Virale Arthritiden und Vaskulitiden spielen in der Rheumatologie eine wichtige Rolle und müssen differenzialdiagnostisch v. a. bei akuten Polyarthritiden und Vaskulitiden sowie im Zusammenhang mit typischen anamnestischen Angaben wie Fieber, Virusinfekten in der Umgebung, Fernreisen oder bei Risikopopulationen erwogen werden.

Eine virale Ätiologie wird in ca. 1 % aller Fälle mit akuter Polyarthritis vermutet [11]. Zu den arthritogenen Viren gehören Parvovirus B19, Rötelnvirus, Hepatitis-B-Virus (HBV) und Hepatitis-C-Virus (HCV), humanes Immundefizienzvirus (HIV) und die Alphaviren. Sehr selten gehen auch Infektionen mit Zytomegalieviren (CMV), Epstein-Barr-Virus (EBV) und Adenoviren mit flüchtigen Arthritiden einher, worauf im Folgenden aber nicht näher eingegangen wird. In Ostasien spielt zudem das humane T‑cell-lymphotropic-Virus I (HTLV-I) eine ätiologische Rolle. Einige dieser viralen Arthritiden können eine frühe rheumatoide Arthritis (RA) imitieren, sind aber selbstlimitierend und heilen meist nach wenigen Wochen folgenlos aus.

Weltweit spielen zahlenmäßig die Arthritiden durch Parvovirus B19, HBV, HCV, HIV und die Alphaviren die größte Rolle. Virusinduzierte Vaskulitiden können durch CMV, HIV, HBV, HCV und Parvovirus B19 verursacht werden (Tab. 1). In den meisten Fällen virusassoziierter Arthritiden und Vaskulitiden ist der Pathomechanismus noch unzureichend verstanden. Die direkte Virusinfektion synovialer oder endothelialer Zellen kann zu entzündlichen Reaktionen über lytische Effekte, zytotoxische T‑Zellen, Immunkomplexbildung oder Induktion proinflammatorischer Zytokine führen. Ein alternativer, die vorgenannten direkten Viruseffekte aber nicht ausschließender Mechanismus, könnte in der Induktion von Autoimmunreaktionen liegen über molekulares Mimikry, Bystander-Aktivierung oder „epitope spreading“ [26].

Tab. 1 Häufige Viren, die mit einer Arthritis und/oder einer Vaskulitis assoziiert sein können

Parvovirus B19

Parvovirus B19, ein kleines Einzelstrang-DNS-Virus ohne Virushülle, ist der Erreger von Erythema infectiosum (Ringelröteln), das bei knapp 3 % der infizierten Kinder mit Arthralgien einhergeht. Bei intrauterinen Infektionen kann es zu einem Hydrops fetalis kommen. Etwa 30 % der Parvovirus-B19-Infektionen verlaufen stumm. Gelenkschmerzen und Arthritiden stellen das häufigste klinische Symptom der primären Parvovirus-B19-Infektion im Erwachsenenalter dar (bei 60 % der infizierten Frauen und 30 % der infizierten Männer). Hautveränderungen sind bei Erwachsenen deutlich seltener und uncharakteristisch. Es wird vermutet, dass die Arthritis eine immunvermittelte Genese hat, da sie mit dem Auftreten zirkulierender Antikörper im Serum zusammenfällt. Die Gelenksymptome manifestieren sich als akute moderate bis schwere, nichterosive Polyarthritis mit Beteiligung der Metakarpophalangealgelenke (75 %), Kniegelenke, Hand- und Sprunggelenke sowie einer signifikanten Morgensteifigkeit [17].

Bei mehrwöchigem Verlauf einer Parvovirus-B19-Arthritis erfüllen ca. 50 % der Patienten formal die ACR (American College of Rheumatology)-Kriterien zur Klassifikation einer RA [14]. Hinzu kommt, dass bei Parvovirus-B19-Erkrankungen serologisch nicht selten Autoantikörper wie Rheumafaktoren, antinukleäre und DNS-Antikörper nachgewiesen werden. Die Parvovirus-B19-Arthritis hat einen selbstlimitierten Verlauf von wenigen Wochen, gelegentlich auch von Monaten, wird aber nicht chronisch. In einer klinischen Langzeit-Follow-up-Untersuchung berichtete keiner von 54 Patienten mit gesicherter Parvovirus-assoziierter Arthralgie oder Arthritis über persistierende Gelenkschwellungen oder Funktionseinschränkungen über mehr als 1 Jahr, und auch klinisch rheumatologisch konnte kein Fall von persistierender entzündlicher Gelenkerkrankung nachgewiesen werden [25].

Die Gelenksymptome manifestieren sich als akute moderate bis schwere, nichterosive Polyarthritis

Patienten mit angeborener oder erworbener Immunschwäche sind häufig nicht in der Lage, den Erreger zu eliminieren. Dadurch stellen z. B. Patienten mit Organtransplantationen, HIV-Infektion, bestimmten hämatologischen Grunderkrankungen, Chemotherapie oder Immunsuppression eine besondere Risikopopulation hinsichtlich einer persistierenden Parvovirus-B19-Infektion dar. Diese kann sich unter dem Bild einer transienten aplastischen Krise, einer Pure-red-cell-Aplasie (PRCA) oder auch schweren chronischen Anämien präsentieren [8]. Typisch sind verminderte Retikulozytenzahlen und der Nachweis von Riesenproerythroblasten als Zeichen einer gestörten Erythrozytenreifung, wohingegen Granulopoese und Megakaryopoese normal sind. Die Vermehrung des Virus in erythrozytären Vorläuferzellen des Knochenmarks, im Besonderen den sog. „erythroid burst forming units“ (BFU-E) sowie „erythroid colony forming units“ (CFU-E), führt zur lang anhaltenden Hemmung der Erythropoese [27]. Besteht der Verdacht auf eine chronisch aktive Parvovirus-B19-Infektion bei PRCA bzw. immunsupprimierten Patienten, ist ein Parvovirus-B19-DNS-Nachweis mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) notwendig, da die Infizierten keine adäquate Antikörperantwort entwickeln können [8].

Rötelnvirus

Neuerkrankungen an Röteln und damit auch die Zahl Röteln-induzierter Arthritiden sind in den letzten Jahren Dank der Impfungen im Kindesalter zurückgegangen. Das typische Rötelnexanthem entwickelt sich nach einer 14- bis 21-tägigen Inkubationszeit und ist mit erhöhten Temperaturen, Krankheitsgefühl und einer zervikookzipitalen, retroaurikulären Lymphknotenschwellung verbunden. Infektionen können aber auch asymptomatisch verlaufen. Arthralgien und Arthritiden manifestieren sich typischerweise bei infizierten erwachsenen Frauen und beginnen 1 Woche vor Ausbruch des Exanthems. Die symmetrische oder migratorische Polyarthritis (häufig Metakarpophalangeal- und proximale Interphalangealgelenke, Hand-, Knie- und Sprunggelenke) mit deutlicher Morgensteifigkeit kann einige Tage bis zu 2 Wochen anhalten.

Die Diagnose wird gestellt durch den Nachweis Röteln-spezifischer IgM-Antikörper oder eine Serokonversion zu IgG. Rötelnimpfungen können mit Postvakzinationssymptomen (2 Wochen nach Impfung beginnend und knapp 1 Woche anhaltend) wie Arthralgien, Myalgien, Arthritiden und Parästhesien einhergehen.

Hepatitis-B-Virus

HBV, ein ca. 42 nm großes doppelsträngiges DNS-Virus, wird parenteral (Blut, Blutprodukte) und sexuell übertragen. Die Inkubationszeit beträgt 34 bis 120 Tage. In der präikterischen, maximal virämischen Prodromalphase (einige Tage bis zu 1 Monat bis zum Auftreten des Ikterus) können Fieber, Myalgien, Abgeschlagenheit, Übelkeit und Erbrechen das klinische Bild bestimmen. Die HBV-Arthritis tritt typischerweise in dieser Prodromalphase und häufig in Assoziation mit einem urtikariellen oder makulopapulösen Hautexanthem auf und bessert sich mit Einsetzen des Ikterus. Das Gelenkbefallsmuster ist polyartikulär symmetrisch, auch migratorisch, wobei die Hände und Kniegelenke mit teigigen Schwellungen am häufigsten betroffen sind [1].

Das Gelenkbefallsmuster ist polyartikulär symmetrisch, auch migratorisch

Die akute HBV-Arthritis gilt ebenso wie die mit einer chronischen HBV-Infektion assoziierte Vaskulitis (Panarteriitis nodosa) als Beispiel einer immunkomplexvermittelten Erkrankung. Die Immunkomplexe enthalten HBs-Antigen, Antikörper und Komplement. Der Rheumatologe sollte bei der Trias einer akuten Polyarthritis, Urtikaria und erhöhten Transaminasen an die akute Hepatitis B denken. Die weitere Sicherung der Diagnose erfolgt durch serologische Testungen auf HBsAg, HBeAg, Anti-HBc und Anti-HBc-IgM. Der Nachweis von HBV-DNS mittels PCR zeigt die Virusreplikation/Viruslast an. Rheumafaktoren, nicht aber Antikörper gegen zyklische citrullinierte Peptide (CCP-Ak), sind häufig positiv. Neben einer Panarteriitis nodosa kann sich im Rahmen einer chronischen HBV-Infektion eine kryoglobulinämische Vaskulitis manifestieren, allerdings seltener als bei chronischer Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion.

Hepatitis-C-Virus

HCV ist ein hepatotropes RNS-Virus, das parenteral übertragen wird, v. a. durch i. v.-Drogenabusus und – bis in die frühen 1990er-Jahre – durch Bluttransfusionen. Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko einer HCV-Infektion auf. Die meisten erwachsenen HCV-infizierten Patienten (55–85 %) entwickeln eine chronische Hepatitis [10]. Gelenksymptome im Zusammenhang mit einer HCV-Infektion können in verschiedenen Formen auftreten:

  • eine Arthritis in direktem Zusammenhang mit HCV (HCV-assoziierte Arthritis),

  • eine Arthritis in Assoziation mit einer HCV-induzierten gemischten Kryoglobulinämie,

  • eine koexistente Arthritis ohne ursächlichen Zusammenhang mit HCV,

  • eine autoimmune Arthritis, die durch die antivirale Therapie mit Interferon-α (IFN-α) induziert wurde [26].

Zudem leiden viele HCV-Patienten an einem sekundären Fibromyalgiesyndrom mit Fatigue sowie einem Sicca-Syndrom. Die HCV-assoziierte Arthritis im engeren Sinne kann im Rahmen einer akuten HCV-Infektion als akute Oligo- oder Polyarthritis mit rheumatoidem Verteilungsmuster mit Befall der kleinen Fingergelenke, Handgelenke, Schultern, Knie- und Hüftgelenke auftreten. Bei 38 % der Patienten mit HCV-Arthritis finden sich positive Rheumafaktoren, wohingegen CCP-Ak bei diesen Patienten nicht nachweisbar sind [3] und auch die RA-typischen Symptome wie Morgensteifigkeit von mehr als 1 h, Rheumaknoten und radiologische Erosionen fehlen.

Die Labordiagnostik der HCV-Infektion erfolgt über den Nachweis von HCV-Antikörpern mittels Immunoassay bzw. durch die Bestimmung der HCV-RNS mittels PCR. Bei chronischen Verläufen der HCV-Infektion dominiert das vaskulitische Syndrom der gemischten Kryoglobulinämie, in dessen Rahmen neben Arthralgien und Arthritiden eine leukozytoklastische kutane Vaskulitis, Myalgien, eine membranoproliferative Glomerulonephritis, Polyneuropathien und andere vaskulitische Manifestationen auftreten können [16]. Kryoglobuline lassen sich bei ca. der Hälfte aller chronisch HCV-infizierten Patienten nachweisen, das klinische Syndrom der kryoglobulinämischen Kleingefäßvaskulitis (Abb. 1) entwickeln hingegen nur ca. 5 % der Patienten [6]. Es wurde gezeigt, dass durch eine gesteigerte B‑Zell-Aktivität und die Ablagerung von Immunkomplexen, bestehend aus Rheumafaktoren, polyklonalem IgG mit oder ohne HCV-Antigen, in kleinen Blutgefäßen ein immunpathologischer Prozess in Gang gesetzt wird [16, 20].

Abb. 1
figure 1

Kryoglobulinämische Vaskulitis (Haut des Oberschenkels) bei einem Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Virusinfektion

Humanes Immundefizienzvirus Typ 1

Die akute HIV-Infektion manifestiert sich mit einem klinischen Bild, das einer infektiösen Mononukleose ähnelt und mit grippalen Beschwerden, Myalgien und Arthralgien einhergeht. Bei chronischer HIV-Erkrankung werden Arthritiden mit direktem Zusammenhang zum HIV beobachtet und als „idiopathische oder HIV-assoziierte Arthritiden“ bezeichnet. Es handelt sich um asymmetrische, nichterosive Oligoarthritiden mit Bevorzugung der unteren Extremitäten, die in der Regel nach 2 bis 6 Wochen spontan ausheilen [2], sehr selten auch symmetrische Polyarthritiden. Eine Sonderform der HIV-assoziierten Arthritis stellt das „painful articular syndrome“ dar mit ausschließlicher Manifestation sehr starker Gelenkschmerzen im Bereich der Knie- und Sprunggelenke und einer Dauer von Stunden bis zu wenigen Tagen [19] Bestimmte rheumatische Erkrankungen, nämlich solche aus dem Formenkreis der Spondyloarthritiden, können sich nach einer HIV-Infektion erstmals klinisch manifestieren. Dies sind zum einen reaktive Arthritiden, die vornehmlich bei HIV-positiven homosexuellen Männern unter dem Bild eines Reiter-Syndroms mit Urethritiden, Augenentzündungen und mukokutanen Veränderungen auftreten [24]. Gehäuft wurden zudem eine Arthritis bzw. Enthesitis psoriatica sowie undifferenzierte Spondyloarthritiden beobachtet. Das ungewöhnlich häufige Auftreten der zuvor in der afrikanischen Bevölkerung nahezu unbekannten Psoriasisarthritis (PsA) in Sambia unter HIV-Infizierten – zudem in schweren Verlaufsformen [15] – lässt einen Zusammenhang zwischen Erstmanifestationen der PsA und dem CD4-Immundefekt vermuten. Bei Patienten mit vorbekannter rheumatoider Arthritis kann es hingegen nach HIV-Infektion und zunehmender CD4-Depletion zu spontanen Remissionen der Arthritis kommen. Als weitere rheumatische Syndrome werden bei HIV-Infizierten Morbus-Sjögren-artige, Lupus-like-Syndrome und inflammatorische Myopathien beobachtet.

HIV kann zudem mit einem weiten Spektrum von Vaskulitiden einhergehen. So wurden Großgefäßvaskulitiden der Aorta, der A. femoralis und A. carotis durch eine direkte Gefäßwandinfektion mit der Folge von Aneurysmen oder Gefäßverschlüssen beschrieben. Bekannt sind zudem systemische nekrotisierende Vaskulitiden (Panarteriitis-nodosa-ähnlich), Hypersensitivitätsangitiden (leukozytoklastisch, eosinophil, Erythema-nodosum-artig), angiozentrisch immunproliferative Vaskulitiden, primäre ZNS-Angitiden und „unspezifische“ Vaskulitisformen [5]. HIV-assoziierte rheumatische bzw. vaskulitische Syndrome sind in der Praxis häufig nur schwierig von opportunistischen Infektionen abzugrenzen.

Durch Stechmücken übertragene arthritogene Viren

Infolge des Fernreisetourismus und zuletzt auch der Berichterstattung im Rahmen der Olympischen Spiele in Brasilien kommen Infektionen mit von Stechmücken übertragenen Viren vermehrt in das Bewusstsein europäischer Tropenmediziner und auch Rheumatologen [11]. Aus rheumatologischer Sicht haben die arthritogenen Alphaviren Ross-River-Virus und Chikungunya-Virus (CHIKV) die größte Bedeutung und sind auch am besten untersucht. Die klinische Symptomatik dieser Alphavirus-Erkrankungen wird bestimmt durch Fieber, grippale Symptome, Exanthem und Polyarthritis, die einzelnen Symptome können aber auch milde oder flüchtig auftreten. Die Diagnose erfordert den Nachweis spezifischer IgM-Antikörper mittels ELISA und/oder die Virusisolation mittels Virusneutralisationstests oder PCR (Nachweis der Virus-RNS).

Da spezifische Therapien nicht zur Verfügung stehen, werden nur symptomatisch wirksame Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika oder Analgetika, gelegentlich im Falle länger dauernder Arthritiden (CHIKV) auch Steroide eingesetzt. Wegen der Ähnlichkeit der klinischen Symptome (Tab. 2) und der geografischen Verteilung des CHIKV mit dem Zika-Virus (ZKV) und Dengue-Virus sollten allerdings bei vermuteter ZKV- oder CHIKV-Infektion nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Acetylsalicylsäure erst dann eingesetzt werden, wenn Dengue ausgeschlossen wurde, um hämorrhagische Komplikationen zu verhindern [22]. Dengue und ZKV verursachen allerdings keine Arthritiden, sondern Arthralgien.

Tab. 2 Klinische Manifestationen von Virusinfektionen mit Chikungunya, Zika und Dengue. (Nach [22])

Ross-River-Virus

Das Ross-River-Virus (RRV) ist in Australien, Papua-Neuguinea, Neuseeland, Ostindonesien und einigen pazifischen Inseln endemisch (pro Jahr ca. 9000 neu Infizierte) und wird durch Mückenstiche übertragen. Der wichtigste Vektor ist Aedes (A.) vigilax in Australien. Die Erkrankungen treten sporadisch oder in kleineren lokalen Epidemien auf. Eng verwandt mit dem RRV und in den gleichen Regionen endemisch ist das Barmah-Forest-Virus. Die meisten Infizierten haben sehr milde oder keine Symptome, während 10–30 % eine akute Erkrankung mit Exanthem (einschließlich Befall der Hände und Füße), Allgemeinsymptomen (Fieber, Kopfschmerzen, Lichtscheu, protrahierte Abgeschlagenheit) und rheumatischen Symptomen entwickeln [13]. Letztere weisen ein breites Spektrum auf von Schmerzen und Steifigkeit in den Gelenken und paraartikulär, Schwellungen der Gelenke und Sehnenscheiden. Am häufigsten sind die Gelenke der unteren Extremität befallen. Die Beschwerden können über 1 bis zu 8 Wochen bestehen, eine allgemeine Steifigkeit und rezidivierende Arthralgien persistieren gelegentlich noch länger.

Chikungunya-Virus

Das CHIKV, ein einsträngiges RNS-Virus, wird ebenfalls von Stechmücken (A. aegypti und in den letzten Jahren auch A. albopictus) übertragen. Seit ca. 2006 wurde ein epidemiologischer Shift beobachtet vom ursprünglichen Ausbreitungsgebiet in Afrika und Asien hin zu Inseln des Indischen Ozeans und zum indischen Festland. Während derselben Periode kam es zu Krankheitsfällen von Reiseheimkehrern nach Europa und in die USA [4, 23]. Zugleich war zu beobachten, dass der Vektor für CHIKV zunehmend von A. aegypti auf A. albopictus wechselte, eine Stechmücke, die auch im Westen weit verbreitet ist. Im Jahr 2007 kam es zu einer lokalen Epidemie in Norditalien in der Region von Ravenna mit nahezu 200 möglichen Fällen, die auf einen infizierten Reiseheimkehrer zurückverfolgt werden konnten, mit nachfolgender Verbreitung des Virus über die A.-albopictus-Mücke [18]. Später kam es zu einer lokalen Epidemie in Südfrankreich. Seit Ende 2013 ist die CHIKV-Erkrankung weltweit deutlich stärker prävalent mit mehr als 1,3 Mio. Fällen einschließlich 2400 US-Amerikanern (zumeist Reiserückkehrer).

Nahezu alle CHIKV-Infizierten entwickeln eine Polyarthritis

Aus Sicht des Rheumatologen ist interessant, dass nahezu alle CHIKV-infizierten Individuen eine Polyarthritis entwickeln, die zwar in der Regel kurz andauert, aber klinisch sehr schwer und schmerzhaft verlaufen kann. Die Erkrankung verläuft in 2 Phasen mit Fieber, einem Rumpfexanthem, Konjunktivitis, Myalgien und symmetrischen Polyarthralgien/Polyarthritiden (Hände, Handgelenke, Zehen, Sprunggelenke) in der ersten, frühen Phase (<10 Tage). Typisch sind zudem Ödeme des Gesichts und der periartikulären Weichteile, Rückenschmerzen und im Labor erhöhte Transaminasen, γ‑GT sowie CK und LDH. Auch Leukopenien und Thrombopenien werden beobachtet. In der zweiten Phase (>10 Tage) leiden die meisten Patienten unter persistierenden Gelenkbeschwerden mit Arthritiden der Fingermittelgelenke, Tenosynovitiden der Handgelenke und Finger oder einem Karpaltunnelsyndrom. Diese arthritische Phase kann bis zu mindestens 6 Monaten anhalten, und es ist offensichtlich, dass dieses Krankheitsbild eine rheumatoide Arthritis imitieren kann [12]. In einer Studie an 180 Patienten von der Insel Reunion mit virämischer Chikungunya-Infektion klagten nach 36 Monaten noch 60 % der Betroffenen über Arthralgien [21].

Sindbis-Virus

Weniger bekannt ist, dass auch in Nordeuropa ein durch Stechmücken übertragenes Alphavirus mit epidemischer Ausbreitung, das Sindbis-Virus, eine Polyarthritis induzieren kann. Diese rheumatische Erkrankung ist in Finnland unter dem Namen Pogosta, in Schweden als Ockelbound im russischen Teil Skandinaviens als Karelisches Fieber bekannt. Typische Symptome sind ein ca. 4 Tage anhaltendes makulopapulöses Exanthem, das häufig das Gesicht ausspart, mit Abgeschlagenheit und erhöhten Temperaturen, gefolgt von einer Polyarthritis mit schmerzhaften Gelenkschwellungen, die mehrere Wochen oder Monate anhalten kann. Im Sommer 2009 wurden erstmals in Deutschland in der Hochrheinebene Sindbis-Viren in Stechmücken nachgewiesen [9].

Zika-Virus

Das ZKV ist ein Flavivirus, das dem Dengue-Virus verwandt ist und ebenfalls von Aedes-Stechmücken übertragen wird. Vor 2015 gab es ZKV-Ausbrüche in Afrika, den pazifischen Inseln und Südostasien. Der aktuelle große, pandemische Krankheitsausbruch begann in Brasilien und breitete sich auf große Teile von Süd- und Mittelamerika und die karibischen Inseln aus [7, 22], zuletzt wurden auch Infektionen in Florida beobachtet. Obwohl die Übertragung im Wesentlichen über Stechmücken als Vektoren erfolgt, gibt es auch Berichte über sexuelle Transmission und Übertragung durch Blutkonserven, zudem ist die intrauterine Übertragung möglich. Besorgniserregend war die Beobachtung, dass sich epidemieartig in Brasilien eine Häufung fetaler Mikrozephalien zeigte mit einer 20-fach gesteigerten Inzidenz von 2014 auf 2015, was mit einer Zika-Infektion der Schwangeren assoziiert wurde [7]. Die Infektion verläuft ansonsten in den meisten Fällen asymptomatisch oder mild. Die klinischen Symptome mit akutem fieberhaftem Beginn, makulopapulärem Exanthem, Arthralgien, einer nichteitrigen Konjunktivitis und auch Extremitätenödemen können Tage bis zu 1 Woche anhalten [7], Todesfälle sind sehr selten.

Fazit für die Praxis

  • Der häufigste Erreger akuter Polyarthritiden in Europa ist Parvovirus B19, wohingegen Röteln und Hepatitisviren als Ursache von Arthritiden an Bedeutung verloren haben.

  • Als Folge des internationalen Tourismus sind durch Mückenstiche übertragene arthritogene Alpha- und Flaviviren in den Fokus des Interesses geraten.

  • Arthritis oder Vaskulitis können klinische Erstmanifestationen von Infektionen wie Hepatitis B, C oder HIV sein.

  • Virale Arthritiden sind meist selbstlimitierend, benötigen aber wegen starker Schmerzen symptomatische Therapien. Chikungunya-Viren können allerdings auch chronische, rheumatoide Arthritis-ähnliche Arthritiden induzieren.