auch direkte Vergleiche von Ereignisraten unter unterschiedlichen Wirkprinzipien durchzuführen.

  • Dadurch können Signale aus klinischen Studien oder durch Spontanberichte in einen Kontext gebracht und quantifiziert werden. Aktuelle Analysen bestätigten beispielsweise ein erhöhtes Herpes-zoster-Risiko unter JAKi, nicht aber ein häufigeres Auftreten von Fazialisparesen unter Tocilizumab.

  • Erkenntnisse über Faktoren, die die Wirksamkeit beeinflussen, wie z.B. Adipositas, ermöglichen eine individualisierte Wahl der effektivsten Therapie.

  • Die Berücksichtigung von Faktoren, die die Zufriedenheit mit dem Erfolg und/oder der Verträglichkeit der Rheumatherapie beeinflussen, kann zu einer verbesserten Therapieadhärenz beitragen.