Das Susac-Syndrom (engl.: „subacute sclerosing angiitis of the central nervous system“ [SS]) ist eine seltene Endotheliopathie des zentralen Nervensystems und durch die Trias aus Enzephalopathie, Innenohrschwerhörigkeit und retinalen Gefäßverschlüssen gekennzeichnet [7, 15].

Unter den klinischen Merkmalen des SS hat die Beteiligung der Netzhaut aufgrund ihres diagnostischen Werts zunehmend an Bedeutung gewonnen [5, 6]. Die häufigste ophthalmologische Ausprägung des SS besteht in Arterienastverschlüssen, die nicht selten bilateral auftreten [7]. Während traditionell die Fluoreszenzangiographie (FAG) zur Darstellung der retinalen Gefäße verwendet wurde, hat das Aufkommen der optischen Kohärenztomographie (OCTA) die Visualisierung der retinalen und choroidalen Gefäßstruktur revolutioniert und eine nichtinvasive und quantifizierbare Analyse ermöglicht [18].

Trotz der klinischen Bedeutung der Netzhautbeteiligung in der Diagnostik des SS gibt es derzeit nur wenige wissenschaftliche Arbeiten, die die Veränderungen der retinalen Kapillaren mittels OCTA in diesen Patienten untersuchen und die als Fallberichte eher qualitative als quantitative Ergebnisse berichten [3, 4, 8, 9, 17, 19, 20].

Eine präzise, quantitative Darstellung der retinalen Gefäßveränderungen, die sich im Zuge des SS manifestieren, könnte nicht nur das Verständnis um die Pathophysiologie der Krankheit erweitern, sondern auch die Diagnostik und Überwachung des Krankheitsverlaufs zukünftig verbessern.

Diese Arbeit untersucht vaskuläre und strukturelle Veränderungen im Bereich der zentralen Netzhaut bei Patienten mit SS mittels OCTA.

Methodik

Die Analyse der Daten in dieser Arbeit wurde durch die Ethik-Kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Westfälischen Wilhelms-Universität genehmigt (Ethikvotum: 2015-402-f-S).

Patienten

In diese retrospektive Arbeit wurden 12 Augen von 12 Patienten mit chronischem SS und 12 Augen von 12 gesunden Probanden (Kontrollgruppe) eingeschlossen. Es erfolgte eine ophthalmologische Befunderhebung mit Untersuchung des vorderen Augenabschnitts, Fundoskopie, Refraktionsbestimmung und Augeninnendruckmessung. Informationen zum Verlauf der Erkrankung der Susac-Patienten wurden der klinikinternen elektronischen Patientenakte FIDUS (Arztservice Wente GmbH, Darmstadt, Deutschland) sowie den klinikübergreifenden Krankenhausinformationssystem Orbis (ORBIS SE, Saarbrücken, Deutschland) entnommen.

Die Patienten der Kontrollkohorte durften keine Anzeichen retinaler oder systemischer Erkrankungen aufweisen. Ausschlusskriterien waren frühere Netzhautoperationen oder -laserungen, Medientrübungen, die eine hochwertige Bildgebung verhindern, ein sphärisches Äquivalent ≤ −6 dpt, Glaukom, Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung oder Dialysetherapie. Susac-Patienten mit bekannter weiterer Netzhautpathologie, die nicht auf die Susac-Erkrankung zurückzuführen war, oder weiterer neurologischer Erkrankung wurden ebenfalls ausgeschlossen.

Es wurde nur das Auge eines Patienten eingeschlossen, das in der FAG für das SS typische Auffälligkeiten der Netzhautperipherie wie Arterienastverschlüsse, ischämische Netzhautareale und Gass-Plaques zeigte (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Farbfundusfotografie (a) mit entsprechender FAG zu unterschiedlichen Zeitpunkten (bd) und unterschiedlicher Lokalisation (b zentral, c temporal-inferior, d nasal) eines rechten Auges eines Susac-Patienten mit für das SS typischen Veränderungen: periphere Gefäßverschlüsse (*) mit nachgeschalteten ischämischen Arealen und Leckagezeichen. Eine in der Fundoskopie erkennbare Gefäßeinscheidung ist ebenfalls in der FAG zu identifizieren (kurzer Pfeil)

OCTA-Aufnahmen

Die OCT-angiographischen Aufnahmen wurden für alle Probanden unter denselben Lichtbedingungen in einem abgedunkelten, fensterlosen Raum von einem qualifizierten Untersucher durchgeführt. Die Auswertung der generierten Bilder wurde durch 2 in der OCTA-Bildgebung erfahrene Augenärzte durchgeführt.

Die OCT-Angiographien wurden mit dem RTVue XR Avanti System (Angiovue/RTVue-XR Avanti, Optovue Inc., Fremont, CA, USA) in Miosis durchgeführt. Für die angiographische Darstellung der Makula wurden 3 × 3 mm2-Scans verwendet. Die so generierten Angiogramme enthielten Informationen zur Gefäßdichte des oberflächlichen („superficial capillary plexus“ [SCP]) und tiefen makulären („deep capillary plexus“ [DCP]) Gefäßplexus der inneren Netzhaut, der makulären Choriokapillaris („choriocapillary capillaries“ [CC]) und der Morphologie der fovealen avaskulären Zone (FAZ) (Abb. 2 und 3).

Abb. 2
figure 2

Dreidimensionale Rekonstruktion der zentralen 3 × 3 mm2 der Makula eines Studienpatienten. Die untersuchten Gefäßplexus sind näherungsweise farblich hervorgehoben. Blau = SCP, rot = DCP, gelb = CC

Abb. 3
figure 3

En-face-Darstellung der untersuchten Netzhautschichten und der fovealen avaskulären Zone (FAZ) eines 3 × 3 mm2 OCTA-Scans der zentralen Makula eines Studienpatienten. a SCP, b DCP, c FAZ (gelber Kreis mit Punkten) und Region der perifoveolaren Kapillaren (gelber Kreis), d CC

Der Parameter Flussdichte (FD) gibt das Verhältnis von hellen Pixeln zur Gesamtzahl der Pixel pro Scan an und wird für den Gesamtscan („whole en face“) als auch für Subregionen innerhalb des Scans in Prozent angegeben. Der interne Segmentierungsalgorithmus unterscheidet automatisch zwischen verschiedenen retinalen Schichten und Subregionen innerhalb des Gesamtscans. Diese wurden im Rahmen der Auswertung überprüft. Die Grenzen der FAZ werden durch die integrierte Gerätesoftware automatisiert innerhalb der Whole-en-face-Scans gesetzt. Bei fehlerhafter Segmentierung der FAZ kann eine manuelle Korrektur erfolgen.

Insgesamt wurden in den Bereichen des SCP, des DCP und der CC jeweils 11 Sektoren (Gesamtbild mit je oberer und unterer Hemisphäre, Fovea, Parafovea mit Untersektoren) sowie 5 Parameter der FAZ extrahiert und analysiert. Die FAZ-Parameter umfassten die Fläche der FAZ, ihren Durchmesser, den Azirkularitätsindex („acircularity index“ [ACI]) und die Dichte sowie Länge der Kapillaren der Perifoveolarregion (FD-300) ([11]; Abb. 3). Der ACI beschreibt, inwieweit die Morphologie der FAZ der Symmetrie eines perfekten Kreises entspricht, wobei ein Wert von 1,0 einen perfekten Kreis darstellt [13]. Die FD-300 umfasst die Gefäße in einem 300 µm breiten Rand um die äußere Grenze der FAZ [14].

Zudem wurden Daten zu Dicke und Volumen der retinalen Schichten aus dem RTVue XR Avanti-System extrahiert. Die retinale Gesamtdicke („retinal thickness“ [RT]) und das Gesamtvolumen („retinal volume“ [RV]), definiert als die Dicke und der Raum zwischen der inneren Grenzmembran und dem retinalen Pigmentepithel, sowie die Dicke und das Volumen des oberflächlichen („superficial plexus“ [SP]) und tiefen Plexus („deep plexus“ [DP]) wurden analysiert und zwischen beiden Gruppen verglichen. SP-Dicke und -Volumen wurden als Abstand und Raum zwischen der Nervenfaserschicht und der inneren plexiformen Schicht definiert. DP-Dicke und -Volumen wurden als Abstand und Raum zwischen der inneren und der äußeren plexiformen Schicht definiert. Weiterhin wurde zwischen Dicken- und Volumenwerten für den gesamten Scan und den zentralen Sektor des Scans unterschieden.

Scans mit Artefakten wurden ausgeschlossen. Ein Qualitätsindex (QI) von ≥ 7 und ein Signalstärkenindex (SSI) von ≥ 50,0 wurden als Mindestwerte für alle in diese Studie einbezogenen Augen festgelegt. Bei Fällen, in denen mehrere Bilder den gleichen QI und SSI hatten, wurde zufällig eines ausgewählt, um in die Analyse einbezogen zu werden. Insgesamt wurde ein Patient mit SS ausgeschlossen, da die OCTA-Bildgebung die Mindestanforderungen in beiden Augen nicht erfüllte.

Statistische Analyse

Die Daten wurden in Microsoft Excel (Microsoft, Redmond, WA, USA, 2010) erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS® Statistics 23 für Windows (IBM Corporation, Somers, NY, USA). Messwerte werden als Median (Interquartilsbereich: 25 %-Quartil; 75 %-Quartil) dargestellt. Da die Annahme einer Normalverteilung nicht zutraf, wurde der Wilcoxon-Test für nichtparametrische Tests verwendet, um die Unterschiede zwischen beiden Gruppen hinsichtlich ihrer statistischen Signifikanz zu überprüfen. Es wurden keine Anpassungen für Mehrfachtests vorgenommen, da die Analysen dieser Arbeit rein explorativer Natur sind. p-Werte unter 0,05 wurden als signifikant angesehen.

Ergebnisse

Charakteristika der Studienpopulation

Alle Susac-Patienten befanden sich zum Zeitpunkt der retinalen Bildgebung im chronischen Stadium der Erkrankung und erhielten immunmodulierende Therapien. Des Weiteren zeigten alle Susac-Patienten retinale Auffälligkeiten im Sinne von Gefäßabbrüchen, Wandplaques und avaskulären Arealen in der FAG bei Vorstellung in der Augenklinik. Bei 11 der 12 Susac-Patienten beschränkten sich diese Veränderungen auf die Netzhautperipherie. Eine Patientin hatte einen zentrumsnahen Arterienastverschluss. Die Tab. 1 fasst die Charakteristika der Studienpopulation zusammen. In Bezug auf das Alter, das sphärische Äquivalent und den Visus gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen (Tab. 1).

Tab. 1 Allgemeine Patientencharakteristika. Die Daten werden als Median (25 %-Quartil; 75 %-Quartil) oder als absolute und relative Werte angegeben

Eine zeitgleiche Hörminderung zum Zeitpunkt der Untersuchung bestand bei 6 Susac-Patienten (50 %). Fünf Susac-Patienten (42 %) waren zum Zeitpunkt der Untersuchung aufgrund neurologischer Auffälligkeiten (zerebrale Arteriitis, zerebrale Gefäßverschlüsse, epileptische Anfälle) in Behandlung.

Primäre Zielgrößen: angiographische Parameter

Flussdichte

Im Bereich der CC zeigte sich eine signifikante Reduktion der FD in einzelnen Subregionen bei Susac-Patienten im Vergleich zur Kontrollkohorte. Für die SCP und DCP bestand kein signifikanter Unterschied der FD zwischen der Studien- und Kontrollgruppe (Tab. 2).

Tab. 2 Ergebnisse des statistischen Vergleichs der Studien- und Kontrollgruppe. FD-Werte werden als Median (25 %-Quartil; 75 %-Quartil) dargestellt

Foveale avaskuläre Zone

Die Parameter der FAZ unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Susac-Patienten und der Kontrollkohorte (Tab. 3).

Tab. 3 Ergebnisse des statistischen Vergleichs der FAZ-Parameter zwischen der Studien- und Kontrollgruppe. FD-Werte werden als Median (25 %-Quartil; 75 %-Quartil) dargestellt

Sekundäre Zielgrößen: Netzhautdicke und -volumen

Weder die RT noch das RV des untersuchten Netzhautareals unterschieden sich signifikant zwischen den Susac-Patienten und den Kontrollen. Dies traf auch auf die Betrachtung der Dicken und der Volumina der inneren Netzhautschichten (SP, DP) zu (Tab. 4).

Tab. 4 Ergebnisse des statistischen Vergleichs von Netzhautdicke- und Volumenwerten zwischen der Studien- und Kontrollgruppe. Die Daten werden für den Durchschnittswert über den gesamten Scan (Gesamt) und den zentralen Sektor des Scans (Zentrum) angegeben. Werte werden als Median (25 %-Quartil; 75 %-Quartil) dargestellt

Diskussion

Aufgrund der Seltenheit des Susac-Syndroms beschränken sich bisherige Studien zu retinalen Veränderungen im Zuge dieser Erkrankung überwiegend auf Fallberichte und Fallserien [2,3,4, 8, 9, 12, 19, 20]. Die darin präsentierten Ergebnisse sind größtenteils qualitativer Art. In der aktuellen Literatur umfasst diese Arbeit gegenwärtig die größte Kohorte an Susac-Patienten, die mittels OCTA untersucht wurden, und beschreibt als einzige quantitative Veränderungen sowohl der inneren Netzhautschichten, der FAZ als auch der CC.

In dieser Studie zeigten sich im Bereich der CC signifikante Unterschiede der FD in den Augen der Susac-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Hingegen zeigten sich keine quantitativen Unterschiede in der Gefäßstruktur der beiden zentralen inneren Netzhautplexus zwischen beiden Gruppen. Dies steht in Kontrast zu Studien von Azevedo et al. und Todorich et al., die in ihren Fallberichten keine Auffälligkeiten im Bereich der CC beschreiben [3, 20]. Als hoch vaskularisiertes Gewebe ist eine Affektion der CC im Rahmen einer Endotheliopathie wie dem SS denkbar, bisher jedoch nur im Rahmen eines einzelnen Fallberichts beschrieben worden [21]. Velásquez et al. beschreiben regionale Ischämien der Choroidea [21], die sich mit den Hinweisen auf eine verringerte Gefäßdichte in den inferioren Sektoren der zentralen CC in dieser Studie decken. Auch wenn diese Hinweise aufgrund des explorativen Studiendesigns mit Vorsicht zu interpretieren sind, deuten sie in ähnlicher Weise auf fokale Kapillarschädigungen in choroidalen Geweben in Susac-Patienten hin. Eine umfassende Betrachtung der aktuellen Literatur legt nahe, dass eine Reduktion der Gefäßdichte, wie sie in dieser Studienpopulation beobachtet wurde, nicht zwingend regelhaft in den inferioren Anteilen der Makula auftritt. Vielmehr deutet sich an, dass im Einklang mit dem charakteristischen Auftreten fokaler Gefäßverschlüsse der Netzhaut im Rahmen des SS auch auf der Ebene der Choroidea eher fokale Kapillarschädigungen vorliegen, als dass eine generalisierte Durchblutungsstörung in diesem Gewebe bestünde. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Frage, ob das SS die Aderhaut insgesamt beeinträchtigt, oder, wie in dieser und früheren Studien gezeigt, die Veränderungen eher auf einzelne Regionen beschränkt sind, aufgrund der aktuellen technologischen Limitationen und nicht zuletzt aufgrund der Seltenheit der Erkrankung noch nicht abschließend beantwortet werden kann.

Die Abwesenheit von signifikanten Unterschieden in weiter innen liegenden Netzhautschichten in dieser Studienkohorte steht den Beobachtungen aus der bisher größten OCTA-Studie an Susac-Patienten von Alba-Linero et al. gegenüber [2]. Diese enthielt 12 Augen von 6 Susac-Patienten, die über einen Zeitraum von ca. 36 Monaten untersucht wurden. Die Autoren beschreiben eine Reduktion der FD im Akutstadium im Bereich des DCP. Im Gegensatz dazu zeigte sich der SCP deutlich weniger affektiert [2]. In ähnlicher Weise beschreiben Spiess et al. eine Reduktion der FD im DCP und SCP [19]. Mit Ausnahme der Studie von Alba-Linero et al. hat keine der bisherigen Arbeiten quantitative Messwerte einer größeren Susac-Kohorte präsentiert. Letztere schlossen Messungen der CC jedoch nicht in ihre Arbeit ein, sodass zurzeit keine Vergleichsdaten für Messwerte der CC in Susac-Patienten vorliegen. Selbiges gilt für die Parameter der FAZ. In dieser Studie zeigte sich die FAZ im Vergleich zu gesunden Kontrollpatienten in ihrer Morphologie unverändert. Vergleichbare Arbeiten, die die FAZ-Morphologie auf der Basis von OCTA-Messungen beschreiben, existieren derzeit nicht.

Die Ergebnisse dieser Arbeit suggerieren zusammenfassend, dass die dem SS zugrunde liegende Endotheliopathie nicht per se zu quantifizierbaren Veränderungen in der Gefäßstruktur der zentralen, inneren Netzhaut führt. Der Widerspruch dieser Aussage zu früheren Arbeiten kann dadurch erklärt werden, dass in dieser Studie ausschließlich Patienten im chronischen Krankheitsstadium unter Therapie inkludiert wurden. Möglicherweise hätte die Auswertung OCT-angiographischer Parameter der Studienpopulation im Akutstadium andere Ergebnissen hervorgebracht. Diese Überlegung könnte auch den Umstand erklären, dass in dieser Arbeit, anders als in früheren Fallberichten, keine Unterschiede in der Netzhautdicke und im Netzhautvolumen zwischen gesunden Probanden und Susac-Patienten identifiziert wurden. So beschreiben andere Autoren auf der Grundlage von OCT-Messungen eine Dickenabnahme der inneren Netzhaut und einzelner retinaler Schichten im Zuge des SS, so etwa in der Nervenfaserschicht, der inneren Körnerschicht und der äußeren plexiformen Schicht [1, 16]. Weitere strukturelle Untersuchungen der unterschiedlichen Netzhautschichten bei Patienten mit SS werden benötigt, um diesen Aspekt genauer beurteilen zu können.

Limitationen

Aufgrund des retrospektiven Studiendesigns können wir keine Aussagen über die Entwicklung der FD- und FAZ-Parameter über die Zeit anstellen und eine mögliche Korrelation zwischen der Dauer der Erkrankung und den aufgezeigten Veränderungen nicht beurteilen. Möglicherweise kommt es in späteren Krankheitsstadien zu ausgeprägteren Abwandlungen der Plexus der inneren Netzhaut, die mittels OCTA sichtbar gemacht werden könnten.

Da das OCTA-Gerät in dieser Studie die Spectral-Domain-Technologie anwandte, können wir uns nicht zu Veränderungen der Gefäßperfusion und der Dicke der gesamten Aderhaut äußern, die im Rahmen der Endotheliopathie des Susac-Syndroms als massiv vaskularisierte Schicht ein interessantes Zielgewebe darstellt [10]. Bei den in dieser Studie identifizierten Veränderungen im Bereich der Choriokapillaris liegt die Assoziation nahe, dass auch in tiefer liegenden Bereichen der Aderhaut Veränderungen vorliegen könnten.

Gleichermaßen limitiert der Messbereich des verwendeten OCTA-Gerätes, der sich auf die zentrale Retina beschränkt, die Verallgemeinerung der beobachteten Ergebnisse auf die Gesamtheit aller retinalen Regionen. Ein höherer Anteil von Patienten mit zentraler Netzhautaffektion durch das SS könnte dementsprechend zu anderen Ergebnissen führen.

Weitere prospektive Studien mit größeren Patientenkollektiven sowie periphereren und tiefer reichenden OCT-angiographischen Aufnahmen werden benötigt, um die in dieser Studie berichteten Ergebnisse zu reproduzieren und weiterreichende Aussagen zur Ausprägung des SS zu ermöglichen.

Fazit für die Praxis

  • Das Susac-Syndrom stellt eine Endotheliopathie mit der Symptomtrias aus Enzephalopathie, Hörverlust und retinalen Gefäßverschlüssen dar.

  • In seinem chronischen Stadium scheint das Susac-Syndrom keinen signifikanten Einfluss auf den vaskulären und strukturellen Aufbau der zentralen, inneren Netzhaut zu haben.

  • Unterschiede der Choriokapillaris deuten jedoch auf Veränderungen in tiefer liegenden, stark vaskularisierten Netzhautschichten hin.