Chorioidale Osteome (CO) sind seltene, benigne, meist langsam wachsende, verknöchernde Tumore [1, 10, 20, 21]. Häufig sind Frauen im jungen Erwachsenenalter betroffen. Die Manifestation erfolgt meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr [10, 20]. Kinder sowie ältere Erwachsene erkranken seltener [3, 6, 16]. Die Häufigkeit von bilateralen Osteomen wird mit etwa 25 % angegeben [20]. CO bestehen aus reifem Spongiosagewebe, liegen unterhalb der Bruch-Membran und können eine Dicke zwischen 1 und 3 mm erreichen [20, 21]. Sie treten in ansonsten gesunden Augen auf, sind oftmals Zufallsbefunde und in 30 % asymptomatisch [21]. Klinische Symptome können Sehverschlechterung, Verschwommensehen, Metamorphopsie und Gesichtsfeldausfälle entsprechend der Tumorlokalisation sein [1, 10, 20]. Die Visusbeeinträchtigung bei CO kann durch die im Verlauf auftretende Atrophie, die Ansammlung von subretinaler Flüssigkeit (SRF), das Auftreten von Blutungen und durch Entwicklung einer sekundären makulären Neovaskularisation (MNV) bedingt sein [12, 17, 23]. Beschrieben werden zudem seröse Ablationes bei Tumorwachstum und eine Dekalzifizierung, die meist mit einer Atrophie von Choriokapillaris und retinalem Pigmentepithel (RPE) verbunden ist [21, 24]. Bei Entwicklung von sekundären MNVs kommt es häufiger zu vom Patienten bemerkten Sehbeschwerden. Das Risiko für die Entwicklung einer sekundären MNV beträgt innerhalb von 10 Jahren etwa 31–47 % [3, 5, 12, 21]. Die Diagnostik von sekundären MNVs bei CO beinhaltet ergänzend zur fundoskopischen Untersuchung die multimodale Bildgebung mittels initialer Fluoreszeinangiographie (FLA) zum Nachweis der MNV und optischer Kohärenztomographie (OCT) zum Therapiemonitoring. Sekundäre MNVs stellen sich fundoskopisch als gräuliche Läsionen mit begleitender Blutung und SRF dar. Nach neuer Klassifikation handelt es sich meist um über dem RPE bzw. subretinal wachsende Typ-2-MNV (vormals klassische CNV) [17, 18]. Eine MNV erscheint in der Frühphase der FLA als umschriebene, gut abgegrenzte Hyperfluoreszenz mit Leckage in der Spätphase [19]. In der OCT zeigt sich eine hyperreflektive MNV-Membran, die zwischen RPE und neurosensorischer Netzhaut lokalisiert ist und von subretinaler, teils auch intraretinaler Flüssigkeit umgeben ist [19].

Methoden

Studienkohorte

Beschrieben werden die Krankheitsverläufe von 7 Augen (3 rechte, 4 linke) von 4 Frauen und 1 Mann mit CO-assoziierter MNV. Eingeschlossen wurden alle Fälle, bei denen im Zeitraum von 2007 bis 2022 nach Sichtung von Krankenakte und Bildgebung eine CO-assoziierte MNV vorlag. Analysiert wurden demografische Parameter (Geschlecht, Alter, Erstmanifestation, Zeitraum bis zur MNV-Entwicklung) sowie klinische Befunde der Fundoskopie und Bildgebung sowie der Langzeitverlauf der Erkrankung. Die Therapieentscheidung mit intravitreal applizierten VEGF-Antikörpern und deren Frequenz erfolgte individuell je nach MNV-Aktivität.

Diagnosesicherung

Die Sicherung der Diagnose CO erfolgte mittels Fundoskopie (Darstellung eines scharf begrenzten, weiß-gelblich bis orange-rötlichen Tumors im makulären, juxta- oder peripapillären Bereich) sowie mittels OCT (hyperreflektive chorioidale Strukturen, fokale chorioidale Exkavationen sowie in dekalzifizierten Arealen RPE-Irregularitäten und RPE-Atrophie) und FLA (fleckförmige bzw. granulomatöse Hyperfluoreszenzen im Bereich der RPE-Depigmentierung mit spätem diffusem Staining in den kalzifizierten Arealen). Bei allen Neudiagnosen eines CO wurde eine Sonographie mit Darstellung der typischen echoreichen Raumforderung mit orbitaler Abschattung durchgeführt. Die CO-Größe wurde im Verhältnis zur Papillenfläche manuell anhand des Fundusfotos vermessen. Das Vorliegen einer sekundären MNV wurde mittels FLA verifiziert. In einem Fall erfolgte wegen Ablehnung einer FLA die Durchführung einer OCT-Angiographie.

MNV-Klassifizierung

Die Lokalisation der MNV wurde unterteilt in subfoveal (innerhalb der fovealen avaskulären Zone [FAZ]), juxtafoveal (Abstand von der FAZ ≤ 200 µm) und extrafoveal (Abstand von der FAZ > 200 µm). Die Größe der MNV wurde manuell anhand der FLA-Bilder abgemessen. Im Verlauf erfolgten regelmäßige OCT-Schnittbilder zum Monitoring der MNV-Aktivität. Hierbei erfolgte die Erfassung der zentralen fovealen Netzhaudicke („central foveal thickness“ [CFT]) sowohl bei Erstdiagnose der MNV als auch bei der letzten Follow-up-Visite.

Statistik

Die statistische Analyse wurde mit IBM SPSS ® Statistics 28.0 (IBM, New York, USA) durchgeführt, wobei quantitative Daten als Mittelwert mit Standardabweichung (SD) und Spannweite (Range) beschrieben werden. Die Visusangaben in Dezimal wurden in logMAR konvertiert. Der Vergleich der Mittelwerte erfolgte mit dem t‑Test, wobei ein p-Wert < 0,05 als statistisch signifikant gewertet wurde.

Ethikvotum

Für die retrospektive Analyse der Fallserie liegt ein positives Votum der örtlichen Ethikkommission vom 12.01.2023 vor (Votum 22-3225-104).

Ergebnisse

Demografische Parameter

Insgesamt wurde im Beobachtungzeitraum bei 7 Augen von 5 Patienten ein CO mit sekundärer MNV diagnostiziert. Das durchschnittliche Alter bei Erstdiagnose (ED) des CO lag bei 22 Jahren (SD 20,4; Range 6 bis 65 Jahre). Im Mittel trat die CO-assoziierte MNV 7 Jahre (SD 10,3; Spannweite 0 bis 29 Jahre) nach ED auf. Bei 6 von 7 Augen zeigte sich in der OCT eine Typ-2-MNV (vormals klassische CNVN) mit subretinalem Wachstum. Bei einem Auge war die MNV-Klassifikation aufgrund einer großflächigen Makulanarbe nicht möglich. Bei 2 Patienten lag ein bilateraler Befund vor, wobei in 1 dieser Fälle nur 1 Auge behandelt wurde, da das Partnerauge eine Fibrose aufwies.

Intravitreale Therapie

Bei 5 der 7 Augen erfolgte eine intravitreale Therapie. Ein Fall mit einseitigem CO und MNV-Narbe bei Erstdiagnose wurde nicht therapiert. Die mittlere Anzahl an Injektionen bis zur Regression der MNV lag bei 12 Spritzen (SD 8,9: Range 2–26). Vor 2016 wurden die Medikamente Bevacizumab (Avastin, Roche, 1,25 mg/0,05 ml) oder Ranibizumab (Lucentis, Novartis, 0,5 mg/0,05 ml) injiziert. Seit der Minerva-Studie wurde ausschließlich mit Ranibizumab behandelt. Bei einem Mädchen erfolgten die intravitrealen Injektionen anfangs in Vollnarkose. Bei den behandelten Augen lag die mittlere Größe des CO bei 14,9 Papillenflächen (SD 8,59) und die mittlere Größe der MNV bei 1,76 mm2 (SD 0,980). Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Anzahl der Anti-VEGF-Injektionen und CO-Größe (p = 0,078) oder MNV-Größe fand sich nicht (p = 0,583).

Funktionelle Entwicklung

Alle mit Anti-VEGF behandelten Augen zeigten eine komplette Regression der MNV, die bei 3 von 5 Augen in einer Visusstabilisierung oder Verbesserung resultierte. Vor der Therapie lag der mittlere logMAR-Visus bei ED der MNV bei 0,4 (SD 0,34; Range 0,1–1,0), entsprechend einem Dezimalvisus von 0,4. Der finale logMAR-Visus der behandelten Augen betrug 0,6 (SD 0,51; Range 0–1,3), entsprechend einem Dezimalvisus von 0,25. Bei 2 der 5 Augen entwickelte sich im Langzeitverlauf ein Visusabfall aufgrund einer Vernarbung der zentralen Netzhaut. Der mittlere Beobachtungszeitraum lag bei 18 Jahren (SD 9,5; Range 5 bis 30 Jahre).

Die demografischen Parameter, die Visusentwicklung und Therapiemodalitäten sind in Tab. 1 aufgelistet (Tab. 1). In Tab. 2 finden sich Informationen über Größe des CO sowie Typ, Lokalisation und Ausdehnung der MNV (Tab. 2). Detaillierte Angaben zum klinischen Verlauf finden sich in den folgenden Fallbeschreibungen (hierbei Visusangaben entsprechend der klinischen Routine in Dezimalwerten).

Tab. 1 Übersicht über alle Patienten mit sekundärer MNV bei chorioidalem Osteom, Visusangaben aufgelistet in Dezimal
Tab. 2 Übersicht über morphologische Parameter sekundärer MNV bei chorioidalem Osteom

Fallbeschreibungen

Fall 1

Patientin 1 stellte sich erstmals im Alter von 24 Jahren mit linksseitigem CO vor. Initial betrug der bestkorrigierte Visus links 0,8. Anfangs wurde auf dringenden Wunsch der Patientin 5‑mal „off-label“ mit Ranibizumab aufgrund CO-assoziierter SRF behandelt ohne anatomische und funktionelle Besserung. Eine sekundäre MNV trat 6 Jahre nach ED auf. Über einen Zeitraum von 3 Jahren erfolgten 21 weitere Injektionen. Der Visus betrug zuletzt 0,4. Bei deutlicher Fibrose und fehlender sub- oder intraretinaler Flüssigkeit wurde auf weitere Injektionen verzichtet (Abb. 1a, b, c, d, e, f).

Abb. 1
figure 1

Bildgebung des linken Auges einer jungen Patientin mit sekundärer makulärer Neovaskularisation (MNV) bei chorioidalem Osteom (CO). ab Fundusfoto links (a) bei Erstdiagnose (ED) im Alter von 24 Jahren mit für ein CO typischem großem orangenem, exsudierendem Aderhautprozess am hinteren Pol und in der OCT (b) deutlicher subretinaler Flüssigkeit sowie RPE-Unregelmäßigkeit über verdickter Chorioidea temporal. cd Fundusfoto links im Alter von 30 Jahren bei ED der CO-assoziierten MNV mit großem Osteom und kleiner, pigmentierter MNV-verdächtiger Läsion am temporalen Rand des Osteoms sowie in der OCT sichtbarer subretinaler Typ-2-MNV mit lokalisierter Netzhautverdickung. ef Fundusfoto links (e) im Alter von 33 Jahren nach insgesamt 26-maliger Anti-VEGF-Injektion mit zunehmender Dekalzifizierung des Osteoms sowie in der OCT (f) deutlicher Regression der MNV, etwas subretinaler Flüssigkeit, zunehmender Aderhautverdickung und der Spongiosa ähnlichen „speckled hyperreflective dots“ im Osteombereich

Fall 2

Bei Patient 2 wurde im Alter von 65 Jahren am rechten Auge die ED eines Osteoms gleichzeitig mit einer CO-assoziierten MNV diagnostiziert (Abb. 2a, b, c, d, e). Bei Erstdiagnose (ED) betrug der bestkorrigierte Visus 0,4. Es erfolgten 8 intravitreale Eingaben von Bevacizumab innerhalb von 2 Jahren. Trotz Therapie entwickelte sich eine Makulanarbe. Der Visus war zuletzt 0,05 exzentrisch, woraufhin die intravitreale Therapie beendet wurde.

Abb. 2
figure 2

Multimodale Bildgebung des rechten Auges eines 65-jährigen Patienten bei Erstvorstellung mit sekundärer MNV bei Osteom. a Fundusfoto mit gräulicher MNV-Membran mit Blutungsanteilen am Rand des Osteoms. b OCT-Scan mit subretinal wachsender Typ-2-MNV am Rand des Osteoms mit subretinaler Flüssigkeit und Netzhautverdickung. c FAF mit Isoautofluoreszenz im Osteombereich und fleckförmiger Hyperautofluoreszenz im MNV-Bereich. d FLA mit hyperfluoreszenter klassischer MNV bei Osteom mit Leckage in der Spätphase. e Sonographie mit echoreichem Osteom mit Schallauslöschung

Fall 3

Bei ED der 22 Jahre alten Patientin 3 zeigte sich ein beidseitiges CO. Der Visus betrug rechts 0,25 und links 1,0. Auf dem rechten Auge bestand eine bereits ältere MNV mit Fibrose, sodass hier keine Therapie durchgeführt wurde. Links zeigte sich initial keine MNV. Im Alter von 51 Jahren zeigte sich bei einem Visus von 0,8 linksseitig in der OCT-Angiographie eine sekundäre MNV, die bei geringer Aktivität mit 2‑malig Ranibizumab intravitreal behandelt wurde. Nach 4 Wochen besserte sich die Sehschärfe links auf 1,0. In der OCT war die Regression der MNV sichtbar. In den darauffolgenden Kontrollen war der Visus stabil und die SRF resorbiert, sodass keine weiteren Injektionen nötig waren (Abb. 3a, b, c, d, e).

Abb. 3
figure 3

Bildgebung bei einer 52-jährigen Patientin mit bilateralem Osteom mit Narbenstadium rechts und sekundärer MNV links. a Fundusfoto des rechten Auges mit fibrotischer Narbe am hinteren Pol bis über die Gefäßbögen hinausreichend. b Fundusfoto des linken Auges mit gering aktiver MNV und kleiner parapapillärer Blutung. c OCT-Angiographie links mit MNV am nasalen Rand des Osteoms. d OCT-Scan linkes Auge mit wenig subretinaler Flüssigkeit bei sekundärer MNV. e OCT-Scan des linken Auges mit Regression der MNV nach 1‑maliger Ranibizumab-Injektion

Fall 4

Bei Patientin 4 wurde im Alter von 6 Jahren ein beidseitiges CO diagnostiziert. Bei ED betrug der Visus an beiden Augen 1,0. Im Alter von 12 Jahren entwickelte sich rechts eine MNV, im Alter von 15 Jahren auch am Partnerauge. Es erfolgten auf dem rechten Auge 10-mal und auf dem linken Auge 13-mal Anti-VEGF-Injektionen. Zuletzt lag der Visus rechts bei 0,1 und links bei 0,3. Im Verlauf entwickelte sich beidseits eine zentrale Fibrose trotz fortgeführter Therapie (Abb. 4a, b, c, d, e, f).

Abb. 4
figure 4

Langzeitverlauf bei einer jungen Patientin mit chorioidalem Osteom (CO) und Entwicklung einer behandlungsbedürftigen sekundären MNV beidseits im Verlauf. ab Fundusfoto rechts (a) und links (b) im Alter von 6 Jahren mit CO ohne aktive MNV bei Erstvorstellung. cd Fundusfoto im Alter von 24 Jahren nach 10-maliger (rechts) und 13-maliger (links) Injektion mit rechts (c) und links (d) ausgeprägter Fibrose der zentralen Netzhaut und Atrophie mit durchscheinenden Aderhautgefäßen. ef OCT-Scan im Alter von 24 Jahren mit rechts (e) und links (f) subretinaler Vernarbung und hyperreflektiver Aderhautverdickung bei CO

Fall 5

Im Alter von 10 Jahren wurde bei Patientin 5 am linken Auge ein CO diagnostiziert. Initial lag der Visus bei 0,5, und es zeigte sich eine Unregelmäßigkeit der äußeren Netzhautschichten und des RPE, im Rückblick bereits eine in Entstehung befindliche MNV. Leider erfolgte die nächste Kontrolle später als geplant, erst nach 12 Monaten. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich zentrale Vernarbung bei großer pigmentierter MNV. Der korrigierte Visus lag bei 0,1. Aufgrund der bereits sichtbaren Fibrose erfolgte keine intravitreale Therapie. Bei einer erneuten Vorstellung 10 Jahre später war der Visus auf Fingerzählen herabgefallen, und es fand sich eine ausgeprägte zentrale Vernarbung (Abb. 5a, b, c, d, e, f).

Abb. 5
figure 5

Junge Patientin mit einseitigem chorioidalen Osteom (CO) links mit sekundärer MNV ohne Anti-VEGF-Therapie. a Fundusfoto im Alter von 10 Jahren mit CO am hinteren Pol und MNV-verdächtiger Struktur im Bereich der Pigmentepithelverklumpung. b OCT-Scan bei Erstdiagnose mit subretinaler Flüssigkeit (SRF) bei CO und Verdacht auf sekundäre MNV mit „double-layer sign“. c FLA mit Blockade im Bereich der Pigmentierung und Verdacht auf kleine hyperfluoreszente klassische MNV ohne wesentliche Leckage in der Spätphase. d Fundusfoto im Alter von 11 Jahren mit pigmentierter Narbe und umgebender Blutung bei MNV. e OCT-Scan 1 Jahr später mit Zunahme der SRF und fibrotischer Narbe. f Fundusfoto im Alter von 23 Jahren mit großflächiger Fibrose am hinteren Pol

Diskussion

In diesem Artikel beschreiben wir ein heterogenes Kollektiv von Patienten mit CO-assoziierten MNV. In Übereinstimmung mit anderen Arbeiten und im Sinne der vermuteten Genese sekundärer MNV-Membranen als fehlgeleiteter Reparaturmechanismus in Bereichen mit defektem RPE-/Bruch-Membran-Komplex lag bei uns in allen behandelten Augen eine Typ-2-MNV (vormals klassische CNV) vor [8, 18]. Der Anteil bilateraler CO bei 2 der 5 Patienten war verglichen mit anderen Arbeiten relativ hoch [12, 17, 18]. Neben der typischen Manifestation bei 2 jungen Frauen, behandelten wir auch 2 Erstmanifestationen bei Kindern sowie einen älteren männlichen Patienten, der verglichen mit der bisher größten Fallserie von Mansour et al. deutlich über dem durchschnittlichen Erkrankungsalter lag [17].

Neben der Heterogenität des Patientenkollektivs zeigte auch der klinische Verlauf eine große Variabilität. Der Zeitraum von der ED bis zur MNV-Entwicklung variierte sehr stark und lag zwischen 0 und 29 Jahren. Die größte Beobachtungsstudie zur CO-assoziierten MNV stammt von Shields et al. aus der Zeit vor der VEGF-Ära. Die Autoren beobachteten 74 Augen von 61 Patienten mit CO über einen Zeitraum von 26 Jahren. Im Mittel kam es nach 10 Jahren in 31 % und nach 20 Jahren in 46 % zur Entwicklung einer sekundären MNV [2]. Zusätzlich zur Atrophie von RPE und Bruch-Membran wurden eine unregelmäßige Tumoroberfläche und Blutungen als Risikofaktoren für die Entwicklung einer sekundären MNV beschrieben. Bei 6 Augen beobachteten die Autoren sowohl eine MNV als auch eine Dekalzifizierung, wobei die MNV entweder vor oder zeitgleich auftrat, und vermuten daher einen kausalen Zusammenhang [2]. Yoshikawa et al. vermuteten ebenfalls, dass die Dekalzifizierung eine chronische Irritation von RPE und Retina bedinge mit konsekutiver VEGF-Ausschüttung [27]. Hierbei kommt es besonders in dekalzifizierten Arealen zur Atrophie von RPE, Bruch-Membran und Choriokapillaris und so zur sekundären Entstehung einer MNV [15, 17, 18, 22]. Cennamo et al. untersuchten 28 Augen mit CO hinsichtlich der Gefäßdichte der Choriokapillaris. Sie teilten hierfür das Kollektiv in 3 Gruppen ein: Patienten mit kalzifizierten CO, dekalzifizierten CO und dekalzifizierten CO mit sekundärer MNV. Patienten mit dekalzifizierten CO und sekundärer MNV zeigten eine statistisch signifikante Reduktion der Gefäßdichte der Choriokapillaris. Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass die Stimulation zur Entstehung einer sekundären MNV in einer reduzierten Gefäßdichte liegt [7].

Während früher eine sekundäre MNV mittels photodynamischer Therapie (PDT), Laserkoagulation, transpupillarer Thermotherapie oder operativer Exzision der MNV behandelt wurde [5, 6, 9, 25], besteht die Therapie heutzutage in der intravitrealen Gabe von VEGF-Antikörpern [14, 17, 18, 27]. Auch kombinierte Therapieansätze aus PDT und VEGF-Inhibition werden in der Literatur beschrieben [13, 17]. Vor der Zulassung von Ranibizumab für die intravitreale Applikation bei sekundärer MNV anderer Genese als der altersabhängigen Makuladegeneration wurde in kleineren Fallserien Bevacizumab im Off-label-Use verwendet [17, 18]. Seit 2016 besteht die Zulassung von Ranibizumab für sekundäre MNVs [14]. Zu erwähnen ist, dass keine Patienten mit MNV bei CO Teil der Minerva-Studie waren [14] und dass die Zulassung nur für Personen ≥ 18 Jahre gilt. Zur intravitrealen Anti-VEGF-Therapie bei CO-assoziierter MNV bei Kindern wurden bisher nur Einzelfälle publiziert [4]. Die größte Serie von Mansour et al. fand bei 18 Fällen mit CO-assoziierter MNV nach Anti-VEGF-Therapie eine Visusverbesserung bei 50 % der Augen nach 6 Monaten [17]. In unserer Analyse zeigten sich ähnliche Ergebnisse mit einer Visusstabilisierung oder Verbesserung bei 60 % der behandelten Augen. Bei 2 der 5 behandelten Augen entwickelte sich im Verlauf trotz OCT-basierten Therapiemonitorings eine zentrale Fibrose mit Visusabfall. Ein Auge ohne Anti-VEGF-Therapie entwickelte sehr schnell eine ausgeprägte Fibrose. Bei recht langer Nachbeobachtung fanden Kang et al. bei 44 % der 23 mit Anti-VEGF behandelten Augen nach 5 Jahren eine gute funktionelle Entwicklung, wobei in dieser Serie auch Augen mit SRF und CO-assoziierten Blutungen ohne MNV behandelt wurden [12]. Song et al. berichteten ebenfalls von funktioneller und morphologischer Verbesserung von CO mit SRF ohne MNV nach Bevacizumab-Injektion [26]. Auch in unserer Serie wurde bei 1 Fall zunächst nur CO-assoziierte SRF behandelt, bevor es später im Verlauf zur MNV-Entstehung kam. Die Indikation zur Anti-VEGF-Therapie bei Behandlung von CO-assoziierter SRF ohne Vorliegen einer MNV ist kontrovers und sollte mit dem Patienten ausführlich diskutiert werden [26]. In unserer Fallserie waren die Verläufe trotz engmaschiger Kontrollen und OCT-gesteuerten Therapiemonitorings sehr unterschiedlich. Die Anzahl der Injektionen war sowohl in unserem Kollektiv als auch in Berichten anderer Arbeitsgruppen sehr variabel und reichte von Befunden, die mit nur 1‑maliger Anti-VEGF-Gabe ausreichend therapiert werden konnten, bis hin zu Fällen mit der Notwendigkeit multipler Injektionen [17]. Mansour et al. vermuteten, dass Osteome mit kleinerer Größe eventuell weniger Injektionen bräuchten [17]. In unserer Arbeit zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Anzahl der Injektionen und Größe des CO oder Größe der MNV.

Limitierende Faktoren sind die geringe Fallzahl, die retrospektive Auswertung und die individuellen Verläufe. Aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes ist die Untersuchung in großen Kollektiven erschwert. Hervorzuheben ist der unseres Wissens im Vergleich zu anderen Fallserien bisher längste Follow-up-Zeitraum bei CO-assoziierter MNV unter Anti-VEGF-Therapie [17, 18, 27]. Wünschenswert wäre der Aufbau eines multizentrischen Registers für Patienten mit sekundären MNV-Membranen, da diese meist mit seltenen Netzhaut‑/Aderhauterkrankungen assoziiert sind und dadurch Studien an einem singulären Zentrum erschwert sind.

Schlussfolgerung

In unserer Fallserie von CO-assoziierten MNVs zeigten sich insgesamt sehr heterogene Verläufe. Durch die intensive ärztliche Betreuung mit engmaschiger Kontrolle und aktivitätsgesteuerter Therapie war bei 60 % der behandelten Augen durch die Anti-VEGF-Therapie eine Stabilisierung des Visus möglich. Gleichzeitig zeigte ein Auge ohne Therapie sehr rasch eine ausgeprägte Vernarbung, was die Bedeutung einer frühen Anti-VEGF-Therapie bei sekundärer MNV unterstreicht. Insgesamt ist die Visusprognose bei CO durch die häufige Entwicklung einer voranschreitenden Atrophie und Vernarbung im Langzeitverlauf deutlich eingeschränkt. Wichtig für die Aufklärung der Patienten ist, auf das lebenslange Risiko einer MNV-Entwicklung hinzuweisen. Da es wie in unserer Serie sowohl in sehr frühen Stadien als auch nach vielen Jahren zu einer sekundären MNV kommen kann, sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen essenziell. Eine frühe Therapie bei sekundärer MNV kann gerade bei jungen Patienten visusstabilisierend, aber auch langwierig sein und erfordert eine detaillierte Patientenaufklärung, um eine gute Adhärenz zu erlangen.