Nach Hartwig Mathies und Hanns Kaiser ist der letzte der drei großen Rheumatologen von uns gegangen, die die Grundlagen unseres Fachgebiets in Deutschland geschaffen haben – Grundlagen, die wir heute als selbstverständlich ansehen.

Wer denkt denn heute noch daran, dass genau vor einem Vierteljahrhundert auf dem schönen Bensheimer Symposion zu Fritz Schillings (Abb. 1) 70. Geburtstag von ihm und seinen Mitstreitern der Anstoß für die Schaffung der heutigen Rheumazentren gegeben wurde?

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Fritz Schilling. (Mit freundl. Genehmigung des Archivs der DGRh)

Schon als Gründungsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga (1970) hatte er den Gedanken der partnerschaftlichen Beziehung zwischen Arzt und Patient verfochten, was ihm mit der Ehrenpräsidentschaft des Landesverbands Rheinland-Pfalz und mit der Goldenen Ehrennadel dieser Organisation gedankt wurde. Sein soziales Engagement würdigte man mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes.

Bereits zu dieser Zeit hatte er sich international einen Namen gemacht. Die grundlegende Monografie über die Röntgen-Symptomatik des Morbus Bechterew aus dem Jahr 1974, die wichtigen Arbeiten über Arthritis und Spondylitis psoriatica, die er zusammen mit Wolfgang Müller (Basel) verfasste, sowie der in mehreren Auflagen erschienene Titel „Differentialdiagnose rheumatischer Erkrankungen“ zeigen seine eminente praktische Erfahrung.

Diese nutzte man auch gern in der nach dem zweiten Weltkrieg sich entwickelnden Rheuma-Pädiatrie. Er wurde unentbehrlicher Konsiliarius in der Rheuma-Kinderklinik Garmisch. Seine enge Verbindung zur Rheumapathologie kam in der ebenfalls konsiliarischen Tätigkeit am WHO-Zentrum für Rheuma-Pathologie (ZRP), dem Institut seines Freundes Hans Georg Faßbender, in Mainz zum Ausdruck.

Fritz Schilling war in den Jahren 1985/86 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und organisierte einen denkwürdigen Kongress in seiner Vaterstadt Freiburg, auf dem er die damals namhaftesten Vertreter der deutschsprachigen Rheumatologie zusammenführte.

In dieser Stadt hatte er eine weitgehend sorgenfreie Kindheit und Jugend verlebt, die unmittelbar nach seiner Hochzeit mit dem Kriegsausbruch im Jahr 1939 ihr Ende fand. Es folgten die schweren Jahre im Feld und später, mit Hunger und Not, die in der Gefangenschaft, aus der er im Jahr 1947 gesundheitlich schwer geschädigt zurückkam. Als Medizinstudent in Mainz hatte er für eine ständig größer werdende Familie zu sorgen. Nach dem Staatsexamen prägten ihn einige Assistentenjahre bei Kurt Voit in der Medizinischen Universitätsklinik Mainz. Damals entstanden auch die ersten Kontakte zur Rheumatologie unter Alfons Gamp an der Spezialklinik in Bad Kreuznach. Hier war er in den Jahren von 1963 bis 1970 als Oberarzt und später, ab 1977, als Chefarzt tätig. Im Jahr 1973 erfolgte seine Habilitation. Für die folgenden 18 Jahre vertrat er an der Universität Mainz das Lehrfach Rheumatologie und erhielt dort im Jahr 1974 die Professur für Klinische und Radiologische Rheumatologie.

Nach seiner Emeritierung war die Frage, ob er aufhören oder weitermachen sollte, für Fritz Schilling keine wirkliche Alternative. Seine wissenschaftlichen Aktivitäten konzentrierten sich jetzt zunächst auf die chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis (CRMO), von der er in mehreren monografischen Darstellungen einige Unterformen näher beschrieb. Zuletzt widmete er seine Aufmerksamkeit einem in der Rheumatologie sonst selten behandelten Phänomen, dem Hypermobilitätssyndrom. In engem brieflichem Kontakt mit Betroffenen und ihren Selbsthilfegruppen der beiden seltenen Krankheitsbilder konnte er auch im hohen Alter noch seinem beruflichen Ideal, dem des mitfühlenden ärztlichen Ratgebers, gerecht werden. Neben den engeren fachlichen Anliegen vertrat Fritz Schilling in Diskussionen immer eifrig und engagiert die Standespolitik und medizinethische Fragen. Er machte sich dabei in seiner hartnäckigen, mitunter etwas schroffen Art nicht nur Freunde.

Schon im Jahr 1968 hatte er seine umfangreiche Fachbibliothek von 1200 Bänden und Tausenden von Sonderdrucken der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie übereignet. Mit der Gründung der Medizinhistorischen Sammlung Gommern-Vogelsang im Jahr 2002 und des Archivs der DGRh (2007) stimmte er deren Verlagerung dorthin zu und ergänzte sie später durch seinen gesamten Bestand an Manuskripten und Fotos. Damit wurde der Grundstein des Archivs wesentlich erweitert.

Fritz Schilling starb am 9. Juli 2014. Ein langes Leben hat damit seine Erfüllung gefunden. Es galt im Wesentlichen seiner Familie und der Rheumatologie. Seine Kollegen und ganze Patientengenerationen haben ihm viel zu verdanken. Wir wollen es nicht vergessen.