Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Themenschwerpunkt dieser Ausgabe der Zeitschrift für Rheumatologie widmet sich den erregerbedingten rheumatischen Erkrankungen. Die 3 hier ausgewählten Beiträge können nur einige wichtigen Aspekte des großen klinischen Formenkreises „Rheuma und Infektionen“ beleuchten. Dieses sind die infektiösen (septischen) Arthritiden und Spondylitiden, die immer einen rheumatologischen bzw. orthopädischen Notfall darstellen, zudem die reaktiven Arthritiden und schließlich die viralen Arthritiden und Vaskulitiden. Das Thema „Rheuma und Infektionen“ spielt in der rheumatologischen Praxis und Klinik mindestens ebenso häufig eine Rolle, wenn es um Diagnostik und Therapie infektiöser Komplikationen rheumatischer Erkrankungen unter Therapie mit Kortikosteroiden oder anderen Immunsuppressiva geht.

Wichtig ist die Frage, bei wem und in welchem Umfang eine serologische Erregerdiagnostik durchgeführt werden sollte

Im Alltag stellt sich bei Patienten mit früher Arthritis die Frage, bei wem und in welchem Umfang eine serologische Erregerdiagnostik durchgeführt werden sollte. Dabei geht es nicht primär um die Einsparung potenziell teurer Untersuchungsmethoden. Vielmehr gilt es, Fehlinterpretationen von Einzelbefunden bzw. von Durchseuchungstitern und unnötige antibiotische Therapien zu vermeiden, wie sie nicht selten im Falle positiver Antikörperbefunde für Borrelien oder Yersinien durchgeführt werden. Für die reaktive Arthritis und die Lyme-Arthritis haben in dieser Zeitschrift bereits vor mehr als 10 Jahren Haibel et al. [1] einen in der Praxis sehr gut einzusetzenden diagnostischen Algorithmus publiziert. Die Kollegen haben auch in diesem Zusammenhang wieder betont, dass zur Diagnose einer reaktiven Arthritis weder ein Labortest noch die Kenntnis der Sensitivität und Spezifität des verwendeten Testsystems ausreicht. Es ist immer eine Kombination aus verschiedenen Parametern – und hier v. a. das klinische Erscheinungsbild – erforderlich, das von einem typischen Gelenkmanifestationsmuster und häufig auch extraartikulären Symptomen geprägt ist. Schließlich ist zur Beurteilung der Wertigkeit eines Tests auch die Kenntnis der angenommenen Häufigkeit der Krankheit in der jeweiligen Region (Prätestwahrscheinlichkeit) erforderlich.

Man weiß aus epidemiologischen Studien, dass eine virale Ätiologie für ca. 1 % aller akuten Arthritiden weltweit verantwortlich zu machen ist. Dabei zeigte sich in den vergangenen 10 Jahren eine Veränderung der Inzidenz bestimmter arthritogener Virusinfektionen, wie z. B. eine Abnahme der Rötelnarthritis infolge der Rötelnimpfprogramme zugunsten „neuer“, durch Stechmücken übertragener Alphaviren, die als Folge des weltweiten Tourismus und eines epidemiologischen Shifts gehäuft diagnostiziert werden. Somit ist bei Patienten mit akuter Arthritis eine Reiseanamnese ebenso wichtig wie die Identifikation von potenziellen Risiken, mit Kinderkrankheiten wie Parvovirus B19 oder Hepatitisviren und humanem Immundefizienzvirus (HIV) in Berührung zu kommen. Eine routinemäßige, ungezielte serologische Antikörperdiagnostik bei Patienten mit einer arthritischen Symptomdauer von weniger als 6 Monaten kann jedenfalls nicht empfohlen werden. So zeigte sich 2011 in einem französischen Studienkollektiv von 806 Früharthritispatienten, bei denen serologisch auf Parvovirus B19, Hepatitis-B-Virus (HBV) und Hepatitis-C-Virus (HCV) sowie HIV getestet wurde, dass in mehr als 70 % ein Durchseuchungstiter für Parvovirus B19 gefunden wurde. Eine virale Genese der Arthritis wurde hingegen nur bei 2 Patientinnen mit akuter Parvovirus-B19-, bei 3 Patienten mit HBV- und bei 5 Patienten mit HCV-Infektion gefunden, wobei die Patienten mit Hepatitisinfektion auch durch erhöhte Transaminasen auffielen [2].

Wie immer in der Medizin gilt auch für die Diagnostik der erregerinduzierten Arthritiden, dass eine gute Anamnese und das klinische Erscheinungsbild die Grundlage für die Beauftragung der nachfolgenden spezifischen Labortests sein sollten.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre

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Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden