Zusammenfassung
In den kommenden Jahren wird erstmals eine größere Gruppe von Menschen mit geistiger Behinderung das Renteneintrittsalter erreichen. Im Zuge des Paradigmenwechsels sind die Leitideen Teilhabe, Selbstbestimmung und Inklusion immer mehr Grundlage für die ideologische und konzeptionelle Ausrichtung der Behindertenhilfe geworden. An vielen Stellen fehlt es jedoch an geeigneten Konzepten für Wohn- und Unterstützungsarrangements für Menschen mit geistiger Behinderung im Alter, insbesondere an Modellen jenseits von großen Komplexeinrichtungen. In diese Forschungslücke ist das im vorliegenden Beitrag dargestellte Forschungsprojekt „Lebensqualität inklusiv(e)“ einzuordnen: Auf der Grundlage einer Vorausschätzung der demographischen Entwicklung dieser Personengruppe, differenziert nach Wohnformen und den im zweiten Schritt identifizierten Anforderungen an das Älterwerden mit geistiger Behinderung, wurden Modellprojekte dokumentiert und evaluiert, um so erste Ideen für die Entwicklung von Wohn- und Unterstützungsarrangements zu erhalten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unumgänglich ist.
Abstract
In the coming years, a growing number of people with an intellectual disability will reach retirement age. In line with the change of paradigms, the leading ideas of participation, inclusion and self-determination have become the principles of the ideological and conceptual framework in social services for people with disabilities. However, in many places convincing concepts and arrangements of support for elderly people with intellectual disabilities are lacking, particularly beyond institutionalized concepts. The research project “Lebensqualität inklusiv(e)” (quality of life included) tries to bridge this gap. On the base of an estimation of the demographic development for this group of people, models of best practice have been documented and evaluated focusing on living conditions and the special requirements for elderly people with intellectual disabilities in order to gather ideas for the development of arrangements of support. The results show that an interdisciplinary cooperation is indispensable.
Notes
Ausgehend von einem biopsychosozialen Modell wird geistige Behinderung in diesem Beitrag als ein Zusammenspiel unterschiedlicher (individueller, biologischer und sozialer) Faktoren verstanden, die eine kognitive, lebenslange Beeinträchtigung zur Folge haben.
Eine detaillierte Beschreibung des methodischen Vorgehens findet sich bei Dieckmann et al. [2].
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Schäper, S., Graumann, S. Alter(n) als wertvolle Lebensphase erleben. Z Gerontol Geriat 45, 630–636 (2012). https://doi.org/10.1007/s00391-012-0388-1
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