Zervixkarzinome und andere Genitalkarzinome treten bei bestimmten Autoimmunerkrankungen, v. a. beim systemischen Lupus erythematodes (SLE), etwas häufiger auf. Dagegen ist die Inzidenz für andere gynäkologische Tumoren wie Mammakarzinom, Ovarialkarzinom und das Endometriumkarzinom bei Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen eher geringer [1, 2].

Allerdings wurde für Patientinnen mit rheumatoider Arthritis gezeigt, dass die Prognose eines Mammakarzinoms deutlich schlechter ist und mit erhöhter Mortalität einhergeht [3]. Daraus ergibt sich, dass eine effektive Screeningstrategie für diese Patientinnen besonders wichtig ist.

Das Immunsystem spielt bei der Tumorkontrolle eine bedeutende Rolle

Für die meisten gynäkologischen Tumoren existieren Hinweise, dass das Immunsystem bei der Tumorkontrolle eine bedeutende Rolle spielt. Welchen Einfluss immunsuppressive Medikamente oder Biologika-DMARDs („disease modifying antirheumatic drugs“) in diesem Prozess haben, ist schwer zu analysieren und nicht abschließend geklärt.

Aufgrund ihrer Häufigkeit werden in diesem Artikel das Mammakarzinom, das Zervixkarzinom und das Ovarialkarzinom behandelt. Das Endometriumkarzinom sowie das Vulva- und das Vaginalkarzinom finden keine Erwähnung.

Hintergrund

Mammakarzinom

In den letzten Jahren hat sich herauskristallisiert, dass auch beim Mammakarzinom – dem häufigsten Malignom der Frau – eine Immunabhängigkeit nachzuweisen ist, die für neue therapeutische Optionen genutzt werden kann. So gibt es beim metastasierten triple-negativen Mammakarzinom erste vielversprechende Ergebnisse zur Therapie der Erkrankung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab (PD1-Blockade) [4].

Kato et al. [5] haben am Beispiel der Nierentransplantation, die in der Regel im Vergleich zu Autoimmunerkrankungen eine intensivere Immunsuppression beinhaltet, die Situation im Hinblick auf das Mammakarzinom in einer aktuellen Arbeit beleuchtet. Mammakarzinome treten bei diesen Patientinnen nicht nur häufiger auf, sondern zeichnen sich auch oft durch ein aggressiveres Verhalten aus.

Zervixkarzinom

Das Zervixkarzinom gilt als der dritthäufigste genitale Tumor einer Frau in Deutschland. Glücklicherweise sinken bei diesem Tumor die Inzidenzen aufgrund einer effektiven Vorsorge und der Möglichkeit zur Vakzinierung gegen auslösende humane Papillomaviren (HPV). Die Impfung soll dabei die Entwicklung ausgehend von einer Infektion mit HPV über eine Vorstufe bis hin zum invasiven Karzinom verhindern.

Es ist zu befürchten, dass eine medikamentöse Immunsuppression – sicherlich in Abhängigkeit von der Intensität und der Präparatewahl – diesen Prozess ungünstig beeinflussen kann [6, 7]. So zeigt sich auch am Beispiel der Nierentransplantation ein stark erhöhtes Risiko für HPV-assoziierte Karzinome (14-fach für Zervixkarzinome, 50-fach für Vulvakarzinome und 100-fach für Analkarzinom) [8]. Das Zervixkarzinom stellt somit das gynäkologische Malignom mit dem am besten belegten Einfluss von Immunsuppression in der Karzinogenese dar.

Aufgrund der vorliegenden Beobachtungen scheint ein langjähriger Einsatz von Immunsuppressiva zumindest bei Patientinnen mit SLE das Risiko für zervikale Präkanzerosen zu erhöhen [9, 10]. Allerdings fand sich in einer aktuellen Analyse des dänischen Biologikaregisters und in 2 kleineren Studien unter Biologika kein erhöhtes Risiko einer Progression einer zervikalen Dysplasie oder eines zervikalen Carcinoma in situ in ein Zervixkarzinom [1113].

Ovarialkarzinom

Das Ovarialkarzinom stellt das zweithäufigste gynäkologische Malignom in unseren Breiten dar. Für seine Entstehung sind unter anderem genetische Dispositionen bekannt, deren Vorhandensein eine Hochrisikopopulation definiert. Da die Erkrankung oft erst in einem späteren Stadium diagnostiziert wird, ist meist von einer schlechten Prognose auszugehen. Bezüglich der Tumorentstehung gibt es einerseits Hinweise, dass das Immunsystem diese verhindert, andererseits kann ein entzündliches Tumormikromilieu auch zur Karzinogenese beitragen [14].

Tumorvorsorge

Mammakarzinom

Die klinische Untersuchung der Brust durch einen Arzt ist Bestandteil des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms ab dem 30. Lebensjahr.

Brustkrebs tritt am häufigsten zwischen der 6. und 7. Lebensdekade auf. Seit dem Jahr 2009 ist der Aufbau des nationalen Mammographie-Screeningprogramms mit wohnortnaher Versorgung abgeschlossen. Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr werden alle 2 Jahre zur Mammographie durch die jeweiligen Screeningeinheiten eingeladen. Das Screeningalter ist dem zweigipfligen Inzidenzmaximum des Mammakarzinoms geschuldet. Das nationale Mammographie-Screeningprogramm umfasst aber lediglich die Röntgenaufnahme der weiblichen Brust [15].

Modifikation der Vorsorgeempfehlungen bei immunsuppressiver oder immunmodulatorischer Therapie

Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keine speziellen Vorsorgeempfehlungen bei Patientinnen unter immunsuppressiver oder immunmodulatorischer Therapie, obschon diese vor dem Hintergrund der rezent erhobenen Daten zum Zusammenhang zwischen Tumor und Immunsystem möglicherweise als sinnvoll anzusehen wären.

Zervixkarzinom

Für ca. 75 % der zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN) als Vorstufe des Zervixkarzinoms sind die High-risk-HPV-Typen 16 und 18 verantwortlich. Die HPV-Infektion kann durch Impfung verhindert werden. In den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) vom August 2014 ist je nach verwendetem Impfstoff eine HPV-Impfung für Mädchen im Alter von 9 bis 14 (Cervarix®) bzw. 9 bis 13 Jahren (Gardasil®) vorgesehen. Es handelt sich um 2 Dosen im Abstand von 6 Monaten. Eine Nachholimpfung bei nicht geimpften oder unvollständig geimpften Mädchen kann gemäß dieser Empfehlung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (also bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag) stattfinden. Die vollständige Impfserie sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein. Für Frauen, die älter als 17 Jahre sind und keine Impfung gegen HPV erhalten haben, weist die STIKO darauf hin, dass sie ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren können. Es liege in der Verantwortung des Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen.

Es konnte gezeigt werden, dass die Impfung gegen HPV das Auftreten von zervikalen Präkanzerosen und von Zervixkarzinom reduziert. Es existieren sogar Hinweise, dass sich die Impfung bei bereits nachgewiesener HPV-Infektion günstig auf das Karzinomrisiko auswirken kann [17, 18].

In Deutschland soll ein jährliches Screening für Zervixkarzinom mittels Pap-Abstrich definitiv ab dem 20. Lebensjahr oder 3 Jahre nach Aufnahme des vaginalen Geschlechtsverkehrs beginnen [19]. Diese Empfehlungen gelten im Falle eines unauffälligen Pap-Abstriches dauerhaft. Bei Auffälligkeiten des Pap-Abstrichs kann den Empfehlungen gemäß der Münchner Nomenklatur III zur Einteilung der Pap-Abstriche gefolgt werden [20]. Je nach Pap-Befund wird zu zytologischen Kontrollen nach bestimmten Intervallen, zu Differenzialkolposkopien oder zur histologischen Sicherung geraten.

Modifikation der Vorsorgeempfehlungen bei immunsuppressiver oder immunmodulatorischer Therapie

Eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit nimmt zum Zervixkarzinom-Screening bei Immunsupprimierten Stellung und weist aber darauf hin, dass nur für HIV-Infizierte diesbezüglich eine suffiziente Datenlage existiert [21]. Diese Patientengruppe sollte nach Ansicht der Autoren nach Erstdiagnose alle 6 Monate im ersten Jahr gescreent werden und danach jährlich. In Analogie dazu wird ein Screening bei SLE-Patientinnen diskutiert, da für diese Population ebenfalls erhöhte Zervixkarzinomraten bekannt sind

Bezüglich der HPV-Impfung verweist die European League Against Rheumatism (EULAR) auf die besondere Bedeutung der Impfung bei SLE-Patientinnen und diskutiert eine Impfung bei Erwachsenen bis zum Alter von 25 Jahren. Die Impfung in dieser Altersgruppe ist unabhängig vom SLE in Studien gut belegt [22].

Ovarialkarzinom

Studien zum intensivierten Screening haben sich auch bei Risikopersonen nicht als effektiv erwiesen. Daher gibt es derzeit keine Empfehlung zur Vorsorge beim Ovarialkarzinom – weder in der Normalbevölkerung noch bei immunsupprimierten Patientinnen oder bei Hochrisikopersonen. Sollte eine familiäre Hochrisikosituation auf Basis einer bestimmten Mutation (BRCA1/2) nachgewiesen sein, kann nach abgeschlossener Familienplanung allerdings eine prophylaktische Adnexektomie beidseits unter Beachtung der veränderten Lebensqualität diskutiert werden [23].

Tumornachsorge

Zur Tumornachsorge bei gynäkologischen Malignomen existieren bislang keine validen Daten, die ein Abweichen vom üblichen Vorgehen bei Patientinnen mit rheumatisch entzündlichen Erkrankungen rechtfertigen würden. Allerdings sollte gerade dieses Patientenkollektiv zu einer besonders konsequenten Nachsorge motiviert werden, weshalb die etablierten Empfehlungen im Folgenden dargestellt werden.

Mammakarzinom

Die Nachsorge bei Mammakarzinom beginnt mit der abgeschlossenen lokoregionären Primärbehandlung. Sie besteht aus Anamnese, körperlicher Untersuchung, ärztlicher Beratung und Begleitung sowie bildgebender Diagnostik zur Erkennung eines lokoregionären Rezidivs. Bei auffälligem Befund wird die Nachsorge symptomorientiert konzipiert [15, 24, 25].

Bei symptomfreien Frauen nach abgeschlossener brusterhaltender Therapie ist zur Rezidivdiagnostik die regelmäßig vorzunehmende apparative Diagnostik (Mammographie, Sonographie) im Bereich der ipsilateralen Brust angezeigt [27, 28].

Die Tumornachsorge beim Mammakarzinom ist generell engmaschig und langfristig. In mindestens 75 % der Fälle erstreckt sich die durchgeführte antihormonelle Therapie über 5 bis 10 Jahre, sodass sich die Patientin diesbezüglich relativ lange in regelmäßiger fachärztlicher Kontrolle befindet.

Zervixkarzinom

Die geltende S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Zervixkarzinoms definiert unabhängig von einer bestehenden Immunsuppression Nachsorgeintervalle nach erfolgter Therapie ([29], Tab. 1). Es ist anzunehmen, dass bei Patientinnen mit rheumatischen Erkrankungen eine schlechtere Prognose der Tumorerkrankung als im Vergleichskollektiv besteht [30].

Tab. 1 Nachsorge nach Zervixkarzinom gemäß S3-Leitlinie: Obligate lokoregionäre Nachsorgeuntersuchungen und Intervalle

Ovarialkarzinom

Zur Tumornachsorge bei Patientinnen mit Zustand nach Ovarialkarzinom existieren ebenfalls Empfehlungen im Rahmen der S3-Leitlinie [23]. Die routinemäßige Tumormarkerbestimmung oder der routinemäßige Einsatz von apparativer Diagnostik erbringt hierbei allerdings keinen Vorteil bezüglich der Gesamtprognose der Erkrankung. Empfohlen sind eine regelmäßige sorgfältige Anamnese, die körperliche Untersuchung inklusive gynäkologischer Spiegel- und Tastuntersuchung, die rektale Untersuchung und die Vaginalsonographie.

Bezüglich der Frequenz der Nachsorgeuntersuchungen existieren keine einheitlichen Empfehlungen deutscher Fachgesellschaften. Daher bietet die unten stehende Tabelle der Schweizer Kollegen eine Orientierungshilfe für die Nachsorge beim Ovarialkarzinom (Empfehlungen gynäkologisch onkologische Nachsorge der AGO (Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie und Brustgesundheit) der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Stand März 2009, Tab. 2).

Tab. 2 Nachsorge nach Ovarialkarzinom gemäß S3-Leitlinie

Daten und Empfehlungen zur Immunsuppression oder DMARD-Therapie bei Malignomanamnese

Vor dem Hintergrund der Beobachtung, dass gerade für das Mammakarzinom die Rezidivrate nach Nierentransplantation mit 23 % besonders hoch erscheint, ist zumindest in den ersten 5 Jahren nach Karzinomdiagnose erhöhte Vorsicht bei immunsuppressiver Therapie geboten und eine strengere Indikationsstellung zu fordern [31]. Allerdings weisen immunsuppressive oder DMARD-Therapien in der Rheumatologie eine viel geringere Intensität auf als Therapieregime in der Transplantationsmedizin.

Raaschou et al. [32] haben Patientinnen mit rheumatoider Arthritis und vordiagnostiziertem Brustkrebs in den nationalen schwedischen Registern analysiert. Diejenigen Patientinnen, die eine TNF-Inhibitor-Therapie erhielten, zeigten keine höhere Tumorrezidivrate als Patientinnen, die konventionelle Basistherapeutika einnahmen. Allerdings betrug der mediane zeitliche Abstand zwischen Mammakarzinomdiagnose und dem Beginn der TNF-Inhibitortherapie 9,4 Jahre, und es ist anzunehmen, dass Patientinnen, die im Register dokumentiert wurden, vor TNF-inhibitorischer Therapie besonders sorgfältig in Bezug auf ein Mammakarzinomrezidivrisiko ausgewählt wurden.

In den ersten 5 Jahren nach Karzinomdiagnose ist erhöhte Vorsicht geboten

Im britischen Register zeigte sich bei Patientinnen ohne Malignomanamnese sogar ein Trend zu einem niedrigeren De-novo-Mammakarzinomrisiko unter TNF-Inhibitoren. In einer großen aktuellen Metaanalyse war das Risiko für inzidente Mammakarzinome ebenfalls nicht erhöht [33, 34].

Dennoch wird in der Literatur häufig bei stattgehabtem Mammakarzinom sogar ein Intervall von 10 Jahren zwischen Tumortherapie und immunsuppressiver bzw. Biologika-DMARD-Therapie diskutiert. Diese Empfehlung gründet lediglich auf die bekannte Neigung zu späten Rezidiven und nicht auf Studien, die Hinweise auf ein erhöhtes Rezidivrisiko bei kürzerem Intervall gezeigt hätten.

Ansonsten sei an dieser Stelle auf den Übersichtsvortrag von Schmalzing et al. in diesem Themenheft verwiesen.

Fazit für die Praxis

  • Studien weisen auf die Bedeutung des Immunsystems für die Tumorkontrolle bei gynäkologischen Tumoren hin. Bislang konnte aber nur für das Zervixkarzinom ein ungünstiger Einfluss einer medikamentösen Immunsuppression gezeigt werden. Biologika wirken sich bei dieser Entität dagegen nicht eindeutig tumorfördernd aus.

  • Das Risiko für gynäkologische Tumoren bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen scheint nur in Bezug auf das Zervixkarzinom v. a. bei SLE erhöht zu sein.

  • Generelle Screeningempfehlungen existieren für das Mammakarzinom und das Zervixkarzinom. Für das Zervixkarzinom muss ein besonders engmaschiges Screening unter Immunsuppressiva diskutiert werden.

  • Aufgrund der unzureichenden Datenlage empfiehlt sich zumindest in den ersten 5 Jahren nach kurativer Therapie eine sehr strenge Indikationsstellung zum Einsatz von Immunsuppressiva und Biologika bei gynäkologischen Tumoren.