Die Descemet-Membran-Endothel-Keratoplastik (DMEK) hat sich seit ihrer Einführung 2006 weltweit als Routineverfahren bei kornealen Endothelpathologien etabliert [8]. Hauptindikationen sind Fuchs’sche Endotheldystrophie (FECD) und pseudophake Keratopathie. In Deutschland ist die DMEK seit 2015 das vorherrschende Transplantationsverfahren [2]. Der Erfolg der DMEK verdankt sich der schnellen und guten Visuserholung und den niedrigen Komplikationsraten, insbesondere der niedrigen Immunreaktionsrate, die geringer ist als bei anderen Transplantationsverfahren [3, 7]. In diesem Beitrag präsentieren wir zwei Fälle akuter Endothelpräzipitation nach DMEK mit unterschiedlicher Genese und klinischer Bedeutung.

Befunde

Patientin A

Eine 56-jährige Patientin erhielt am rechten Auge eine Triple-DMEK (DMEK 7,5 mm mit simultaner Phakoemulsifikation und Hinterkammerlinsenimplantation) bei FECD und Katarakt. Präoperativ betrug der bestkorrigierte Visus rechts 0,3. Klinisch und spiegelmikroskopisch zeigten sich deutliche Guttae mit assoziierter Hornhaut-Endothel-Epithel-Dekompensation. Die Entlassmedikation umfasste Prednisolonacetat 1 % Augentropfen (AT) 5 × tägl., mit 10-monatiger Reduktion, Ofloxacin 0,3 % AT 5 × tägl. für zwei Wochen sowie Methylprednisolon 80 mg p.o. täglich, mit 8‑tägiger Reduktion. Die Verlaufskontrollen blieben unauffällig, der bestkorrigierte Visus erreichte 0,6. Nach zehn Monaten zeigten sich am symptomfreien rechten Auge als Zufallsbefund multiple, auf das Transplantat beschränkte weiße Endothelpräzipitate im Sinne einer beginnenden akuten diffusen endothelialen Immunreaktion (Abb. 1a). Der bestkorrigierte Visus war dabei subjektiv kaum verändert und betrug 0,5. Es fand sich ein Vorderkammerreizzustand mit wenigen Zellen (1+), ohne Hornhautdekompensation. In der In-vivo-Konfokalmikroskopie imponierten die Präzipitate auf der Endothelebene deutlich hyperreflektiv und sternförmig (Abb. 1b).

Abb. 1
figure 1

Patientin A, Spaltlampe. Ausgeprägte endotheliale Immunpräzipitation bei asymptomatischer akuter diffuser endothelialer Immunreaktion, zehn Monate nach DMEK (a). Nach intrakameraler Dexamethasoneingabe kam es zur fast gänzlichen Rückbildung der Endothelpräzipitate innerhalb von zwei Tagen (c). In-vivo-Konfokalmikroskopie. In den korrespondierenden Aufnahmen stellen sich die Immunpräzipitate stark hyperreflektiv und sternförmig dar (b, Pfeilspitzen). Weitgehende Rückbildung nach Dexamethason (d, Pfeilspitzen)

Patient B

Ein 73-jähriger pseudophaker Patient erhielt am linken Auge eine DMEK (7,5 mm) bei FECD, mit präoperativem bestkorrigiertem Visus von 0,4. Zwei Tage postoperativ fanden sich erstmals zentrale, auf das Transplantat beschränkte retrokorneale Beschläge mit glitzerndem Aspekt bei sonst reizfreiem Befund (Abb. 2a). Konfokalmikroskopisch imponierten atypische hyporeflektive Präzipitate (Abb. 2c). Der Befund zeigte in den folgenden Tagen keine Progredienz, was gegen eine akute Immunreaktion oder infektiöses Geschehen sprach. Die Therapie entsprach dem o. g. Post-DMEK-Schema.

Abb. 2
figure 2

Patient B, Spaltlampe. Feine „kristalline“ Endothelpräzipitate, asymptomatisch und ohne Hinweis auf Immunreaktion, fotografiert drei Wochen nach DMEK (a). Der Befund besteht auch nach zwei Monaten unverändert fort (c). In-vivo-Konfokalmikroskopie. In den korrespondierenden Aufnahmen zeigen sich auf der Endothelebene atypische hyporeflektive Inhomogenitäten (b, Pfeilspitzen), die auch nach zwei Monaten in Zahl und Größe unverändert fortbestehen (d)

Therapie und Verlauf

Patientin A

Bei akuter, diffuser endothelialer Immunreaktion nahmen wir die Patientin zur intensiven lokalen und systemischen Steroidtherapie stationär auf. Bei ausbleibender Besserung wurde nach zwei Tagen eine intrakamerale Dexamethason-Eingabe (400 µg) durchgeführt. In der Folge kam es zur raschen Rückbildung der Vorderkammerreizung mit wenigen persistierenden Präzipitaten (Abb. 1c, d). Der bestkorrigierte Visus betrug rechts 0,6 ohne weitere Aktivitätszeichen.

Patient B

Die endothelialen Ablagerungen bestanden bei allen Kontrollen gleichmäßig fort, ohne dass sonstige Komplikationen auftraten (Abb. 2c, d). Sie verursachten auch im Verlauf keine Symptome und blieben ohne Einfluss auf den Visus. Ein Jahr postoperativ betrug der bestkorrigierte Visus links 0,9.

Diskussion

Die immunbedingte Abstoßung nach DMEK ist im Vergleich zur Abstoßung nach perforierender Keratoplastik ein seltenes Ereignis. Die Abstoßungsrate nach DMEK liegt im Bereich von 1,5 % [10]. Abstoßungen ereignen sich mehrheitlich in den ersten beiden postoperativen Jahren, und es handelt sich überwiegend um akute diffuse endotheliale Immunreaktionen [3]. Grund der geringen Abstoßungsrate ist der geringe immunogene Stimulus durch das Allotransplantat bei DMEK. Drei Faktoren begünstigen das Transplantatüberleben: die geringe Menge des transplantierten Gewebes bei DMEK; die geringe Antigenität des Endothels, das kaum spendereigene antigenpräsentierende Zellen enthält; das vergleichsweise wenig durch entzündliche Vorschädigung angegriffene Immunprivileg der Wirtshornhäute bei DMEK-Indikation. Histologisch zeigt sich die Alloreaktion als korneale Infiltration von CD4+-T-Zellen, Neutrophilen und Makrophagen sowie im Verlauf durch Invasion von Blut- und Lymphgefäßen. Das klinische Bild der endothelialen Immunreaktion nach DMEK ist typischerweise subtil und kaum symptomatisch. Vorderkammerreaktion und Stromaödem entwickeln sich nur langsam oder bleiben aus. Regelmäßig treten diffuse endotheliale Immunpräzipitate auf, die auf das Transplantat beschränkt sind. Abzugrenzen sind nicht auf das Transplantat beschränkte uveitische Endothelbeschläge, wie sie etwa im Rahmen einer unter Steroidtherapie reaktivierten Herpes-Keratouveitis auftreten können, sowie Melaninablagerungen in unebenen Bereichen der Transplantatperipherie [4]. Unter rascher lokaler oder intrakameraler Steroidtherapie ist die Prognose der Immunreaktion günstig, und in weniger als 10 % der Fälle ist eine Re-DMEK erforderlich [3].

Die bei Patient B beschriebene kristalline endotheliale Ablagerung nach DMEK ist deutlich seltener als die Immunreaktion. Die Entstehungsursache ist unklar. Mutmaßlich handelt es sich um kristallisierte oder anderweitig im Kontakt mit Kammerwasser aggregierte Bestandteile des Kulturmediums. Insbesondere könnte es sich um Proteine des fetalen Kälberserums (FCS) handeln, die bekanntlich bei Temperatur- und pH-Änderungen zur Ausfällung neigen [5]. Es wurde gezeigt, dass die Präzipitationsneigung des FCS in Anwesenheit von Anionen wie Chlorid zunimmt [1]. Daher ist es denkbar, dass Chloridionen aus Acetylcholinchlorid, das intraoperativ als Miotikum in die Vorderkammer appliziert wurde, zur Präzipitation von FCS-Rückständen auf dem Transplantat beigetragen haben. Zur Aufklärung sind zukünftige feingewebliche Untersuchungen erforderlich.

Die Differenzialdiagnose sowohl zur immunreaktiven Präzipitation als auch zur sonstigen entzündlichen Genese kann zunächst klinisch gestellt werden: Die kristallinen Präzipitate erscheinen feiner und dichter und bestehen unverändert und asymptomatisch fort. Im Zweifel imponieren sie konfokalmikroskopisch auf der Endothelebene rund und hyporeflektiv (Abb. 2b, d) und unterscheiden sich somit deutlich von den typischen hyperreflektiven sternförmigen Präzipitaten bei Immunreaktion (Abb. 1b, d; [9]). Davon abzugrenzen sind punktförmige hyperreflektive Partikel, die nach DMEK bisweilen an der Empfänger-Spender-Grenzfläche nur konfokalmikroskopisch sichtbar sind [6]. In Zusammenschau von Klinik und Konfokalmikroskopie kann im Einzelfall eine Immunreaktion zuverlässig ausgeschlossen und dem Patient die entsprechende intensive Therapie erspart werden (Tab. 1).

Tab. 1 Gegenüberstellung immunreaktiver und „kristalliner“ Endothelbeschläge nach DMEK

Fazit für die Praxis

  • Die endotheliale Immunreaktion nach DMEK ist ein seltenes Ereignis, das im Vergleich zur Immunreaktion nach perforierender Keratoplastik oft mit Symptomfreiheit und subtiler klinischer Symptomatik einhergeht.

  • Kristalline endotheliale Präzipitation nach DMEK ist noch deutlich seltener als eine Immunreaktion und entsteht möglicherweise durch Aggregation und Ablagerung von Bestandteilen des Kulturmediums.

  • Die In-vivo-Konfokalmikroskopie ermöglicht die Differenzierung zwischen Immunreaktion und anderen seltenen Komplikationen nach DMEK.