Mittels der übersetzten DAS-Versionen (Deutsch, Italienisch und Französisch) konnte eine Befragung der Schweizer Bevölkerung durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Studie lassen darauf schließen, dass gegenüber MmAD tendenziell eine positive und freundliche Haltung eingenommen wird, dass ein gutes Wissen über ADRD vorhanden ist und ein grundsätzliches Interesse am Thema existiert. Es zeigte sich, dass der Kontakt zu MmAD die affektiv-konative Einstellung zu MmAD entscheidend beeinflusst; sie weist einen positiven Zusammenhang mit dem Item vorhandener Kontakt auf. Auch die Einstellung zum Alter stellt einen wichtigen Faktor in Bezug auf die Einstellung zu MmAD dar. Personen, die Entwicklungsgewinne im Alter für möglich halten, zeigen bei beiden Komponenten der Einstellung zu MmAD eine positivere Haltung; sprich, sie haben höhere Werte bei der abhängigen Variable Kog-Index und niedrigere Werte bei der abhängigen Variable Aff.-Index. Jedoch sind die erklärten Varianzen der multivariaten Analysen eher niedrig, womit stärker wirkende unabhängige Variablen – die in dieser Studie nicht berücksichtigt wurden – für die Einstellungsskalen noch offenbleiben.
Dennoch zeigen die Ergebnisse der Studie, dass sowohl die kognitive als auch die affektiv-konative Komponente durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. So erwiesen sich die Prädiktoren Alter, erlebte Freuden, Kontakt zu MmAD, subjektive Informiertheit, Interesse am Thema Alzheimer und die Einstellung zum Alter (Entwicklungsgewinn oder -verlust) als signifikant für die Einstellung zu MmAD. Es gab jedoch große Unterschiede hinsichtlich der Vorhersagekraft bei den unabhängigen Variablen. Während Kontakt zu MmAD, Informiertheit und erlebte Freuden nur die affektive Komponente vorhersagen können, können Bildung und Geschlecht nur die kognitive Komponente vorhersagen. Da beide Komponenten offenbar durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden, ist deren Unterteilung also äußerst sinnvoll. Ältere Menschen zeigen bei beiden Komponenten eine negativere Einstellung als jüngere. Dies hat sich auch in anderen Studien gezeigt [17], die diesen Effekt auf das (Nicht‑)Vorhandensein von Ressourcen und auf Ressourcenveränderungen zurückführen.
Im Hinblick auf die Vorhersage der affektiv-konativen Einstellung zu MmAD ist der Kontakt zu diesen entscheidend. Menschen, die Kontakt zu MmAD haben, gaben weniger Ängste im Umgang mit MmAD an. Dies kann u. a. durch den „Mere-exposure“-Effekt [18] erklärt werden, nach dem sich die Einstellung durch die häufige Konfrontation mit einem Reiz – in diesem Fall MmAD – positiv verändert. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen vermuten, dass durch vermehrte Kontakte insbesondere irrationale Ängste abgebaut werden und so eine positivere Einstellung gegenüber MmAD entwickelt werden kann. Eine positive Beeinflussung der Einstellung zu MmAD könnte z. B. versucht werden zu generieren, indem das Thema ADRD in der Öffentlichkeit bekannter gemacht wird und der Kontakt zu MmAD (z. B. durch Kontaktmöglichkeiten im öffentlichen Räumen wie einem Museum [12]) gefördert wird. Auf diese Weise kann einer Stigmatisierung dieser Menschen weiter entgegengewirkt werden [2]. Projekte, durch die MmAD mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken, können dazu führen, dass sich die Einstellung der Bevölkerung ihnen gegenüber verbessert. In Zukunft sollte aber auch mehr Wissen über ADRD vermittelt werden, um auch auf diese Weise zu einer positiveren Einstellung beizutragen. Das könnte ein wichtiger Schritt sein – und zwar hin zu der von der Alzheimer’s Disease International gewünschten demenzfreundlichen Gesellschaft [2].
Limitationen. Neben den Stärken der nationalen Befragung der MmAD-bezogenen Einstellungslandschaft in der Schweiz sollten auch deren Limitationen benannt werden. Es fällt auf, dass bei der Regression der kognitiven Komponente der Einstellung als abhängige Variable deutlich weniger Personen miteinbezogen werden konnten. Dies ist besonders auf die Einstellungsaussage zurückzuführen, mit der eruiert werden sollte, ob MmAD kreativ sein können. Viele Personen gaben an, diese Frage nicht beantworten zu können. Es ist anzunehmen, dass diese Frage die Studienteilnehmer tendenziell überfordert hat.
Der ökonomischen Durchführbarkeit einer telefonischen Befragungsstudie halber wurde nicht die gesamte übersetzte Version der DAS, sondern die Kurzversion verwendet. Die Reliabilitätswerte der beiden Summenindizes ergaben schwache Reliabilitätswerte, jedoch wurden ähnliche Werte bereits bei Moor et al. [8] festgestellt. Die Reduktion der übersetzten DAS-Version auf jeweils 4 Items/Komponente ist also ein Unterfangen, das zwar eine ökonomischere Durchführung für eine telefonische nationale Befragung ermöglicht, sich aber etwas auf die Reliabilität auswirkt.
Die erklärten Varianzen der multivariaten Analysen sind eher gering, womit viele erklärende Faktoren für die Einstellungsskalen noch offenbleiben; weitere Studien sollten diese offenen Faktoren noch besser herausarbeiten.
Bei der durchgeführten Befragung handelt es sich um eine Querschnittsuntersuchung; Veränderungen innerhalb einer Person können daher nicht abgebildet werden. Für die weitere Forschung wäre es daher wünschenswert, individuelle Daten im Längsschnitt zu erheben, anhand derer die Einstellungsveränderung in Abhängigkeit von verschiedenen kontextuellen, zeit- und lebensgeschichtlichen Einflussfaktoren beobachtet werden könnte.