Hintergrund und Fragestellung

Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) gehört zu den häufigsten entzündlich rheumatischen Erkrankungen [30]. Die Klassifikation [24] umfasst die klassische ankylosierende Spondylitis (AS) [8] und die nicht-röntgenologische axSpA (nr-axSpA) [25, 26]. Hauptsymptom ist der entzündliche Rückenschmerz [6]. Diese charakteristische Form des Rückenschmerzes zeichnet sich dadurch aus, dass er bei relativ jungen Patienten auftritt, oft tiefsitzend oder auch als wechselseitiger Gesäßschmerz empfunden wird. Die Schmerzphasen beginnen schleichend, sie treten oft in der zweiten Nachthälfte auf; die Schmerzen lassen sich durch Bewegung, nicht aber durch Ruhe bessern [6]. Wichtig ist, dass sich keines der Charakteristika des entzündlichen Rückenschmerzes als einzelne Variable zur Differenzierung zwischen Patienten mit axSpA und nichtspezifischem Rückenschmerz eignet.

Für die Diagnosestellung einer axSpA wurden Algorithmen entwickelt [5], die kürzlich problematisiert [14] und diskutiert wurden [7]. Auf den wichtigen Unterschied zwischen Klassifikation und Diagnose ist verschiedentlich hingewiesen worden [11]. Für beides, Klassifikation und Diagnose, spielt die Bildgebung mittels konventionellen Röntgens und Magnetresonanztomographie (MRT) der Sakroiliakalgelenke eine wichtige Rolle – für beide liegen konsentierte Definitionen vor [19, 20]. Während die korrekte Zuordnung und Graduierung von strukturellen Veränderungen im konventionellen Röntgenbild bekanntermaßen problematisch ist [28], mehren sich auch für die MRT Bedenken hinsichtlich der korrekten Zuordnung von Läsionen. So wurde zumindest das differenzialdiagnostische Spektrum des Knochenmarködems erheblich erweitert [12, 29].

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist die Frühdiagnose der axSpA weiterhin eine erhebliche Herausforderung – auch wenn hierzu bereits Studienergebnisse [9, 10, 13, 17, 21, 27] und eine vorläufige Empfehlung [22] vorliegen. Ein insgesamt sehr kritisch zu betrachtender Ansatz wurde kürzlich besonders intensiv diskutiert [2, 18]. Hierbei handelte es sich um die Evaluierung eines Kriteriensets für die Entdeckung von axSpA-Patienten auf Populationsbasis, bei der für die Diagnosebestätigung die ASAS-Klassifikationskriterien verwendet wurden, das wird von den meisten Experten zu Recht abgelehnt.

Die erste Anlaufstelle für Patienten mit Rückenschmerzen sind neben Allgemeinmedizinern meist Orthopäden. Im Rahmen einer Pilotstudie (SepyA-Studie) hatte sich die Kombination von bestimmten klinischen Parametern, die typisch für den sog. entzündlichen Rückenschmerz sein können, als nützlich für die Identifikation von axSpA-Patienten in der Primärversorgung erwiesen [9]. Hierbei hatte sich gezeigt, dass das Vorliegen von mindestens 3 von 5 Parametern (s. unten, hier AWARE-Parameter genannt), eine gute Sensitivität und Spezifität für das Vorliegen einer axSpA hat. Ziel der jetzt hier vorgestellten Kohortenstudie war die Überprüfung dieser 5 AWARE-Parameter im Hinblick auf die Identifikation von Patienten mit axSpA innerhalb einer großen Kohorte von jungen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen in der orthopädischen Primärversorgung.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Die Rekrutierung der Patienten erfolgte durch Orthopäden. Eingeschlossen wurden junge Erwachsene (>18 Jahre) mit chronischen Rückenschmerzen (≥3 Monate) und einem Alter bei Beschwerdebeginn <45 Jahre, die – studienunabhängig – nach Einschätzung der Orthopäden zum Rheumatologen überwiesen werden sollten. Im Rahmen der Studiendokumentation wurden neben demografischen und anderen anamnestischen Parametern die sog. AWARE-Parameter („Alter bei Beginn der Rückenschmerzen <35 Jahre“, „Wechselseitiger Gesäßschmerz“, „Ansprechen auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) innerhalb von 48 h“, „Regung/Bewegung bringt Besserung“, „Erwachen in der zweiten Nachthälfte aufgrund der Rückenschmerzen“) abgefragt.

Alle Patienten, bei denen der Orthopäde eine axSpA für möglich hielt, wurden – unabhängig vom Befragungs- bzw. Studienergebnis – zum Rheumatologen überwiesen. Die Rheumatologen stellten die Diagnose einer axSpA oder einer anderen Erkrankung (non-axSpA), dokumentierten darüber hinaus für jeden Patienten die ASAS-Klassifikationskriterien, und gaben ggf. eine Therapieempfehlung.

Die von den Orthopäden erfassten Daten (Prüfbogen 1) und die der Rheumatologen (Prüfbogen 2) wurden bis zum 29.02.2016 gesammelt und in einer OpenClinical-Datenbank erfasst. Die Daten wurden von dem statistischen Institut „Biostatistik-Tübingen“ analysiert. Für die statistische Auswertung wurden verschiedene Analysepopulationen gebildet: die Gesamtpopulation (Pop-G), die alle korrekt eingeschlossenen Patienten umfasst; die Population Orthopäde und Rheumatologe (Pop-OR), die alle sowohl vom Orthopäden als auch vom Rheumatologen gesehenen Patienten umfasst, hiervon noch unterschieden Pop-OR-2, für die Pop-OR-Patienten mit plausibler Diagnose; und die Population, die nur vom Orthopäden (Pop-O) gesehen wurde. Die Pop-OR-2 wurde noch einmal unterteilt in Pop-OR-S1, bei denen eine Bildgebung vorlag, und Pop-OR-S2, bei denen zusätzlich zur Bildgebung ein HLA-B27-Befund vorlag.

In der deskriptiven Analyse wurden die Parameter innerhalb der Populationen unter Angabe von Fallzahl, Mittelwert, Standardabweichung beschrieben und aufgelistet. Für die AWARE-Parameter erfolgte die Berechnung von Sensitivität und Spezifität zur Vorhersage einer axSpA. Die Patienten wurden je nach Anzahl positiver AWARE-Parameter in 3 Gruppen aufgeteilt: AWARE positiv (mindestens 3 positive Parameter, Gruppe A), AWARE negativ (keine positiven Parameter, Gruppe B), und AWARE unentschlossen (1 oder 2 positive Parameter, Gruppe C).

Mithilfe uni- und multivariater Regressionsanalysen wurden dann Risikofaktoren für das Vorliegen einer axSpA ermittelt. Zudem wurden für die möglichen Identifikationsparameter einer axSpA auch die Likelihood Ratios analysiert.

Für die Studie lag ein positives Ethikvotum der Universität Münster vor.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 1543 durch die Orthopäden dokumentierte Patienten in die Studie konsekutiv eingeschlossen. Hiervon konnten 1306 Patienten (84,6 %) in die Analysepopulation (Pop-G) aufgenommen werden. 237 Patienten (15,4 %) mussten aus verschiedenen Gründen (meist fehlende Parameter) ausgeschlossen werden. Von den 1306 Patienten wurden insgesamt 502 Patienten (38,4 %) anschließend auch von einem Rheumatologen gesehen (Pop-OR). Für 500 dieser Patienten lag letztlich eine plausible Diagnose vor (Pop-OR-2).

Insgesamt lag für 405 der 500 Patienten (81,0 %) eine Bildgebung (Röntgen und/oder MRT) vor (Pop-OR-S1). Für 343 der 405 Patienten (84,7 %) lag zusätzlich ein HLA-B27-Befund vor (Pop-OR-S2).

Das mittlere Alter der gesamten Analysepopulation (n = 1306) war 38,5 ± 11,7 Jahre. 49,8 % waren männlich. Die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen betrug 96,3 ± 105,2 Monate, das sind im Mittel etwa 8 Jahre.

Das mittlere Alter der von Rheumatologen gesehenen und diagnostizierten Patienten (n = 500) war mit 38 ± 11,5 Jahren sehr ähnlich. Dies traf auch auf die anderen demografischen Daten zu: 46,2 % waren männlich, und die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen betrug 94,1 ± 103,6 Monate (Tab. 1).

Tab. 1 Demografische und anamnestische Angaben Pop-OR-2 (n = 500)/Pop-OR-S2 (n = 343)

Das mittlere Alter der axSpA-Patienten war 37,7 ± 11,1 Jahre (n = 199), das mittlere Alter der AS-Patienten war 40,6 ± 11,8 Jahre (n = 87), das mittlere Alter der nr-axSpA-Patienten war 35,5 ± 10,1 Jahre (n = 12).

56,3 % der axSpA-Patienten waren männlich (62,1 % der AS-Patienten [n = 54] und 51,8 % der nr-axSpA-Patienten [n = 58]).

Die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen der axSpA-Patienten betrug 98,5 ± 105,9 Monate (im Mittel etwa 8 Jahre). Die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen der AS-Patienten betrug 124,1 ± 103,3 Monate (im Mittel etwa 10 Jahre). Die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen der nr-axSpA-Patienten betrug 78,8 ± 104,2 Monate (im Mittel etwa 6,5 Jahre) (Tab. 2 und 3).

Tab. 2 Demografische und anamnestische Angaben der axSpA-Patienten (n = 199)
Tab. 3 Geschlechtsverteilung bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis

Die AWARE-Parameter waren in der Gesamtpopulation (Pop-G) und in der von den Rheumatologen diagnostizierten Population (Pop-OR-2 sowie Pop-OR-S2) relativ gleich verteilt (Tab. 4).

Tab. 4 AWARE-Parameter (n = 1306)

Insgesamt wurde bei 199 Patienten (39,8 %) die Diagnose einer axSpA gestellt, 301 Patienten (60,2 %) hatten mechanische Rückenschmerzen oder andere Diagnosen (non-axSpA) (Tab. 5).

Tab. 5 Diagnosen des Rheumatologen

Von den 199 Patienten mit axSpA hatten 87 Patienten eine AS (43,7 % der 199 bzw. 17,4 % der 500 Patienten) und 112 Patienten eine nr-axSpA (56,3 % der 199 bzw. 22,4 % der 500 Patienten).

HLA-B27 wurde bei insgesamt 162 von 343 Patienten positiv getestet (47,2 % von 343 bzw. 32,4 % von 500). Bei 157 Patienten von 500 Patienten lag kein Testergebnis vor (31,4 %). Insgesamt waren 117 der 199 axSpA-Patienten (58,8 %) und 45 der 301 Non-axSpA-Patienten (15 %) HLA-B27-positiv.

Von den 405 Fällen, bei denen eine Bildgebung (MRT und/oder Röntgen) vorlag, zeigte sich nach Ansicht der Rheumatologen bei 170 Fällen eine Sakroiliitis (42 % bzw. 34,0 % von 500). Bei 154 der 199 Patienten mit axSpA wurde die Bildgebung als positiv bewertet (77,4 %). Im Vergleich war dies nur bei 16 der 206 Patienten (mit Bildgebung) mit non-axSpA der Fall (7,8 %).

Insgesamt erfüllten 226 Patienten der 500 von Rheumatologen gesehenen Patienten die ASAS-Klassifikationskriterien (45,2 %). Von den 199 axSpA-Patienten erfüllten 179 Patienten (89,9 %) die ASAS-Klassifikationskriterien. Hiervon hatten 84 Patienten eine AS (46,9 %) und 95 Patienten eine nr-axSpA (53,1 %). Von den 301 Non-axSpA-Patienten erfüllten 47 die ASAS-Klassifikationskriterien (15,6 %).

Zur Darstellung der diagnostischen Gütekriterien werden im Folgenden nur die Daten der 343 Patienten gezeigt, bei denen sowohl Ergebnisse der Bildgebung als auch der HLA-B27-Befund vorlagen (68,6 % der insgesamt rheumatologisch gesehenen Patienten).

Die Sensitivität und Spezifität der AWARE-Parameter für die Vorhersage einer axSpA sind in Tab. 6 und 7 dargestellt. Die AWARE-Parameter hatten eine Sensitivität und Spezifität für eine axSpA von 93,4 und 14,6 %, wenn ≥3 Parameter zutrafen, und von 6,57 und 85,4 % wenn <3 Parameter zutrafen (Tab. 8).

Tab. 6 Sensitivität und Spezifität der AWARE-Parameter (n = 343)
Tab. 7 Sensitivität und Spezifität der Anzahl positiver AWARE-Parameter (n = 343)
Tab. 8 Sensitivität und Spezifität der AWARE-Gruppen (n = 343)

Die Verteilung der AWARE-Parameter bei AS und nr-axSpA war ähnlich (nicht gezeigt). Wechselseitiger Gesäßschmerz und schmerzbedingtes Erwachen in der zweiten Nachthälfte war bei Patienten mit AS etwas häufiger; Ansprechen auf NSAR innerhalb von 48 h und Besserung bei Bewegung war bei Patienten mit nr-axSpA etwas häufiger.

Logistische Regressionsanalysen zu Risikofaktoren für eine axSpA ergaben ein 1,8-fach höheres Risiko für eine axSpA bei Zutreffen des Faktors „Ansprechen auf NSAR innerhalb von 48 h“ (Tab. 9 und 10).

Tab. 9 Logistische Regressionsanalyse zu Risikofaktoren: axiale SpA (n = 137) vs. keine axiale SpA (n = 206)
Tab. 10 Optimiertes Endmodell

Vergleich axSpA- und Non-axSpA-Patienten

In der Pop-OR-S2-Gruppe (n = 343) hatten 141 Patienten eine axSpA und 202 Patienten eine non-axSpA. Die Verteilung der Identifikationsparameter für die beiden Gruppen axSpA und non-axSpA ist in Tab. 11 dargestellt.

Tab. 11 Verteilung der Identifikationsparameter für eine axiale SpA (n = 343)

Die Bildgebung (MRT und/oder Röntgen) war bei insgesamt 134 von 343 Patienten (39,1 %) positiv. 91 % dieser Patienten hatten eine axSpA vs. 9 % hatten keine axSpA. Insgesamt hatten 122 der 141 axSpA-Patienten (86,5 %) eine als positiv gewertete Bildgebung vs. 12 der 202 Non-axSpA-Patienten (5,9 %). HLA-B27 war bei insgesamt 140 von 343 Patienten (40,8 %) positiv. 70 % dieser Patienten hatten eine axSpA vs. 30 % eine non-axSpA. Insgesamt waren 98 von 141 axSpA-Patienten (69,5 %) HLA-B27 positiv vs. 42 von 202 Non-axSpA-Patienten (20,8 %).

Bei den AWARE-Parametern sah die Verteilung so aus: 82,3 % der axSpA-Patienten hatte ein Alter bei Beschwerdebeginn <35 Jahre vs. 83,1 % der Non-axSpA-Patienten. Wechselseitigen Gesäßschmerz hatten 78,7 % der axSpA-Patienten vs. 68,3 % der Non-axSpA-Patienten. Ansprechen auf NSAR innerhalb von 48 h gaben 72,3 % der axSpA-Patienten vs. 61 % der Non-axSpA-Patienten an. Besserung der Rückenschmerzen bei Bewegung lag bei 78,7 % vs. 75 % der Non-axSpA-Patienten vor, Aufwachen in der zweiten Nachthälfte schmerzbedingt bei 82,3 % vs. 79,2 %.

62,4 % der axSpA-Patienten vs. 30,7 % der Non-axSpA-Patienten sprachen gut auf NSAR an, und 29,8 % vs. 7,9 % hatten ein erhöhtes CRP. Entzündlicher Rückenschmerz wurde von 76,6 % vs. 28,7 % angegeben. Die Familienanamnese war bei 10,6 % der axSpA-Patienten vs. 4,5 % der Non-axSpA-Patienten positiv. Nur eine Minderheit der axSpA-Patienten hatte eine Arthritis (7,8 %, vs. 3,5 % der Non-axSpA-Patienten), Enthesitis (8,5 % vs. 5 % der Non-axSpA-Patienten), Daktylitis (1,4 % vs. 0,5 % der Non-axSpA-Patienten), Uveitis (5,7 % vs. 1 % der Non-axSpA-Patienten), Psoriasis (5,7 % vs. 3,5 % der Non-axSpA-Patienten) oder CED (5 % vs. 2 % der Non-axSpA-Patienten).

Der Nachweis einer Sakroiliitis (MRT oder Röntgen) ergab als einzelner Identifikationsparameter die höchste positive Likelihood Ratio (LR+) für die Diagnose einer axSpA (14,6). Die LR+ war bei der Kombination von Identifikationsparametern bei positiver Bildgebung und positiver HLA-B27-Diagnostik am höchsten (120,3), dies jedoch auf Kosten der negativen Likelihood Ratio (Tab. 12).

Tab. 12 Sensitivität, Spezifität und Likelihood Ratios (n = 343)

Diskussion

Obwohl das Studiendesign zur Vorselektion der Patienten und damit zu einem Selektionsbias für die statistische Analyse geführt hat, unterstreicht diese Studie den Nutzen der ursprünglichen AWARE-Parameter zur Identifikation von jungen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen in der Primärversorgung, da insgesamt etwa 40 % der zum Rheumatologen überwiesenen Patienten, dort als axSpA identifiziert und diagnostiziert wurden. Der Selektionsbias kam dadurch zustande, dass den Orthopäden das gute Abschneiden der AWARE-Parameter in der Pilotstudie bekannt war und dass sich damit ein deutlicher Trend ergab, Patienten als AWARE-positiv auszuweisen und diese bevorzugt zu überweisen. Dies hatte zur Folge, dass die „Kontrollgruppe“ der axSpA-Gruppe formal zu ähnlich war. Für diese Interpretation sprechen zum einen die Daten selbst und zum anderen der hervorstechende Unterschied zwischen den von den Rheumatologen nicht überprüften AWARE-Parametern und der rheumatologischen Einschätzung des entzündlichen Rückenschmerzes (bei 76,6 % bei axSpA- vs. 28,7 % bei Non-axSpA-Patienten). In dem Zusammenhang ist auch das Ergebnis der ASAS-Klassifikationskriterien von Interesse: Diese wurden, sehr ähnlich zur Originalpublikation [24], von 89,9 % der axSpA-Patienten, aber auch von 15,6 % der Non-axSpA-Patienten erfüllt; dies entspricht der bisher in den meisten Studien gefundenen Sensitivität und Spezifität.

Die wichtige Rolle der Bildgebung und des HLA-B27 wird durch diese Studie bestätigt. Diese Kombination (positive Bildgebung und HLA-B27+) sowie die Kombination mit entzündlichem Rückenschmerz hatte entsprechend die höchste Likelihood Ratio für das Vorliegen der Diagnose axSpA ergeben.

Wie bereits in früheren Studien [9, 10, 13, 17, 21, 27] gezeigt, funktionieren die Eingangskriterien Chronizität (>3 Monate) und früher Beginn (<45 Jahre) wahrscheinlich schon ziemlich gut zur Vorselektion von Patienten mit axSpA.

Ein optimales Zuweisungssystem ist aus mehreren Gründen wichtig: (i) Zum einen kann der Rheumatologe aus Kapazitätsgründen nicht mehr als 2 bis 3 Patienten mit chronischem Rückenschmerz sehen [31], um bei einem Patienten die Diagnose axSpA zu sichern, und (ii) zum anderen ist ein solches für die Erreichung von etablierten Versorgungszielen [15] und v. a. die Früherkennung notwendig. Dazu gehört neben der möglichst zeitnahen Diagnosesicherung auch der frühe Einsatz einer effektiven antientzündlichen Therapie z. B. mit nichtsteroidalen Antiphlogistika [3]. Auch in dieser Studie zeigte sich die diskriminatorische Kapazität dieser Substanzen für die Diagnosestellung der axSpA [1]. Durch den Einsatz von z. B. TNF-Blockern können gerade in frühen Krankheitsphasen langfristig die besten Ergebnisse erzielt werden [4, 15]. So kann durch eine konsequente antiinflammatorische Therapie die Knochenneubildung reduziert werden [16, 23].

Zusammengefasst gab es keine übereinstimmende Sichtweise hinsichtlich des Vorliegens der verschiedenen für entzündlichen Rückenschmerz wichtigen Parameter zwischen Primärversorgern und rheumatologischen Fachärzten. Während die AWARE-Parameter von sehr vielen Patienten in beiden Gruppen (axSpA und non-axSpA) positiv angegeben wurden (mit nur geringem Unterschied zwischen den Gruppen), divergierte die Einschätzung des Rheumatologen hinsichtlich des Vorliegens von entzündlichem Rückenschmerz deutlich. Im Studienprotokoll war keine dezidierte rheumatologische Überprüfung der Stimmigkeit der AWARE-Fragen vorgesehen.

In laufenden Studien wird jetzt die etwas später entwickelte ebenfalls datenbasierte Zwei-Phasen-Strategie zur Identifikation von axSpA-Patienten [10] weiter untersucht. Diese beinhaltet zunächst die Klärung von 3 klinischen Fragen (beidseitige Gesäßschmerzen, Besserung bei Bewegung und Psoriasis) und anschließend, falls notwendig, die HLA-B27-Bestimmung. Mit diesem abgestuften Modell könnten wahrscheinlich erhebliche Kosten eingespart werden, da das Risikogen HLA-B27 nicht bei allen Patienten mit Rückenschmerzen bestimmt werden muss.

Fazit für die Praxis

Um die Früherkennung von Patienten mit axSpA in der Primärversorgung zu verbessern, sind einfache Facharztüberweisungssysteme erforderlich. Die initial wichtigsten Parameter sind zunächst der frühe Beginn und die Chronizität (>3 Monate). In dieser Studie sollten die in einer früheren Studie identifizierten AWARE-Kriterien („Alter bei Beginn der Rückenschmerzen <35 Jahre“, „Wechselseitiger Gesäßschmerz“, „Ansprechen auf nichtsteroidale Antirheumatika [NSAR] innerhalb von 48 h“, „Regung/Bewegung bringt Besserung“, „Erwachen in der zweiten Nachthälfte aufgrund der Rückenschmerzen“) evaluiert werden. Dies gelang nur zum Teil, da in der Kontrollgruppe auch viele Parameter positiv angegeben worden waren. Das Grundkonzept der Herangehensweise hat aber wie schon in früheren Studien funktioniert, denn bei fast 40 % der von Rheumatologen gesehenen Patienten wurde eine axSpA diagnostiziert.