Hintergrund

Die systemische Sklerose (SSc) ist eine zu den Kollagenosen gehörende chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, die eine Fibrose der Haut und zahlreicher weiterer Organe verursachen kann [6].

Die Erkrankung manifestiert sich meist zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr, Frauen sind 3‑ bis 4‑mal häufiger betroffen als Männer. Mit einer Inzidenz von 1,8 pro 100.000 Personen gehört die systemische Sklerose zu den seltenen Erkrankungen.

Krankheitsbild

Der Krankheitsverlauf der systemischen Sklerose ist chronisch und abhängig vom Ausmaß betroffener Organsysteme häufig variabel [22].

Etwa 60 % der Patienten erkranken an einer limitiert kutanen SSc (lcSSc), die vorwiegend auf die Haut der Hände und Füße beschränkt ist [52]. Breitet sich die Sklerose über die Ellenbogen und Knie hinaus aus, spricht man von einer diffus kutanen SSc (dcSSc). Diese Erkrankungsform zeichnet sich durch einen aggressiveren Verlauf und häufig außerdem durch einen signifikanten Organbefall aus [52].

Die Symptomatik der SSc ist dementsprechend individuell sehr unterschiedlich. Eine Beteiligung der Haut in Form einer Hautsklerose ist jedoch meist kennzeichnend und zählt zu den häufigsten und nach dem Raynaud-Phänomen oft auch ersten Symptomen der Krankheit. Je nach Ausmaß der Organbeteiligung kann es zum Auftreten weiterer Krankheitszeichen wie etwa Dysphagie, Reflux, Arthritis oder digitalen Ulzerationen kommen [6]. Tritt die SSc ohne klinisch nachweisbare Hautbeteiligung in Erscheinung, so spricht man von einer SSc sine Scleroderma (ssSSc).

Lungenbeteiligung

Pulmonale Manifestationen zählen zu den häufigsten Organbeteiligungen und treten bei bis zu 90 % der SSc-Patienten auf [13]. Eine klinisch relevante SSc-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (SSc-ILD) findet sich bei nahezu der Hälfe aller Betroffenen mit SSc und zählt zu den häufigsten Todesursachen der Erkrankung [42, 46]. Eine ILD als Erstmanifestation der SSc wurde bei bis zu 15 % der Fälle berichtet.

Ein Befall der Lunge in Form einer SSc-ILD äußert sich oftmals durch zunehmende Belastungsdyspnoe, die häufig durch Reizhusten und unspezifische Symptome wie Müdigkeit oder Gewichtsabnahme begleitet wird. Fast immer kommt es bei SSc-Patienten zudem im Rahmen einer Refluxerkrankung zu rezidivierenden (Mikro‑)Aspirationen, die die Ausbildung und Progression der ILD begünstigen [34]. Im klinischen Alltag fällt die Abgrenzung von aspirationsbedingten Lungenschädigungen und Fibroseprogress oft schwer. Differenzialdiagnostisch bedeutsam bei Belastungsdyspnoe im Kontext einer SSc ist zudem der Ausschluss anderer SSc-Manifestationen und Komorbiditäten wie der pulmonalen Hypertonie und der myokardialen Beteiligung, aber auch einer koronaren Herzkrankheit. Neue Daten zeigen auch, dass eine schnelle Hautprogression mit einer sich parallel entwickelnden Progression der Lungenfibrose assoziiert ist [51].

Diagnostik der Erkrankung

Die im Jahr 2013 vorgestellten American College of Rheumatology (ACR)/European League Against Rheumatism(EULAR)-Klassifikationskriterien (Tab. 1) erlauben es, eine SSc mit hoher Sensitivität zu klassifizieren [18]. Der Nachweis spezieller antinukleärer Antikörper(ANA)-Profile gibt dabei häufig Aufschlüsse zur vorliegenden Form der Erkrankung sowie zu deren Prognose (Tab. 2).

Tab. 1 ACR/EULAR-Kriterien für die Klassifizierung der SSc [18]
Tab. 2 Autoantikörper bei systemischer Sklerose (SSc)

Die Früherkennung der Lungenfibrose (SSc-ILD) hat eine hohe klinische und therapeutische Relevanz. Wichtiger Teil der Diagnostik ist hierbei die Lungenauskultation. Die SSc-ILD manifestiert sich fast immer in den dorsobasalen Anteilen der Lunge und erzeugt bereits im Frühstadium das charakteristische inspiratorische Knisterrasseln. Zusätzlich sollte eine Lungenfunktionsprüfung erfolgen. Hierbei weisen ca. 40–75 % der Patienten mit SSc-ILD eine restriktive Ventilationsstörung mit Einschränkungen von Gesamtlungenvolumen (TLC), forcierter Vitalkapazität (FVC) und Diffusionskapazität (DLCO) auf. Besonders die Dynamik von Veränderungen in der Lungenfunktion spielt bei der Diagnostik der ILD eine entscheidende Rolle. Aus Expertensicht besteht Konsens, dass auch bei normalen Lungenfunktionswerten eine hochauflösende Computertomographie (HRCT) bei auskultatorischem Knisterrasseln als Screeninguntersuchung auf eine SSc-ILD befürwortet werden sollte [35]. Hierbei kann auch die für die SSc pathognomonische Dilatation des Ösophagus nachgewiesen werden. Im HRCT wird eine Lungenbeteiligung auch im Frühstadium sehr gut erkannt. Das am häufigsten (80 %) auftretende radiologische Muster ist hierbei die nichtspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP) (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Exemplarische CT-Thoraxbilder eines Patienten mit NSIP-Muster. Exemplarische CT-Thoraxbilder von 2 Untersuchungen aus dem Jahre 2013 (a,c,e) und 2015 (b,d,f) eines Patienten mit Scl70+SSc-ILD und rasch progredientem Verlauf trotz ausgedehnter immunsuppressiver Therapie mit wechselnden Regimen (Cyclophosphamid-Bolustherapie über insgesamt 1 Jahr, Rituximab). Zu sehen sind eine deutliche Milchglasverschattung und nach basal hin zunehmende Retikulationen (NSIP-Muster) sowie eine Aufweitung des distalen Ösophagus. CT Computertomografie, NSIP nichtspezifische interstitielle Pneumonie

Seltener (20 %) findet sich bei SSc-ILD-Patienten die gewöhnliche interstitielle Pneumonie (UIP) (Abb. 2). Das UIP-Muster tritt vorzugsweise bei Männern mit positiver Raucheranamnese und Staubbelastung am Arbeitsplatz auf [22]. Dieselben Risikofaktoren sind auch für die idiopathische Lungenfibrose, die strikt mit einem UIP-Muster einhergeht, beschrieben worden [34].

Abb. 2
figure 2

Exemplarische CT-Thoraxbilder eines Patienten mit UIP-Muster. (af) CT-Thoraxaufnahmen einer 56-jährigen Patientin bei Erstdiagnose einer Scl70+SSc und langjährigem, weiterhin aktivem Zigarettenrauchen (30 py). Es ist eine subpleurale und dorsobasale Betonung des Verschattungsmusters festzustellen, welches vorwiegend aus Honigwabenzysten und Retikulationen im Sinne eines ausgeprägten, definitiven UIP-Musters besteht. Zudem finden sich eine diffuse Milchglasverschattung und eine deutliche Aufweitung des Ösophagus mit Flüssigkeitsspiegel. Die Patientin wies bei Erstvorstellung eine schwere respiratorische Partialinsuffizienz mit einem O2-Bedarf von 3 l O2/min auf und verstarb 6 Monate später. CT Computertomografie, py Packungsjahre, UIP gewöhnliche interstitielle Pneumonie

Diagnostisch schwierig ist die Einschätzung der Progression der ILD. Bei manchen Patienten kann die SSc-ILD über Jahrzehnte stabil bleiben, während andere einen rasch progredienten Verlauf oder sogar eine akute Exazerbation aufweisen [15]. Eine engmaschige Betreuung und Überwachung von SSc-ILD-Patienten in speziell ausgewiesenen Zentren des Deutschen Netzwerks für Systemische Sklerose e. V. (DNSS) ist daher sinnvoll. Zu den wichtigsten Risikofaktoren einer progredienten SSc-ILD zählen ein hohes Ausmaß interstitieller Veränderungen im HRCT (>20 % des gesamten Lungenvolumens) sowie eine deutlich verminderte forcierte Vitalkapazität (FVC <70 %) [4, 16]. Regelmäßige Lungenfunktionsuntersuchungen sollten daher mindestens jährlich, bei Patienten mit besonders progressivem Krankheitsbild auch öfter erfolgen. Einige Zentren evaluieren als weitere potenzielle Indikatoren für Krankheitsaktivität zudem Serumbiomarker und die BAL-Differenzialzytologie [38].

Aufgrund der Variabilität der Krankheitsverläufe erfordert die Diagnose einer SSc-ILD ein umfangreiches Expertenwissen, das auf der Kompetenz in der Betreuung der SSc erfahrener Kliniker aus verschiedenen Fachdisziplinen aufbaut [1]. Eine multidisziplinäre Fachkonferenz (oder ILD Board) gilt zur Diagnostik fibrotischer ILDs mittlerweile als Goldstandard [1].

Das Ziel des vorliegenden Reviews besteht darin, einen Überblick über bestehende und mögliche zukünftige Behandlungsansätze der SSc-ILD zu geben. Es wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, die sich auf die relevantesten Beiträge der zwischen 2010 und 2018 veröffentlichten, medizinischen Literatur konzentriert.

Allgemeine Behandlungsansätze

Die Behandlung der SSc ist komplex und oft mit hohen gesundheitsökonomischen Kosten verbunden. Insbesondere bei Vorliegen einer SSc mit pulmonaler Beteiligung bedarf es einer frühzeitigen Behandlung, um ein Fortscheiten der Erkrankung der Lunge zu verzögern. Neben einer medikamentösen Behandlung sollten auch nichtpharmakologische Maßnahmen genutzt werden. Ansätze wie Physiotherapie, Sauerstofftherapie, Pneumokokken- und Grippeschutzimpfungen oder der Einsatz gastroenterologischer Maßnahmen (Einsatz von Protonenpumpenhemmern, nächtliche Oberkörperhochlagerung, kleine, nicht zu späte Mahlzeiten) können dabei helfen, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen bzw. Symptome zu verbessern.

Eine weitere Therapieoption, die bei jüngeren Patienten mit weit vorangeschrittener SSc-ILD immer in Erwägung gezogen werden sollte, ist die Möglichkeit einer Lungentransplantation. Aufgrund der häufig vorhandenen erheblichen Komorbiditäten ist dies jedoch bei SSc-Patienten oft nicht realisierbar.

Aktuelle Leitlinienempfehlungen

Die EULAR-Empfehlungen zur Behandlung der systemischen Sklerose wurden im Jahr 2017 unter Berücksichtigung neu verfügbarer Pharmakotherapien von einer europäischen Task Force aktualisiert (Tab. 3; [29]).

Tab. 3 Aktualisierte EULAR-Empfehlungen zur Therapie der systemischen Sklerose [29]

Für die Behandlung bei SSc-ILD empfehlen die EULAR-Richtlinien eine Therapie mit dem Zytostatikum Cyclophosphamid (CYC), die angesichts der Ergebnisse zweier hochqualitativer RCTs gestützt wird [19, 29, 44]. So zeigte die Scleroderma Lung Study (SLS I) einen signifikant positiven Effekt von oral verabreichtem CYC auf Lungenfunktion, Dyspnoe, Verdickung der Haut und gesundheitsbezogene Lebensqualität [44]. In einer zweiten Studie führte eine intravenös verabreichte CYC-Behandlung zu einer Verbesserung der FVC um 4,1 %, aber verfehlte damit die Schwelle zur statistischen Signifikanz (p = 0,08) [19].

In Anbetracht der Studienergebnisse beider RCTs sollte Cyclophosphamid trotz bekannter, geringer Toxizität bei der Behandlung der SSc-ILD insbesondere bei Patienten mit rasch progredienter ILD in Betracht gezogen werden. Die begleitende Antibiotikagabe zur Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie(PjP)-Prophylaxe ist bei CYC-Behandlung zwingend erforderlich [39].

Neben der Behandlung mit CYC wird in den EULAR-Richtlinien eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) zur Therapie ausgewählter Patienten mit schnell fortschreitender SSc und Risiko für Organversagen empfohlen [29].

SCOT, eine randomisierte klinische Studie, verglich die potenziellen Vorteile einer HSCT mit denen einer hoch dosierten, 12-monatigen CYC-Therapie bei Patienten mit schweren SSc-Verlaufsformen. Hierbei erzielte die myeloablative autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation bessere Langzeitergebnisse als die CYC-Therapie, einschließlich verbessertem ereignisfreiem Überleben und Gesamtüberleben [43].

In der europäischen ASTIS-Studie verbesserte eine HSCT signifikant das langfristige ereignisfreie Überleben gegenüber einer CYC-Pulstherapie und führte nach 2 Jahren zu signifikanten Verbesserungen von mRSS, FVC und TLC [30]. Angesichts des hohen Risikos von behandlungsbedingten Nebenwirkungen und Mortalität ist eine sorgfältige Auswahl der Patienten für diese Art der Behandlung von entscheidender Bedeutung [29].

Weitere medikamentöse Therapien

Steroide

Bei Betroffenen mit SSc-ILD war eine Therapie mit Kortikosteroiden aufgrund eines Mangels an alternativen Behandlungsoptionen lange Zeit eine häufig verwendete Therapieoption [48]. Der Einsatz von Kortikosteroiden in der Behandlung der ILD ist jedoch aufgrund einer unzureichenden Datenlage bei SSc-ILD sowie des erhöhten Risikos einer renalen Krise besonders bei Prednison-Dosierungen über 15 mg/Tag nur in Ausnahmen, etwa bei gleichzeitigem Auftreten von Arthritis oder Myositis, indiziert und sollte mit möglichst geringen Dosen durchgeführt werden [48].

Azathioprin

Azathioprin (AZA), ein Wirkstoff aus der Gruppe der nichtselektiven Immunsuppressiva, wurde in einer randomisierten Studie mit Cyclophosphamid (CYC) als Erstlinientherapie bei SSc-ILD verglichen [31]. Während CYC die FVC- und DLCO-Werte stabilisierte, kam es unter AZA-Gabe zu einer signifikanten Verschlechterung von FVC und DLCO. Daher wird Azathioprin nicht als Erstlinientherapieoption bei SSc-ILD betrachtet [31].

Mycophenolat-Mofetil

Mycophenolat-Mofetil (MMF) ist ein Immunsuppressivum zur Inhibition der Lymphozytenproliferation. Die Scleroderma Lung Study II (SLS II) verglich den Einsatz von MMF mit oral verabreichtem CYC bei Patienten mit SSc-ILD [45]. Nach einer Studiendauer von 2 Jahren wurden bei beiden Behandlungsgruppen signifikante Verbesserungen in Bezug auf FVC und Mortalität festgestellt. Das Verträglichkeitsprofil von MMF war jedoch verbessert [45]. MMF wird aufgrund dieser Daten von vielen Zentren als Off-label-Use zur Langzeittherapie der SSc-ILD eingesetzt. In der vor Kurzem publizierten SENSCIS®-Studie wurde ein positiver Effekt der Mycophenolat-Therapie auf den 1‑Jahres-FVC-Verlauf an einer Kohorte von behandelten 576 Patienten eindrucksvoll belegt.

Zukünftige Therapieansätze in klinischen Studien

Einige vielversprechende Behandlungsansätze wurden oder werden aktuell in klinischen Studien getestet und könnten die Therapiemöglichkeiten der SSc-ILD in Zukunft maßgeblich erweitern, aktuell handelt es sich hierbei allerdings noch um Off-Label-Behandlungen.

Tocilizumab

Tocilizumab (TCZ) ist ein humanisierter monoklonaler Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper (IgG1), der sich bereits als wirksame Therapie für verschiedene Autoimmunerkrankungen erwiesen hat.

Die Phase-II-Studie FaSScinate verglich die Wirksamkeit und Sicherheit von 162 mg subkutan verabreichtem Tocilizumab/Woche mit Placebo zur Behandlung von Patienten mit früher dcSSc mit und ohne ILD [25]. Tocilizumab war mit einer Stabilisierung der FVC-Werte sowie nichtsignifikanten Verbesserungen der Hautbeteiligung assoziiert [25].

Erste Ergebnisse der Phase-III-Studie focuSSced unterstützen die präventive Wirkung von Tocilizumab auf den Verlust der FVC [26].

Anabasum

Eine weitere in klinischer Entwicklung befindliche Behandlungsoption der SSc stellt die Therapie mit Anabasum, einem Cannabinoid-Rezeptor-Typ-2-Agonist, dar.

Eine doppelblinde Phase-II-Studie untersuchte Wirksamkeit und Sicherheit von Anabasum bei Patienten mit diffuser SSc und einer Krankheitsdauer von bis zu 6 Jahren [41]. Anabasum führte im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Verbesserung des ACR Composite Response Index in Systemic Sclerosis (CRISS)-Scores einschließlich Reduktion des FVC-Verlustes und war mit einer guten Verträglichkeit assoziiert [41].

RESOLVE‑1, eine placebokontrollierte Phase-III-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Anabasum bei SSc-ILD, wird derzeit durchgeführt. Erste Ergebnisse dieser Studie werden für 2020 erwartet.

Abatacept

Abatacept, ein CTLA4-Fusionsprotein, das kostimulatorische Signalwege von antigenpräsentierenden Zellen reguliert und somit die T‑Zell-Aktivierung beeinträchtigt, wird bereits zur Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt. ASSET, eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-Studie, untersuchte Wirksamkeit und Sicherheit von Abatacept bei Patienten mit diffuser SSc. Obwohl der primäre Endpunkt deutlich verfehlt wurde, führte Abatacept jedoch im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Verbesserung des ACR CRISS-Scores, sowie einer numerischen Reduktion des FVC-Verlustes bei guter Verträglichkeit [27].

Rituximab

Rituximab ist ein B‑Zell-depletierender Antikörper, der bei vielen Autoimmunerkrankungen und bei B‑Zell-Lymphomen eingesetzt wird. In einer offenen, randomisierten Studie war Rituximab (2-mal 1000 mg intravenös, im Abstand von 2 Wochen) bei SSc-ILD gegenüber CYC (500 mg/m2 alle 4 Wochen) nach 6 Monaten in Bezug auf die Verbesserung der FVC überlegen und verursachte zudem weniger schwere unerwünschte Ereignisse [40].

In einer Single-Center-Studie führte eine Kombinationstherapie aus Rituximab (14-tägig 1000 mg × 2 oder 375 mg/m2/Woche für 4 aufeinanderfolgende Wochen) und MMF (2000 mg/Tag) zu einer signifikanten Verbesserung des modifizierten Rodnan Skin Scores (mRSS) und der ILD-Ausdehnung in der Lunge [12].

Riociguat

Riociguat, ein oral wirksamer Stimulator des Enzyms lösliche Guanylatcyclase (sGC), erwies sich zur Therapie der pulmonalen Hypertonie als vorteilhaft [14].

In RISE-SSc, einer randomisierten Phase-IIb-Studie, wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Riociguat bei SSc-Patienten untersucht [9]. Der primäre Endpunkt der Studie, die absolute Veränderung des modifizierten Rodnan Skin Scores (mRSS) gegenüber dem Ausgangswert nach 52 Wochen, wurde trotz eines Trends nicht erreicht. Riociguat stabilisierte jedoch die Lungenfunktion vs. Placebo und war mit einer guten Verträglichkeit assoziiert [7].

Antifibrotika

Die Pathophysiologie der SSc-ILD zeigt Gemeinsamkeiten mit der Entstehung anderer fibrotischer Erkrankungen wie etwa der idiopathischen Lungenfibrose (IPF), woraus sich mögliche Optionen für die Entwicklung neuer Behandlungsansätze der SSc-ILD ergeben.

Pirfenidon

Pirfenidon ist ein oral zu verabreichender Wirkstoff aus der Gruppe der Antifibrotika, dessen Wirksamkeit bei Betroffenen mit IPF in den placebokontrollierten CAPACITY- und ASCEND-Phase-II- und -III-Studien erfolgreich gezeigt wurde [28, 33].

Die LOTUSS-Studie, eine randomisierte Phase-II-Studie, in die 63 Patienten mit SSc-ILD eingeschlossen wurden, zielte darauf ab, die Verträglichkeit und Sicherheit von Pirfenidon bei Patienten mit SSc-ILD zu bewerten. Unter der Pirfenidon-Therapie kam es gehäuft zu Übelkeit, Kopfschmerzen und Müdigkeit [24]. Hinsichtlich des Abfalles der FVC konnte kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Studienarmen gezeigt werden, die untersuchte Patientenanzahl war allerdings zu klein, um die Wirksamkeit von Pirfenidon abschließend zu beurteilen.

RELIEF, eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), untersuchte die Wirkung von Pirfenidon auf diverse Nicht-IPF-Lungenfibroseformen, u. a. auch SSc-ILD [3]. Die Ergebnisse wurden auf dem European Respiratory Society Congress vorgestellt und zeigten einen signifikant niedrigeren Abfall der FVC unter Pirfenidontherapie.

Eine weitere randomisierte Phase-II-Studie, die Scleroderma Lung Study (SLS III), untersucht zurzeit den Einfluss einer Kombinationstherapie aus Mycophenolat-Mofetil (MMF) und Pirfenidon auf den Verlauf der Lungenfunktion bei Patienten mit SSc-ILD. Erste Studienergebnisse der SLS III-Studie werden für das Jahr 2021 erwartet.

Nintedanib

Nintedanib, ein oral zu verabreichender Multityrosinkinaseinhibitor, hemmt über die Rezeptoren für FGF, VEGF, PDGF und TGF‑β wichtige, für die SSc-ILD relevante Pathomechanismen [50]. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Nintedanib bei IPF wurde in 3 Phase-II- und -III-Studien, TOMORROW, INPULSIS®-1 und INPULSIS®-2, erfolgreich gezeigt [36, 37]. Dabei senkte Nintedanib die jährliche Abnahme der Vitalkapazität (FVC) gegenüber Placebo signifikant [37]. Nintedanib wies ein akzeptables Nebenwirkungsprofil auf, mit Diarrhö als häufigste Nebenwirkung [37].

In präklinischen Studien mit unterschiedlichen Mausmodellen zeigte Nintedanib potente antifibrotische Effekte [20, 21]. Im transgenen Fra2-Mausmodell ließen sich auch positive Effekte auf die SSc-artigen vaskulären Veränderungen nachweisen [20, 21].

Angesichts dieser Ergebnisse untersuchen derzeit 2 groß angelegte klinische Phase-III-Studien den Effekt von Nintedanib bei SSc-ILD und progredient fibrosierender ILD (PF-ILD) [49].

Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie SENSCIS® untersuchte Wirksamkeit und Sicherheit von Nintedanib bei Patienten mit SSc-ILD [8]. Vergleichbar mit den Ergebnissen der INPULSIS®-Studien bei IPF reduzierte Nintedanib am Ende der 52-wöchigen Studie auch bei Patienten mit SSc-ILD die jährliche Rate des FVC-Abfalls signifikant um 44 % vs. Placebo. Der adjustierte jährliche FVC-Verlust bei Patienten, die mit Nintedanib behandelt wurden, betrug −52,4 ml/Jahr im Vergleich zu −93,3 ml/Jahr mit Placebo (absolute Differenz 41,0 ml/Jahr [95 %-KI: 2,9–79,0; p = 0,035]). In die Studie wurde ein breites Spektrum von SSc-ILD-Patienten eingeschlossen, darunter auch rund 50 % Patienten mit Mycophenolat-Mofetil (MMF) als Begleitmedikation zu Studienbeginn. Die relative Reduktion der FVC betrug mit MMF 40 % und ohne MMF 46 % (Interaktions-p-Wert: p = 0,452). Es zeigte sich eine numerische additive Wirksamkeit der Nintedanib und Mycophenolat-Therapie. Ein Effekt von Nintedanib auf die Hautfibrose oder Lebensqualität wurde nicht beobachtet. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil waren akzeptabel und vergleichbar mit dem Nebenwirkungsprofil bei IPF-Patienten [8].

Die doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie INBUILD® untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Nintedanib über 52 Wochen bei Patienten mit progredient fibrosierender interstitieller Lungenerkrankung (PF-ILD) unabhängig von ihrer Grunderkrankung mit Ausnahme der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) (Abb. 3; [11]). Die adjustierte jährliche Abnahme der FVC über 52 Wochen betrug in der gesamten Studienpopulation −80,8 ml/Jahr, verglichen mit −187,8 ml/Jahr für Placebo (Differenz: 107,0 ml/Jahr [95 %-KI: 65,4–148,5], p < 0,001) [11].

Abb. 3
figure 3

ILDs, die einen progredient fibrosierenden Phänotypen entwickeln können [1, 5]

Ausblick

Die interstitielle Lungenbeteiligung ist eine häufige Organmanifestation der systemischen Sklerose und geht mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einher. Aufgrund zahlreicher neuer Studiendaten unterliegen die Therapiekonzepte für die SSc-assoziierte ILD aktuell einem Wandel. Die Vermeidung von Risikofaktoren wie Zigarettenrauchen, Staubbelastung und Mikroaspirationen sind wichtige Bausteine der Behandlung. Die derzeitig verfügbaren medikamentösen Therapieansätze zielen darauf ab, über immunmodulierende und antiinflammatorische Wirkung die Krankheitsprogression zu verlangsamen. Die aktuelle EULAR-Leitlinie empfiehlt den Einsatz von Cyclophosphamid und HSCT. Als weitere neue immunmodulatorische Therapieoptionen werden Mycophenolat und Tocilizumab in klinischen Studien weiter untersucht. Unter Mycophenolat-Therapie wurde der jährliche FVC-Abfall reduziert. Aktuell werden die antifibrotischen Wirkstoffe Nintedanib und Pirfenidon in mehreren klinischen Studien zur Behandlung der SSc-ILD getestet. Nintedanib konnte hier signifikant das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und hat einen numerischen additiven Effekt zur Mycophenolat-Therapie. Diese positiven Daten bilden die Grundlage für den Zulassungsantrag für Nintedanib bei SSc-ILD. In den USA ist Nintedanib bei SSc-ILD seit September 2019 von der FDA zugelassen.

Erfolg versprechende therapeutische Perspektiven für die SSc-ILD sind somit durch die Ansätze aktueller und bevorstehender Arzneimittelstudien gegeben und werden in Zukunft die Prognose von SSc-ILD Betroffenen merklich verbessern.

Fazit für die Praxis

  • Die systemische Sklerose (SSc) ist eine chronisch verlaufende Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, die häufig mit einer pulmonalen Beteiligung in Form einer ILD einhergeht.

  • Bisher gibt es nur eingeschränkte Therapiemöglichkeiten zur Behandlung der SSc-ILD.

  • Eine Reihe klinischer Studien untersucht jedoch derzeit vielversprechende Pharmakotherapien zur Behandlung der Lungenfibrose bei SSc, darunter Tocilizumab und Anabasum.

  • Aufgrund der pathophysiologischen Gemeinsamkeiten zu anderen fibrotischen Lungenerkrankungen kann der antifibrotische Wirkstoff Nintedanib ein Erfolg versprechender zusätzlicher Behandlungsansatz sein, was kürzlich bereits durch erste positive Studienergebnisse belegt wurde.