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Sozioökonomische Determinanten der Mortalität hochaltriger Männer in Österreich

Socioeconomic determinants of mortality for very old men in Austria

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Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Hintergrund

Während sozioökonomische Unterschiede in der Sterblichkeit im mittleren Lebensalter gut erforscht sind, ist über deren Ausmaß in der hochaltrigen Bevölkerung wenig bekannt. Surveys und Follow-up-Studien von Volkszählungen sind in dieser Altersgruppe mit Zuverlässigkeits- und Gültigkeitsproblemen behaftet.

Ziel der Arbeit

Durch Verknüpfung statistischer Informationen aus Registerdaten soll untersucht werden, in welchem Ausmaß bei hochaltrigen Männern in Österreich Sterblichkeitsunterschiede nach sozioökonomischen Variablen wie Bildung und Einkommen bestehen und inwieweit diese durch unterschiedliche Gesundheitszustände erklärbar sind.

Material und Methoden

Die Datensätze zu den bei der österreichischen Registerzählung 2011 erfassten Männern im Alter von 80 bis 99 Jahren werden um Informationen aus Steuer- und Sozialversicherungsdaten angereichert und mit den Sterbefällen im Zeitraum bis 5 Jahre nach der Zählung verknüpft. Relative Sterberisiken werden mittels Cox-Regression geschätzt. Der Gesundheitszustand wird durch die Pflegestufe operationalisiert.

Ergebnisse

Auch bei hochaltrigen Männern bestehen signifikante Mortalitätsunterschiede nach sozioökonomischem Status: Bei der Bildung zeigt sich ein kontinuierlicher Effekt, beim Einkommen ein Armutseffekt. Kontrolliert man neben dem Alter zusätzlich die Pflegestufe, zeigen sich keine sozioökonomischen Unterschiede mehr. Das höhere Sterblichkeitsniveau niedrig gebildeter bzw. einkommensschwacher hochaltriger Männer ist also Folge ihres schlechteren Gesundheitszustands.

Schlussfolgerung

Im Alter über 80 Jahren ist der Gesundheitszustand der relevante Einflussfaktor auf die Sterblichkeit. Maßnahmen zur Verringerung sozioökonomischer Mortalitätsunterschiede müssen also in früheren Lebensphasen ansetzen, um das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit in sozial benachteiligten Gruppen zu verringern.

Abstract

Background

Although socioeconomic differences in the mortality of middle-aged persons is well-researched, little is known about socioeconomic inequalities in mortality in the very old population. Surveys and population census follow-up studies in this age group are associated with reliability and validity problems.

Objective

The aim of the study was to investigate, by linking statistical information from register data, to what extent differences in mortality exist among very old Austrian men by socioeconomic variables (e.g. education and income) and if these can be explained by differences in health status.

Material and methods

The data records on men aged 80–99 years counted in the Austrian register-based population census from 2011 were augmented by information from tax and social security data and merged with deaths in a 5-year follow-up period. Relative mortality risks were estimated by Cox regression. The health status was operationalized by the standardized level of care.

Results

Even in very old men significant differences in mortality exist depending on the socioeconomic status. A systematic effect was found for education and a poverty effect for income. When controlling not just for age but also for the standardized level of care, no socioeconomic disparities in mortality were observed. The higher mortality risk for less educated and low income very old men is thus a result of a poorer health status.

Conclusion

At ages over 80 years the health status is the essential influencing factor on mortality. Measures to reduce socioeconomic disparities in mortality must therefore focus on earlier phases in life, in order to reduce the extent of care dependency among socially disadvantaged groups.

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Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Das österreichische Einkommensteuerrecht basiert auf dem Prinzip der Individualbesteuerung (anstelle der in den meisten Ländern üblichen Haushaltsbesteuerung). Aus den Steuerdaten ist also nur das persönliche (steuerpflichtige) Einkommen bekannt. Etwa 10 % der Frauen dieser Altersgruppe verfügen über kein eigenes Einkommen, wobei dieser Anteil mit steigendem Alter abnimmt (14 % bei den 80-Jährigen). Zudem macht bei Frauen in Paarbeziehungen das persönliche Einkommen oft nur einen geringen Teil des Haushaltseinkommens aus. Eine Operationalisierung des sozioökonomischen Status über das persönliche Einkommen wäre also bei den Frauen sehr ungenau. Schichtspezifische Differenzen in der Mortalität fallen bei den Männern in der Regel quantitativ größer aus als bei den Frauen, das grundlegende Muster ist jedoch vergleichbar [6, 7, 9]. Nicht zu verwechseln mit der schichtspezifischen Differenz innerhalb eines Geschlechts ist der generelle Mortalitätsunterschied zwischen den Geschlechtern; zu Letzterem: [12].

  2. Allgemeines Sozialversicherungsgesetz.

  3. In den Daten ist die Pflegestufe auch für einige Beamte enthalten, welche bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau versichert sind. Allerdings ist dies nur eine (zudem selektive) Teilmenge aller Beamten.

  4. Darunter ist zu verstehen, dass z. B. die zu einem bestimmten Zeitpunkt 90-Jährigen i. Allg. eine selektivere Population in Bezug auf die Ausgangskohorte darstellen als die zum selben Zeitpunkt 80-Jährigen im Vergleich zu ihrer Ausgangskohorte. Nicht damit zu verwechseln ist der Anstieg des Sterberisikos ein- und desselben Individuums mit zunehmendem Alter; dieser ist im vorliegenden Modell implizit im Baseline Hazard modelliert.

  5. In Anbetracht der gesetzlichen Regelung des Pflegegeldes ist jedoch von einer engen Korrelation zwischen Pflegegeldbezug und Gesundheitszustand auszugehen. Siehe dazu auch die Annahmen zur Kompression der Morbidität in [21].

  6. Anspruch auf Pflegegeld hat, wer über mindestens 6 Monate einen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 65 h im Monat hat. Die Einstufung richtet sich nach dem Umfang des Pflegebedarfs. Die Entscheidung über die zuerkannte Pflegestufe trifft der Versicherungsträger auf Basis eines Sachverständigengutachtens (Arzt/Ärztin, diplomierte Pflegefachkraft).

  7. Alternativ könnten bei einer Querschnittsaufnahme festgestellte Alterseffekte auch Kohorteneffekte sein. Es gibt jedoch keinen Hinweis, dass Kohorteneffekte hier von Bedeutung sind.

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Förderung

Diese Studie wurde im Rahmen des FACTAGE-Projekts (Fairer Active Ageing for Europe) im Rahmen des ersten Calls der Joint Programming Initiative „More Years, Better Lives“ vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung gefördert.

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J. Klotz, T. Göllner und N. Gumprecht geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.

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Klotz, J., Göllner, T. & Gumprecht, N. Sozioökonomische Determinanten der Mortalität hochaltriger Männer in Österreich. Z Gerontol Geriat 52, 130–138 (2019). https://doi.org/10.1007/s00391-019-01523-5

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